Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

03.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060341

Finanzgericht Köln: Urteil vom 27.09.2005 – 6 K 5353/04 A

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

Aktenzeichen: 6 K 5353/04

Urteil des Senats vom 27.09.2005

Das Auskunftsersuchen vom 21.07.2004 wird in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2004 aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung durch die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d:

Die Beteiligten streiten über die Frage der Rechtmäßigkeit eines Sammelauskunftsersuchens zur Aufdeckung von sog. ?Schwarz-Geld-Einzahlungen? auf Cash-Kreditkartenkonten.

Im Rahmen einer Fahndungsprüfung traf der Beklagte folgende Feststellungen:
Ein Einkäufer eines Großunternehmens habe zu hohe Einkaufspreise einer Leasinggesellschaft akzeptiert. Die vom Hersteller gewährten höheren Rabatte seien durch die Einschaltung einer Erwerbsgesellschaft zwischen Hersteller und Leasingunternehmen abgeschöpft worden. Diese Zwischengesellschaft habe aber keine hohen Gewinne ausgewiesen, da sie Scheinrechnungen von Unternehmen im In- und Ausland bezahlt habe. In den Jahren 1997 bis 2001 seien so insgesamt über 12 Mio. DM an andere Unternehmen (insbesondere in Lichtenstein) transferiert worden. Diese Beträge seien nach Abzug eines Anteils der Scheinrechnungsfirmen den Tätern in bar übergeben worden. Ein Täter habe dann systematisch Beträge unter 20.000 DM und nachfolgend unter 30.000 DM auf ein Cash-Kreditkartenkonto der Klägerin eingezahlt und zwar zwischen 05/99 und 07/01 insgesamt 259.000 DM.

Für sämtliche Barzahlungsvorgänge auf den Cash-Kreditkartenkonten verwendet die Klägerin ein sog. Transferkonto mit der Stammnummer ...., das für alle Filialen gleich ist. Zur Unterscheidung der Filialen werden diesem Stammkonto zwei Stellen angehängt oder ein dreistelliger Filialschlüssel vorangestellt, wobei die erste Ziffer entfällt. Dieses Zwischenkontos bedarf es, da die sechzehnstelligen Kreditkartennummern nicht mit dem bankeneinheitlichen zwölfstelligen Kontonummernsystem übereinstimmen und das Kassenprogramm der Klägerin nur das bankeneinheitliche Kontonummernsystem verarbeiten kann. Daneben existiert ein Überweisungstransferkonto mit der Stammnummer ..... Bareinzahlungen können entweder über das erstgenannte Transferkonto oder ? wie in den vorliegenden Fällen ? über das Überweisungstransferkonto auf dem Cash-Kreditkartenkonto gebucht werden. Im letztgenannten Fall bucht der Kassierer eine Bareinzahlung auf seinem Kassenkonto und veranlasst aus dem Kassenkonto eine Überweisung auf das Überweisungstransferkonto, von wo aus die Zuordnung zum Kreditkartenkonto automatisch erfolgt. In diesem Fall erscheint auf dem Transferkonto der Name des Einzahlenden, da er unter dem Verwendungszweck angegeben wird.

Aufgrund dieses Sachverhalts erließ der Beklagte am 21.07.2004 an die Klägerin ein Auskunftsersuchen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung -- AO -- i.V.m. § 93 AO. Hierin bat der Beklagte zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle um Vorlage der Konten .... und .... für die Jahre 1999 und 2000, damit diese auf ungewöhnliche Einzahlungen bzw. Abhebungen, wie in der oben geschilderten Weise hin überprüft werden könnten. Weiter wurde angekündigt, dass soweit bei der Kontrolle Kunden in der dargestellten Weise auffallen sollten, Name, Vorname, sowie weitere personenbezogene Daten gesondert angefordert würden.

Der Beklagte begründete sein Auskunftsersuchen mit den o.g. Feststellungen. Da in solchen Fällen ein immenser Bargeldbedarf bestehe, der weitergeleitet werde, und es sich um einen der Steuerfahndung bisher nicht bekannten Weg der Verbringung unversteuerter Einnahmen handele, sei zu erwarten, dass dieser Weg von den gleichen Berufsgruppen ebenfalls verwandt werde. Das Auskunftsersuchen diene dem Zweck, für die Besteuerung diese Tätergruppe zu identifizieren. Der Beklagte bat insoweit um schriftliche Beantwortung und Überlassung der Daten auf geeigneten Datenträgern (Diskette, CD) innerhalb von sechs Wochen.

