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12.07.2006 · IWW-Abrufnummer 061964

Amtsgericht Meiningen: Urteil vom 24.06.2005 – 11 C 212/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Meiningen

URTEIL

11 C 212/05
verkündet am 24.6.2005

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Meiningen durch Richter am Amtsgericht XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2005 für Recht erkannt

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin, 87.69 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basissatz seit dem 25.01.2005 zu zahlen.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:


Die Klägerin macht Restrechtsverfolgungskosten als Schadensersatz gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus einem Verkehrsunfallereignis vom 06.11.2004 in Bettenhausen geltend, an dem einerseits die Klägerin mit ihrem Pkw BMW 318 I, amtliches Kennzeichen XXX und andererseits der Beklagte zu 1 mit dem, bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Lkw, amtliches Kennzeichen XXX beteiligt waren.

Der Beklagte zu 1 beschädigte beim Rückwärtsfahren das ordnungsgemäß abgeparkte Fahrzeug der Klägerin.

Die Klägerin bediente sich der Rechtsanwälte XXX zur Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfallereignis.

Diese Rechtsanwaltskanzlei machte den Schaden. soweit damals schon bezlfferbar - mit konkreter Unfallschilderung mit Schreiben vom 25.11.2004 gegenüber der Beklagten zu 2 geltend. Mit weiterem Schreiben vom 29.11.2004 rechnete die Kanzlei die Reparaturkosten einschließlich Mietwagenkosten mit insgesamt vorläufig 2.338,91 Euro ab. Da die Beklagte monierte, übersandte die Kanzlei am 06.12.2004 Fotos des. beschädigten Fahrzeuges der Klägerin. Danach glich die Beklagte zu 2 diesen Schaden aus. Mit weiterem Schreiben vom 17.01.2005 rechneten die Rechtsanwälte XXX unmittelbar gegenüber der Beklagten zu 2 die Rechtsverfolgungskosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 2.638,91 ? und einer Geschäftsgebühr von 1,3 ab und begehrten insgesamt die Zahlung weiterer 308,21 ?.. Auf die Kostennote vom 17.01.2005 leistete die Beklagte zu 2 nur 220,52 ? und gab zur Begründung an, im konkreten Fall sei allenfalls eine Geschäftsgebühr von 0,9 angemessen.

Die Klägerin beantrag~
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 87,69 ? nebst Zinsen hieraus In Höhe von 5 % über dem Basissatz seit dem 25.01.2005 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, eine Gebühr von 0,9 sei hier ausreichend. Die Rechtslage und der Aufwand des Anwaltes sei einfachst gelagert. Schließlich dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, daß die Anwaltsquote sich branchenweit auf etwa 20 % belaufen würde und die Differenz zwischen 0,8 und 1,3 für die Versichertengemeinschaft eine zusätzliche Belastung von 95 Millionen. Euro ergebe. Es sei auch von grundsätzlicher Bedeutung, ob bei VerkehrsunfälIen mit 0,9 oder mit 1,3 der Gebühr zu regulieren sei. Deshalb sei die Berufung gegen das Urteil zuzulassen.

In Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich ihrer Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet
Gem. §§ 249 BGB. 7, 17,18 StVG, 3 Nr. 1 und Nr. 2 PfIVersG hat die Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung weiterer 81,69 ?.

Der Klägerin sind Rechtsverfolgungskosten in einer Gesamthöhe von 308,21? entstanden, hierauf haben die Beklagten lediglich 220,52 ? erstattet, so daß noch 87,69 ? offen sind.

Nach §§ 611 BGB, 1, 2, 13 und 14 RVG i. V. m. Nr. 2400 RVG VV ist die Klägerin verpflichtet, der Rechtsanwaltskanzlei XXX ein Anwaltshonorar von 308,21 ? zu bezahlen.

Entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten ist diese Rechtsanwaltsgebühr im Verhältnis Klägerin/Rechtsanwaltskanzlei XXX verbindlich, da keinerlei Anhaltspunkte erkennbar sind, dass die von den Rechtsanwälten beanspruchte Gebühr von 1,3 unbillig sein könnte (§ 14 I 2 RVG).

Der Sachvortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. Peter Hartmann Kostengesetze, 26. Auflage, § 12 BRAGO Rd.Nr. 25 m.w.N.) ist insoweit nicht geeignet, dies zu begründen bzw. verkennen die Beklagten die Rechtslage. Sie stellen lediglich auf das Tätigwerden der Anwaltskanzlei XXX nach außen hin ab, nämlich auf die drei Schriftsatze, die zur Schadensbegnündung an die Beklagte zu 2 abgesandt wurden. Dies ist nicht unzulässig. Obwohl die Beklagtenvertreter noch ausdrücklich den § 14 RVG wörtlich zitiert haben, lassen sie jedoch völlig außer Acht, dass der Gesetzgeber genau in dieser Bestimmung die Ermessenskriterien des Anwaltes schon dargelegt hat Dort ist eben ausgeführt, dass sich die Rahmengebühren nicht nur nach der Tätigkeit nach außen bestimmen, sondern im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit (in Zivilsachen in der Regel durch den Streitgegenstand bestimmt), des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers richten.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers waren jedenfalls nicht unterdurchschnittlich, sondern eher durchschnittlich. Die Klägerin war in der Lage. sich einen BMW 318 i als Eigentum anzuschaffen und ist in der Lage, diesen zu unterhalten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Rechtslage auch nicht einfach gelagert. Es wird hier nämlich übersehen, daß die Klagepartei einen Mietwagen in Anspruch genommen hat. Ende 2004 waren die Kosten für die Inanspruchnahme eines Mietwagens jedoch bereits schon lebhaft umstritten.

