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29.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060663

Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.09.2005 – 20 S 82/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 16.03.2004 - 230 C 19294/03 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass der Beklagten Regressansprüche bezüglich des Drittschadens aus dem Unfall vom 27.06.2003 nicht zustehen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.970,57 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Kläger war mit seinem Kfz, amtliches Kennzeichen XXX, bei der Beklagten sowohl haftpflicht- als auch kaskoversichert. Am 01.04.2003 war die Folgeprämie für beide Versicherungen fällig. Bezahlt wurde sie vom Kläger erst am 12.08.2003. Die Beklagte leitete das qualifizierte Mahnverfahren gemäß § 39 WG ein und setzte im computermäßig automatisierten Verfahren am 27.05.2003 ein entsprechendes Mahnschreiben auf.

Am 27.06.2003 verursachte der Kläger einen Verkehrsunfall, den er der Beklagten als Haftpflicht- und Kaskoschaden meldete. Jeweils mit Schreiben vom 11.07.2003 lehnte diese eine Eintrittspflicht unter Hinweis auf die verspätete Zahlung der Folgeprämie trotz qualifizierter Mahnung ab.

Der Kläger begehrt zum einen Feststellung, dass die Beklagte keine Regressansprüche hinsichtlich des Drittschadens aus dem Unfall vom 27.06.2003 geltend machen könne, zum anderen Zahlung von Schadensersatz hinsichtlich seines eigenen - bei dem Unfall beschädigten - Fahrzeugs. Diesen beziffert er mit EUR 2.990,57, bestehend aus dem entstandenen Sachschaden von EUR 2.700,- (EUR 5.100,- Wiederbeschaffungswert abzüglich EUR 2.100,- Restwert und EUR 300,- Selbstbeteiligung), Abschleppkosten in Höhe von EUR 270,57 sowie einer Kostenpauschale von EUR 20,-.

Die Beklagte macht geltend, das qualifizierte Mahnschreiben vom 27.05.2003 sei dem Kläger an seine neue Adresse in Duisburg (vormals Mülheim) zugegangen. Überdies erachtet sie der Höhe nach die Mehrwertsteuer nicht für erstattungsfähig.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein ursprüngliches Klageziel weiterverfolgt.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache auch überwiegend Erfolg.

1.

Der Feststellungsantrag ist zulässig. Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Angesichts des Schreibens der Beklagten vom 11.07.2003 betreffend die Haftpflichtversicherung besteht die ernstliche Besorgnis, dass sie den Kläger wegen etwa regulierter Drittschäden in Regress zu nehmen gedenkt.

Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Ein solcher allein gemäß § 3 Nr. 9 PflVG in Betracht kommender Anspruch der Beklagten gegen den Kläger besteht indes bereits dem Grunde nach nicht. Die Beklagte ist nämlich entgegen der angefochtenen Entscheidung nicht gemäß § 39 11 WG von ihrer Leistungspflicht befreit worden. Es fehlt an einer wirksamen qualifizierten Mahnung nach § 39 I WG. Voraussetzung hierfür wäre, dass das am 27.05.2003 aufgesetzte Mahnschreiben dem Kläger auch zugegangen ist. Hierfür ist die Beklagte indes beweisfällig geblieben. Entgegen dem angefochtenen Urteil steht ein solcher Zugang nicht im Wege des Anscheinsbeweises fest. Es kann insoweit zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass das Schreiben vom 27.05.2003 an die richtige, nämlich die neue Adresse des Klägers in Duisburg abgesandt worden ist. Allein die Absendung des Schreibens beweist indes nicht - auch im Wege einer tatsächlichen Vermutung nicht - bereits den Zugang eins Schreibens. Ein Erfahrungssatz, dass und in welcher Zeit Schreiben den Adressaten auch erreichen, existiert nicht (vgl. Prölss/Knappmann, WG 27. Aufl., § 39 WG Rn. 14 m.w.N.). Er resultiert insbesondere nicht aus den vom Amtsgericht aufgestellten Überlegungen zu einer gegen "Null" tendierenden Verlustwahrscheinlichkeit. Dass Briefe auf dem Postwege regelmäßig verloren gehen entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, auf die konkrete Wahrscheinlichkeit kommt es dabei nicht an.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass das Mahnverfahren vorliegend wie üblich computerisiert und automatisiert abgelaufen ist. damit kann allenfalls der Nachweis der Absendung, nicht hingegen des Zugangs geführt werden (vgl. a.a.O. Rn. 15). Auch die von der Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Köln (VersR 1999, 1357 f.) gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Auch das OLG Köln verzichtete darin nicht auf einen von der Absendung unabhängigen Nachweis des Zugangs sah diesen jedoch lediglich aufgrund vorhandener weiterer Indizien als geführt an. Derartige Indizien fehlen vorliegend. Angesichts dessen kann sich der Kläger auch auf ein einfaches Bestreiten des Zugangs beschränken und muss nicht - wie vom Amtsgericht gefordert - hierzu weitere Angaben tätigen (vgl. a.a.O. Rn. 15).

2.

Auch der Leistungsantrag hat damit dem Grunde nach Erfolg, §§ 1, 49 WG, 13 AKB. Der Höhe hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von EUR 2.970,57.

Wie von der Beklagten nach Grund und Höhe nicht in Abrede gestellt kann er wegen wirtschaftlichen Totalschadens nach § 13 Abs. 1-4 AKB die Erstattung des Wiederbeschaffungs- abzüglich des Restwertes verlangen. Nach Abzug des gemäß § 13 AKB vom Kläger zu tragenden Selbstbehaltes ergibt sich ein Betrag von EUR 2.700,- brutto. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist hiervon kein weiterer Abzug für die Mehrwertsteuer vorzunehmen. Es kann insoweit dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich Mehrwertsteuer hat entrichten müssen. Für die Ersatzfähigkeit der Mehrwertsteuer kommt es auf die steuerlichen Verhältnisse des Versicherungsnehmers im Zeitpunkt des Unfalls, namentlich darauf an, ob er vorsteuerabzugsberechtigt ist (vgl. Stiefel/Hofmann, AKB. 17. Aufl., § 13 AKB Rn. 10). Beim Kläger als Privatperson sind hierfür weder Anhaltspunkte ersichtlich noch hat die Beklagte dieses jemals behauptet. Ob der Versicherungsnehmer tatsächlich ein Fahrzeug erwirbt oder das Geld etwa anderweitig verwendet, wie vorliegend geschehen, ist nicht von Bedeutung (vgl. ebd.). Ebenso kann der Kläger gemäß § 13 Abs. 5 AKB die von der Beklagten nach Grund und Höhe nicht bestrittenen Abschleppkosten in Höhe von EUR 270,57 ersetzt verlangen. Keinen Anspruch indes hat der Kläger auf Zahlung einer Kostenpauschale. Hierfür bietet § 13 AKB keine Grundlage. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 11, 97 I ZPO.

Streitwert für die zweite Instanz: EUR 3.089,14 (Feststellungsantrag: EUR 98,57, Leistungsantrag: EUR 2.990,57).

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 11 S. 1 ZPO nicht vorliegen.

RechtsgebietSchadenrechtVorschriften§ 13 AKB

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