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19.10.2006 · IWW-Abrufnummer 063025

Urteil vom 14.08.2006 – VK 2-80/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


BUNDESKARTELLAMT
2. Vergabekammer des Bundes

VK 2 ? 80/06

Beschluss

In dem Nachprüfungsverfahren XXX wegen der Vergabe ?....., Neubau eines Unterkunftsgebäudes .... ? Sanitärarbeiten? (....)

hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch den Vorsitzenden Direktor beim Bundeskartellamt Burchardi, die hauptamtliche Beisitzerin Regierungsdirektorin Brauer und den ehrenamtlichen Beisitzer Murr im schriftlichen Verfahren am 14. August 2006 beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin trägt die Antragstellerin. Die Beigeladene trägt ihre Auslagen selbst. . . .

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb im offenen Verfahren die Vergabe ?....., Neubau eines Unterkunftsgebäudes .... ? Sanitärarbeiten? (.....) aus.

In den Bewerbungsbedingungen EVM (B) BwB/E hieß es unter Ziffer 3.3:
"Das Angebot muss vollständig sei; unvollständige Angebote können ausgeschlossen werden. Das Angebot muss die Preise und die in den Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen und Angabe enthalten. (...)"

In Ziffer 7 (Nachunternehmer) war folgendes geregelt:
"Beabsichtigt der Bieter Teile der Leistung von Nachunternehmern ausführen zu lassen, muss er in seinem Angebot Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und auf Verlangen die vorgesehenen Nachunternehmer benennen."

In dem von den Bietern bei der Angebotsabgabe zu verwendenden Formblatt des Angebotsschreiben EVM (B) Ang EG war eine Rubrik "vom Bieter im Einzelfall bei Bedarf beizufügen" enthalten. Dort wurde das "Verzeichnis der Unternehmen mit den im EFB U EG 317 EG bezeichneten Anlagen" aufgeführt.

In dem Formblatt EFB U EG 317 (Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen) hieß im Vorwort: "Ergänzung der Aufforderung zur Angebotsabgabe: Mit dem Angebot sind: - die Unternehmen zu benennen, deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfall bedienen wird, und - die Nachweise vorzulegen, dass ihm die erforderlichen Mittel dieser Unternehmen zur Verfügung stehen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen."

Die Antragstellerin (ASt) beteiligte sich an der Ausschreibung und reichte fristgerecht ein Angebot ein. Sie benannte ein Unternehmen für die Teilleistung "Dämmung" als Nachunternehmer. Sie fügte unstreitig keinen Nachweis bei, dass ihr die erforderlichen Mittel dieses Unternehmens zur Verfügung stehen.

Gemäß § 13 VgV teilte die Ag der ASt mit Schreiben vom "29.08.2006" mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Das Angebot der ASt werde gemäß § 25 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen, weil es nicht vollständig sei. Es fehle die Erklärung des Nachunternehmers, die benannten Leistungen im Auftragsfall für den Bieter zu übernehmen (Formblatt EFB 317 EG).

Die ASt rügte mit Schreiben vom 4. Juli 2006 die Vergabeentscheidung als vergaberechtswidrig. Tatsächlich sei das Formblatt 317 EG dem Angebot beigefügt worden. In dem Formular werde auch ein Nachunternehmer benannt. Es habe in diesem Formular lediglich die Benennung des Nachweises nebst Anlage gefehlt. Es sei Pflicht der Ag gewesen, im laufenden Vergabeverfahren die ASt darauf hinzuweisen, dass dem Formular noch ein entsprechendes Bestätigungsschreiben des Nachunternehmers beizufügen gewesen wäre. Eine nachträgliche Ergänzung hätte keinen Einfluss auf die Preise und den Wettbewerb gehabt. Die Bestätigung werde kurzfristig nachgereicht.

Mit Schreiben vom 5. Juli 2006 reichte die ASt eine Bestätigung des Nachunternehmers nach. Dieser erklärte, dass er die von ihm angebotenen Leistungen im Auftragsfall für die ASt ausführen werde.

