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14.07.2006 · IWW-Abrufnummer 062041

Finanzgericht Düsseldorf: Beschluss vom 04.04.2006 – 18 V 273/06 A (E)

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Düsseldorf

Beschluss

Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:
I.
Die Antragsteller werden als Eheleute für die Streitjahre 2001 bis 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren bis November 2002 Gesellschafter (zu jeweils 50 %) und Geschäftsführer der A GmbH, die im Lebensmittelgroßhandel tätig war. Ende November 2002 erwarb die Antragstellerin die Gesellschaftsanteile des Antragstellers und war seitdem alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der A GmbH. Der Antragsteller war ab Juni 2002 Gesellschafter-Geschäftsführer der B GmbH, die ebenfalls im Lebensmittelgroßhandel tätig war. Im Jahr 2003 wurde die Geschäftstätigkeit der A GmbH schrittweise eingestellt und deren Geschäftsbetrieb bis Ende 2003 auf die B GmbH übertragen.

Im November 2005 fand bei der A GmbH i. L. eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer fest, dass sich im Betriebsvermögen der A GmbH u. a. folgende Pkw befanden, die die GmbH ihren Geschäftsführern auch zur privaten Nutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle zur Verfügung gestellt habe (vgl. Geschäftsführervertrag des Antragstellers § 6 Abs. 2) und für die keine Fahrtenbücher geführt worden waren:

- ein BWM 528 it Kombi (Listenneupreis 108.600 DM = 55.500 EUR) und
- ein BMW X 5 (Listenneupreis 57.000 EUR).

Den BMW-Kombi (Erstzulassung November 1997) hatte die A GmbH im Januar 1999 erworben; im August 2003 wurde er für 6.960 EUR von der GmbH an die Antragstellerin verkauft. Diese verkaufte das Fahrzeug im Februar 2006 weiter. Der BMW X 5 (Erstzulassung März 2001) wurde von der A GmbH im Juni 2002 gebraucht erworben und im Dezember 2002 an die B GmbH weiterveräußert.

Der Prüfer erfasste Nutzungsvorteile der Pkw-Nutzung (als Sachbezugswerte nach der sog. 1 %-Methode) bis November 2002 ausschließlich bei dem Antragsteller, und zwar von Januar 2001 bis Juni 2002 für den BMW Kombi und von Juli bis November 2002 für den BMW X 5. Für die Zeit von Dezember 2002 bis Juli 2003 erfasste er Pkw-Nutzungsvorteile für den BMW Kombi bei der Antragstellerin. Der Antragsgegner - das Finanzamt - änderte daraufhin die Einkommensteuerbescheide der Antragsteller für die Streitjahre und erhöhte deren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt um 15.768 DM (für 2001), um 8.149 EUR (für 2002) und um 4.700 EUR (für 2003). Hiergegen erhoben die Antragsteller Einspruch, über den noch nicht entschieden ist, und beantragten die Aussetzung der Vollziehung der Änderungsbescheide beim Finanzamt.

Nach Ablehnung des Antrags durch das Finanzamt beantragen die Antragsteller nunmehr die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht. Sie tragen vor, sie hätten die betrieblichen Pkw nicht privat genutzt. Die in ihrem Privatvermögen befindlichen Pkw, ein Mercedes 500 SL (Erstzulassung April 1994 ) und ein Chrysler Jeep Grand Cherokee (Erstzulassung 1998) seien für Privatfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle völlig ausreichend gewesen; außerdem seien im Privatvermögen noch 4 Motorräder. Die Kinder (geboren 1990 und 1995) dürften noch kein eigenes Fahrzeug führen. Die Privatfahrzeuge seien in ihrem Leistungsvermögen den betrieblichen Kfz zumindest gleichwertig. Nach alldem habe für eine Privatnutzung der betrieblichen Pkw erkennbar kein Anlass bestanden. Das Finanzamt trage für den steuerbegründenden Tatbestand (Privatnutzung eines betrieblichen Kfz) die Feststellungslast. Hinreichende Indizien für einen Anscheinsbeweis, dass die Dienstwagen auch privat genutzt würden, bestünden nicht.

Die Antragsteller beantragen,
die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für 2001 bis 2003 vom 13. Dezember 2005 bis zu einer Entscheidung über den hiergegen eingelegten Einspruch auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Es ist der Auffassung, es bestehe ein Anscheinsbeweis dafür, dass ein Firmen-Pkw, der privat genutzt werden dürfe, tatsächlich auch privat genutzt werde; dies gelte insbesondere, wenn es sich um einen hochwertigen Pkw handele. Durch die bloße Behauptung, das Fahrzeug tatsächlich nicht privat zu nutzen, werde der Anscheinsbeweis nicht erschüttert, ebensowenig durch die Tatsache, dass die Eheleute 2 Pkw im Privatvermögen hätten. Die betrieblichen Fahrzeuge seien hochwertig und relativ neu gewesen, so dass ihre Privatnutzung neben den im Privatvermögen gehaltenen Kfz nicht unwahrscheinlich gewesen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vom Gericht beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.

