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27.04.2006 · IWW-Abrufnummer 061189

Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 26.10.2005 – 7 K 7007/04 GE

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Düsseldorf
7. Senat

Urteil
Aktenzeichen: 7 K 7007/04 GE

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tat b e s t a n d:

Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 17.10.2003 errichtet. Komplementärin ist die A Verwaltungs GmbH, Kommanditisten waren AA und BA. Mit Einbringungsvertrag vom gleichen Tag brachten AA und BA als Gesellschafter der Bruchteils- und Erbengemeinschaft "Geschwister A Grundstücksgemeinschaft" einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Klägerin ein. Mit weiterem Vertrag vom gleichen Tag übertrugen AA und BA ihre Kommanditanteile an der Klägerin unentgeltlich auf die drei Neffen der verstorbenen Ehefrau des Herrn AA.

Der Beklagte behandelte die Einbringung zunächst als steuerfrei nach § 5Abs.1 GrEStG. Durch Bescheid vom 28.6.2004 setzte er gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer nach § 5Abs.3 GrEStG fest; im Einspruchsverfahren hob er diesen Bescheid am 10.9.2004 auf und unterwarf die Übertragung der Kommanditanteile mit Bescheid vom 22.9.2004 gemäß § 1Abs.2a GrEStG der Grunderwerbsteuer. Der Grundbesitzwert war durch Bescheid vom 24.6.2004 auf 266.000 EUR festgestellt worden.

Gegen den Bescheid vom 22.9.2004 legte die Klägerin Einspruch ein und führte aus, die Übertragung sei im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich erfolgt. Damit sei die Befreiungsvorschrift des § 3Nr.2 GrEStG anzuwenden.

Der Beklagte wies den Einspruch am 25.11.2004 als unbegründet zurück. § 3Nr.2 GrEStG greife nicht ein. § 1 Abs.2a GrEStG fingiere einen Rechtsträgerwechsel von einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft. Der Rechtsgrund für die Übertragung der GesellschaftersteIlung sei nicht zugleich Rechtsgrund für die von § 1Abs.2a GrEStG als Rechtsfolge angeordnete Grundstücksübereignung. Deren Rechtsgrund sei allein die gesetzliche Fiktion. Zwar könnten personenbezogene Befreiungsvorschriften auch bei Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand Anwendung finden. § 3Nr.2 GrEStG knüpfe aber an einen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer unterliegenden Vorgang an. Es handle sich nicht um eine personenbezogene Befreiungsvorschrift.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor:

Für § 3Nr.2 GrEStG sei es unerheblich, ob die Schenkung in Form einer Grundstücksübertragung oder durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen erfolge. § 1Abs.2 a GrEStG solle missbräuchliche Gestaltungen verhindern. Eine solche liege hier nicht vor, da bei unmittelbarer Schenkung der Grundstücke an die Neffen unzweifelhaft keine Grunderwerbsteuer entstanden wäre. Zudem vertrete die Finanzverwaltung in den Erlassen vom 30.6.1993 und 26.10.2003 die Ansicht, dass die Befreiungsvorschriften im vorliegenden Fall erfüllt seien. Dies binde auch den Beklagten.

Die Klägerin beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 22.9.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.11.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Er wiederholt seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt vor, der Tatbestand des § 1Abs.2a GrEStG sei unzweifelhaft erfüllt. Auf den durch die Norm fingierten Rechtsträgerwechsel sei § 3Nr.2 GrEStG nicht anzuwenden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100Abs.1 FGO).

Die Voraussetzungen des § 1 Abs.2a GrEStG liegen im Streitfall vor. Nach dieser Vorschrift gilt der Übergang von mindestens 95 v.H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft auf neue Gesellschafter als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf die neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft, wenn zum Vermögen der übertragenden Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand ändert. Zum Vermögen der Klägerin gehören die Grundstücke, die die Kommanditisten AA und BA am 17.10.2003 gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Personengesellschaft eingebracht hatten. Mit der Übertragung der Kommanditanteile am gleichen Tag auf ihre Neffen sind sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen auf die neuen Kommanditisten übergegangen.

Die Steuerbefreiung nach § 3Nr.2 GrEStG greift vorliegend nicht ein. Danach sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden LS. des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von der Besteuerung ausgenommen. Eine der Schenkungsteuer unterliegende Grundstücksschenkung durch die Altgesellschafter AA und BA an die drei Neugesellschafter liegt hier nicht vor; den Neugesellschaftern sind vielmehr die Gesellschaftsanteile der beiden früheren Kommanditisten unentgeltlich zugewendet worden.