Die Ag half der Rüge mit Schreiben vom 6. Juli nicht ab und führte dies wie folgt aus. Das Angebot der ASt sei gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A zwingend auszuschließen, weil der geforderte Nachweis, dass dem Bieter die erforderlichen Mittel der Nachunternehmer zur Verfügung stehen, nicht vorgelegen habe. Ziffer 3.3 der Bewerbungsbedingungen verlange von den Bietern, dass das Angebot vollständig sein müsse; unvollständige Angebote könnten ausgeschlossen werden. Das Angebot müsse die Preise und die in den Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen und Angaben enthalten. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A seien Angebote, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 nicht entsprächen, zwingend von der Wertung auszuschließen. Nach Rechtsprechung des BGH seien Angebote, die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Erklärungen nicht enthielten, zwingend auszuschließen. Die erstmalig mit Schreiben vom 5. Juli 2006 vorgelegte Bestätigung des Nachunternehmers werde als verspätet zurück gewiesen. Die ASt sei auch nicht deshalb von der Vorlage befreit gewesen, weil der geforderte Nachweis nicht wettbewerbsrelevant gewesen wäre. Auf die Wettbewerbsrelevanz einer geforderten Erklärung komme es nicht an. Denn würden die Erklärungen nach diesen Formblättern gefordert, dann seien sie als Umstände ausgewiesen, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen. Dies gelte auch für die in den Verdingungsunterlagen geforderte Verpflichtungserklärung des im Auftragsfall eingesetzten Nachunternehmers. Transparenz und Gleichbehandlung geböten es, nur solche Angebote zu werten, die die geforderten Erklärungen enthielten. Die Beibringung der Erklärung sei auch nicht unzumutbar gewesen. Auch wenn die Abgabe einer Verpflichtungserklärung neu eingeführt worden sei, sei sie dennoch klar und eindeutig im Verzeichnis der Unternehmerleistungen EFB UEG 317 317EG gefordert, so dass es eines nochmaligen Hinweises in den Bewerbungsbedingungen nicht bedurft hätte. Ein Ermessen hinsichtlich des Ausschlusses bestehe nicht. Auch sei ein Nachreichen gänzlich fehlender Nachweise vorliegend nicht möglich.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2006, eingegangen bei der Vergabekammer des Bundes am selben Tag, hat die ASt die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragt. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Ag am 11. Juli 2006 zugestellt.

Die ASt vertieft ihren Vortrag aus dem Rügeschreiben. Ergänzend trägt sie vor, nicht jeder un-vollständige Antrag führe gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b, 21 Nr. 1, 24 VOB/A zwingend zum Ausschluss. Entscheidend sei vielmehr, dass durch Zulassung von Angeboten, die weniger enthielten, die Wettbewerbsstellung nicht veränderbar sein dürfe. Die fehlende Erklärung sei ohne Einfluss auf die Preise und damit auf das Wettbewerbsergebnis. Aus diesem Grund müsse dem Bieter gem. § 24 VOB/A die Möglichkeit eingeräumt werden, die notwendige Erklärung des Nachunternehmers nachzuholen. Mit Schreiben vom 5. Juli habe sie die Bestätigung des Nachunternehmers nachgereicht. Auf dem Formblatt der Bewerbungsbedingungen fehle der Hinweis eines zwingenden Ausschlusses bei nicht vollständiger Einreichung (Ziffer 3.3). Es werde lediglich darauf hingewiesen, dass unvollständige Angebote ausgeschlossen werden könnten. In der von der Ag zitierten Rechtsprechung handele es sich aber um fehlende Angaben zur Preiskalkulation. Solche Angaben hätten auf das Wettbewerbsergebnis erheblichen Einfluss, so dass bei ihrem Fehlen ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Verfahren nicht erreicht werden könnte. Im vorliegenden Fall sei aber die für die Transparenz erforderliche Vergleichbarkeit trotz ursprünglich nicht vorhandener Bestätigung des Nachunternehmers gegeben, denn die ASt habe den Nachunternehmer mit Anschrift in dem Formular angegeben. Es fehle kein wichtiger Parameter zur Kennzeichnung der Leistung, das Formular mit der Benennung des Nachunternehmers sei unstreitig beigefügt worden. Die fehlende Bestätigung mindere nicht die Vergleichbarkeit der Angebote. Das Angebot sei auch ohne die Klärung des Nachunternehmers zweifelsfrei. Der ASt sei zudem im Vorfeld der Ausschließung die Gelegenheit gegeben worden, zu einigen zweifelhaften Punkten noch Stellung zu nehmen. Außerdem habe die ASt im Parallelverfahren WG 22 das Formular vollständig ausgefüllt, als auch die erforderliche Erklärung des Nachunternehmers mitgeliefert. Somit sei für die Ag erkennbar gewesen, dass hier ein Versehen vorliege.

