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01.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060609

Amtsgericht Münster: Urteil vom 30.01.2006 – 7 C 6170/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


7 C 6170/02

verkündet am 30.1.2006

Amtsgericht Münster

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Münster im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO am 30.1.2006 durch den Richter XXX für Recht erkannt.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 875,65EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 80 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung In Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht ärztliche Honorarforderungen gegen die Beklagte geltend.

Die Beklagte wurde in der Zeit vom 03.08.2000 bis zum 22.08.2000 während eines Krankenhausaufenthalts XXX vom Kläger ärztlich behandelt. In diesem Rahmen führte der Kläger am 04.08.2000 bei der Beklagten eine Operation durch.

Die Honoraransprüche aus dieser Behandlung stellte der Kläger der Beklagten am 30.12.2000 mit einer Summe von 5.627,33 DM, umgerechnet 2.877,21 EUR in Rechnung (Bl. 9 ff. der Gerichtsakte). Die Beklagte beglich über die hinter ihr stehende Krankenversicherung eine Summe von 3.088,77 DM, umgerechnet 1.579,21 EUR.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Anspruch :auf Zahlung weiterer 1.061,66 EUR aus der Rechnung vom 30.12.2000 zu. Es könnten folgende von der Beklagten bisher nicht beglichene Gebührenziffern abgerechnet werden:

61 x Ziffer 530 GOA / 223,87 EUR
Ziffer 2103 GOÄ / 248,01 EUR
Ziffer 2113 GOÄ / 377,41 EUR
Ziffer 2148 GOÄ / 428,41 EUR
Ziffer 2254 GOÄ / 137,84 EUR
Zwischensumme / 1.415,54 EUR
Abzgl. Minderung nach & 6 a GOÄ / 353,89 EUR
Gesamtbetrag / 1.061,66 EUR

Der Kläger beantragt daher.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.061,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie Ist der Ansicht, dem Kläger stehe ein über die bereits vorgenommene Zahlung hinausgehender Anspruch nicht zu. Bei den von ihr nicht beglichenen Positionen der Rechnung vom 30.12.2000 handele es sich um solche, die lediglich Hilfs- bzw. Begleitverrichtungen der ebenfalls abgerechneten - und beglichenen - Ziffer 2151 der Rechnung seien. Entsprechend § 4 Abs. 2a der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) könne die Klägerin diese nicht gesondert abrechnen. Zudem habe der Kläger keine Leistungen Im Sinne von Ziffer 530 GOÄ erbracht.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 26.03.2003 (Bl. 92 der Gerichtsakten) .sowie vom 06.09.2004 (BI. 230 der Gerichtsakten) Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen XXX. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten (Bl. 127 ff. der Gerichtsakten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu. Der Kläger kann von der Beklagten lediglich die Gebühren für die Leistungen nach folgenden Ziffern verlangen:

61 x Ziffer 530 GOÄ / 223,87 EUR
Ziffer 2113 GOÄ / 377,41 EUR
Ziffer 2148 GOÄ / 428,41 EUR
Ziffer 2254 GOÄ / 137,84 EUR
Zwischensumme / 1.167,53 EUR
Abzgl. Minderung nach & 6 a GOÄ / 291,88 EUR
Gesamtbetrag / 875,65 EUR

1.
In der Sache war zunächst die Frage zu beantworten, ob, gemessen an § 4 Abs. 2a GoÄ, neben der von der Beklagten beglichenen Ziffer 2151 auch die von dem Kläger zusätzlich geltend gemachten Ziffern 2103, 2113, 2148, 2254 abgerechnet werden können.

Nach § 4 Abs. 2a GoÄ kann der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eins Gebühr nicht berechnen, wenn er für die anderen Leistung eine Gebühr berechnet.
Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. Entscheidend ist somit, welche Maßnahmen im Rahmen der Operation erforderlich sind, um den Operationserfolg zu sichern. Dabei ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Bezogen auf den vorgenommenen endoprothetischen Totalersatz des Hüftgelenks bedeutet dies, dass alle Leistungen, die lediglich methodisch notwendige Einzelschritte der operativen Zielleistung des Einsatzes einer Totalendoprothese sind, nicht gesondert berechnet werden dürfen.

