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17.10.2006 · IWW-Abrufnummer 062968

Beschluss vom 23.11.2005 – 16 Ta 657/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


16 Ta 657/05
4 Ca 3636/04
Arbeitsgericht Krefeld

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF

BESCHLUSS

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren XXX

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf
am 23.11.2005
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kaup

b e s c h l o s s e n :

1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 11.11.2005 gegen den Zwangsgeld-Beschluss des Arbeitsgerichts Krefeld vom 31.10.2005 ? 4 Ca 3636/04 -, zugestellt am 04.11.2005, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Beschwerdewert: (4.750,00 ? x 2 =) 9.500,00 ?.

G R Ü N D E :

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Sie ist nach §§ 62 Abs. 2 Satz 1, 78 Satz 1 ArbGG, 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt worden.

2. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Der angefochtene Zwangsgeld-Beschluss ist zutreffend.

a) Soweit die Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde eine fehlende Anhörung bemängelt, ist dieser Mangel behoben. Mit der nochmaligen Überprüfung seiner Entscheidung im Rahmen der Abhilfeprüfung nach § 572 ZPO hat das Arbeitsgericht die Anhörung nachgeholt und das Vorbringen der Schuldnerin berücksichtigt.

b) Auch im übrigen führt die sofortige Beschwerde nicht zum Erfolg: Gemäß Absatz 2 des Tenors im Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 02.08.2005 ist die Schuldnerin/Beklagte verurteilt worden, den Gläubiger/Kläger (vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits) ?im Bereich Marketing vertragsgemäß zu beschäftigen?. Da die Schuldnerin dem bislang nicht nachgekommen ist, kann sie, wie hier geschehen, auf Antrag des Gläubigers mit den Zwangsmitteln des § 888 ZPO hierzu angehalten werden.

c) Dem kann die Schuldnerin hier nicht erfolgreich damit begegnen, dass ihr die ausgeurteilte Weiterbeschäftigung des Gläubigers unmöglich sei. Zwar entspricht es allgemeiner Rechtsauffassung (vgl. Zöller/Stöber ZPO 25. Aufl., § 888 Rdn. 11; Baumbach/Lauterbach u. a., ZPO 60. Aufl., § 888 Rdn. 3; Thomas-Putzo, ZPO 26. Aufl., § 888 Rdn. 7; Lackmann, ZwangsvollstreckungsR, 5. Aufl. Rdn. 404; LAG Berlin vom 14.06.2001, LAGE § 888 ZPO Nr. 46, jew. m. w. N.) und ebenso der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer (u. a. Beschl. vom 27.07.2005 ? 16 Ta 384/05 - und vom 04.07.2005 ? 16 Ta 317/05 - m. w. N.; ebenso bereits Beschl. v. 08.10.1998 ? 7 Ta 313/98 ?), dass eine Zwangsvollstreckung entfällt und insbesondere Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO nicht verhängt werden dürfen, wenn zum Zeitpunkt der Zwangsmittelfestsetzung die Vollstreckung auf Erbringung einer unmöglichen Leistung gerichtet wäre. Der Einwand der Unmöglichkeit ist im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO zu beachten. Der Schuldner kann mit staatlichen Zwangsmitteln nicht zu etwas gezwungen werden, was ihm zu erbringen unmöglich ist.

d) Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieses Vorbringen der Schuldnerin und der Streit der Parteien hierüber bereits Teil des erstinstanzlichen Erkenntnisverfahrens war und weiterhin Teil des zwischenzeitlich anhängigen Berufungsverfahrens ? 3 (6) Sa 1245/05 ? ist, wonach durch unternehmerische Entscheidung vom 21.06.2004 und Schließung des Bereichs SAT-Strategische Anwendungstechnik das bisherige Aufgabengebiet des Gläubigers als Marketingreferent/Marktforschung und sein Arbeitsplatz entfallen seien. Das Arbeitsgericht ist dem in seinem Urteil vom 02.08.2005 nicht gefolgt. Im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren ist nicht darüber zu befinden, ob das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat. Hierüber ist gegebenenfalls im zwischenzeitlich anhängigen Berufungsverfahren zu urteilen. Für das vorliegende Zwangsvollstreckungsverfahren gelten zunächst die vom Arbeitsgericht getroffenen Feststellungen zum streitigen Sachverhalt und der danach ergangene erstinstanzliche Urteilsspruch. Der Schuldnerin ist es verwehrt, den hierüber ausgetragenen Streit aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern. Hinzu kommt, dass die nach Angaben der Schuldnerin fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Gläubigers ausschließlich von den von der Schuldnerin veranlassten Maßnahmen und ihrem Entschluss zur Umorganisation abhängt, nicht von äußeren und von der Schuldnerin nicht beeinflussbaren Umständen. Es obliegt ihrem Organisationsbereich, dass eine jedenfalls vorläufige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Gläubigers im verbleibenden Bereich Marketing gegeben ist (vgl. auch Beschl. vom 08.10.1998 ? 7 Ta 313/98 -).