Die ASt beantragt,
1. den Ag zu verpflichten, das Vergabeverfahren nicht weiter zu führen und ihm die Erteilung des Zuschlags am 14.07. 2006 an die Beigeladene, zu untersagen.
2. hilfsweise einen ggf. bereits erteilten Zuschlag für nichtig zu erklären,
3. den Ag anzuweisen, bei der Zuschlagserteilung das Angebot der ASt unter ermessensfehlerfreier Verwendung der Zuschlagskriterien zu berücksichtigen,
4. hilfsweise, den Ag anzuweisen, die Ausschreibung aufzuheben,
5. der ASt Akteneinsicht in die Vergabeakten des Ag zu gewähren,
6. dem Ag die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen aufzuerlegen,
7. festzustellen, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der ASt notwendig war.

Die Ag beantragt:
1. Die Nachprüfungsanträge vom 10.07.2006 werden zurückgewiesen.
2. Die ASt hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Nachprüfungsanträge der ASt seien unbegründet. Die Ag verweist auf ihre Stellungnahme im Anschluss an die Rüge der ASt. Sie trägt ergänzend vor, die von der ASt angeführte Rechtsprechung des BayObLG vom 28.12.1999 zur Wettbewerbsrelevanz sei durch die Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 18.2.2003) als überholt anzusehen. Ferner habe der BGH in seinem Beschluss vom 7.6.2005 nicht auf die Preiskalkulation und den damit verbundenen Wettbewerb abgestellt, sondern einzig und allein auf den formalen Aspekt, dass eine Erklärung gefordert sei und daher als Umstand ausgewiesen sei, der für die Vergabeentscheidung relevant sein solle. Die Ag weist nochmals darauf hin, dass es für den Ausschluss des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A angesichts des klaren Wortlautes weder eines (nochmaligen) Hinweises in den Formblättern selbst noch in den Bewerbungsbedingungen bedürfe. Eine Nachverhandlung gem. § 24 Nr. 1 VOB/A sei nicht zulässig. Eine Nachverhandlung sei ausschließlich als eine Aufklärungsmaßnahme im engeren Sinne gestattet und auf das rein informatorische beschränkt. Sie dürfe nicht dazu führen, dem Bieter eine Nachholung einer Erklärung zu ermöglichen, die bereits mit Angebotsabgabe zu erfolgen habe. Die Ag habe sich auch nicht widersprüchlich verhalten, da durch das Ingenieurbüro ..... eine zulässige Aufklärung des Angebotsinhaltes vorgenommen habe, die mit dem vorliegenden Sachverhalt keine Berührungspunkte aufweise.

Die Beigeladene ist durch Beschluss vom 19. Juli 2006 zu dem Verfahren hinzu gezogen worden.

