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31.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060962

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 18.03.2004 – 6 K 777/01

Die Voraussetzungen für die Erteilung der Spendenbescheinigung und für den Spendenabzug sind erst ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Freistellungsbescheinigung bzw. vorläufigen Freistellungsbescheinigung gegeben; sie müssen im Zeitpunkt der Zahlung einer Spende vorliegen.


NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT

URTEIL

vom 18.03.2004

Az.: 6 K 777/01

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Abziehbarkeit einer Spende.

Gegenstand der Klägerin ist der Handel und die Vermittlung von Immobilien. Einer der Gesellschafter ist Herr S, Geschäftsführer ist Herr H.

Am 29.12.1995 ging auf dem Konto der Gemeinde X ein Betrag von 10.000 DM ein. Dieser Betrag beruhte auf einer Scheckeinreichung. Den Scheck über 10.000 DM zugunsten der Gemeinde X wies als Aussteller die Klägerin aus und enthielt die Unterschrift "S...". Weiter enthielt er den Zusatz "Spende zugunsten Sportvereins X Sparte Fußball". Der Scheck war am 25. oder 27.12.1995 ausgestellt worden und wurde am 29.12.1995 dem Konto der Klägerin belastet. Die Spende wurde ausweislich der Bestätigung der Gemeinde X vom 10.10.2001 am 29.12.1995 an das Vorstandsmitglied des Sportvereins X weitergeleitet.

Die Klägerin behandelte die Spende gewinnmindernd als Betriebsausgabe.

Mit ihrer Steuererklärung für 1995 legte die Klägerin die Spendenbescheinigung der Gemeinde X vom 19.09.1996 vor. Dort wurde ihr bestätigt, dass sie am 29.12.1995 eine Spende i.H.v. 10.000 DM zugunsten des Sportvereins X Sparte Fußball geleistet hatte. Es wurde ferner bestätigt, dass die Spende zu gemeinnützigen Zwecken i.S.d. § 52 Abgabenordnung (AO) verwendet werde. Ferner hieß es im formularmäßigen Text:

"Die Spende wird entsprechend den Angaben des Spenders an die oben genannte Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes weitergeleitet, wenn diese vom Finanzamt ..., Steuernummer Verz.Nr. ... mit Bescheid vom ______/ vorläufiger Bescheinigung vom 13.08.1996 als begünstigte Empfängerin anerkannt ist."
Mit dem Bescheid für 1995 über Körperschaftsteuer vom 11.08.1997, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO erging, erkannte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die Spende bei Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte an. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Nach einer Außenprüfung gelangte das FA zu dem Ergebnis, dass die in 1995 über die Gemeinde X an den Sportverein X Sparte Fußball gezahlte Spende steuerlich nicht anerkannt werden kann, da die Satzung des Sportverein X erst ab Juni 1996 den Vorschriften der AO über die Gemeinnützigkeit entsprach. Das FA änderte unter dem 06.10.1999 den Steuerbescheid nach § 164 Abs. 2 AO und behandelte die Spende als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe, bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte wurde sie nicht abgezogen.

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein und machte geltend, diverse Feststellungen der Außenprüfung seien steuerlich nicht zutreffend gewertet worden. Gegen die Nichtberücksichtigung der Spende wandte sich die Klägerin nicht. Nach einem Schriftwechsel machte das FA "im Rahmen einer Gesamterledigung des Rechtsstreits" einen Vorschlag zur Änderung des Steuerbescheids. Ausweislich eines Aktenvermerkes vom 22.08.2001 über eine Besprechung, an der auf Seiten der Klägerin Herr S, auf Seiten des FA Oberregierungsrat A und Steueramtsrat B als Sachbearbeiter teilnahmen, einigten sich die Beteiligten und vereinbarten den Erlass entsprechender Änderungsbescheide. Der nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO und § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG geänderte Körperschaftsteuerbescheid erging unter dem 06.09.2001.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und machte nunmehr erstmals geltend, der steuerliche Abzug der Spende an den Sportverein X dürfe nicht versagt werden. Zwar sei richtig, dass der Sportverein erst durch vorläufige Bescheinigung des FA vom 13.08.1996 als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt worden sei, doch erfülle die vorgelegte Spendenbescheinigung für 1995 sämtliche formellen und materiellen Voraussetzungen für den Abzug nach § 10b EStG. Es gebe keine Rechtsnorm, die es verbiete, eine Spendenbescheinigung auszustellen, bevor die Körperschaft eine Freistellungsbescheinigung der Finanzverwaltung erhalten habe. Da die Freistellungsbescheinigung lediglich vorläufigen Charakter gehabt habe, habe der Sportverein X selbst für 1995 noch im Veranlagungsverfahren als gemeinnützig anerkannt werden können. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Sportverein erst am 27.06.1996 in einer außerordentlichen Jahreshauptversammlung die Änderung seiner Satzung beschlossen habe, um diese an die abgabenrechtlichen Vorschriften über die Gemeinnützigkeit anzupassen. Die Satzungsänderung habe allein der Verwendung von Guthaben im Falle der Vereinsauflösung betroffen. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit hätten bereits 1995 vorgelegen. Abgesehen davon habe sie, die Klägerin, auf die Richtigkeit der von der Gemeinde X ausgestellten Spendenbescheinigung vertrauen dürfen. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die Satzung des Sportverein X im Zeitpunkt der Zuwendung die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nicht erfüllt habe.

Das FA wies den Einspruch mit Bescheid vom 17.10.2001 zurück. Im Einspruchsbescheid wird darauf hingewiesen, dass der Sportverein X die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch Antrag vom 24.01.1996 beantragt habe. Mit Schreiben vom 29.01.1996 habe das FA den Verein darauf hingewiesen, dass die Satzung nicht in vollem Umfang den abgabenrechtlichen Vorschriften über die Gemeinnützigkeit entspreche. Die Neufassung der Satzung sei auf der außerordentlichen Jahreshauptversammlung am 27.06.1996 beschlossen worden, an der auch der Gesellschafter der Klägerin, Herr S, teilgenommen habe. Auf erneuten Antrag des Vereins sei dann am 13.08.1996 die vorläufige Freistellungsbescheinigung nach amtlichen Muster erteilt worden.
Nach der Außenprüfung und Erlass geänderter Bescheide habe eine Gesamterledigung des Rechtsbehelfsverfahrens stattgefunden. Während dieses Rechtsbehelfsverfahrens sei die Frage der Anerkennung der Spende zu keinem Zeitpunkt streitbefangen gewesen. Es sei verfahrensrechtlich zumindest befremdend, wenn die Klägerin trotz vorangegangener Einigung in Art einer Verständigung in einem erneuten Rechtsbehelfsverfahren einen weiteren Streitpunkt nachschiebe. Abgesehen davon könne der Einspruch in der Sache selbst keinen Erfolg haben. Voraussetzung für die Abziehbarkeit der hier vorliegenden Durchlaufspende sei, dass beim Letztempfänger die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für den Veranlagungszeitraum, in dem die Zuwendung beim Spender steuerlich begünstigt werden solle, gegeben seien. Das sei hier nicht der Fall. Zum Zeitpunkt der Spendenhingabe am 29.12.1995 habe die Satzung des Sportverein X nicht den abgabenrechtlichen Vorschriften entsprochen. Somit habe die Spende zu diesem Zeitpunkt nicht zu satzungsgemäß steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden können. Auch die Spendenbescheinigung der Gemeinde X berechtige nicht zum Spendenabzug. Zwar sei die Vorlage einer Spendenbescheinigung Voraussetzung für den Spendenabzug. Das gelte aber nur, wenn die sachlichen und persönlichen
Spendenabzugsvoraussetzungen vorlägen. An der Ordnungsmäßigkeit der Spendenbescheinigung bestünden erhebliche Zweifel. Schon anhand der Daten zum Tag der Spende (29.12.1995) und zur vorläufigen Bescheinigung (13.08.1996) habe sich ganz offensichtlich erkennen lassen, dass die Spende getätigt worden sei, bevor das zuständige FA die Gemeinnützigkeit des Sportvereins bestätigt habe. Im Zeitpunkt der Hingabe der Zuwendung habe der Verein die Mittel also nicht für gemeinnützige Zwecke verwenden können. Auch dem Empfänger sei erkennbar gewesen, dass die Bescheinigung unzutreffend gewesen sei. Außerdem weise die Formulierung der Bescheinigung darauf hin, dass eine Spende erst dann steuerbegünstigt sein könne, wenn die Empfängerkörperschaft vom FA als begünstigte Empfängerin anerkannt sei. Spendenbestätigungen, die unter einer Bedingung erteilt worden seien, stellten keinen ausreichenden Nachweis für eine steuerbegünstigte Spende dar.

Die Klägerin hat Klage erhoben.

Sie trägt vor: Am 29.12.1995 habe sie sich bei der Gemeindekasse der Gemeinde X darüber informiert, ob eine Durchlaufspende an den Sportverein X steuerlich abziehbar sei und sie eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung erhalte. Der zuständige Mitarbeiter der Gemeinde X habe ihr versichert, sämtliche steuerlichen Voraussetzungen seien erfüllt und sie werde eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung bekommen. Aufgrund dieser Aussage sei dann die Zahlung per Scheck i.H.v. 10.000 DM erfolgt. Wenige Tage später habe die Klägerin eine Spendenbescheinigung erhalten, deren Muster sie vorlegt. Der Klägerin sei aufgefallen, dass die Bescheinigung formell unzureichend gewesen sei, sie habe das Original an die Gemeindeverwaltung zurückgegeben. Am 19.09.1996 habe sie daraufhin die dem FA vorgelegte Spendenbescheinigung erhalten.

Die hier in Rede stehende Durchlaufspende an einen Sportverein sei steuerlich abzugsfähig. Die Klägerin habe auf die Ordnungsmäßigkeit der Spendenbescheinigung vertraut. Die vom FA zitierte Formulierung, dass die Verwendung der Spende abhängig sei von der Anerkennung des Vereins als gemeinnützig, könne keine Zweifel an der Richtigkeit der Spendenbestätigung hervorrufen. Die Gemeinde habe mehrfach angekündigt, eine ordnungsgemäße Spendenbescheinigung ausstellen zu wollen. Abgesehen davon sage die Bescheinigung nichts darüber aus, wann die Spende verwendet worden sei. Möglicherweise sei sie erst zu gemeinnützigen Zwecken verwendet worden, als der Sportverein als gemeinnützig anerkannt worden sei. Im Zeitpunkt der Spende sei weder der Klägerin noch der Gemeinde X bekannt gewesen, dass der Sportverein nicht über eine Freistellungsbescheinigung verfügt habe. Es sei richtig, dass die Klägerin von der Gemeinde X bereits im November 1995 darüber unterrichtet worden sei, dass eine Spendenbescheinigung erst ausgestellt werden könne, wenn ein Freistellungsbescheid oder eine vorläufige Freistellungsbescheinigung für den Sportverein X vorliege. Seitens des Vereinsvorstandes habe es zu diesem Zeitpunkt geheißen, ein Freistellungsbescheid werde beim FA beantragt und auch für 1995 erteilt. Die Vertrauensschutzregelung i.S.d. § 10 b Abs. 4 Satz 1 EStG greife ein. Dem Spender sei die Unrichtigkeit der Spendenbescheinigung nicht bekannt gewesen, noch sei sie ihm infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 1995 über Körperschaftsteuer in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 17. Oktober 2001 zu ändern und eine Spende i.H.v. 10.000 DM zum Abzug zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es weist darauf hin, dass die Gemeinde X Herrn S, der Gesellschafter der Klägerin sei, und andere Mitglieder des Sportvereins X bereits im November 1995 darüber unterrichtet habe, dass ein Freistellungsbescheid oder eine vorläufige Bescheinigung für den Verein benötigt werde, bevor eine Spendenbescheinigung ausgestellt werden könne. Aus der Annahmeanordnung der Gemeinde X ergebe sich, dass die Gemeinde nur eine einzige Spendenbescheinigung ausgestellt habe, und zwar mit Datum vom 19.09.1996.

Aufgrund der Gesamterledigung des Einspruchs sei die Klägerin gehindert, nunmehr noch die Abzugsfähigkeit der Spende geltend zu machen. Der Bindungswille zur Gesamterledigung habe sich auch auf Punkte bezogen, die nicht ausdrücklich Gegenstand des Einspruchsverfahrens gewesen seien; jedenfalls habe kein Beteiligter einen Vorbehalt hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Spende gemacht.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage kann keinen Erfolg haben. Der angegriffene Steuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die streitige Spende kann nicht bei Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden.

Das Vorliegen einer tatsächliche Verständigung über sämtliche Besteuerungsgrundlagen des Streitjahres 1995 mit der Folge, dass die Klägerin mit dem Begehren auf nachträgliche Anerkennung der Spende nicht mehr durchdringen kann, ist schon deshalb zweifelhaft, weil an der "Gesamterledigung des Rechtsstreits" im ersten Einspruchsverfahren auf Seiten des FA möglicherweise nicht der zuständige Amtsträger mitgewirkt hat. Der Aktenvermerk ist zudem nicht unterschrieben. Diesem Punkt braucht der Senat jedoch nicht weiter nachzugehen, weil die Spende aus materiell-rechtlichen Gründen keine Berücksichtigung finden kann.

Die Abzugsfähigkeit von Spenden regelt § 9 Abs. Nr. 2, Abs. 2 KStG. Es ist unstreitig, dass die Voraussetzungen für den Abzug der Spende vom Grundsatz her gegeben sind (Durchlaufspende zugunsten eines als gemeinnützig anerkannten Vereins - den Sportverein X -, keine Begrenzung in der Höhe, Vorlage einer ordnungsgemäßen Spendenbescheinigung). Die Spende ist aber nur abziehbar, wenn der Verein als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt ist oder zumindest über eine vorläufige Freistellungsbescheinigung verfügt. Erst ab Erteilung der Freistellungsbescheinigung ist er zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen berechtigt; erst ab diesem Zeitpunkt sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Spendenabzug gegeben. Hier hatte der Verein bei Spendenzahlung am 29.12.1995 noch keine Bescheinigung inne; zu diesem Zeitpunkt lagen die materiellen Voraussetzungen für den Spendenabzug unzweifelhaft nicht vor. Steuerlich ohne Bedeutung ist der Zeitpunkt der Verwendung des zugewendeten Betrags durch den Verein für steuerbegünstigte Zwecke. Der Verein hat die Spende am 29.12.1995 erhalten und konnte von diesem Zeitpunkt über den Betrag verfügen. Die tatsächliche Verwendung lässt sich in aller Regel nicht feststellen, so dass das Gesetz für die Abzugsfähigkeit von Spenden für steuerbegünstigte Zwecke auf den Zeitpunkt der Spende oder allenfalls an den Empfang durch den Verein, nicht aber an den tatsächlichen Verbrauch des Geldbetrags durch den Verein anknüpft.

Der Vertrauensschutz nach § 9 Abs. 3 KStG greift hier nicht ein. Im zu entscheidenden Fall stellt sich nicht die Frage nach der Richtigkeit oder Falschheit der Spendenbescheinigung. Sie ist inhaltlich richtig, denn dass dem Verein (erst) ab dem 13.08.1996 eine vorläufige Bescheinigung über die Freistellung erteilt worden war, ist zutreffend. Möglicherweise hat auf Spenderseite Unklarheit darüber geherrscht, ob im Zeitpunkt der Spende eine später erteilte Freistellungsbescheinigung zum Spendenabzug berechtigt. Nach dem unbestrittenen und sogar von der Klägerin als richtig gezeichneten Vortrag des FA hat Herr S als für die Klägerin handelnde Person Ende 1995 gewusst, dass der Sportverein noch nicht die Voraussetzungen für die Freistellungsbescheinigung erfüllt und deshalb noch keine Freistellungsbescheinigung erteilt worden war. Dieses Wissen muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Die Vorstellung, gleichwohl eine Spendenbescheinigung zu erhalten, die zum Abzug berechtigt, ist

steuerlich ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietKörperschaftsteuer 1995

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