Insbesondere zu dem sogenannten Unfallwagenersatztarif. Gerade hier war der Rechtsanwalt im Verhältnis zur Mandantin in erhöhtem Umfang verpflichtet, rechtsberatend auf die neue Rechtsprechung hinzuweisen, Es bedarf wohl keiner weiteren Erörterung mehr, daß sich die Mietwagenrechtsprechung mittlerweile dahingehend entwickelt hat, dass :zahlreiche Meinungen vertreten werden und auch der Bundesgerichtshof in seinen jüngsten Entscheidungen wohl von jüngeren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes abweicht. Es traf hier also den Rechtsanwalt eine komplexe Beratungsaufgabe. Schließlich muß auch weiterhin gesehen werden, daß letztendlich drei Schreiben an die Beklagte erforderlich waren, um letztendlich den Reparaturschaden abschließend regulieren zu können. Auf die Beanstandung der Versicherungsgesellschaft hin, mußte der Rechtsanwalt erneut die Klägerin sei es schriftlich oder fernmündlich bitten, Lichtbilder vorzulegen. Der Sachverhalt war also nicht so, daß der Anwalt die Akte nur einmal in die Hand nahm und dann seine Kostenrechnung schrieb. Vor diesem Hintergrund entspricht es jedenfalls nicht der Unbilligkeit, daß ein Rechtsanwalt 1,3 der Gebühren nach 2400 VV RVG nimmt

Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang anführen, daß nach dem alten Gebührenrecht die Gebühren nach § 118 I Nr.1 BRAGO im Falle des Prozesses Anrechnung gefunden hätten, vermag, dies an der Entscheidung nicht zu ändern. Mit dieser Argumentation vergleichen die Beklagten Blut- und Leberwurst. Sie übersehen einfach, daß der Gesetzgeber das Gebührenrecht für Rechtsanwälte mit der Einführung des RVG auf eine vollständig andere Basis gestellt hat und hierbei insbesondere die Bestimmung traf, daß nur noch die Hälfte der ?Geschäftsgebühr? auf die ?Prozessgebühr? anzurechnen ist.

Soweit die Beklagten weiterhin beklagen, daß durch das neue Gebührenrecht ca. 95 Millionen Euro Mehrkosten auf die Versicherungsgemeinschaft zukommen werden, so ist dies kein rechtliches Argument, den Anspruch des Rechtsanwaltes zu kürzen. Letztendlich könnten solche Folgekosten in Zukunft vermieden werden, wenn - sofern dies zutreffen sollte. sich die Kfz-Haftpflichtversicherungswirtschaft ein Image verschafft, das der Unfallgeschädigte zu der Überzeugung gelangt, es sei ausreichend, seine Ansprache bei der Versicherungsgesellschaft ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe anzumelden, weil dort durch die entsprechenden Sachbearbeiter ohne einseitige Interessenlage so abgerechnet werde, daß der Unfallgeschädigte genau die Beträge erhalt, die ihm auch zustehen,

Die geltend gemachten Verzugszinsen sind nach §§ 284, 288 BGB begründet .

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91. die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 704, 708 Nr. 11 ZPO.

II.

Gegen das Urteil ist die Berufung nicht zuzulassen. Sofern die Beklagten meinen, es ginge um die Grundsatzfrage, ob in einfachsten Verkehrsunfällen die Geschäftsgebühr mehr als 0,9 beträgt, so wird einfach die Rechtslage verkannt und dies, obwohl man selbst noch den § 14 RVG wortwörtlich in der Klageerwiderung zitiert hat. Letztendlich drangt sich insoweit der Verdacht auf, daß die Kfz. Haftpflichtversicherungswirtschaft im Wege des Zivilprozesses zu erreichen versucht, was sie Im Rahmen des politischen Gesetzgebungsverfahrens mit ihrer Lobby In Berlin nicht erreicht hat Ob solches rechtsmissbräuchlich ist und zur Unzulässigkeit des Berufungszulassungsantrages führt. bedarf hier keiner Entscheidung, denn die Berufung ist schon deshalb nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 IV nicht vorliegen. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich. Das Urteil betrifft nämlich einen Einzelfall. Wie bereits oben ausgeführt. hat der Anwalt nach § 14 RVG die Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeiten der anwaltlichen Tätigkeiten sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das vorliegende Urteil macht nichts anderes, als In einem konkreten Einzelfall festzustellen, daß die Gebührenrechnung der Rechtsanwaltskanzlei XXX vom 17.01.2005 in dem Mandatsverhältnis XXX nicht der Unbilligkeit entspricht.

RechtsgebietSchadensrechtVorschriften§ 249 BGB, § 7, 17, 18 StVG, § 3 Nr. 1 und Nr. 2 PflVG

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