Die Beigeladene beantragt,
1. Der Nachprüfungsantrag der ASt wird zurückgewiesen.
2. Die ASt trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Ag im wesentlichen an. Sie weist ergänzend darauf hin, dass im vorliegenden Fall gerade nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Fehlen der geforderten Erklärung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu einer Wettbewerbsbeeinträchtigung führe. Die Erklärung des Nachunternehmers sei gerade schon von Wettbewerbsrelevanz. Sollte nämlich der ASt der von ihr abgegebene Nachunternehmer nicht zur Verfügung stehen, so werde nicht gewährleistet, dass die von der ASt angebotene Leistung von dieser auch ausgeführt werden könne, insbesondere wenn sie auf diese Leistung nicht eingerichtet sei. Die ASt wäre gezwungen, die Leistung an einen anderen, eventuell nicht geeigneten, Nachunternehmer zu vergeben. Ein Aufklärungsgespräch gemäß § 24 VOB/A sei nicht möglich, weil es nicht um die Aufklärung eines unklaren Sachverhalts, sondern um das Fehlen von geforderten Erklärungen gehe.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 GWB zugestimmt. Die Kammer hat der ASt antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren. Auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet.

Die Zuständigkeit der Vergabekammer ist nach § 104 Abs. 1 GWB eröffnet, da der ausgeschriebene Auftrag dem Bund zuzurechnen ist. Der Nachprüfungsantrag ist auch statthaft, da die für Bauaufträge einschlägigen Schwellenwerte (§ 2 Nr. 7 VgV) überschritten werden.

a. Die ASt hat ihrer Rügeobliegenheit genügt, indem sie mit Schreiben vom 4. Juli 2006 und damit unverzüglich nach Erhalt der Mitteilung gemäß § 13 VgV vom "29.08.2006" gegenüber der Ag zum Ausdruck brachte, dass die Wertungsentscheidung rechtswidrig sei, weil sie das Bestätigungsschreiben des Nachunternehmers zulässigerweise nachreichen durfte.

b. Der ASt fehlt es auch nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat ihr Interesse am Auftrag durch Einreichung eines Angebots dokumentiert und macht geltend, durch eine fehlerhafte Wertung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Die ASt hat außerdem hinreichend dargelegt, dass ihr infolge des beanstandeten Vergabeverstoßes ein Schaden zu entstehen droht (§ 107 Abs. 2 Satz 2 GWB). Für die Antragsbefugnis ist es insoweit unbeachtlich, ob das Angebot der ASt wegen des Fehlens einer geforderten Erklärung zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen ist. An die Darlegung der Antragsbefugnis im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es ist insbesondere als ausreichend anzusehen, dass ein Schadenseintritt nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BVerfG, Beschluss v. 29. Juli 2004, 2 BvR 2248/03, OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22. September 2005, VII-Verg 49/05 und VII-Verg 50/05). Die vorgenannten Darlegungserfordernisse hat die ASt erfüllt. Nach der Submission liegt sie an erster Stelle, so dass sie eine Chance auf den Erhalt des Zuschlags hat.

2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet.

Das Angebot der ASt ist zu Recht gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A von der Wertung ausgeschlossen worden, weil es nicht die gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A in den Verdingungsunterlagen geforderte Bestätigung des Nachunternehmers enthielt. Eine Verletzung in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB liegt nicht vor.

a. Die ASt hat eine geforderte Erklärung gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht vorgelegt. Geforderte Erklärungen im Sinne dieser Regelung sind solche, die für eine wettbewerbliche und transparente Angebotswertung und Vergabeentscheidung notwendig sind. Erklärungen der Bieter im Vergabeverfahren sind nicht als Selbstzweck, sondern als Wettbewerbshandeln anzusehen. Insofern darf der öffentliche Auftraggeber nur solche Unterlagen fordern, die für den Vergabewettbewerb relevant sind (vgl. OLG Schleswig, Beschluss v. 10. März 2006, 1 (6) Verg 13/05; Vorlage von "geeigneten Unterlagen" im Rahmen der Eignungsprüfung: OLG Düsseldorf, Beschluss v. 1. Februar 2006, Verg 83/05). Welche Unterlagen gefordert werden können, ergibt sich aus den Verdingungsordnungen.