2.
Daraus ergibt sich für die einzelnen Gebührenziffern folgendes:

a) Gebührenziffer 2103
Bei der Leistung gemäß Gebührenziffer 2103 handelt es sich um eine Muskelentspannungsoperation am Hüftgelenk. Nach den insoweit für das Gericht nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Professor XXX lässt sich dem Operationsbericht nicht entnehmen, dass die in Ziffer 2103 festgelegte Behandlung durchgeführt wurde, Die Gebührenziffer 2103 kann daher nicht abgerechnet werden.

b) Gebührenziffer 2113
Bei der Leistung gemäß der Gebührenziffer 2113 GOÄ handelt es sich um eine totale Synovektomie der Gelenkschleimhaut. Diese Leistung stellt keinen methodisch notwendigen operativen Einzelschritt dar, welcher erforderlich gewesen wäre, um die Leistung nach Ziffer 2151 GOÄ zu erbringen. Unstreitig hat der Kläger im Rahmen der Operation die Gelenkschleimhaut im Hüftgelenk vollständig entfernt. Nach den insofern überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen handelt es sich dabei um einem methodisch gesonderten Eingriff, der unter Umständen auch zeitversetzt hätte vorgenommen werden können. Zum Einsatz des endoprothetischen Totalersatzes hätte es genügt, die Gelenkschleimhaut einzuschneiden. Die vollständige Entfernung dieser beruhte dagegen auf einer selbständigen medizinischen Indikation, welche darin bestand, dass - was zwischen den Parteien unstreitig ist - eine hochgradige Entzündung vorlag. Die Gebührenziffer 2113 GOÄ ist somit neben Ziffer 2151 GOA abzurechnen.

c) Gebührenziffer 2148
Auch die Gebührenziffer 2148 GOÄ ist abrechenbar. Zunächst hat der Kläger eine Leistung im Sinne der Gebührenziffer, nämlich die Neubildung des Hüftpfannendaches, durch Ausmeißelung des Pfannenbodens erbracht. Dies beruhte auch auf einer selbständigen medizinischen Indikation. Diesbezüglich hat der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass die Platzierung der Pfanne auch ohne Ausmeißelung möglich ist. Sie stellt somit keinen methodisch notwendigen Einzelschritt der Leistung nach Ziffer 2151 GOÄ dar.

d) Gebührenziffer 2254
Bei der Leistung nach Gebührenziffer 2254 GOÄ handelt es sich um eine Implantation von Knochen. Der KIäger hat Im Rahmen der Operation einen großen Spongiosablock aus dem Schaft entnommen und damit den Pfannengrund aufgefüllt. Diese Leistung stellt keinen methodisch notwendigen Einzelschritt im Rahmen der Leistung nach Ziffer 2151 GOÄ dar. Vielmehr beruhte sie nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen auf einer eigenständigen medizinischen Indikation, nämlich auf der Notwendigkeit, wegen vorliegender Knochendefekte, das Aufnahmelager für die Endoprothese gesondert aufzubereiten. Wären die Knochendefizite nicht notwendig geworden, wäre die zusätzliche Implantation von Knochenmaterial nicht notwendig geworden. Die Gebührenziffer 2254 GOÄ ist somit neben Ziffer 2151 GOÄ abzurechnen.

3.
Schließlich war der Kläger weiter berechtigt, 61 Mal die In Ansatz gebrachte Ziffer 530 GOÄ abzurechnen, Unstreitig wurden der Beklagten in 61 Fällen Eisbeutel zur Kühlung gereicht. Die Parteien streiten darüber, ob dies eine Leistung im Sinne der Ziffer 530 GOÄ darstellt Dies ist zu bejahen. Aus dem Text der Gebührenziffer kann nicht gefolgert werden, dass es sich um eine einhüllende Maßnahme handeln muss. Die Kühlung war - dies Ist zwischen den Parteien unstreitig - aufgrund der vorangegangenen Operation indiziert. Es Ist insofern nicht entscheidend, ob die medizinisch indizierte Kühlung durch Auflegen eines Eisbeutels oder durch Einhüllen der zu kühlenden Stelle erfolgte. Da der KIäger die Zusatzbezeichnung "physikalische Therapie" zu führen berechtigt ist und die Leistungen nach fachlicher Weisung unter seiner Aufsicht erbracht wurden, war der Kläger auch berechtigt, diese abzurechnen (§ 4 Abs. 2 GOÄ).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebietGebührenrechtVorschriftenGOÄ, ZPO

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