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28.09.2006 · IWW-Abrufnummer 062830

Oberlandesgericht München: Urteil vom 03.05.2005 – 9 U 1708/05

Zur Pflicht eines Werkunternehmers, die Reihenfolge seiner Arbeitsschritte mit anderen, seine Leistung berührenden Gewerken abzustimmen.


Aktenzeichen: 9 U 1708/05

Verkündet am 03.05.2005
BGH, Beschluss vom 24.11.2005 - VII ZR 138/05 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

erlässt der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Ruß und die Richter am Oberlandesgericht Augsberger und Dr. Buchner aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2005 folgendes

ENDURTEIL:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30.11.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 35.625 EUR.

Gründe:

I.

Durch Urteil vom 30.11.2004 hat das Landgericht die Beklagte zur Leistung eines Vorschusses für die Kosten der Mangelbeseitigung verurteilt und unter anderem die Ersatzpflicht für übersteigende Beträge festgestellt. Die Klägerin als Generalunternehmerin hatte die Beklagte mit dem Einbau von Fenstern beauftragt.

Das Landgericht hat die Leistung der Beklagten als mangelhaft angesehen, weil eine ordnungsgemäße Abdichtung zwischen 239 Fensterbänken und der von einem anderen Unternehmer aufgebrachten Vollwärmedämmung fehle. Entweder hätte die Beklagte die erforderliche Abdichtungsbahn selbst einbauen müssen oder auf den fehlenden Einbau durch den Folgeunternehmer hinweisen müssen.

Mit der Berufung begehrt die Beklagte im Umfang der Verurteilung Klageabweisung.

Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte hält ihre Leistung für mangelfrei. Sie habe den Einbau der Fenster samt Fensterbänken beendet vor Aufbringung der Vollwärmedämmung. Die von ihr erstellten Pläne habe der Architekt des Bauherrn akzeptiert. Die Anbringung der vom Sachverständigen aus technischer Sicht geforderten Abdichtungsbahn sei von ihr auch gar nicht geschuldet gewesen.

Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil, die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO), die Hinweise vom 22.2.2005 und das Protokoll vom 3.5.2005 samt Senatshinweisen wird Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

1.

Die Beklagte war entgegen ihrer Ansicht auch zur Anbringung der vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 27.11.2003 auf Seite 23 in Abbildung 6 und 7 rot eingezeichneten Abdichtungsbahn verpflichtet.

Dies ergibt die Auslegung nach §§ 133, 157 BGB des zum Vertragsgegenstand gemachten Leistungsverzeichnisses vom 26.2.1996 (Anlage B 1), das auszugsweise lautet:

"... Breite der Fensterbänke für 24er Mauerwerk + 8 cm VWS ausreichend. ... Alle Maße sind eigenverantwortlich zu prüfen. ... Die Montage umfasst das Setzen sämtlicher Elemente einschl. Drückermontage und die ordnungsgemäße Befestigung mit Schlitzbändern und Dübeln und die evtl. notwendige Überarbeitung der Elemente während der Bauzeit ... Bei der Montage werden die Fugen seitlich und unten zum Mauerwerk (VWS) ... ausgeschäumt. ...

Ergänzend zu den Vorbemerkungen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß alle Positionen dieses Leistungsverzeichnisses in funktionsfähiger Ausführung der beschriebenen Leistungen zu erbringen sind. Die anzubietenden Preise enthalten a l l e erforderlichen Nebenleistungen, Lieferung der Materialien und Hilfsmaterialien ..."

Daraus folgt, dass die vereinbarte Leistung funktional beschrieben wurde und nicht im Wege der abschließenden Auflistung einzelner Materialien und Arbeitsschritte. Das Vertragssoll bestand im funktionsfähigen Einbau von Kunststofffenstern und pulverbeschichteten Alu-Fensterbänken. Hierzu gehört auch die erforderliche Abdichtung zur Vollwärmedämmung, zumal die Abdichtungsbahn notwendig in einem Arbeitsschritt zusammen mit den Fensterblechen zu montieren ist.

Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen (a.a.O.) waren die Fensterbleche auf die Abdichtungsbahn zu montieren. Dies hat auch die Beklagte selbst erkannt, die die vom Sachverständigen grün eingezeichnete Abdichtung in dieser Weise richtig unter die Fensterbleche eingebaut hat und die Abdichtung dann lediglich fehlerhaft zum festen Mauerwerk geführt hat, statt über die Vollwärmedämmung.

Die Beklagte hätte sich mit dem Folgeunternehmer, der die Vollwärmedämmung aufbrachte, abstimmen müssen, um in einer geeigneten, verzahnten Reihenfolge der Arbeitsschritte den vom Sachverständigen (a.a.O.) rot eingezeichneten Verlauf der Abdichtungsbahn zu erreichen. Beispielsweise hätte die Beklagte erst die Fenster setzen können, dann hätte der Folgeunternehmer den Vollwärmeschutz auf das Mauerwerk aufbringen können und dann hätte die Beklagte die Fensterbleche samt Abdichtungsbahn montieren können.

Dass die Beklagte die Fenster und Fensterbleche in einem Zug vor Anbringung des Vollwärmeschutzes eingebaut hat, war somit fehlerhaft in Bezug auf die vertraglich übernommene Pflicht des funktionalen Einbaus mit allen Nebenleistungen.

2.

Ein Mitverschulden der Klägerin aufgrund fehlerhafter Planung besteht nicht.

Zutreffend hat die Klägerin in dem zitierten Leistungsverzeichnis darauf hingewiesen, dass auf ein 24 cm starkes Mauerwerk eine 8 cm starke Vollwärmedämmung ("VWS") aufgebracht werden sollte. Damit war die Beklagte in die Lage versetzt, die ihr vertraglich auferlegte Planung der Maße und der Arbeitsschritte im Einzelnen selbst vorzunehmen.

Die Freigabe der von der Beklagten erstellten Pläne durch den Architekten des Bauherrn ändert am fehlenden Mitverschulden der Klägerin nichts.

Zum einen stand der Architekt des Bauherrn nicht in vertraglichen Beziehungen zur Klägerin. Der Bauherr als Auftraggeber der Klägerin ist nicht Erfüllungsgehilfe der Klägerin gegenüber der beklagten Subunternehmerin (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl. 2005, Rdnr. 1052). Zum anderen hat sich die Klägerin auch nicht gegenüber der Beklagten vertraglich verpflichtet, Detailpläne für den Einbau zu liefern. Vielmehr war es als Konsequenz der funktionalen Leistungsbeschreibung in dem streitgegenständlichen Subunternehmervertrag Sache der Beklagten, sich mit den anderen am Bau Beteiligten soweit abzustimmen, dass ein mangelfreier funktionaler Einbau der Fenster erfolgen konnte. Dieser Abstimmungspflicht der Beklagten mag die Vorlage von Plänen durch die Beklagte an den Architekten des Bauherrn gedient haben.

III.

Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung.

Streitwert: § 47 GKG

Zugehörige DokumenteIBR 2006, 133: Einzelgewerke müssen sich untereinander abstimmen!
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RechtsgebietBGBVorschriftenBGB a.F. § 278; BGB n.F. §§ 133, 157, 254, 280

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