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12.10.2006 · IWW-Abrufnummer 062923

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.07.2004 – I-1 U 52/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Düsseldorf

Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Februar 2004 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 5.493,59 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2003 zu zahlen.

Die Kosten beider Rechtszüge fallen den Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage, mit welcher die Klägerin Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 02.07.2002 auf der BAB 44 im Bereich der Abfahrt Willich-Münchheide lediglich unter Anrechnung eines Eigenhaftungsanteils von 2/3 begehrt, zu Unrecht abgewiesen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Ersatzanspruch in Höhe der von ihr geltend gemachten 5.493,59 ? gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 3 PflVG zu.

1. Zunächst ist das Landgericht im Ansatz zu Recht und auch mit zutreffender Begründung von einer grundsätzlichen Haftung der Parteien gemäß § 7 StVG ausgegangen. Der Unfall, bei dem der Ehemann der Klägerin mit deren Porsche von hinten auf den von dem Beklagten zu 3) gesteuerten, bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Sattelschlepper des Beklagten zu 2) auffuhr, nachdem dieser aufgrund eines Versagens der Bremsanlage auf dem Verzögerungsstreifen der Abfahrt liegengeblieben war, war für keinen der beteiligten Fahrzeugführer unabwendbar (§ 7 Abs. 2 StVG). Ebensowenig ist den Parteien der dahingehende Entlastungsnachweis gemäß § 18 Abs. 1 StVG gelungen.

2. Im Unterschied zum Landgericht hält der Senat aber bei der angesichts der grundsätzlichen Haftung gemäß § 17 Abs. 1 StVG gebotenen Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Parteien eine Haftungsverteilung mit der von der Klägerin geltend gemachten Quote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Klägerin für angemessen.

3. Zwar hat das Landgericht zutreffend zu Lasten der Klägerin neben der auch nach Auffassung des Senats infolge des gefährlichen Fahrvorgangs ihres Ehemanns erhöhten Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs zudem ein erhebliches unfallursächliches Fehlverhalten des Ehemannes berücksichtigt.

Auch der Senat hat aufgrund der sich nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergebenden Umstände, namentlich aufgrund der Aussage des Zeugen S., keinen Zweifel daran, dass dem Ehemann der Klägerin jedenfalls ein Überholverschulden (§ 5 Abs. 3 Satz 1 StVO) , ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO sowie ein Sorgfaltsverschulden im Sinne von § 1 StVO anzulasten ist.

Letztlich ist die Klägerin selbst von einem erheblichen Verursachungsanteil ihres Ehemannes ausgegangen, da sie lediglich Schadensersatz auf der Grundlage eines Eigenhaftungsanteils von 2/3 begehrt.

3.1. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung wiegt das Fehlverhalten des Ehemannes der Klägerin aber nicht so schwer, dass hierdurch die die Beklagten treffende Betriebsgefahr des liegengebliebenen Sattelschleppers vollständig zurücktritt. Zu der - im Verhältnis zu einem Pkw - ohnehin bereits höheren Betriebsgefahr eines Lastzuges nebst Anhänger, kommt hier die besondere Gefahr hinzu, die dadurch begründet wird, dass ein auf der Autobahnausfahrt liegen gebliebener Sattelschlepper für die anderen Fahrzeuge ein erhebliches Risiko begründet. Dies gilt auch dann noch, wenn - wovon der Senat. ausgeht - wie vorliegend die Warnblinkanlage eingeschaltet war.

3.2. Zwar vermag auch der Senat aufgrund der landgerichtlichen Beweisaufnahme nicht festzustellen, dass - wie die Klägerin behauptet - der Beklagte zu 3) auf dem Verzögerungsstreifen bewusst und gewollt abgebremst hat und bleibt ebenfalls offen, ob der Beklagte zu 3) die Bremsanlage vor Fahrtantritt überprüft hat, weshalb sich auch ein grundsätzlich in Betracht kommender Verstoß des Drittbeklagten weder gegen § 18 Abs. 8 StVO noch gegen § 23 Abs. 1 StVO feststellen lässt.