(1) Die Ag hat im streitgegenständlichen Fall die Benennung von Nachunternehmern und die Vorlage einer Nachunternehmerbestätigung gefordert. Zwar waren nach Ziffer 7 der Bewerbungsbedingungen EVM (B) BwB/E Nachunternehmer nur auf Verlangen zu benennen. Die Ag hat aber in dem der Angebotsaufforderung beigefügten und von den Bietern zu verwendenden Angebotsformblatt ("vom Bieter im Einzelfall beizufügen: - Verzeichnis der Unternehmen mit den im EFB U EG 317 bezeichneten Anlagen") sowie dem Formblatt EFB U EG 317 (Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen) eindeutig klargestellt, dass als "Ergänzung der Aufforderung zur Angebotsabgabe" mit dem Angebot die einzusetzenden Nachunternehmer zu benennen und die Nachweise vorzulegen waren, dass dem Bieter die erforderlichen Mittel dieser Unternehmen zur Verfügung stehen. In den Bewerbungsbedingungen EVM (B) BwB/E hatte die Ag zudem unter Ziffer 3.3 darauf hingewiesen, dass das Angebot die Preise und die in den Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen und Angabe enthalten müsse.

(2) Die Ag durfte sich neben der Benennung der Nachunternehmer den Nachweis, dass dem Bieter die erforderlichen Mittel dieser Unternehmen zur Verfügung stehen, vorlegen lassen. Die Rechtsgrundlage für die geforderte Erklärung ergibt sich aus § 10 Nr. 5 Abs. 3 VOB/A. Danach kann der öffentliche Auftraggeber die Bieter auffordern, in ihrem Angebot die Leistungen anzugeben, die sie an Nachunternehmer zu vergeben beabsichtigen. Bei einer Nachunternehmererklärung geht es der Vergabestelle grundsätzlich um die Ermittlung von Grundlagen zur Durchführung ihrer Wertungsentscheidung. Diese können sich auf Aspekte der Eignung und Zuverlässigkeit des Bieters gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A beziehen, aber auch der Feststellung des Selbstausführungsquote gemäß § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B oder der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Angebots nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A dienen. Der Nachunternehmereinsatz ist dementsprechend kalkulations- und wettbewerbserheblich (OLG Schleswig, Beschluss v. 10. März 2006, 1 (6) Verg 13/05). Auch die Vorlage einer Erklärung des Nachunternehmers, dass dieser dem Bieter im Falle der Auftragserteilung zur Verfügung steht, ist vergaberechtlich zulässig. Sie eröffnet der Vergabestelle eine größere Sicherheit bei der Überprüfung der Angaben der Bieter. Denn es ist durchaus möglich, dass ein Bieter einen Nachunternehmer benennt, ohne sich dessen Mitwirkung zu versichern. Ein solcher Bieter würde sich auf Kosten der übrigen Bieter, die mit ihren Nachunternehmern möglicherweise bereits Vorverträge geschlossen haben, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Vergabestelle kann bei der Angebotswertung aufgrund der Papierform eine Verifizierung der Angaben der Bieter aber nicht vornehmen. Es ist daher aus ihrer Sicht sinnvoll, sich für den Fall des Einsatzes von Nachunternehmern bei der Angebotsabgabe gleichzeitig eine Erklärung bzw. einen Nachweis vorlegen zu lassen, dass der Bieter über die genannten Ressourcen auch verfügt.

(3) Die ASt hat zwar das Formblatt beigefügt und den von ihr vorgesehenen Nachunternehmer benannt. Eine Bestätigung, dass ihr der Nachunternehmer zur Verfügung steht, hat die ASt ihrem Angebot unstreitig nicht beigefügt.