e) Ebenfalls erfolglos bleiben muss für das vorliegende Zwangsvollstreckungsverfahren der Einwand der Schuldnerin, der im Urteils-tenor mit ?Bereich Marketing? bezeichnete Tätigkeitsbereich des Gläubigers sei für eine Vollstreckung zu unbestimmt. Dieser Einwand führt schon deswegen nicht zum Erfolg, weil die Schuldnerin dem Gläubiger im Rahmen des ihr zustehenden Direktionsrechts mit näher genannten Aufgaben im ?Bereich Marketing? betrauen kann, die sie selbst am ehesten kennt und bezeichnen kann. Im übrigen ist der Gläubiger gemäß Anstellungsvertrag vom 15.07.1982 für den Tätigkeitsbereich der ?Abteilung Marketing? eingestellt worden, ohne dass insoweit Unklarheiten bestanden hätten.

f) Entgegen dem Vorbringen der Schuldnerin ist der Vollstreckungstitel, den Gläubiger ?vertragsgemäß? zu beschäftigen, hier auch nicht zu unbestimmt. Richtig ist, worauf die Schuldnerin zutreffend hinweist, dass Vollstreckungstitel einen eindeutigen und vollstreckungsfähigen Inhalt haben müssen. Der Schuldner muss aus dem Vollstreckungstitel zuverlässig erkennen können, welche Handlungen er vorzunehmen hat, zu denen er durch Zwangsgeld und notfalls Zwangshaft gezwungen werden kann. Dies ist bereits aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtungen und insbesondere materiell-rechtliche Fragen dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (vgl. u. a. BAG vom 28.02.2003 ? 1 AZB 53/02 ? AP Nr. 13 zu § 78 ArbGG 1979; Beschl. der Kammer vom 02.09.2005 ? 16 Ta 451/05 ? m. w. N.). Jedoch unterliegt ein Vollstreckungstitel nach ganz herrschender Meinung (vgl. Zöller/Stöber, 25. Aufl., § 704 Rdn. 5 m. w. N.) auch der Auslegung, gegebenenfalls durch Heranziehung der Urteilsgründe. Hier geht es um die (vorläufige) Weiterbeschäftigung des Gläubigers als Mitarbeiter im Bereich Marketing. Der Zusatz ?vertragsgemäß? weist nur auf die ? jedenfalls nach Auffassung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil ? zwischen den Parteien weiterhin bestehenden Vertragsbeziehungen hin. Auch bei einem Verzicht auf diesen eher nicht erforderlichen Zusatz ?vertragsgemäß? hätte für den Beschäftigungsanspruch des Gläubigers im vorliegenden Vollstreckungsverfahren nichts anderes gegolten, so dass der (überflüssige) Zusatz ?vertragsgemäß? nicht zur Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung führt.

3. Die von der Schuldnerin hilfsweise beantragte Aussetzung der Vollziehung nach § 570 Abs. 3 ZPO ist mit Erlass der vorliegenden Beschwerdeentscheidung gegenstandslos.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 Satz 3, 97 Abs. 1 ZPO. Die Höhe des Beschwerdewerts entspricht in Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO grundsätzlich dem Hauptsachewert und auch im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer und der herrschenden Meinung (vgl. zuletzt Beschluss 17.11.2005 ? 16 Ta 629/05 - ) dem Wert des zu vollstreckenden Anspruchs. Bei einem Weiterbeschäftigungsanspruch beläuft sich dieser in der Regel auf zwei Monatsbezüge. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

RechtsgebieteArbeitsrecht, Zangsgel, WeiterbeschäftigungVorschriften§§ 570 Abs. 3, 572, 888 ZPO

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