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01.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060580

Oberlandesgericht Bamberg: Beschluss vom 30.01.2006 – 3 Ss OWi 126/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OLG Bamberg

Beschl. v. 30.1.06, 3 Ss OWi 126/06

Oberlandesgericht Bamberg

BESCHLUSS

Der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Bamberg erlässt durch den Richter am Oberlandesgericht ##
in dem Bußgeldverfahren
gegen
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
am 30. Januar 2006
folgenden Beschluss:

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Hof vom 16. November 2005 mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Amtsgericht Hof zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1. Die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt hat mit Bußgeldbescheid vom 27.07.2005 gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 44 km/h eine Geldbuße von 100 Euro festgesetzt und zugleich ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats angeordnet. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht mit Urteil vom 16.11.2005 nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, weil der Betroffene - ohne von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden zu sein - in der Hauptverhandlung unentschuldigt nicht erschienen sei.

2. Mit seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen Rechts.

II.

1. Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG) Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere entspricht die mit Verteidigerschriftsatz vom 19.12.2005 angebrachte Verfahrensrüge der rechtsfehlerhaften Anwendung der §§ 74 Abs. 2, 73 Abs. 2 OWiG den Begründungsanforderungen gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

2. Die Rechtsbeschwerde erweist sich - wie die Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht in ihrer Antragsschrift vom 23.01.2006 zutreffend ausführt - auch als begründet.

Die Verwerfung des Einspruchs hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, da das Amtsgericht den Betroffenen rechtsfehlerhaft nicht von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung vom 16.11.2005 entbunden und deshalb sein Fernbleiben in der Hauptverhandlung zu Unrecht als nicht genügend entschuldigt angesehen hat.

Der Verteidiger des Betroffenen hatte mit am Nachmittag des 15.11.2005 beim Amtsgericht eingegangenen Telefax-Schreiben vom selben Tag beantragt, den Betroffenen von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung am 16.11.2005 zu entbinden und dies wie folgt begründet:

?Die Voraussetzungen für die Entbindung nach § 73 Abs. 2 OWiG liegen vor. Mein Mandant ist der betroffene Fahrzeugführer. Die im Bußgeldbescheid vom 27.07.2005 erhobenen persönlichen Daten meines Mandanten sind zutreffend. Weitere Angaben zur Person oder zur Sache wird mein Mandant in der Hauptverhandlung am 16.11.2005 nicht machen. Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts erforderlich sein könnte."

Das Amtsgericht hat über den Antrag nicht gesondert entschieden.

Aufgrund der Begründung des Entbindungsantrages musste das Gericht davon ausgehen, dass der Betroffene keine weiteren Angaben mehr machen und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich sein würde. Insbesondere war die Anordnung seines persönlichen Erscheinens zu seiner Identifizierung unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht nicht mehr erforderlich. Liegen jedoch die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG vor, ist die Entscheidung ;:5er den Entbindungsantrag nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt; vielmehr ist es verpflichtet, dem Antrag zu entsprechen (BayObLG DAR 2002, 133/134; OLG Karlsruhe ZfS 2005, 154; KK/Senge OWiG 2. Aufl. § 73 Rin. 15). Das Amtsgericht hätte in Abwesenheit des Betroffenen verhandeln können. Die über seinen Verteidiger abgegebene Einlassung, zur Tatzeit der verantwortliche Fahrer gewesen zu sein, hätte ohne weiteres verwertet werden können.

Das persönliche Erscheinen war auch nicht erforderlich, um die Verhängung eines Fahrverbotes abzuklären. Es ist nicht ersichtlich, mit welchen Mitteln dies bei einem seine Fahrereigenschaft einräumenden, im Übrigen jedoch schweigenden Betroffenen in der Hauptverhandlung erfolgen oder welcher sonstige Aufklärungsbeitrag von der bloßen Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung noch zu erwarten gewesen sein sollte. Die Möglichkeit der Verhängung eines Fahrverbots ist kein Gesichtspunkt, der generell geeignet ist, die Ablehnung eines Entbindungsantrages zu rechtfertigen (OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 273; OLG Frankfurt ZfS 1994, 388; Thüringer OLG ZfS 1995, 115; OLG Stuttgart ZfS 1997, 73, 74). Auch bei der vom Tatrichter im Einzelfall vorzunehmenden Prüfung, ob gegebenenfalls von der Verhängung eines Fahrverbots unter Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden kann, kommt es grundsätzlich nicht auf den persönlichen Eindruck des Betroffenen an (OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 273, und OLG Stuttgart Beschl. v. 14.01.2003 - 4 Ss 566/2002).
Nach alledem wäre das Amtsgericht verpflichtet gewesen, dem Entbindungsantrag des Betroffenen zu entsprechen, ein Ermessen stand ihm insoweit nicht zu.

Hiernach ist das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO).

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Hof zurückverweisen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.
Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.

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