b. Die ASt konnte die fehlende Bestätigung nicht nach Ablauf der Angebotsfrist nachreichen. Nach Öffnung der Angebote darf die Vergabestelle Verhandlungen gemäß § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nur durchführen, um sich über die Eignung eines Bieters, insbesondere seine technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, das Angebot selbst, etwaige Änderungsvorschläge und Nebenangebote, die geplante Art der Durchführung, etwaige Ursprungsorte oder Bezugsquellen von Stoffen oder Bauteilen und um sich über die Angemessenheit der Preise zu unterrichten. Die Aufklärung darf sich nur auf das rein Informatorische beschränken (Kratzenberg in: Ingenstau/Korbion, 15. Aufl., § 24 VOB/A, Rn. 5). Zulässig war daher die zunächst von dem mit der Angebotsauswertung beauftragten Ingenieurbüro vorgenommene Aufklärung des Angebotsinhalt der ASt. Das Nachreichen einer mit Angebotsabgabe geforderten Erklärung stellt hingegen eine unzulässige Änderung des Angebots dar (§ 24 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A). Im Wege der Nachverhandlung können daher insbesondere fehlende, zwingende Angaben im Angebot nicht nachgeholt werden (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30. Juli 2006, Verg 32/03).

c. Die Nichtvorlage der Erklärung des Nachunternehmers führt zwingend zum Ausschluss des Angebotes der ASt. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A sind Angebote, die den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht genügen, d.h. die die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Erklärungen nicht enthalten, von der Wertung auszuschließen. Die Gleichbehandlung aller Bieter, die § 97 Abs. 2 GWB von dem Aus-schreibenden verlangt, ist nur gewährleistet, soweit die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten (BGH, Beschluss vom 18. Februar 2003, X ZB 43/02). Der Auftraggeber hat kein Recht zu einer großzügigen Handhabe, sondern muss das Angebot aus der Wertung nehmen. Der Ausschlusstatbestand des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A ist daher auch nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden (BGH, a.a.O.). Zum Ausschluss des Angebots zwingt vielmehr bereits, dass Angaben und Erklärungen fehlen, die der Auftraggeber in seinen Ausschreibungsunterlagen zulässigerweise gefordert hat und die infolge dessen als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen (für den Fall der unterbliebenen Vorlage eines Nachunternehmerverzeichnisses: OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30. Juli 2003, Verg 32/03). Insofern durfte die Ag auch nicht, wie von der ASt vorgetragen, auf die parallele Ausschreibung der Wohngruppe 22 abstellen, in der die ASt die Bestätigung des Nachunternehmers beigefügt hatte. Ein Ermessen stand der Ag insoweit nicht zu. Da es sich entgegen der Auffassung der ASt bei den geforderten Erklärungen auch um solche mit Wettbewerbsrelevanz handelt (s. o. 2 a. (2),), kommen auch insoweit ihre Ausführungen gegen den Ausschluss ihres Angebotes nicht zum Tragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 2, 3 GWB i.V.m. § 80 Abs. 3 S. 2 VwVfG.

Die Beigeladene hat ihre Kosten selbst zu tragen. Der unterliegende Antragsteller hat in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO aus Gründen der Billigkeit die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen, wenn sich der Antragsteller mit dem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt und der Beigeladene sich darüber hinaus aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 5. August 2005, VII-Verg 31/05). Schon die erstgenannte Voraussetzung liegt im streitgegenständlichen Fall nicht vor. Die ASt hat sich allein gegen den Ausschluss ihres eigenen Angebotes aus der Wertung wegen der Nichtbeibringung der geforderten Bestätigungserklärung des Nachunternehmers gewehrt. Sie wollte erreichen, dass ihr Ausschluss aus der Wertung rückgängig gemacht werde. Darüber hinaus hat sich die Beigeladene zwar mit eigenen Schriftsätzen und Anträgen beteiligt, aber das schriftliche Verfahren nicht in einem Maße aktiv gefördert, dass ein Prozessrechtsverhältnis zur ASt begründet worden und die Beigeladene im Verhältnis zur ASt als obsiegende Partei anzusehen wäre (vgl. hierzu Beschlüsse des OLG Düsseldorf v. 15. Mai 2005, Verg 12/03; v. 29. April 2003 - Verg 47/02).

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf - Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

RechtsgebietVOB/AVorschriften§ 25 VOB/A

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