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05.05.2006 · IWW-Abrufnummer 061297

Landgericht Köln: Urteil vom 29.03.2006 – 23 O 269/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


23 O 269/03

verkündet am 29.3.2006

Landgericht Köln

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

hat die 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2006

durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Ackermann-Trapp, den Richter am Landgericht Sturhahn und die Richterin Dr. Webering

für R e c h t erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.234,58 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.05.2003 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die gesetzlich versicherte Klägerin ist bei der Beklagten krankenzusatzversichert, wobei der Tarif für implantologische Leistungen 50 % der erstattungsfähigen Aufwendungen beträgt. Nach dem gewählten Tarif gelten bei zahntechnischen Laborarbeiten und Materialien die zwischen den Innungsverbänden der Zahntechniker und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen vereinbarten Höchstpreise als übliche Preise (vgl. BI. 54 R unten, BI. 56 unten d. A.). Im übrigen wurden die AVB der Beklagten einbezogen (BI. 58 ff. d. A.).

Die Klägerin beabsichtigte eine Zahnersatzbehandlung. Einen entsprechenden Heil- und Kostenplan lehnte die Beklagte ab. Im Zeitraum vom 16.01.2003 bis zum 04.02.2003 ließ die Klägerin die Behandlung mit sogenannten Disk-Implantaten vornehmen. Der behandelnde Zahnarzt berechnete hierfür insgesamt 12.596,96 ?, wovon der hälftige Betrag Gegenstand der Klageforderung ist. Die Beklagte lehnte eine Einstandspflicht im Schreiben vom 20.05.2003 (BI. 20 d. A.) ab.

Die Klägerin behauptet, die in Rede stehende Zahnbehandlung sei medizinisch notwendig gewesen und korrekt abgerechnet worden.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.298,48 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Heilbehandlung in der Form der Verwendung mit Disk-Implantaten. Zudem sei die Behandlung auch deshalb nicht notwendig gewesen, da Teleskopkronen und eine Modellgußprothese hätten verwendet werden können. Die Material- und Laborkosten müßten auf das Maß der BEL-Liste gekürzt werden. Verbrauchsmaterialien seien nicht abrechnungsfähig: Darüber hinaus erhebt die Beklagte weitere gebührenrechtliche Einwendungen.

Das Gericht hat Hinweise erteilt und Beweis erhoben gemäß Beschlüssen vom 26.11.2003 (BI. 181-183 d. A), vom 25.10.2004 (BI. 263 d. A.) und vom 20.05.2005 (BI. 343 d: A). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nahezu im vollen Umfang begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des erkannten Betrages aus dem mit der Beklagten bestehenden Krankenversicherungsvertrag. Im einzelnen gilt folgendes:

Vorab ist festzuhalten, daß es nach dem grundlegenden Urteil des BGH vom 12.03.2003 (BGHZ 154, 154 ff. d. A) nicht mehr darauf ankommt, ob eine kostengünstigere Behandlungsmethode zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund ist der Einwand der Beklagten, die Zahnersatzbehandlung hätte auch mittels einer Modellgußprothese in Verbindung mit Teleskopkronen durchgeführt werden können, unerheblich.

Die danach zentrale Frage des Rechtsstreits, ob die Behandlung mit sogenannten Disk-lmplantaten eine medizinisch notwendige Heilbehandlung im Sinne der AVB der Beklagten darstellt, ist zu Gunsten der Klägerin zu entscheiden. Der Sachverständige XXX hat nämlich in seinen überzeugenden Gutachten vom 14.06.2004 (BI. 209 ff. d. A), vom 23.02.2005 (BI. 278 ff. d. A) und vom 20.10.2005 (BI. 350 ff, d. A) eine dahingehende, die Kammer überzeugende Feststellung getroffen.

Unter einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit ist nach ständiger Rechtsprechung zu verstehen, daß es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, die Maßnahme des Arztes als medizinisch notwendig anzusehen. Vertretbar ist eine Heilbehandlung dann, wenn sie in fundierter und nachvollziehbarer Weise das zugrunde liegende Leiden diagnostisch hinreichend erfaßt und eine ihm adäquate, geeignete Therapie anwendet. Davon ist wiederum auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewendet wird, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken.

Diese Voraussetzungen sind nach den überzeugenden Gutachten des Sachverständigen XXX in Form der Zahnersatzbehandlung mit sogenannten Disk-Implantaten erfüllt. Der Sachverständige hat dabei entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht allein auf den Umstand abgestellt, daß der behandelnde Zahnarzt ein nach den geltenden. gesetzlichen Bestimmungen in Verkehr gebrachtes Produkt innerhalb der vorgesehen Indikationen angewendet hat, daß also das Produkt einem ordentlichen Zertifikierungsprozeß unterworfen war (vgl. Seite 3 des Gutachtens vom 20.10.2005, BI. 352 d. A). Er hat auch immer wieder herausgestellt, daß die konkrete Behandlung sich in der Praxis als erfolgversprechend bewährt hat, daß also nennenswerte und erhebliche Rückmeldungen über Fehler des in Rede stehenden Medizinproduktes nicht festgestellt werden können. Darüber hinaus ist der Sachverständige auch ganz konkret auf die in der Person der KIägerin vorliegende Befundlage eingegangen, wie seiner zusammenfassenden Beurteilung im Ergänzungsgutachten vom 20.10.2005 nochmals zu entnehmen ist. Die Kammer hält diese Ausführungen des Sachverständigen in jeder Hinsicht für überzeugend. An der herausragenden Sachkunde des Sachverständigen, die er in zahlreichen Prozessen vor der Kammer unter Beweis gestellt hat, bestehen keinerlei Zweifel.

Vor diesem Hintergrund war die Klage nahezu in vollem Umfang begründet. Lediglich aufgrund der besonderen tariflichen Ausgestaltung betreffend die Begrenzung auf die zwischen den Innungsverbänden der Zahntechniker und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen vereinbarten Höchstpreise war ein Betrag von 50,62 ? an Laborkosten abzuziehen (vgl. Seite 6 unten der Klageerwiderung = BI. 51 ä. A. unten). Darüber hinaus war die Klageforderung um den nach den tariflichen Bedingungen nicht erstattungsfähigen Betrag von 13,28 ? an sogenannten Verbrauchsmaterialien (vgl. Seite 8 der Klageerwiderung = BI. 53 d. A) zu reduzieren, so daß sich insgesamt der zuerkannte Betrag ergibt.

Dieser Betrag war ab dem 20.05.2003 gemäß den §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen. Denn eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung ist erst im Schreiben der Beklagten vom 20.05.2003 (BI. 20 f. d. A) zu entnehmen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 und 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Streitwert: 6.298,48 ?.

RechtsgebietVersicherungsrecht

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