Der gegen das Auskunftsersuchen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Mit der gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheids über das Auskunftsersuchen.

Sie führt an, dass es sich entgegen der Einschätzung des Beklagten bei Kreditkartenkonten mit Guthabenverzinsung nicht um eine neue Kontenform handele. Vielmehr seien diese schon seit über einem Jahrzehnt in Deutschland üblich. Daneben würden sog. Cash-Kreditkartenkonten nur für Kunden geführt, die sich nach § 154 AO legitimiert hätten, was sich bereits aus dem Kreditkartenantrag ergebe. Auch führe die Klägerin die Cash-Kreditkartenkonten nicht auf oder als Sammelkonten.

Bei den Transferkonten handele es sich auch nicht um Konten im Sinne der Abgabenordnung. Vielmehr seien dies technische Schnittstellen zur Buchung der Beträge auf dem Kreditkartenkonto, so dass sich sämtliche Umsätze der Transferkonten auch auf einem der Cash-Kreditkartenkonten wiederfänden. Damit sei auch nachgewiesen, dass es sich bei den Transferkonten nicht wie in den sog. Luxemburg-Fällen um CpD-Konten handele, für die sich der Kunde nicht legitimieren müsse und auf dem Zahlungsvorgänge ausschließlich gebucht würden. Vielmehr würden, wie oben dargestellt, alle Zahlungsvorgänge über legitimationspflichtige Konten abgewickelt.

Aus der Tatsache, dass es sich um legitimationspflichtige Konten handele, müsse der Schluss gezogen werden, dass vorliegend die Einzahlung auf dem Cash-Kreditkartenkonto nicht zu einer Verschleierung, sondern zur Offenlegung der Zahlung geführt habe.

Auch habe der Beklagte keine allgemeinen Erkenntnisse darüber, dass steuerpflichtige Personen ihre nicht versteuerten Gelder auf Cash-Kreditkartenkonten unterhalten. Vielmehr sei dort nur ein Fall bekannt, der darüber hinaus auch noch nicht rechtskräftig entschieden sei. Damit bestehe kein hinreichender Anlass für ein bundesweites Auskunftsersuchen.

Daneben behauptet die Klägerin, dass nicht nur mit einem Cash-Kreditkartenkonto international (nicht nur in Europa) über Bargeld verfügt werden könne, sondern auch mit einer Maestro-Karte (früher EC-Karte). Der Täter habe aber gerade nicht im größeren Maße über die eingezahlten Beträge im Ausland verfügt.

Auch ist die Klägerin der Ansicht, dass die Rechtsprechung des BFH zu Sammelauskunftsersuchen das vorliegende Auskunftsersuchen nicht trage. Der Beklagte versuche indirekt über das Zwischenkonto Buchungen auf dem legitimierten Konto einzusehen und einer Rasterfahndung zu unterziehen. Dies widerspreche aber § 30 a AO, dessen Schutzzweck nicht nur das Cash-Kreditkartenkonto, sondern auch die technischen Vorrichtungen erfasse, die Buchungen auf diesem Konto erst ermöglichen. Der Beklagte suche gezielt nach Zufallsfunden, wodurch unverdächtige Bankkunden in Misskredit gebracht würden.

Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, dass der Beklagte von einem falschen Sachverhalt ausgehe, was dessen Ermessensentscheidung rechtswidrig mache.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 15.10.2004 sowie den Bescheid über das Auskunftsersuchen vom 21.07.2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass der von der Rechtsprechung geforderte hinreichende Anlass für das Auskunftsersuchen vorliege. Denn eine Bankklientel, die sich im Kreditkarten- und im Computerbereich auskenne, nutze bewusst die Grenzen des Geldwäschegesetzes -- GwG -- aus, um ihre durch Steuerhinterziehungen und Untreue erlangten Bargelder unauffällig zu verbergen. Hierbei nutze sie das Cash-Kreditkartenkonto, da dieses verzinst werde und eine internationale Verfügbarkeit gewährleiste. Zwar existiere bei Barabhebungen am Geldautomat und Bankschalter eine Auszahlungsgrenze, doch bilde das Guthaben sowie der Verfügungsrahmen den Betrag, über den bei telefonischen oder schriftlichen Aufträgen sofort verfügt werden könne. Gerade dies sei der Unterschied zu Girokonten. Das Cash-Kreditkartenkonto sei damit wie Bargeld, das ohne die Gefahr der Entdeckung bei Grenzkontrollen ins Ausland mitgenommen werden könne.