II.
Der Antrag ist unbegründet.

An der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuer-Änderungsbescheide für die Jahre 2001 bis 2003 bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 69 Abs.3 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das Finanzamt hat Nutzungsvorteile für die Privatnutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge im Streitfall zu Recht und in zutreffender Höhe angesetzt.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit neben Gehältern, Löhnen, Gratifikationen und Tantiemen auch andere Vorteile, die für eine Beschäftigung gewährt werden. Hierunter fallen auch geldwerte Vorteile, die mit der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Zwecken verbunden sind.

Zur Beurteilung, ob ein betrieblich genutzter Pkw durch einen Arbeitnehmer auch privat mitbenutzt wird, ist es aus Sicht des erkennenden Senats geboten, im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) die Grundsätze über den Anscheinsbeweis (Beweis des ersten Anscheins oder prima-facie-Beweis) heranzuziehen (BFH- Beschlüsse vom 27. Oktober 2005 VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292; vom 11. Juli 2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801; vom 13. April 2005 VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300; vom 4. Juni 2004 VI B 256/01, BFH/NV 2004, 1416 und vom 14. Mai 1999 VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330). Ist die private Mitbenutzung eines betrieblichen Pkw möglich, so besteht ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass eine private Mitbenutzung auch tatsächlich erfolgt; hierauf beruht u. a. die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr.4 Satz 2 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BFHE 201,499, BStBl I1 2003, 472; BFH-Beschluss vom 11. Juli 2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801).

Im Streitfall war die private Nutzung der betrieblichen Pkw, des BMW 528 Kombi und des BMW X 5, durch die Antragsteller nicht von vorne herein aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen, sondern grundsätzlich möglich. Die Antragsteller waren als Gesellschafter-Geschäftsführer jederzeit in der Lage, auf die betrieblichen Fahrzeuge zuzugreifen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2003 VI B 281/01 BFH/NV 2004, 88, in BFH/NV 2005, 1300 und in BFH/NV 2006, 292), der Antragsteller hatte sogar einen im Geschäftsführervertrag vereinbarten Anspruch auf Privatnutzung eines betriebseigenen Pkw. Damit greift der Anscheinsbeweis ein.

Der auf Erfahrungssätzen beruhende Anscheinsbeweis kann durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 292, in BFH/NV 2005, 1801, in BFH/NV 2005, 1300 und in BFH/NV 2004, 1416 m. w. N.).

Der Anscheinsbeweis, dass die Antragsteller im streitigen Zeitraum (Januar 2001 bis Juli 2003) jedenfalls einen betrieblichen Pkw auch privat genutzt haben, ist im Streitfall aber nicht erschüttert:

Die Tatsache, dass die Antragsteller in den Streitjahren im Privatvermögen 2 Pkw und 4 Motorräder hatten, spricht nicht gegen die private Nutzung auch der betrieblichen Pkw. Die betrieblichen Pkw waren hochwertig und relativ neu (Bj. 2001 und 1999); dass die Antragsteller sie auch privat genutzt haben, wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass den Antragstellern 2 private Pkw zur Verfügung standen, die ebenfalls hochwertig, allerdings etwas älter (Bj. 1998 und 1994) waren. Angesichts dessen erscheint es weder sinnvoll noch geboten, darüber zu spekulieren, ob die Antragsteller mit dem (privaten) Mercedes 500 SL zum Einkaufen gefahren sind oder dafür gelegentlich den (betrieblichen) BMW 528 it Kombi verwendet haben, ob sie Privatfahrten mit dem älteren (privaten) Chrysler Jeep und niemals mit dem neueren (betrieblichen) BMW X 5 unternommen haben und welche Fahrzeuge sie genutzt haben, wenn betriebliche Pkw in der Werkstatt waren.

Dass eine private Nutzung der betrieblichen Pkw ersichtlich überflüssig gewesen und deshalb nicht in Frage gekommen wäre, weil der Antragsteller und die Antragstellerin bereits je ein privates Kfz besaßen, ist jedenfalls nicht glaubhaft. Denn die Antragstellerin hat den BMW 528 Kombi im Sommer 2003 von der GmbH erworben, in ihr Privatvermögen überführt und immerhin bis zum Februar 2006 privat genutzt. In diesem Zeitraum nutzten die Antragsteller somit gleichzeitig 3 Pkw privat. Warum sollten sie das nicht auch vorher getan haben?

Nach alledem verbleibt die Behauptung der Antragsteller, Privatfahrten ausschließlich mit anderen als den betrieblichen Pkw durchgeführt zu haben. Dies reicht aber nicht aus, um den Ansatz eines privaten Kfz-Nutzungsanteils auszuschließen (BFH-Urteile vom 13. Februar 2003 X R 23/01, BFHE, BStBl II 2003 472 und vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191,286, BStBl II 2000, 273).

Die jeweiligen privaten Nutzungsanteile sind auch rechnerisch zutreffend nach den Grundsätzen des § 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG ermittelt worden. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietEStGVorschriften§§ 8 Abs. 2, 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG; § 96 Abs. 1 S. 1 FGO

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