Jedoch fällt dem Beklagten zu 3) ein unfallursächliches Fehlverhalten gemäß § 23 Abs. 2 StVO zur Last. Danach muss der Fahrzeugführer dann, wenn unterwegs Mängel am Fahrzeug auftreten, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, diese sofort beseitigen, anderenfalls das Fahrzeug auf dem kürzesten Weg aus dem Verkehr ziehen (dazu Henschel, Straßenverkehrs recht, 37. Aufl., § 23 StVO, Rdnr. 26).

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang mit der Berufung erstmals geltend gemacht hat, dem Beklagten zu 3) sei der Druckabfall der Bremsanlage schon länger bekannt gewesen, kann offen bleiben, ob dieser Vortrag nicht bereits verspätet ist im Sinne von § 531 ZPO.

Darauf kommt es letztlich nicht an, denn nach Auffassung des Senats ist schon unter Zugrundelegung der eigenen Darstellung des Beklagten zu 3) sowie nach der Aussage des Zeugen T. von einem Fehlverhalten des Drittbeklagten gemäß § 23 Abs. 2 StVO auszugehen. Der Drittbeklagte hat geschildert, "sie seien bis kurz vor die Abfahrt gekommen, dann habe sich der Retarder eingeschaltet. Der Zeuge T. hat in Übereinstimmung hiermit bekundet, das Stocken nach Einschalten des Retaders habe etwa 100 m vor der Abfahrt eingesetzt.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Bremsprobleme nicht nur bereits in einem räumlich und zeitlich vor der Abfahrt und dem Beginn des Verzögerungsstreifen liegenden Bereich auftraten, sondern diese dort von dem Drittbeklagten auch schon bemerkt worden sind.

Da aber ausweislich der in der Beiakte befindlichen polizeilichen Unfallskizze, deren Richtigkeit keiner der Parteien angezweifelt hat, bis unmittelbar vor Beginn des Verzögerungsstreifens der Abfahrt neben der rechten Spur der BAB 44 ein Standstreifen verläuft, wäre der Beklagte zu 3) bei hinreichender Sorgfalt gehalten gewesen, sofort nach Wahrnehmen der Bremsprobleme auf den Standstreifen zu fahren und hierdurch den Sattelschlepper aus dem fließenden Verkehr zu ziehen.

Er konnte und durfte nicht darauf vertrauen, dass er noch gefahrlos würde vollständig abfahren können.

4. Unter Zugrundelegung der vom Senat als angemessen erachteten Haftungsquote steht der Klägerin ein Ersatzanspruch in Höhe eines Drittels des ihr insgesamt in Höhe von 16.480,77 ? entstandenen Schadens zu. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Klägerin ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist. Soweit die Beklagten die Höhe des geltend gemachten Schadens mit Nichtwissen bestritten haben, so ist dieses Bestreiten im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten Belege, die den von ihr geltend gemachten Schaden im einzelnen dokumentieren und aufschlüsseln, bereits unzulässig.

Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der nicht nachvollziehbare, unsachliche Einwand der Beklagten im Zusammenhang mit den Kosten der Trauerkleidung. Schließlich bestehen nach Ansicht des Senats insbesondere nach dem Vorbringen der Beklagten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem verunfallten Porsche um ein gewerblich genutztes Fahrzeug gehandelt hat, weshalb die Klägerin sich entgegen der von den Beklagten vertretenen Auffassung auch nicht zur Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung erklären musste.

5. Zinsen stehen der Klägerin im erkannten Umfange gemäß §§ 291, 288 BGB zu.

II
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10,713 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz liegt bei 5.493,59 ?, diesem Wert entspricht auch die Beschwer der Beklagten.

Es bestand keine Veranlassung die Revision zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorlagen.

Dr. E. K. T.

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