Eine Auslegung des § 3 Nr.2 GrEStG dahingehend, dass in einem Sachverhalt wie dem Vorliegenden auch die fiktive Grundstücksübertragung LS. des § 1 Abs. 2a GrEStG zwischen der Personengesellschaft (alt) und der Personengesellschaft (neu) der Steuerbefreiung unterliegt, ist vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst.

Die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2a GrEStG knüpft gerade nicht an den Tatbestand der Schenkung eines Grundstücks durch die Altgesellschafter an die Neugesellschafter an. Vielmehr erfasst § 1 Abs. 2a GrEStG eine fiktive Grundstücksübereignung zwischen zwei Personengesellschaften, nämlich der Altgesellschaft mit dem bisherigen Gesellschafterbestand und der neuen Gesellschaft. Der Rechtsgrund für die Übertragung der GesellschaftersteIlung ist damit nicht zugleich Rechtsgrund für die von § 1 Abs. 2a GrEStG als Rechtsfolge angeordnete Grundstücksübereignung (vgl. Boruttau/Sack § 3 GrEStG Rz. 91a). Denn § 1Abs.2a GrEStG enthält lediglich die Fiktion einer Grundstücksübereignung; eine solche Fiktion kann nicht schenkweise erfolgen. Damit liegen zwei unterschiedlich zu beurteilende Vorgänge vor, nämlich einerseits die schenkweise erfolgende Übertragung der GesellschaftersteIlung, die der Schenkungsteuer unterliegt, andererseits die fingierte Grundstücksübertragung von der alten auf die neue Personengesellschaft (Boruttau/Sack aaO.). Die von § 3Nr.2GrEStG begünstigten Schenkung eines Grundstücks ist in einem Sachverhalt wie dem Vorliegenden nicht verwirklicht (a.A. Pahlke/Franz § 3 GrEStG Rz. 33).

Der Senat verkennt nicht, dass dies im Ergebnis zu einer unbilligen Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Schenkungsteuer führen kann. Dieser kann jedoch durch eine einschränkende Auslegung des § 1 Abs.2a GrEStG nicht begegnet werden. § 1 Abs. 2a GrEStG enthält keine Regelungslücke für den Fall der unentgeltlichen Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Nach S. 2 der Vorschrift bleibt der Erwerb von Anteilen von Todes wegen ausdrücklich außer Betracht. Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber den Fall des unentgeltlichen Erwerbs durchaus gesehen, aber lediglich den der Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen aus dem Anwendungsbereich der Norm herausgenommen hat. Soweit die Klägerin meint, § 1 Abs.2a GrEStG sei als Missbrauchsverhinderungsvorschrift für eine Gestaltung wie die Vorliegende gerade nicht konzipiert, trifft dies nicht zu. Die hier zu beurteilende Gestaltung - Einbringung der Grundstücke und anschließende unentgeltliche Übertragung der Kommanditanteile - ist von der Klägerin gerade bewusst gewählt worden. Eine Missbrauchsabsicht setzt § 1 Abs.2a GrEStG nicht voraus.

Von daher kann zur Vermeidung einer steuerlichen Doppelbelastung eine Korrektur allenfalls im Erlasswege in Betracht kommen. Dies dürfte insbesondere für Sachverhalte gelten, die vor Inkrafttreten der Verwaltungsanweisung vom 28.4.2005 (DStR 2005,1012) verwirklicht wurden. Danach findet die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr.2 GrEStG auf § 1 Abs.2a GrEStG keine Anwendung. Nach dem koordinierten Ländererlass vom 26.2.2003 (BStBl I 2003, 271, Tz. 10) sollten im Rahmen des § 1 Abs.2a GrEStG die Steuerbefreiungen des § 3 i.V.m. § 6 Abs.3 und 4 GrEStG zu beachten sein. Diese Regelung war aufgrund ihres weit gefassten Wortlauts dahingehend zu interpretieren, dass auch der Befreiungstatbestand des § 3 Nr.2 GrEStG erfasst war (vgl. Teiche UVR 2005,306). Die nunmehr im Erlass vom 28.4.2005 dargestellte Rechtsauffassung der Finanzverwaltung stellt insofern jedenfalls für bereits verwirklichte Sachverhalte eine Rechtsverschärfung dar, die Anlass für eine Billigkeitsregelung geben kann (vgl. auch Teiche aaO. S. 307). Im Verfahren betreffend die Grunderwerbsteuerfestsetzung kommen Billigkeitsgesichtspunkte jedoch nicht zum Tragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu der vorliegenden Problematik existiert, soweit ersichtlich, bislang nicht.

RechtsgebietGrEStGVorschriften§ 1 Abs. 2a GrEStG, § 3 Nr. 2 GrEStG

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