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01.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062199

Vergabekammer Bund: Beschluss vom 18.05.2006 – VK 1-25/06

1. Die Vergabestelle kann Kenntnisse aus der vorangegangenen Vertragsbeziehung mit dem Bewerber bei der Prognoseentscheidung, ob er die bestmöglichste Leistung (VOF § 16 Abs. 1) erwarten lässt, berücksichtigen.


2. Verweist der Bewerber darauf, die Leistung wie bisher zu erbringen, kann er gegen die sachlich gerechtfertigte Bewertung der Vergabestelle nicht vorbringen, sie sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.


VK Bund

Beschluss vom 18.05.2006

VK 1-25/06

(bestandskräftig)

In dem Nachprüfungsverfahren der

...

wegen der Vergabe "Herrichten und Erweitern der Dienstgebäude des ..., Bewerbung für Leistungen der Objektplanung für den 1. Bauabschnitt ab der Leistungsphase 5-9 und Option für den 2. Bauabschnitt ab der Leistungsphase 4, VOF Verfahren ..." hat die 1. Vergabekammer des Bundes durch die Vorsitzende Direktorin beim Bundeskartellamt Dr. Seifert, die hauptamtliche Beisitzerin Regierungsdirektorin Korthals und den ehrenamtlichen Beisitzer Dr. Matuschak auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2006 am 18. Mai 2006 beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen.

3. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

Gründe:

I.

Im Dezember 2005 hat die Antragsgegnerin (Ag) die Auftragsvergabe "Herrichten und Erweitern der Dienstgebäude des ..., Bewerbung für Leistungen der Objektplanung für den 1. Bauabschnitt ab der Leistungsphase 5-9 und Option für den 2. Bauabschnitt ab der Leistungsphase 4, VOF Verfahren ..." im Verhandlungsverfahren ausgeschrieben.

Die Antragstellerin (ASt), die bereits Leistungen in den Leistungsphasen 1 bis 4 für die Ag erbracht hatte, bewarb sich mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 um die Teilnahme am Verhandlungsverfahren zur Vergabe der ausgeschriebenen Leistung. Mit Schreiben vom 8. Februar 2006 teilte die Ag der ASt mit, dass die ASt zum Verhandlungsverfahren zugelassen sei. Für die Teilnahme an der 2. Stufe des VOF-Verfahrens sei der als Anlage beiliegende Vertragsentwurf mit vollständigen Angaben als konkretes Honorarangebot bis zum 22. Februar 2006 vorzulegen. Das Schreiben enthielt zusätzlich schriftlich zu beantwortende wertungsrelevante Aufgabenstellungen. Die ASt wurde außerdem zu einem Vorstellungsgespräch am 27. Februar 2006 eingeladen. Hierzu hieß es:

Auf das persönliche Erscheinen des in Ihrer Bewerbung benannten Projektleiters, seines Stellvertreters sowie der fest vorgesehenen Projektbearbeiter (max. 2) wird besonderer Wert gelegt. Das Gespräch soll maximal 45 Minuten dauern (hierin enthalten ist auch der Zeitraum für die Fragestellungen des AG, dies ist bei der Vorbereitung der Präsentation zu berücksichtigen) und gliedert sich wie folgt:

...

Mit Schreiben vom 20.02.2006 reichte die ASt ihr Honorar- und Leistungsangebot sowie die gewünschten Angaben und die schriftliche Beantwortung der gestellten Aufgaben bei der Ag ein.

Am 27. Februar 2006 führte die Ag mit der ASt planmäßig das Vorstellungsgespräch durch.

Der Vergabevermerk enthält eine Bewertungsmatrix mit folgenden Komplexen:

I. Qualität und Erfahrung des Projektteams
II. Qualität der Herangehensweise an vergleichbare Aufgabenstellungen
III. Sonstige Zuschlagskriterien/Fragenkomplex zu Fachkunde, Erfahrung, Leistungsfähigkeit
IV. Honorar

Dieser Kriterienkatalog war in weitere Unterkriterien aufgeteilt. Danach kam es beispielsweise bei I. Qualität und Erfahrung des Projektteams u.a. auf "das Durchsetzungsvermögen, fachliche, kommunikative, soziale Kompetenz, Standing" der Projektleiter bzw. auf das Durchsetzungsvermögen der Mitarbeiter an. In diesem Bereich mussten der Projektleiter und eine Mitarbeiterin der ASt Punktabzüge hinnehmen.