Da in den geschilderten Fall auch weitere Firmen involviert seien, müsse davon ausgegangen werden, dass weitere Personen diesen Zahlungsweg nutzten. Denn es bestehe der Erfahrungswert, dass Täter der selben Berufs- bzw. Bevölkerungsschicht die gleiche Vorgehensweise beim Generieren und Verbringen von Schwarzgeld an den Tag legten.

Nach Erlass des Auskunftsersuchens habe sich in diesem Verfahren auch ein weiterer Fall ergeben, wo das Cash-Kreditkartenkonto einer anderen Bank zum Verbringen von Schwarzgeld genutzt worden sei. Auch werde das Cash-Kreditkartenkonto teilweise von Banken nicht in der Kontenübersicht aufgelistet, was jedoch nicht für die Klägerin gelte.

Das Auskunftsersuchen sei zur Aufklärung der Steuerverkürzungen geeignet, notwendig und verhältnismäßig, da es sich auf Bargeldbewegungen eines genau spezifizierten Marktsegments beschränke sowie dem Beklagten kein anderes Aufklärungsmittel zur Verfügung stehe.

Auch sei das Auskunftsersuchen keine Ermessensentscheidung, vielmehr ergebe sich die Notwendigkeit zum Tätigwerden aus dem Amtsermittlungsgrundsatz.

Es gehe dem Beklagten auch nicht um eine flächendeckende Überprüfung der Transferkonten, sondern nur um solche Vorgänge, wo durch gestückelte Einzahlung die Grenzen des GwG von 20.000 DM bzw. 30.000 DM systematisch umgangen würden. Somit sei im Sinne der Rechsprechung des BFH weder ein Wechsel zwischen Besteuerungs- und Strafverfahren, noch die umfassende Erfassung aller Kundendaten gegeben.

Auch komme es nicht in Betracht, dass die Klägerin die Ermittlung der auffälligen Kunden für sie übernehme, da dies für die Klägerin einen gravierenden Eingriff in ihre Rechte bedeute und dem Amtsermittlungsgrundsatz widerspreche.

Schließlich ergebe sich die Befugnis des Beklagten, die Konten einzusehen daraus, dass er die selben Rechte wie die Betriebsprüfung habe und die Konten mit einem Kassenkonto vergleichbar seien.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Klage ist begründet.

Das Auskunftsersuchen des Beklagten verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Es ist nicht von § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gedeckt, da ein hinreichender Anlass hierfür fehlt.

Bei der Überprüfung einer konkreten Tätigkeit der Steuerfahndung auf ihre Rechtmäßigkeit hin ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zwischen der Aufgabenzuweisung einerseits (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AO) und den zur Erfüllung dieser Aufgaben verliehenen Befugnissen andererseits (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO) zu unterscheiden (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 1997 VII B 45/97, BFHE 184, 266, BStBl II 1998, 231 m.w.N.). Eine konkrete Maßnahme der Steuerfahndung ist hiernach rechtmäßig, wenn sie sich im Rahmen des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten hat und ihr die in Anspruch genommene Befugnis nach dem Gesetz auch zusteht (vgl. BFH-Beschluss vom 21. März 2002 VII B 152/01, BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495).

Diesen Grundsätzen folgend, hält sich das vorliegende Auskunftsersuchen bereits nicht im Aufgabenbereich des Beklagten. Zwar hat der Beklagte sein Sammelauskunftsersuchen ausdrücklich auf § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gestützt. Hierdurch hat er zum Ausdruck gebracht, dass er nicht im Strafverfahren, sondern im Besteuerungsverfahren zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle tätig werden will. Auch umfasst die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle Nachforschungen sowohl nach unbekannten Steuerpflichtigen als auch nach bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juli 2000 VII B 28/99, BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643; Tipke/Kruse-Seer, AO, 103. Lfg., § 208, Rdnrn. 26 ff.). Allerdings darf nach der Rechtsprechung des BFH die Aufgabenerfüllung der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO erst dann einsetzen, wenn für ein Tätigwerden ein hinreichender Anlass besteht. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte (z.B. wegen der Besonderheit des Objektes oder der Höhe des Wertes) oder aufgrund allgemeiner Erfahrung (auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung bestimmter Art angezeigt ist (BFH-Beschluss vom 21. März 2002 VII B 152/01, BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495 m.w.N.).

