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21.04.2006 · IWW-Abrufnummer 061118

Vergabekammer Brandenburg: Beschluss vom 30.05.2005 – VK 21/05

1. Hält ein Bieter die in der Bekanntmachung mitgeteilten Mindestbedingungen für unzulässig, so muss er dies bis zur Frist für die Abgabe des Angebotes nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB rügen


2. Auch so genannte ?Newcomer? müssen die vom Auftraggeber geforderten Umsatzangaben und Referenzen erfüllen. Die Vergabevorschriften (insbesondere § 7a Nr. 2 Abs. 2 lit. a) VOL/A, Art. 32 Abs. 2 b, 32 Abs. 4 Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG) nehmen bewusst in Kauf, dass bei öffentlichen Aufträgen der Marktzutritt für ?Newcomer? erschwert wird. Das ist zumindest bei komplexen Leistungen, wie vorliegend der Restmüllabfuhr als Teil der Daseins- und Gesundheitsvorsorge, gerechtfertigt.


3. Fehlen danach vorzulegende Nachweise, insbesondere Referenzlisten, die über Art, Umfang und Schwierigkeitsgrad vergleichbarer Leistungen sowie über die Umsätze der letzten drei Jahre Aufschluss geben können, rechtfertigt dies den Ausschluss des Angebotes von der Wertung.


4. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A fordert, dass ein Bieter über ausreichende finanzielle Mittel verfügen muss, die es ihm ermöglichen, seinen laufenden Verpflichtungen gegenüber seinem Personal, dem Staat und sonstigen Gläubigern nachzukommen. Ist ein Bieter aufgrund der erst vor kurzem erfolgten Aufnahme der Geschäftstätigkeit nicht in der Lage, hinreichende Umsatzzahlen vorzuweisen, so sind Zweifel an seiner finanziellen Leistungsfähigkeit berechtigt. Die Eignung des Bieters muss sich ausschließlich danach richten, ob er Gewähr dafür bietet, den Auftrag in sorgfältiger Art und Weise auszuführen.


5. Im Rahmen des Eignungsnachweises ist der Nachweis der tatsächlichen Verfügungsgewalt über Kapazitäten konzernverbundener Unternehmen innerhalb der Angebotsfrist zu führen.


6. Referenzen konzernverbundener Unternehmen können nur dann für den "Newcomer" gelten, wenn sichergestellt ist, dass dieser den ausgeschriebenen Auftrag vollständig oder zumindest zu einem ganz überwiegenden Teil durch das Personal der Muttergesellschaft durchführen wird.


7. Die Eignung des Bieters bestimmt sich grundsätzlich nicht allein aus der Person seines Inhabers oder organschaftlichen Vertreters, sondern aus der Unternehmensorganisation als Ganzes, also durch die Gesamtheit der das Unternehmen prägenden Leistungsträger, welche die zu vergebende Leistung zu erbringen haben, d. h. letztlich über die Summe der in der betrieblichen Tätigkeit angesammelten Erfahrungen und Qualifikationen.


VK Brandenburg, Beschluss vom 30.05.2005 ? VK 21/05 (bestandskräftig)

In dem Nachprüfungsverfahren betreffend das Einsammeln und Befördern von Abfällen im Landkreis ...

Verfahrensbeteiligte XXX

hat die 1. Vergabekammer auf die mündliche Verhandlung am 30. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Ministerialrat Schumann, die hauptamtliche Beisitzerin Wulff-Woesten und den stellvertretenden ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Jenschek beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Auftraggebers und der Beigeladenen.

3. Die Gebühr wird auf 3.275,00 EUR festgesetzt.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigen durch den Auftraggeber und die Beigeladene wird für nicht notwendig erklärt.

Gründe

I.

Der Auftraggeber, Eigenbetrieb Abfallwirtschaft, schrieb u.a. im Ausschreibungsblatt des Landes ... vom ... 2004 das Einsammeln und Befördern von Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall unter Nutzung eines Behälteridentifikationssystems ohne Behältergestellung und -änderungsdienst im Landkreis ... im Offenen Verfahren europaweit aus.

Als Nachweise für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit waren nach Ziff. III.2.1.2) der Vergabebekanntmachung u.a. Bilanzen oder Bilanzauszüge des Unternehmens aus den letzten drei Jahren gefordert, falls deren Veröffentlichung nach dem Gesellschaftsrecht des Staates, in dem das Unternehmen ansässig ist, vorgeschrieben ist, weiterhin eine Erklärung über den Gesamtumsatz und den Umsatz bezüglich der auf dem Gebiet des Einsammelns und Beförderns von Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall (Restmüll) erbrachten Leistungen in den letzten drei Geschäftsjahren. Als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit war in Ziff. III.2.1.3) u.a. eine Übersicht gefordert über die in den letzten drei Jahren erbrachten vergleichbaren Leistungen auf dem Gebiet des Einsammelns und Beförderns von Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall (Restabfall); Mindestvoraussetzungen für die Vergleichbarkeit sollte sein, dass bereits Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbeabfall (Restabfall) im Rahmen einer behältergestützten Abfuhr in vergleichbarem Umfang gesammelt wurde. Die Zuschlagskriterien sollten sich aus den Verdingungsunterlagen ergeben. Diese sehen in Teil I, Ziff. I.13.2 vor, dass der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot erteilt wird, wobei das vom Auftraggeber voraussichtlich zu zahlende Gesamtjahresentgelt entscheidend sein sollte.

Leistungszeitraum sollte vom 1. Juli 2005 - 31. Mai 2010 sein. Die Gesamtkosten pro Jahr liegen nach einem Vergleich des Auftraggebers unter Zugrundelegung verschiedener Varianten und den bisherigen Rahmenbedingungen der Hausmüllsammlung im Landkreis zwischen netto XXX.XXX,XX EUR und XXX.XXX,XX EUR.

Die Antragstellerin reichte fristgerecht ein Angebot ein. Das von ihr unterschriebene Angebotsschreiben enthält in Ziff. III.9. den Passus, dass zum Nachweis der für die Übernahme des Auftrages erforderlichen Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gemäß §§ 7, 7 a VOL/A folgende geforderte Nachweise beiliegen: u.a. Vorlage von Bilanzen oder Bilanzauszügen des Unternehmens aus den letzten drei Jahren - Anlage A 7, Erklärung über den Gesamtumsatz des Bieters und den Umsatz bezüglich der auf dem Gebiet des Einsammelns und Beförderns von Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall (Restabfall) in den letzten drei Geschäftsjahren - Formular F 1. Dem Angebotsschreiben hatte die Antragstellerin ein Schreiben "Ergänzung zum Punkt III.9." beigefügt. Hierin verwies sie auf ihre Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe ... und den Kauf des Bereiches Gewerbeabfall im Rahmen eines Asset Deals zum 18. März 2004 mit Übernahme von Arbeitnehmern nach § 613 a, die langjährige Erfahrungen im Hausmüll- und Gewerbeabfallbereich nachweisen könnten. Die Geschäftsführung der Antragstellerin sei seit 1990 in leitenden Funktionen in verschiedenen Entsorgungsunternehmen tätig, der Geschäftsführer Herr ... sei von Juli 2003 - März 2004 für verschiedene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger beratend tätig gewesen. Hinsichtlich des Formulars F 1 ist angemerkt: "Hier können nur die aktuellen Ist-Werte der Umsatzerlöse vom 18. März - 15. Dezember 2004 angegeben werden. Eine Bilanz für den zurückliegenden Zeitraum kann aus den o.g. Gründen nicht zur Einsicht vorgelegt werden. Wir sind aber bereit, eine zeitnahe GuV zur Einsichtnahme zu übergeben." Das unterschriebene, aber nicht ausgefüllte Formular 1 enthält den handschriftlichen Vermerk "s. Ergänzungsschreiben III.9.". In der Referenzliste Formular 4 führte die Antragstellerin fünf Referenzen zu Gewerbeabfall mit einem Rechnungswert zwischen X.XXX,XX EUR und XXX.XXX,XX EUR auf und vermerkte zum Leistungszeitraum "ab Übern. Leistung v. ...". Außerdem führte sie eine Referenz für Herrn ... zur Einführung des Abfallbehälter-Identifikationssystems im ... auf. Bestätigungsschreiben waren zu zwei Referenzen beigefügt.

Die Pos. 2.3 des Leistungsverzeichnisses (Transportservice von Zweiradabfallbehältern vom Standplatz über eine Entfernung über 5 m bis 25 m) bot die Antragstellerin zu einem Preis von X,XX EUR an, andere Bieter mit durchschnittlich X,XX EUR, im Einzelnen u.a. mit X,XX EUR, X,XX EUR, X,XX EUR, X,XX EUR bis hin zu X,XX EUR. In Pos. 2.1 hat die Antragstellerin den ursprünglichen Preis mit Tippex überdeckt, mit dem neuen Preis von X,XX EUR überschrieben und diese Eintragung ohne Zeitangabe noch einmal unterzeichnet (S. 58 des Angebotes).

Die Beigeladene gab ebenfalls ein Angebot ab. Herr ... ist Geschäftsführer der ..., die Mitglied der beigeladenen Bietergemeinschaft ist. Gleichzeitig ist er Werkleiter des Eigenbetriebes Abfallwirtschaft des Auftraggebers. Die ... ist eine kreiseigene Gesellschaft und 100%ige Tochtergesellschaft des Auftraggebers. Der Kreistagsbeschluss-Nr. ... vom ... 2004 zur Auflösung der ... ist noch nicht umgesetzt.

Bereits im Vorfeld der Ausschreibung hatte der Auftraggeber Mitwirkungsverbote in Hinblick auf § 16 VgV geprüft. Da nicht ausgeschlossen wurde, dass die ... ein Angebot abgeben könnte, traf der Auftraggeber Maßnahmen, um einen Ausschluss befangener Personen von der Mitwirkung an Entscheidungen im Vergabeverfahren sicherzustellen und den Informationsfluss zu unterbinden. Herr ... sollte danach u.a. keinerlei Zugriff auf Post und Akten betreffend das Vergabeverfahren und Zugang zu ausschreibungsrelevanten Unterlagen haben, Computer wurden passwortgeschützt, es sollte keine Rücksprache zu Entscheidungen mit ihm erfolgen und keine Mitwirkung an Entscheidungen im Vergabeverfahren stattfinden (Vermerk vom 30. September 2004, Bl. 175 der Vergabeakte). Der Landrat erteilte am 30. September 2004 eine entsprechende Vollmacht an Frau ..., Leiterin des Fachbereiches Abfallwirtschaft.

Im Rahmen der Angebotsauswertung erreichte die Antragstellerin nach Ermittlung des prognostizierten Jahresentgelts anhand der in den Verdingungsunterlagen erläuterten Berechnung Platz 1, die Beigeladene Rang 2. Bei der Prüfung von Ausschlussgründen (1. Stufe) wurde ein Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin wegen Fehlens wesentlicher Preisangaben nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A (Preis von X,XX EUR in Pos. 2.3) und wegen nicht zweifelsfreier Änderungen an den Eintragungen nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. c) VOL/A (Nichtangabe des Änderungszeitpunkts) im Ergebnis offen gelassen. Das Angebot der Antragstellerin wurde wegen fehlender Eignung nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ausgeschlossen. Weder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit noch die Fachkunde seien nachgewiesen. Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit habe die Antragstellerin keinerlei Umsätze für den relevanten Zeitraum angegeben. Die Leistungsfähigkeit anderer Unternehmen setzte den Nachweis voraus, dass der Bieter tatsächlich über Mittel dieser Einrichtungen verfügen kann, der allgemeine Verweis auf die Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe reiche nicht. Die eingereichten Referenzen zum Nachweis der Fachkunde be-träfen nur Gewerbeabfall, die hinsichtlich Umfang und Leistungsart nicht vergleichbar seien. Die Referenzen der ... können nicht anerkannt werden. Schließlich sei auch die Angemessenheit der Preise zweifelhaft, da bei der preisgünstigsten Variante der Angebotspreis von XXX.XXX,XX EUR erheblich unter dem erwarteten Auftragswert von XXX.XXX,XX EUR liege und 40 % unter dem nächstgünstigsten Angebot. Das werde aber im Ergebnis wegen fehlender Eignung der Antragstellerin ebenfalls offen gelassen.

Die Beigeladene habe nachvollziehbare Gründe für die Bildung einer Bietergemeinschaft angeführt, die nicht zur Einschränkung des Wettbewerbs führe. Beide Mitglieder seien zuverlässig. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft sei nachgewiesen. Die Fachkunde sei u.a. durch eigene sowie durch Referenzen der Muttergesellschaft der ... GmbH nachgewiesen. Nach der Erklärung der Muttergesellschaft verpflichtet sich diese, der S-GmbH ihre entsprechende Fach- und Sachkunde zur Verfügung zu stellen und Zugriff auf alle für die Auftragsausführung erforderlichen Mittel und Ressourcen zu gewähren.

Am 27. Januar 2005 führte der Auftraggeber mit der Beigeladenen ein Bietergespräch u.a. zum geplanten Fahrzeugeinsatz und Umfang des Personaleinsatzes. Die Beigeladene führte dabei aus, dass die S-GmbH über die notwendigen Fahrzeuge verfüge, die ... über entsprechende Erfahrungen.

In seiner Sitzung am 16. März 2005 beschloss der Kreistag mit Beschluss-Nr. ... zur Beschlussvorlage Drs.-Nr. ... die Erteilung des Zuschlages auf das Angebot der Beigeladenen.

Mit Schreiben vom 17. März 2005 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin entsprechend § 13 VgV über die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen. Die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin begründete er mit fehlender Leistungsfähigkeit der Antragstellerin als erst 2004 gegründetes Unternehmen, weshalb die geforderten Umsätze der letzten drei Jahre und entsprechende Bilanzen nicht vorgelegt werden konnten. Außerdem fehle der Antragstellerin die Fachkunde. Die aufgeführten Referenzen betreffen bis 2004 die ... und könnten nicht für die Antragstellerin anerkannt werden, seien darüber hinaus auch nicht mit den Leistungen des ausgeschriebenen Auftrages vergleichbar, da sie sich auf die Entsorgung bei einem gewerblichen Abfallerzeuger (Kraftwerksbetreiber) bezögen. Eine Aufklärung der unrealistischen Preisangabe von X,XX EUR in Position 2.3 sei wegen der gegebenen Ausschlussgründe nicht erfolgt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. März 2005 beanstandete die Antragstellerin erfolglos die Vergabeentscheidung. Sie sei leistungsfähig, da sie über das für die fach- und fristgerechte Ausführung notwendige Personal und Gerät verfüge und die Erfüllung ihrer Verbindlichkeit erwarten lasse. Das könne sich auch aus anderen Gesichtspunkten als den nicht vorgelegten Unterlagen ergeben. Insbesondere genüge die Vertragserfüllungsbürgschaft dem Sicherungsinteresse des Auftraggebers. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung der Bilanzen der letzten drei Jahre bestünde für die Antragstellerin nicht. Die Fachkunde sei ebenfalls gegeben, wobei auf die Geschäftsführung abzustellen sei. Die weiteren Angestellten seien vorher für die ... tätig gewesen, sodass auch auf diese Referenzobjekte zurückgegriffen werden könne. Das Einsammeln gewerblichen Mülls sei zudem wesentlich komplizierter gegenüber Hausmüll. Für den Preis in Position 2.3 gebe es sachliche Gründe. Außerdem sei auf das Gesamtangebot abzustellen. Schließlich sei die ... wegen personeller Verquickung von Herrn ... und wegen Aufeinandertreffens widerstreitender Interessen zwingend auszuschließen.

Mit Telefax-Schriftsatz vom 29. März 2005 hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem sie die Vergabeentscheidung mit den Gründen ihres Rügeschreibens weiter beanstandet. Ergänzend trägt sie vor, durch den Kreistagsbeschluss zur Auflösung der ... sei die Vertragsausführung nicht sichergestellt. Außerdem verfüge die ... nicht über das erforderliche Personal und die technischen Einrichtungen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Auftraggeber zu verpflichten, das Angebot der Antragstellerin für die Ausschreibung "Sammeln und Befördern von Hausmüll und hausmüllähnlichem Gewerbeabfall" im Landkreis ... anzunehmen;

2. hilfsweise,

den Auftraggeber zu verpflichten, das Angebot der Antragstellerin in die Wertung aufzunehmen und die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;

3. weiter hilfsweise,

die streitgegenständliche Ausschreibung Nr. ... aufzuheben.

Außerdem beantragt sie Akteneinsicht.

Der Auftraggeber beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Auftraggebers aufzuerlegen;

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Auftraggeber für notwendig zu erklären.

Nach seiner Ansicht ist der Antrag schon wegen nicht ordnungsgemäßer Rüge nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB unzulässig. Das Fordern der Umsätze und Bilanzen sowie Referenzen der letzten drei Jahre sei bereits aus der Bekanntmachung ersichtlich gewesen. Der Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin mangels Eignung sei beurteilungsfehlerfrei erfolgt. Die angekündigte Vorlage einer Gewinn- und Verlustrechnung ersetze nicht die geforderte Angabe von Umsätzen für die letzten drei Jahre oder die Vorlage von Bilanzen. Die Antragstellerin sei auch zur Offenlegung ihrer Bilanzen verpflichtet. Die vorgelegten Referenzen über Gewerbeabfall ohne Angabe der Art und des Leistungszeitraumes erfüllten nicht die Anforderungen der Ausschreibung. Die flächendeckende behältergestützte Abfuhr sei mit einer wesentlich geringeren Anzahl an Anfallstellen bei Gewerbemüll nicht vergleichbar. Die Referenzen der ... könnten nicht anerkannt werden, da für die Unternehmensleistung trotz möglicher Personenidentität die Unternehmensleitung sowie die gesamte Betriebsorganisation und Struktur des Unternehmens maßgeblich seien. Nachweise der ... zur Leistungsfähigkeit des Mutterunternehmens bzw. der Unternehmensgruppe seien ebenfalls nicht vorgelegt worden. Der Nachweis der Verfügbarkeit über die Mittel des anderen Unternehmens fehle. Eine Zuschlagserteilung an die Beigeladene sei rechtmäßig. Die Vorgaben des § 16 VgV seien im Vergabeverfahren eingehalten worden. Allein die Gesellschafterstellung der Vergabestelle führe nicht zum Ausschluss der eigenen Gesellschaft als Bieterin. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt, da alle kalkulationsrelevanten Kenntnisse im Rahmen der sehr detaillierten Leistungsbeschreibung allen Bietern zur Verfügung gestellt wurden. Schließlich bekunde der gefasste Kreistagsbeschluss über die Zuschlagserteilung an die Beigeladene das Nichtfesthalten am Beschluss über die Auflösung der ... Ein entsprechender Beschluss zur Aufhebung dieses Auflösungsbeschlusses stehe bereits im Kreistag zur Entscheidung an.

Die mit Beschluss vom 9. Mai 2005 Beigeladene beantragt,

1. der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 29. März 2005 wird zurückgewiesen;

2. die Hinzuziehung eins anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Beigeladene wird für notwendig erklärt.

Sie ist der Ansicht, der Nachprüfungsantrag sei bereits wegen unzureichender Begründung nach § 108 Abs. 2 und fehlender Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB unzulässig. Die Antragstellerin habe nicht ansatzweise dargelegt, dass ihr durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Weiterhin habe sie die Vorlage der in der Vergabebekanntmachung geforderten Eignungsnachweise sowie die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes nicht ordnungsgemäß nach § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Hinsichtlich des Angebotsausschlusses wegen fehlender Eignung und wegen Mischkalkulation, hinsichtlich § 16 VgV und dem Antrag auf Zuschlagserteilung an die Antragstellerin verwies die Beigeladene vollumfänglich auf die Ausführungen des Auftraggebers.

Mit weiterem Schreiben vom 4. Mai 2005 hat der Auftraggeber unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 30. November 2004 - Verg W 10/04 ergänzend vorgetragen, dass das Angebot der Antragstellerin auch wegen fehlender Preisangaben zwingend ohne weitere Aufklärung hätte ausgeschlossen werden müssen. Die Pos. 2.3 enthalte mit einem Preis von X,XX EUR ersichtlich nicht den geforderten Preis.

Die Antragstellerin weist mit Schreiben vom 25. Mai 2005 erneut auf den nicht entkräfteten Vorwurf der Befangenheit des Herrn ... hin, weiter auf ihre Nichtverpflichtung zur Veröffentlichung der Bilanzen und die nachgewiesene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch Vorlage der geforderten 5%igen Vertragserfüllungsbürgschaft.

Die Vergabekammer hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 17. Mai 2005, der Beigeladenen mit Schreiben vom 18. Mai 2005 und Fax vom 25. Mai 2005 im Rahmen des § 111 Abs. 2 GWB antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren.

Die Entscheidungsfrist wurde durch Verfügung des Vorsitzenden vom 29. April 2005 bis zum 10. Juni 2005 verlängert.

Auf die eingereichten Schriftsätze, die Verfahrensakte und die Vergabeakten wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Die angerufene Vergabekammer ist für die Entscheidung über das eingeleitete Vergabenachprüfungsverfahren zuständig, da der ausgeschriebene Auftrag dem Land ... zuzurechnen ist, § 104 Abs. 1 GWB.

Der Landkreis ... ist als Gebietskörperschaft öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 GWB.

Der Antrag, der einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag gemäß § 99 Abs. 1 und 4 GWB betrifft, ist statthaft. Der ausgeschriebene Auftrag überschreitet den maßgeblichen Schwellenwert von 200.000,00 EUR gemäß §§ 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB, 2 Nr. 3 VgV. Nach der Vergleichsrechnung des Auftraggebers betragen die Gesamtkosten pro Jahr in der preisgünstigsten Variante netto XXX.XXX,XX EUR.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt nach § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat ein Interesse am Auftrag, da sie ein Angebot zur verfahrensgegenständlichen Ausschreibung abgegeben hat. Sie macht mit dem Angreifen ihres Ausschlusses von der Wertung auch die Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend. Der Antragstellerin droht zudem dadurch ein Schaden, dass der Auftraggeber beabsichtigt, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.

Die Antragsbefugnis fehlt auch nicht, weil nach Ansicht des Auftraggebers das Angebot der Antragstellerin wegen fehlender Preisangaben ohne weitere Aufklärung auszuschließen wäre. Allein die Preisangabe von X,XX EUR in Pos. 2.3 rechtfertigt keinen zwingenden Angebotsausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A mit der Folge, dass die Antragstellerin keinerlei Chance auf den Zuschlag hätte und deshalb nicht antragsbefugt wäre. Der vorliegende Fall ist mit dem vom Brandenburgischen OLG (Beschluss vom 30. November 2004 - Verg W 10/04) entschiedenen Fall nicht ohne Weiteres vergleichbar. Dort hatte die Antragstellerin nahezu einen ganzen Titel (etwa 300 Positionen) des Leistungsverzeichnisses mit X,XX EUR bepreist, wobei die Nachunternehmerangebote für diesen Titel bei über XXX.XXX,XX EUR lagen, der Angebotspreis der Antragstellerin bei ca. XX.XXX,XX EUR. Die X,XX-EUR-Positionen sah das Gericht als Phantasiepreise an, die zu einer unzulässigen Mischkalkulation führten, wobei wegen der Offensichtlichkeit keine weitere Aufklärung der Preise veranlasst gewesen sei.

Von solchen offensichtlichen Phantasiepreisen kann bei einer einzigen Position (2.3) im Angebot der Antragstellerin nicht ausgegangen werden. Zudem gaben andere Bieter ähnliche Preise an. Ein Bieter bepreiste die Position mit X,XX EUR, zwei mit X,XX EUR, weitere mit X,XX EUR, X,XX EUR, X,XX EUR und X,XX EUR; die höchsten Preise lagen bei X,XX EUR und X,XX EUR. Auch nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 18. Mai 2004 (X ZB 7/04) stellt allein die Angabe eines Einheitspreises von 1,00 EUR oder weniger (so genannte Cent-Positionen) keinen Grund für einen Ausschluss des betreffenden Angebotes dar (VK Sachsen, Beschluss vom 11. März 2005 - 1/SVK/009-05).

Soweit die Antragstellerin mit ihrem Antrag zu 3. die Aufhebung des Vergabeverfahrens begehrt, fehlt ihr die Antragsbefugnis. Sie hat keinerlei Gründe vorgetragen, die eine Aufhebung rechtfertigen könnten. Solche sind auch nicht ersichtlich. Darüber hinaus fehlt jeglicher Vortrag der Antragstellerin, auf welche Weise sich durch eine Aufhebung ihre Chancen auf den Zuschlag verbessern könnten.

Die Antragstellerin ist entgegen der Ansicht des Auftraggebers ihrer Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ordnungsgemäß nachgekommen. Mit ihrer Rüge vom 24. März 2005 wendet sie sich gegen die getroffene Vergabeentscheidung, dass ihre eingereichten Unterlagen nicht den geforderten Nachweisen genügen würden und ihr deshalb die Eignung fehle. Die Antragstellerin richtet sich nicht dagegen, dass die in der Bekanntmachung aufgeführten Nachweise (Umsätze, Bilanzen, Referenzen) unzulässigerweise vom Auftraggeber gefordert würden. Vielmehr legt sie dar, warum ihre eingereichten Unterlagen die inhaltlichen Anforderungen der Ausschreibung erfüllen würden. Solche vermeintlichen Vergabeverstöße sind nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB unverzüglich nach Kenntnis zu rügen. Das hat die Antragstellerin rechtzeitig nach Erhalt des Absageschreibens und nach anwaltlicher Beratung getan.

Der Antrag genügt auch entgegen der Ansicht der Beigeladenen dem Begründungserfordernis des § 108 GWB. Die Antragstellerin hat neben der Bezeichnung des Auftraggebers auch den wesentlichen Sachverhalt geschildert, auf den sie ihr Nachprüfungsbegehren stützt, und die behauptete Rechtsverletzung beschrieben, soweit ihr das ohne Einsicht in die Vergabeakten möglich war. Strenge Anforderungen dürfen dabei nicht gestellt werden, zumal die Angabe der zur Begründung dienenden Tatsachen nicht zwingend (Sollvorschrift) vorgeschrieben ist und die Vergabekammer durch den Untersuchungsgrundsatz des § 110 GWB verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Nicht erforderlich für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ist deshalb, dass die Normen, auf die sich der Antragsteller beruft, genau bezeichnet oder dass der Sachverhalt vollständig und richtig wiedergegeben wurde (VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. Februar 2000 - 2 VK 2/00).

Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet.

Der Auftraggeber hat das Angebot der Antragstellerin zu Recht wegen fehlender Eignung nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A von der weiteren Wertung ausgeschlossen.

Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur diejenigen Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und diese auch in der erforderlichen Art und Weise nachgewiesen haben.

Der Auftraggeber hat zur Beurteilung der fachlichen Eignung und Leistungsfähigkeit der Bieter in seinen Ausschreibungsbedingungen (u.a.) die Vorlage einer Referenzliste über nach Art, Umfang und Schwierigkeitsgrad vergleichbare Leistungen und Bilanzen sowie die Darlegung der Umsätze in den letzten drei Jahren gefordert. Dagegen bestehen rechtlich keine Bedenken. An die Eignungsprüfung gemäß § 25 Nr. 2 VOL/A sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Die Anforderung einer Referenzliste findet ihre Grundlage in § 7 a Nr. 2 Abs. 2 lit. a) VOL/A 2. Abschnitt, die erbetene Auskunft über die Umsätze, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre, gründet sich auf § 7 a Nr. 2 Abs. 1 lit. d) VOL/A 2. Abschnitt, die Vorlage von Bilanzen auf § 7 a Nr. 2 Abs. 1 lit. c) VOL/A 2. Abschnitt. Hält ein Bieter die in der Bekanntmachung mitgeteilten Mindestbedingungen für unzulässig, so muss er dies bis zur Frist für die Abgabe des Angebotes nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB rügen (OLG Dresden, Beschluss vom 23. Juli 2002 - WVerg 0007/02).

Solche Beanstandungen hat die Antragstellerin nicht vorgenommen. Deshalb ist sie verpflichtet, mit ihrem Angebot die geforderten Nachweise vorzulegen. Dabei müssen auch so genannte "Newcomer" - wie die Antragstellerin - die vom Auftraggeber geforderten Umsatzangaben und Referenzen erfüllen. Die Vergabevorschriften (insbesondere § 7a Nr. 2 Abs. 2 lit. a) VOL/A, Art. 32 Abs. 2 b, 32 Abs. 4 Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG) nehmen bewusst in Kauf, dass bei öffentlichen Aufträgen der Marktzutritt für "Newcomer" erschwert wird. Das ist zumindest bei komplexen Leistungen, wie vorliegend der Restmüllabfuhr als Teil der Daseins- und Gesundheitsvorsorge, gerechtfertigt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 9. März 2004 - Verg 20/03). Anhand der vorgelegten Referenzen und Umsatzzahlen will ein Auftraggeber feststellen, ob der potentielle Auftragnehmer Erfahrungen auf dem Gebiet der nachgefragten Leistung hat und ob er in der Lage sein wird, den Auftrag auch tatsächlich auszuführen. Er will also eine gewisse Leistungskonstanz durch die Anforderung entsprechender Nachweise nachhalten. Fehlen danach vorzulegende Nachweise, insbesondere Referenzlisten, die über Art, Umfang und Schwierigkeitsgrad vergleichbarer Leistungen sowie über die Umsätze der letzten drei Jahre Aufschluss geben können, rechtfertigt dies den Ausschluss des Angebotes von der Wertung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. November 2001 - Verg 33/01).

Die Verneinung der Eignung der Antragstellerin ist unter diesen Voraussetzungen nicht zu beanstanden. Mit Recht hat sich der Auftraggeber auf den Standpunkt gestellt, dass die Antragstellerin ihre - zur vertragsgerechten Durchführung des ausgeschriebenen Auftrages erforderliche - Leistungsfähigkeit und Fachkunde nicht dargelegt hat.

§ 25 Abs. 2 Nr. 1 VOL/A fordert, dass ein Bieter über ausreichende finanzielle Mittel verfügen muss, die es ihm ermöglichen, seinen laufenden Verpflichtungen gegenüber seinem Personal, dem Staat und sonstigen Gläubigern nachzukommen. Ist ein Bieter aufgrund der erst vor kurzem erfolgten Aufnahme der Geschäftstätigkeit nicht in der Lage, hinreichende Umsatzzahlen vorzuweisen, so sind Zweifel an seiner finanziellen Leistungsfähigkeit berechtigt. Die Eignung des Bieters muss sich ausschließlich danach richten, ob er Gewähr dafür bietet, den Auftrag in sorgfältiger Art und Weise auszuführen.

Als erst 2004 gegründetes Unternehmen kann die Antragstellerin keine getätigten Umsätze in nennenswertem Umfang vorweisen. Entsprechende geforderte Umsatzzahlen hat sie unstreitig nicht in ihrem Angebot angegeben und hierauf auch hingewiesen. Sie hat lediglich die Vorlage einer Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum 18. März - 15. Dezember 2004 in Aussicht gestellt. Dies entspricht nicht den in der Ausschreibung aufgestellten Anforderungen, die auch von der Antragstellerin zu erfüllen sind. Ebenso genügt allein die Vorlage der Bereitschaftserklärung eines Bürgen zur Stellung der geforderten Bürgschaft nicht. Die in Ziff. III.2.1.2) der Bekanntmachung aufgeführten Nachweise zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit waren kumulativ gefordert. Dabei geben gerade die Umsätze der vergangenen Jahre dem Auftraggeber einen wichtigen Anhaltspunkt zur Beurteilung der finanziellen Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Vertragsausführung über einen längeren Zeitraum, hier bei einer Vertragslaufzeit von fast fünf Jahren. Die Umsatzsituation gibt Aufschluss über den Umfang des jeweiligen Geschäftsbetriebes und dadurch mittelbar auch über die praktischen Erfahrungen des jeweiligen Bieters.

Allein der Verweis auf die Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe ... genügt nicht für den Nachweis der Fachkunde der Antragstellerin. Im Rahmen des Eignungsnachweises ist der Nachweis der tatsächlichen Verfügungsgewalt über Kapazitäten konzernverbundener Unternehmen innerhalb der Angebotsfrist zu führen (OLG Naumburg, Beschluss vom 9. September 2003 - 1 Verg 9/03; EuGH, NZBau 2000, 149 zur DKR). Hierauf hatte der Auftraggeber auf S. 9 der Angebotsaufforderung ausdrücklich hingewiesen, dass Bieter, die zum Nachweis ihrer Leistungsfähigkeit Belege anderer Unternehmen, etwa konzernverbundener Unternehmen, vorlegen, den konkreten Nachweis führen müssen, dass die Erfahrungen und Mittel dieser dritten Unternehmen ihnen für die Auftragsausführung auch tatsächlich in geeigneter Weise zur Verfügung stehen werden. Solche Erklärungen fehlen im Angebot der Antragstellerin. Zudem können Referenzen konzernverbundener Unternehmen nur dann für die Antragstellerin gelten, wenn sichergestellt ist, dass diese den ausgeschriebenen Auftrag vollständig oder zumindest zu einem ganz überwiegenden Teil durch das Personal der Muttergesellschaft durchführen wird. (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. November 2001 - Verg 33/01 zu Referenzen des Schwesterunternehmens).

Auch die aufgeführten Referenzen im Formular 4 hat der Auftraggeber zutreffend bewertet und als nicht ausreichend eingeschätzt. Als Leistungszeitraum ist jeweils nur der Hinweis "ab Übern. Leistung v. ..." enthalten, bei der Art der Leistung handelt es sich um Gewerbeabfall, und die Rechnungswerte liegen mit X.XXX,XX EUR - XXX.XXX,XX EUR erheblich unter dem vom Auftraggeber geschätzten jährlichen Kostenansatz von mindestens netto XXX.XXX,XX EUR.

Der Hinweis auf die übernommenen Arbeitnehmer von ... im Rahmen des Asset Deals zum 18. März 2004, die nach der Erklärung "Ergänzung zu Punkt III.9." der Antragstellerin langjährige Erfahrungen im Hausmüll- und Gewerbeabfallbereich nachweisen könnten, genügt schließlich auch nicht als Nachweis der Eignung. Die früheren Leistungen einer anderen Firma können nur dann die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens für den konkreten Auftrag belegen, wenn sichergestellt ist, dass diese den ausgeschriebenen Auftrag vollständig oder zumindest zu einem ganz überwiegenden Teil durch das Personal der früheren Firma durchführen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass an einer Unternehmensleistung sowohl die Unternehmensleitung, die gesamte Betriebsorganisation und die Struktur des Unternehmens an sich maßgeblichen Anteil haben. Die Eignung des Bieters bestimmt sich grundsätzlich nicht allein aus der Person seines Inhabers oder organschaftlichen Vertreters, sondern aus der Unternehmensorganisation als Ganzes, also durch die Gesamtheit der das Unternehmen prägenden Leistungsträger, welche die zu vergebende Leistung zu erbringen haben, d.h. letztlich über die Summe der in der betrieblichen Tätigkeit angesammelten Erfahrungen und Qualifikationen (OLG Dresden, Beschluss vom 23. Juli 2002 - WVerg 0007/02; VK Münster, Beschluss vom 20. Juli 2004 - VK 19/04). Vor diesem Hintergrund reicht allein der Verweis auf die Referenz für den Geschäftsführer Herrn ... und der Hinweis auf die übernommenen Mitarbeiter mit Erfahrungen im Hausmüll- und Gewerbeabfallbereich ohne weitere Nachweise nicht aus.

Deshalb war das Angebot der Antragstellerin wegen fehlender Eignung zwingend nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt.

Ergänzend merkt die Vergabekammer an, dass die geplante Zuschlagserteilung an die Beigeladene nicht den von der Antragstellerin angesprochenen Bedenken begegnet.

Der Auftraggeber hat entsprechend § 16 Abs. 1 VgV ausreichende Maßnahmen getroffen, um dem Mitwirkungsverbot für voreingenommene Personen bei Entscheidungen im Vergabeverfahren gerecht zu werden. Herr ... als Werkleiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft einerseits und als Geschäftsführer der ... andererseits wurde entsprechend dem Vermerk vom 30. September 2004 von sämtlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren ausgeschlossen und ihm wurde jeglicher Zugriff auf Informationen über die Verdingungsunterlagen und das Verfahren versagt. Einem Informationsvorsprung und Interessenkonflikt wurde durch diese Maßnahmen wirksam vorgebeugt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit als Werkleiter und der Vergabeentscheidung besteht nicht.

Die Bieter werden nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 2 GWB, § 2 Nr. 2 VOL/A) allein dadurch verletzt, dass sich ein Unternehmen bewirbt, an dem die Vergabestelle beteiligt ist. Vielmehr verhindert § 16 VgV durch die Normierung von Mitwirkungsverboten für voreingenommene Personen das Entstehen von Interessenkonflikten, durch die andere Bieter benachteiligt würden. Gleichzeitig wird durch § 16 VgV ermöglicht, dass sich auch dem Auftraggeber nahe stehende Unternehmen am Vergabeverfahren beteiligen können.

Die von der Antragstellerin geäußerten Bedenken zur Leistungsfähigkeit der ... (Personal, technische Einrichtungen) sind unbegründet. Hinsichtlich der Fachkunde und der Leistungsfähigkeit kommt es auf die der Bietergemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehende Kapazität an (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2004 - Verg 48/04).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 GWB.

Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen und personellen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens. Für die wirtschaftliche Bedeutung ist regelmäßig die Angebotssumme des Bieters der maßgebliche Gesichtspunkt. Diese bildet die Gegenleistung, die der Auftraggeber im Fall des Zuschlages zu erbringen bereit wäre und für die der Bieter seiner objektiven Erklärung zufolge den Auftrag ausführen will (BayObLG, Beschluss vom 13. April 2004 - Verg 5/04). Das Angebot der Antragstellerin betrug in der preisgünstigsten Kostenvariante brutto XXX.XXX,XX EUR pro Jahr, für den gesamten Leistungszeitraum X.XXX.XXX,XX EUR. Entsprechend der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes vom 1. Januar 2003, die zur Gewährung einer einheitlichen Handhabung und zur Sicherstellung von Transparenz anzuwenden ist, erscheint eine Gebühr von 3.275,00 EUR als angemessen. Die Gebühr wird mit dem eingezahlten Kostenvorschuss in Höhe von 2.500,00 EUR verrechnet.

Die Restgebühr in Höhe von 775,00 EUR wird mit Bestandskraft des Beschlusses fällig und ist binnen eines Monats nach Zustellung unter Angabe des Aktenzeichens (VK 21/05) und des Verwendungszwecks (Kapitel 08 030, Titel 111 40) auf das Konto der ... zu überweisen.

Die Antragstellerin hat die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Beigeladenen zu tragen (§ 128 Abs. 4 Satz 2 GWB). Es entspricht der Billigkeit i.S.v. § 162 Abs. 3 VwGO, dass der Beigeladenen, die erfolgreich Anträge gestellt und sich damit in einen bewussten und gewollten Interessengegensatz zur Antragstellerin gestellt hat, ihre notwendigen Aufwendungen vom unterlegenen Teil erstattet werden (vgl. KG, Beschluss vom 23. Februar 2004 - 2 Verg 7/03).

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten war weder durch den Auftraggeber noch durch die Beigeladene notwendig, § 128 Abs. 4 Satz 2, 3 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, 3 VwVfGBbg.

Die Frage, ob die Hinzuziehung eines anwaltlichen Vertreters für den öffentlichen Auftraggeber notwendig war oder nicht, ist nach der Rechtsprechung der Vergabesenate der Oberlandesgerichte immer eine Einzelfallentscheidung. Dabei darf weder die restriktive Tendenz bei der Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren im Vorverfahren nach § 80 Abs. 2 VwVfG unbesehen auf das Verfahren vor der Vergabekammer übertragen werden, noch ist die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für den öffentlichen Auftraggeber regelmäßig notwendig. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung (OLG Düsseldorf NZBau 2000, 486; OLG Naumburg VergabE C-14-5/01k; OLG Dresden VergabE C-13-9/00 und Beschluss vom 2. Februar 2004 - WVerg 17/03; OLG Rostock, IBR 2004, 164) eine differenzierte Betrachtungsweise geboten, die sich an folgenden Gesichtspunkten orientiert: Konzentriert sich die Problematik eines Nachprüfungsverfahrens auf auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazugehörigen Vergaberegeln, spricht im Allgemeinen mehr für die Annahme, dass der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse in seinem originären Aufgabenkreis organisieren muss und daher auch im Nachprüfungsverfahren keines anwaltlichen Bevollmächtigten bedarf. Erschöpfen sich die aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darin, ob die Beteiligten das ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht beachtet haben, ist ein Kernbereich auftraggeberischer Tätigkeit betroffen, dessen Kenntnis und Bewertung auch einem Auftraggeber, welcher mehr oder weniger regelmäßig öffentliche Aufträge vergibt, grundsätzlich ohne anwaltlichen Beistand zumutbar ist. Gegenstand des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens sind Fragen der Eignung der Antragstellerin und die Beteiligung der Beigeladenen an der Ausschreibung. Diese gehören ihrer Art nach zum überkommenen Aufgabenbereich des Auftraggebers als Vergabestelle. Kommen jedoch weitere - nicht einfache - Rechtsprobleme und gerade auch solche der Vergabe-Nachprüfungsregeln hinzu, wird oft das Ergebnis sachgerecht sein, dass auch dem öffentlichen Auftraggeber die Zuziehung eines Rechtsanwalts als "notwendig" nicht zu verwehren ist. Zwar enthält die Antragserwiderung des Auftraggebers auch Vortrag zur Rüge und zur Antragsbefugnis der Antragstellerin. Diese Punkte stellen jedoch keine wesentlichen Streitpunkte des Nachprüfungsverfahrens dar. Der Auftraggeber ist auch nicht rechtsunkundig. Als Gebietskörperschaft ist er regelmäßig als öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB an Ausschreibungen beteiligt. In der Regel muss die Behörde mit eigenem Fachpersonal so ausgestattet sein, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit ohne fremde Unterstützung ausführen kann (Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 4. Aufl., § 80 Rn. 70). Schließlich muss sich der Auftraggeber, der das gesamte Vergabeverfahren durch seine Verfahrensbevollmächtigten rechtlich begleiten ließ, diesen genutzten Sachverstand des Rechtsanwalts als eigenen zurechnen lassen (OLG Koblenz, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 1 Verg 1 und 2/04, NZBau 2004, 571; VK Brandenburg, Beschluss vom 1. Dezember 2004 - VK 34/04). Die rechtlichen Stellungnahmen der Verfahrensbevollmächtigten bezogen sich insbesondere auf die mögliche Beteiligung der ... und die Frage der Bewertung von Referenzen anderer Unternehmen, sodass die entsprechende Rechtskenntnis des Auftraggebers hierzu auch für das Nachprüfungsverfahren zu bejahen ist.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Beigeladene war ebenfalls nicht erforderlich. Nachdem die Antragstellerin und die Auftraggeberin umfassend vorgetragen haben, hat sich die Beigeladene der Auffassung der Auftraggeberin vollumfänglich angeschlossen. Sie hat durch ihren Vortrag das Verfahren nicht wesentlich gefördert (vgl. VK Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2002 - 2 VK 94/01).

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).

RechtsgebieteGWB, VOL/AVorschriftenGWB § 107 Abs. 3; VOL/A § 7a Nr. 2 Abs. 2, § 25 Nr. 2 Abs. 1

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