Im Bereich II. Qualität der Herangehensweise an vergleichbare Aufgabenstellung, Unterkriterium "Maßnahmen zur Termin- und Kostensicherung" wurde folgende Begründung für einen erheblichen Punktabzug bei der ASt gegeben:

"Kein direkter Zugrif des Ag auf ASt/B (Hamburg) sondern nur über PL (ASt) (Herrn ...). Zeitverluste durch nicht direkten Datenaustausch, Informationsverluste nicht auszuschliessen..."

Dieser Gesichtspunkt führte unter III. Sonstige Zuschlagskriterien/Fragenkomplex zu Fachkunde, Erfahrung, Leistungsfähigkeit ebenfalls zu einem Punktabzug. Die Begründung dort lautete:

"Ferner Darstellung einer "Fernsteuerung Kosten" durch B, Informationsaustausch für AG nur über Schnittstelle PL mögl.".

Entsprechend § 13 VgV informierte die Ag die ASt mit Schreiben vom 5. April 2006, dass die ASt nicht die erforderliche Punktzahl des für alle Bieter gleichermaßen gültigen Bewertungskatalog erreicht habe. Aufgrund der Präsentationen, der eingereichten Bewerbungsunterlagen sowie der eingeholten Referenzauskünfte sei eine Auswertung der Gespräche anhand der in der Vergabebekanntmachung genannten Kriterien und der den Bewerbern in der Angebotsaufforderung mitgeteilten Gewichtung in Form einer Bewertungsmatrix mit Punktemitteilung erfolgt. Der Vortrag des Projektteams der ASt habe hinsichtlich der Qualifikation und Erfahrung (hier u.a. Auftreten/Werdegangsdarstellung, Anteile an der Gesprächsführung der einzelnen Projektmitglieder) im Vergleich zur Präsentation der Mitbewerber bei der Bewertung Abstriche hinnehmen müssen. Der Vortrag zur Herangehensweise an das Projekt sei relativ allgemein - und nicht wie gefordert an einem konkreten Beispiel - erläutert worden. Die Kostenkontrolle habe die ASt an eine externe Stelle ausgelagert. Eine Kommunikation mit der externen Stelle sei nur über die Schnittstelle des Projektleiters möglich. Zudem habe die ASt - anders als ihre Mitbewerber - Einschränkungen zu Nr. 7.2. des Vertragsentwurfes vorgenommen.

Daraufhin rügte die ASt mit Schreiben vom 12. April 2006 gegenüber der Ag die beabsichtigte Vergabeentscheidung. Die Ag half der Rüge nicht ab. Mit Schreiben vom 13. April 2006 beantragte die ASt bei der Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer hat die Zustellung des Nachprüfungsantrages an die Ag am 18. April 2006 veranlasst.

Die ASt trägt vor, der Ag seien bei der Bewertung des Vorstellungsgesprächs eine Reihe von Wertungsfehlern unterlaufen.

Die hohen Punkteinbußen im Rahmen der Vorstellung des Projektteams im Wertungsbereich I. Qualität und Erfahrung des Projektteams seien nicht gerechtfertigt. Die Ag habe selbst auf die Vorstellung verzichtet, da ihr alle Projektteilnehmer durch die vorangegangene Zusammenarbeit bekannt gewesen seien. Die Ag habe nach Rückfrage der ASt auf die Vorstellung verzichtet. Der Gesprächsablauf sei so im Vergabevermerk nicht wiedergegeben worden.

Die Ag könne sich auch nicht auf den Hinweis in dem Einladungsschreiben berufen, in dem es heißt, dass auf das persönliche Erscheinen aller Teammitarbeiter Wert gelegt werde. Angesichts der Gesprächsführung der Ag sei es treuwidrig, hieraus eine nachhaltigere Präsentationspflicht der Mitarbeiter herleiten zu wollen. Die ASt habe vielmehr davon ausgehen können, den an den Projektleiter gerichteten Fragenkatalog durch diesen beantworten zu müssen.