Ein solch hinreichender Anlass für das Auskunftsersuchen ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Dem Beklagten liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Klägerin vermehrt unversteuertes Geld bar auf Cash-Kreditkartenkonten eingezahlt wurde. Vielmehr hatte der Beklagte ausschließlich Kenntnis über den geschilderten Fall und damit einen einzigen Kunden der Klägerin, der sein Cash-Kreditkartenkonto zur Einzahlung von sog. ?Schwarzgeld? nutzte. Dieser eine Fall vermag nach Überzeugung des Senats keinen hinreichenden Anlass für ein Sammelauskunftsersuchen zu begründen.

Zwar beruft sich der Beklagte im Weiteren auch auf den Erfahrungswert, dass der selbe Täterkreis die selben Zahlungswege nutzt. Doch bleibt im Unklaren, um welchen Täterkreis es sich hierbei überhaupt handeln soll. Die vom Beklagten benannte spezifische Tätergruppe der Bankkunden, die sowohl im Bereich der Kreditkarten, als auch im Computerbereich spezialisiert ist und bewusst die Grenzen des GwG ausnutzt, stellt keine abgrenzbare Tätergruppe dar. Vielmehr treffen diese Unterscheidungskriterien eine nicht konkretisierbare Gruppe von Personen aus allen Lebens- und Tätigkeitsbereichen. Auch ist das bewusste Ausnutzen der Grenzen des GwG kein geeignetes Unterscheidungskriterium, um eine Tätergruppe für ein Sammelauskunftsersuchen zu beschreiben, da eine innere Tatsache für den Auskunftspflichtigen nicht feststellbar ist. Der Beklagte bewegt sich mithin nicht im Bereich konkreter, gerichtlich überprüfbarer Erfahrungen und Tatsachenfeststellungen, sondern gründet sein Sammelauskunftsersuchen auf bloße Vermutungen.

Auch weist das Cash-Kreditkartenkonto mit der dazugehörigen Kreditkarte keine solchen Besonderheiten auf, die das Verbringen von ?Schwarzgeld? begünstigen oder erleichtern würden. Insbesondere ergeben sich keine wesentlichen Vorteile gegenüber einem Girokonto mit einer Maestro-Karte (früher EC-Karte). So kann der Bankkunde bei beiden Kontenarten über den gesamten Verfügungsrahmen, der sich aus der Summe von Guthaben und Kreditrahmen bildet, in allen Filialen der Klägerin verfügen. Dies gilt dem Grunde nach auch für alle ausländischen Filialen der Klägerin, doch stellt sich für beide Kontenarten im Ausland das Problem, dass z.B. aufgrund der Zeitverschiebung eine Legitimationsprüfung nicht möglich ist. Daneben gilt für beide Kartentypen, dass der Kunde über einen täglichen und einen wöchentlichen Höchstbetrag verfügen kann, die ggf. unterschiedliche Höhen haben. Diese Feststellungen trifft der Senat aufgrund der Ausführungen von Herrn T. im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund eigener Kenntnis über Kartenverfügungen im Ausland. Der Beklagte bewegt sich auch insoweit nicht im Bereich von Erfahrungswerten, sondern von Vermutungen. Dies belegt auch der Umstand, dass der vom Beklagten ermittelte Kunde der Klägerin seine Kreditkarte gerade nicht dafür eingesetzt hat, größere Geldbeträge ins Ausland zu verbringen.

Diese Beurteilung gilt entsprechend für den vom Beklagten angeführten Vorteil der Guthabenverzinsung. Denn nach eigener Kenntnis des Gerichts werden je nach Kreditinstitut ebenfalls Guthaben auf Girokonten verzinst, was im erhöhten Maße bei Tagesgeldkonten gilt, für die ebenfalls Bank- und Maestro-Karten ausgegeben werden.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich Cash-Kreditkartenkonten nach Überzeugung des Senats gerade nicht dazu eignen, bar eingezahlte Geldbeträge unentdeckt ins Ausland zu verbringen. Dies führt bereits der vom Beklagten ermittelte Fall vor Augen. Denn aufgrund des Umstands, dass das Cash-Kreditkartenkonto ein legitimationspflichtige Konto ist, konnte der Beklagte die Bareinzahlungen bei der Klägerin ermitteln. Die Verwendung eines legitimationspflichtigen Kontos zur Einzahlung von Schwarzgeld birgt eher die Gefahr der Enttarnung, als dass es der Verschleierung von Zahlungswegen dient.

