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12.10.2006 · IWW-Abrufnummer 062921

Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 12.10.2001 – 14 U 146/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
14. Zivilsenat in Freiburg

Im Namen des Volkes

U r t e i l

Verkündet am: 12. Oktober 2001

In Sachen XXX

w e g e n Schadensersatzes

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 14. Zivilsenat in Freiburg -
auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2001 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht
B a u e r
Richter am Oberlandesgericht
H ö r s t e r
Richter am Oberlandesgericht
D r. K r a u ß

f ü r R e c h t e r k a n n t :

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 27.07.2000 - 2 O 374/99 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung; die durch die Streithilfe verursachten Kosten trägt die Streithelferin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Beklagte und die Streithelferin sind nicht mit mehr als 60.000,00 DM beschwert.

Von der Darstellung des T a t b e s t a n d e s wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

Mit seiner Berufung, der sich die Streithelferin angeschlossen hat, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, soweit er erstinstanzlich zur Zahlung eines Betrages von mehr als 1.453,08 DM verurteilt worden ist: Er stellt nunmehr den dem Kläger anläßlich des zweiten Unfalls entstandenen Schaden mit 26.906,15 DM unstreitig, geht aber weiter davon aus, dafür nur mit einer Quote von 50 % zu haften. Das Rechtsmittel ist zulässig, kann in der Sache aber keinen Erfolg haben.

1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Fahrer und Halter des französischen Pkws die Kollision mit dem stehenden Fahrzeug des Klägers durch eine der Verkehrssituation nicht angepaßte Fahrweise und dadurch verursacht, daß er nicht die erforderliche Aufmerksamkeit hat walten lassen. Er ist deshalb für den dem Kläger dadurch entstandenen Schaden in vollem Umfang verantwortlich, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungs- (§ 7 Abs. 1 StVG), sondern auch unter dem der Verschuldenshaftung (§ 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 Abs. 2 StVO, § 18 Abs. 1 StVG). Als Verband, der die Pflichten eines Haftpflichtversicherers nach den §§ 3 ff. AuslPflVersG übernommen hat (§ 2 Abs. 1 Buchst. b AuslPflVersG), hat der Beklagte dafür einzustehen (§ 6 Abs. 1 AuslPflVersG i. V. m. § 3 PflVersG).

Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, daß den Kläger kein ins Gewicht fallendes Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls trifft. Weder ist ihm vorzuwerfen, daß er auf der Verzögerungsspur zum Halten kam, noch, daß er sein Fahrzeug nicht durch Aufstellen eines Warndreiecks gesichert hat.

a) Richtig ist zwar, daß auf Autobahnen - dazu gehören auch die Verzögerungsstreifen (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. 2001, Rnr. 20 zu § 5 StVO) nicht gehalten werden darf (§ 18 Abs. 8 StVO). Ein Verstoß liegt aber dann nicht vor, wenn für das Anhalten eine zwingende Notwendigkeit bestand (BGH VersR 1979, S. 323 ff., 323). Eine derartige Situation war im hier zu entscheidenden Fall gegeben.

Nachdem der Zeuge K. mit seinem Pkw auf den des Klägers aufgefahren war, hatte der Kläger unverzüglich anzuhalten (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 StVO) und zwar in einer Weise, durch die der Verkehr auf der Autobahn am wenigsten gefährdet wird (BGH, aaO). Dabei hatte er in seine Überlegung einzubeziehen, daß sein Fahrzeug - selbst wenn es, dem von ihm bestrittenen Vortrag des Beklagten gemäß, nach der Kollision mit dem Pkw K. noch ?fahrbereit? gewesen sein sollte - jederzeit liegenbleiben konnte. Dies ergibt sich daraus, daß es, wie die Zeugin Dr. Corinna P. vor dem Landgericht bekundet hat, nach dem Aufprall ?große Geräusche? verursacht hat und ?nicht mehr richtig funktionierte? (I 269), so dass ein schwerwiegender Defekt jedenfalls nicht auszuschließen war. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Kläger es nicht für verantwortbar hielt, bis zu der nach der Autobahnabfahrt beginnenden Standspur weiterzufahren und erst dort anzuhalten und dabei das Risiko einzugehen, im unmittelbaren Abfahrtbereich liegenzubleiben. Davon abgesehen war K. beim Beginn der Verzögerungsspur stehengeblieben, so daß bei einem Weiterfahren des Klägers über den Abfahrtbereich hinaus eine Kommunikation der beiden Fahrzeugführer mit erheblichen Gefahren verbunden gewesen wäre.

b) Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt ein Verschulden des Klägers am Zustandekommen des Unfalls auch nicht darin, daß er kein Warndreieck zwischen seinem Fahrzeug und dem des Pkw K. aufgestellt hat. Einer derartigen Absicherung (§ 15 Satz 2 StVO) bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, weil der nachfolgende Verkehr bereits durch das lediglich 50 bis 100 Meter hinter dem klägerischen Pkw stehende Fahrzeug des Zeugen K. und das von diesem dahinter aufgestellte Warndreieck gewarnt wurde. Einem Warndreieck kommt nämlich nur dann Warnfunktion zu, wenn es ausreichend weit hinter dem Pannenfahrzeug aufgestellt wird, das sind auf der Autobahn mindestens 150 Meter (Jagusch/Hentschel, aaO, Rnr. 4 zu § 15 StVO). Kann ein Warnschild nach den gegebenen Umständen die Warnsituation nicht verbessern, so ist das Nichtaufstellen jedenfalls nicht vorwerfbar (Jagusch/Hentschel, aaO, m. w. N.)

2. Eine Mithaftung des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 17 StVG, weil die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs gegenüber dem schweren Fahrfehler des Zeugen Ka. zurücktritt (hierzu Jagusch/Hentschel, aaO, Rnr. 16 zu § 7 StVG und Rnr. 25 zu § 9 StVG).

II.

Nach alledem hat das Landgericht richtig entschieden. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 823 Abs. 1 BGB § 249 BGB

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