Der wesentliche Punktabzug bei der Bewertung der Person des Projektleiters sei nicht gerechtfertigt. Es sei unrichtig, dass fachspezifische Fragen teilweise von der Geschäftsführung und nicht vom Projektleiter beantwortet worden seien. Vielmehr habe der anwesende Geschäftsführer nur eine einzige Ergänzung zu einem Fragenkomplex angebracht. Es sei unzulässig, dass die Ag hieraus den Schluss gezogen habe, dass der vorgesehene Projektleiter nicht das erforderliche Standing gegenüber der Geschäftsführung habe. Die Ag habe bei dieser Bewertung außerdem ihre bisherigen Erfahrungen mit dem Projektleiter in den Leistungsphasen 1 - 4 vernachlässigt.

Die Aussage der Ag, die ASt habe den Vortrag hinsichtlich der Herangehensweise an vergleichbare Projekte relativ allgemein gehalten, sei unzutreffend. Die ASt habe in dem Vorstellungsgespräch anhand einer Matrix, die sich auf ein Referenzprojekt bezogen habe, ihre Vorgehensweise konkret erläutert.

Der weitere Vorwurf der Ag, die ASt habe die Kostenplanung und -kontrolle auf eine externe Stelle ausgelagert, zu der ein unmittelbarer Kontakt der Ag nicht möglich sei, sondern nur über den Projektleiter erfolgen könne, sei ebenfalls unzutreffend. Tatsächlich sei das mit der Kostenplanung beauftragte Büro ein integrativer Bestandteil der ASt und nachhaltig qualifiziert, die gesamte Kostenplanung und das Kostencontrolling durchzuführen. Die Büroräume befänden sich - sowohl in Hamburg als auch in Berlin - Tür an Tür mit denen der ASt. Die Ag könne selbstverständlich unmittelbar - wie bereits in der Vergangenheit geschehen - mit der Kostenplanungsstelle der ASt Kontakt aufnehmen. Reibungsverluste entstünden nicht, weil der Projektleiter ebenfalls an der Kostenplanung/-kontrolle beteiligt sei. Eine Aussage der ASt, wonach ein Informationsaustausch für die Ag nur über die Schnittstelle Projektleiter möglich wäre, habe es nie gegeben.

Die Argumentation der Ag, die ASt habe Einschränkungen zum vorgegebenen Vertragsentwurf erklärt, sei ebenfalls nicht korrekt. Die ASt habe sich lediglich gegen eine AGB-widrige Vertragsklausel gewehrt.

Im Wertungsbereich I. hätte beim Unterkriterium "Auftraggeberreferenzen - Telefonauskunft" die volle Punktzahl gegeben werden müssen.

Die im Wertungsbereich III. Sonstige Zuschlagskriterien/Fragenkomplex zu Fachkunde, Erfahrung, Leistungsfähigkeit zu beantwortende Frage zur Mengenaufstellung für eine durchgeführte HDI-Unterfangung sei unzulässig, da sie keinen Bezug zu dem zu vergebenden Auftrag habe.

Die ASt beantragt,

1. den Ag zu verpflichten, den Zuschlag der ASt unter Berücksichtigung ihres abgegebenen Angebotes zu erteilen,

hilfsweise,

1a) die Ag zu verpflichten, die Wertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen, weiter vorsorglich hilfsweise,

1b) die Ag anzuweisen, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer sowie das Auswertungsgespräch zu wiederholen,

2. der ASt Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,

3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der ASt gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,

4. der Ag die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der ASt aufzuerlegen.

Die Ag beantragt,

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die ASt trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Ag.

Die Ag trägt vor, bereits bei der Einladung zum Vorstellungsgespräch vom 8. Februar 2006 habe sie die Bieter darauf hingewiesen, dass auf das persönliche Erscheinen des in ihrer Bewerbung benannten Projektleiters, seines Stellvertreters sowie der fest vorgesehenen Projektmitarbeiter (max.2) besonderer Wert gelegt werde.

Zudem habe die Ag auch in keinster Weise die ASt ermuntert, auf eine Präsentation des Projektteams zu verzichten. Lediglich auf eine namentliche Vorstellung sei verzichtet worden. Ebenso sei die Gesprächsführung durch die ASt nicht so gestaltet gewesen, dass nur der Projektleiter habe antworten können. Mehrfach seien Fragen nicht vom Projektteam sondern von dem Geschäftsführer der ASt beantwortet worden.

Gegenüber der Geschäftsführung sei der Projektleiter sehr zurückhaltend aufgetreten. Dies habe zu Punktabzügen hinsichtlich seines Durchsetzungsvermögens führen müssen. Die Projektmitarbeiterin habe während der gesamten Präsentation keinen Wortbeitrag geliefert. Ihr Durchsetzungsvermögen habe daher durch die Ag nicht positiv beurteilt werden können.

Zur Herangehensweise an vergleichbare Aufgabenstellungen habe die ASt überwiegend abstrakt und nur zu einem Teil der Ausschreibung - wie gefordert - beispielhaft an einem konkreten Objekt vorgetragen.

Entscheidend für Bewertungsabzüge in der Kostensicherung sei gewesen, dass die ASt in ihrer vorgestellten Organisationsstruktur keine integrierte Kostenplanung und -kontrolle und damit keinen direkten Zugriff durch die Ag vorsehe. Die Kostenplanung und -kontrolle sei vielmehr an eine externe Stelle ausgelagert. Durch diesen Zwischenschritt werde das Risiko von Übertragungsdefiziten erheblich erhöht, entsprechende Informationsverluste in der Vergangenheit seien nachweislich dokumentiert. Das von der ASt eingeschaltete Büro sei in der Vergangenheit nicht immer auf dem letzten Stand der Projektentscheidungen gewesen. Neu sei der Vortrag der ASt in diesem Nachprüfungsverfahren, die Kommunikation zwischen der Ag und der externen Stelle für Kostenkontrolle könne - anders als bisher - auch unmittelbar ohne Zwischenschaltung der Schnittstelle (Projektleiter) erfolgen. Tatsächlich seien von der ASt Kontaktaufnahmen und Kostenabstimmungen zwischen Projektmanagement und dem von der ASt beauftragten Büro aufgrund interner Abrechnungsmodalitäten abgelehnt worden. Es sei vom Beurteilungsspielraum der Ag gedeckt, dass sie die von der ASt vorgeschlagene externe Kostenkontrolle für weniger geeignet für ihr Projekt ansehe als die Maßnahmen der anderen Bewerber.

Mit Beschluss vom 24. April 2006 wurde die Beigeladene (Bg) zu dem Nachprüfungsverfahren beigeladen.

Die Bg beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

2. der ASt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der Rechtsverfolgungskosten der Bg aufzuerlegen;

3. die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Bg für notwendig zu erklären.

Die Bg widerspricht dem Vorwurf der ASt, die Ag habe durch ihre Gesprächsführung verhindert, dass die ASt sich ausreichend präsentieren konnte. Aus der Einladung zum Vorstellungsgespräch sei bereits jedem Bieter ersichtlich gewesen, welche Bedeutung diese Präsentation für die Ag habe. Dies gelte auch für die geforderte Erläuterung der Herangehensweise bei der Abwicklung vergleichbar komplexer Aufgabenstellungen. Hinsichtlich der Bewertung der Kostenkontrolle habe die Ag ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Ag sei aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, den Umstand, dass die ASt Vertragsbedingungen zu ihren Gunsten abgeändert habe, bei der Angebotswertung gegenüber den Bewerbern, die keine Änderungen vorgenommen hätten, zu berücksichtigen.

Die ASt und die Bg haben im Rahmen des § 111 Abs. 2 GWB unter Wahrung der Geschäftsgeheimnisse Akteneinsicht erhalten.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. Mail 2006 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre jeweiligen Standpunkte vorzutragen und mit der Kammer umfassend zu erörtern. Die ASt erklärte, sie habe in dem Vorstellungsgespräch auf die Frage der Ag, wie sie ihre Kostenplanung gestalten wolle, geantwortet, dass dies wie bisher geschehen solle (d.h. wie bereits in den Leistungsphasen 1 bis 4). Die Ag erläuterte, dass sie das Konzept der integrierten Kostenplanung und -kontrolle durch zwei interne Mitarbeiter (Planung und Controlling) direkt vor Ort in einem Büro auf der Baustelle - wie es die Bg vorsehe - für überzeugender halte. Mit dem Modell einer ausgelagerten Kostenplanung habe sie nicht nur mit der ASt in den Leistungsphasen 1 bis 4, sondern auch generell bei anderen Projekten schlechte Erfahrungen gemacht. Der Informationsfluss verlaufe direkter und mit weniger Reibungsverlusten, wenn die Kostenplanung komplett intern vom Auftragnehmer durchgeführt werde. Unstreitig wurde gestellt, dass das Bauhandbuch, das der Zusammenarbeit der Ag und ASt für die Leistungsphasen 1 bis 4 zugrunde lag, eine Regelung enthielt, nach der die Kommunikation zur Kostenplanung ausschließlich über den Projektleiter der ASt laufen sollte. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Verfahrensakte sowie die der Kammer vorgelegten Vergabeakte verwiesen.

II.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes ist nach § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Nr. 3 VgV eröffnet, da sich der Nachprüfungsantrag auf einen Auftrag eines öffentlichen Auftraggebers, der dem Bund zuzurechnen ist, oberhalb des einschlägigen Schwellenwerts bezieht.

b) Die ASt ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie geltend macht, durch einen Vergaberechtsverstoß in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Durch die Abgabe eines Angebots hat die ASt ihr Interesse am Auftrag hinreichend dokumentiert, so dass ihr durch die Nichtberücksichtigung ihres Angebots auch ein wirtschaftlicher Schaden droht.

c) Die ASt hat die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße auch rechtzeitig gemäß § 107 Abs. 3 GWB gerügt.

2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die ASt kann keine Ansprüche aus einer Verletzung ihrer Rechte nach § 97 Abs. 7 GWB geltend machen.

a) Die Ag durfte das Konzept der ASt hinsichtlich der Kostenplanung und -kontrolle schlechter bewerten als das der Bg und einen erheblichen Punktabzug vornehmen.

Die zur Auftragserteilung führende Zuschlagswertung im VOF-Verfahren ist eine auftragsbezogene Prognoseentscheidung, bei der der Vergabestelle ein grundsätzlich weiter Beurteilungsspielraum zusteht. Grenze des Beurteilungsspielraums sind die Grundsätze des Vergabeverfahrens, das Diskriminierungsverbot, der Wettbewerbsgrundsatz und das Transparenzgebot. Eine für den einzelnen Bewerber ungünstige Vergabeentscheidung ist durch die Prognose des wirtschaftlichsten Angebots und der bestmöglichen Leistungserbringung (§ 16 Abs. 1 VOF) nur gerechtfertigt, soweit diese durch sachliche Gründe getragen wird, die Vorschriften des Vergabeverfahrens eingehalten wurden und der Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Oktober 2003 - Verg 48/03). Den nachprüfenden Instanzen ist es verwehrt, ihre eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der Vergabestelle zu setzen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juli 2005 - Verg 108/04).

Im hier zu beurteilenden Fall sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass die Ag ihren Beurteilungsspielraum überschritten hätte. Es stellt insbesondere keinen unsachlichen Grund dar, dass die Ag das Konzept der Kostenplanung und - kontrolle der ASt gegenüber dem der Bg schlechter bewertet. Dieses Kriterium stellt ein wesentliches Qualitätsmerkmal der zu erbringenden Leistung dar und durfte daher bei der Wertung durch die Ag eine erhebliche Rolle spielen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Ag sich bei ihrer negativen Beurteilung des Konzepts der ASt von unsachlichen Gründen leiten ließ. Vielmehr stützt sie sich auf Erfahrungen in Bezug auf eine ausgelagerte Kostenplanung, die sie bei anderen Projekten mit anderen Auftragnehmern gemacht hat sowie auch auf Erfahrungen, die sie konkret mit der ASt in den Leistungsphasen 1 bis 4 gemacht hat. Es ist auch nachvollziehbar, wenn die Ag vorträgt, dass sie - ausgehend von diesen eigenen Erfahrungen - den Informationsaustausch als reibungsloser und direkter bewertet, wenn die Kostenplanung und -kontrolle - wie bei der Bg - voll integriert - durch das vor Ort befindliche Projektteam erfolgt und nicht (auch) durch die Mitarbeiter eines weiteren Unternehmens, die in Hamburg ihren Sitz haben.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Ag Erfahrungen aus dem vorausgegangenen Vertragsverhältnis verwertet. Die ASt hat in dem Vorstellungsgespräch dargelegt, dass die Kostenplanung und -kontrolle in derselben Weise erfolgen solle wie in den vorausgegangenen Leistungsphasen. Deshalb konnte die Ag ihre Prognoseentscheidung nur an ihrer bisherigen Erfahrung ausrichten (vgl. zu dieser Problematik OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. März 2004 - 11 Verg 4/04, bei dem es um die Eignungsprüfung ging). Demzufolge konnte die ASt auch nicht einwenden, die Ag sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, da Reibungsverluste in der konkreten Zusammenarbeit zwischen der Ag und der ASt in den vorangegangenen Leistungsphasen tatsächlich nicht entstanden seien. Die Ag konnte aufgrund ihrer selbstgemachten Erfahrung davon aufgehen, dass das von der ASt für die Kostenplanung eingeschaltete Büro nicht in jeder Phase des Vertragsverhältnisses unmittelbar durch die Ag kontaktiert werden kann.

Insofern hat die ASt den substantiierten Vortrag der Ag entsprechend der unstreitigen Klausel im Bauhandbuch, das für die Leistungsphasen 1 bis 4 für die Ag und die ASt maßgeblich war und wonach Ansprechpartner für die Kostenplanung ausschließlich der Projektleiter war, nicht ausreichend entkräften können. Davon abgesehen ist es außerdem vom Beurteilungsspielraum gedeckt, wenn die ASt generell davon ausgeht, dass Informationsdefizite und Reibungsverluste bei einer ausgelagerten Kostenplanung wahrscheinlicher sind als bei einem integrierten Konzept und dies auch auf die Gesamtheit ihrer subjektiven Eindrücke aus einer vorangegangenen Geschäftsbeziehung stützt. Diese subjektiven Eindrücke müssen von der ASt nicht geteilt werden. Entscheidend ist, dass diese subjektiven Eindrücke vertretbar und nicht völlig haltlos sind. Dies ist nach Auffassung der Kammer der Fall (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Problematik im Bereich der Eignungsprüfung OLG Naumburg, Entscheidung vom 15.Januar 2002 - 1 Verg 5/00).

b) Es kann offen bleiben, ob die anderen von der ASt geltend gemachten Vergaberechtsverstöße vorliegen, da diese für den der ASt entstehenden Schaden, den Auftrag nicht zu erhalten, nicht kausal sein können. Der rechtsfehlerfreie Punktabzug für das Kostenkonzept der ASt ist so erheblich, dass selbst dann, wenn der ASt in den beanstandeten Wertungsbereichen die maximal erreichbare Punktzahl zugestanden würde, das Angebot der Bg dennoch insgesamt mehr Punkte erzielt. Die ASt kann daher den Auftrag nicht mehr erhalten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2, 3 GWB i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG. Die Bg hat einen Antrag gestellt und damit ein Prozessrechtsverhältnis zur ASt begründet. Sie ist daher im Verhältnis zur ASt als obsiegende Partei anzusehen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Bg war notwendig. In dem Nachprüfungsverfahren stellten sich Rechtsfragen, deren Komplexität und Schwierigkeiten anwaltliche Vertretung notwendig gemacht haben.

IV.

Rechtsbehelfsbelehrung XXX

RechtsgebietVOFVorschriftenVOF § 16 Abs. 1, § 24 Abs. 1

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