Dies gilt entsprechend für die beiden vom Auskunftsersuchen betroffenen Transferkonten. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei den Transferkonten ausschließlich um bankinterne Konten, sozusagen um Schnittstellenkonten zur Transformation von Zahlungsvorgängen des Kassen- und Bankkontenbereichs zum Kreditkartenkonto und umgekehrt. Dieser Transferkonten bedarf es aufgrund der unterschiedlichen Systematik von Girokonto- und Kreditkartennummer. Aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge konnte der Senat feststellen, dass die Buchungen auf dem Transferkonto sich auf dem Kreditkartenkonto wiederfinden, dass also jeder auf dem Transferkonto gebuchte Zahlungsvorgang auf einem legitimationspflichtigem Konto erscheint. Die Transferkonten stellen somit lediglich eine Zusammenfassung aller Barzahlungs- und Überweisungsvorgänge von und auf alle Cash-Kreditkartenkonten der Klägerin dar.

Der vom Beklagten angeführte Umstand, dass Cash-Kreditkartenkonten bei anderen Banken nicht in der Erträgnisaufstellung aufgeführt werden, hat keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall, da dies bei der Klägerin gerade nicht der Fall ist.

Daneben widerspricht die Aufforderung der Klägerin zur Vorlage aller Barzahlungs- sowie Überweisungsvorgänge von allen ihren Cash-Kreditkartenkonten-Nutzern für die Jahre 1999 und 2000 dem Übermaßverbot. Nach der Rechtsprechung des BFH muss ein Sammelauskunftsersuchen wie jedes Verwaltungshandeln die allgemeinen rechtsstaatlichen Grenzen einhalten. Dies erfordert, dass das Auskunftsersuchen zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und, gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit, notwendig und verhältnismäßig erscheint, sowie dem Adressaten des Ersuchens die Erteilung der Auskunft möglich und zumutbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499, m.w.N.). Hieraus ergibt sich, dass Ermittlungen "ins Blaue hinein", Rasterfahndungen, Ausforschungsdurchsuchungen oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen unzulässig sind (BFH-Beschluss vom 21. März 2002 VII B 152/01, BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen stellt sich das Sammelauskunftsersuchen des Beklagten als eine der Rasterfahndung ähnliche Maßnahme dar. Rasterfahndung umschreibt eine Methode, die darin besteht, durch Anlegen bestimmter Merkmaleraster Personen oder Gegenstände aus einer großen Gruppe Gleichartiger herauszufiltern, bis sich ein konkreter Verdacht verdichtet hat (Tipke/Kruse-Seer, AO, 103. Lfg, § 208, Rdnr. 30). Wie oben dargestellt, hat der Beklagte bisher keinen hinreichenden Anlass für sein Auskunftsersuchen. Damit soll durch das Überprüfen sämtlicher Barzahlungs- und Überweisungsvorgänge aller Cash-Kreditkarten-Kunden der Klägerin erst die Behauptung des Beklagten untermauert werden, dass derartige Konten zur Verbringung vom Schwarzgeld in Ausland genutzt werden. Dies soll durch Anlegen eines durch den Beklagten noch zu spezifizierenden Rasters vermehrter Zahlungen im Bereich der Meldehöhe des GwG erfolgen.

Diese Beurteilung wird auch durch die Rechtsprechung des BFH gestützt, wonach das Fehlen einer Erheblichkeitsschwelle für eine sog. Rasterfahndung spricht (BFH-Beschluss vom 25. Juli 2000 VII B 28/99, BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643). Zwar will der Beklagte nur vermehrte Zahlungen im Bereich der Meldehöhe nach dem GwG überprüfen, er fordert jedoch alle Zahlungsvorgänge für den Zeitraum 1999 bis 2000 an. Damit drängt sich eine Einschränkung des Auskunftsersuchens hinsichtlich dieser Beträge auf, die der Beklagte hätte beziffern können. Eine solche Einschränkung hätte die Zahl der zu übermittelnden Daten erheblich reduziert und damit auch die Gefahr der Überprüfung und Verdächtigung unbescholtener Bürger verhindert, die lediglich über übliche Kleinbeträge verfügen. Dies gilt umso mehr, da auf den Transferkonten in der Regel die Namen der Auftraggeber vermerkt sind. Durch Einfügen einer solchen Erheblichkeitsschwelle hätte der Beklagte entgegen seiner Ansicht auch keine Ermittlungsarbeit auf die Klägerin abgewälzt, sondern nur die zu übermittelnden Daten reduziert bzw. eingegrenzt. Die durch den Beklagten beabsichtigte Totalerfassung aller Barzahlungsvorgänge war mithin bereits nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietAOVorschriften§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr