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22.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060038

Finanzgericht München: Urteil vom 06.07.2005 – 4 K 3290/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 4 K 3290/03
Freigabe: 25.09.2005

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache XXX

wegen Erbschaftsteuer

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung XXX
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2005 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Gründe:

Streitig ist, ob spanische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen ist (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz -ErbStG-).

I.

Die am 14. Februar 1999 verstorbene Erblasserin Frau ....................wurde aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 17. November 1995 von der Klägerin alleine beerbt. Das Erbe wurde mit verschiedenen Geldvermächtnissen, die von einem spanischen Konto zu leisten sind, belastet.

In der abgegebenen Erbschaftsteuererklärung vom 24. Februar 2000 erklärte die Klägerin das spanische Geldkonto. Die Höhe des Geldkontos sowie die Vermächtnisse wurden hierbei noch nicht benannt.

Mit Steuerbescheid vom 14. März 2000 setzte das Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin wie folgt fest:

Kapitalforderungen lt. Erklärung 144.255 DM
ausländische Kapitalforderung:
Banco de Alicante
lt. Nachlassverzeichnis 800.000 DM
abzüglich Vermächtnisse 308.773 DM
Ansatz 491.227 DM 491.227 DM
Bargeld 100 DM
Schmuck 1.000 DM
Freibetrag § 13 Abs. 1 Nr. 1 c ErbStG 1.000 DM
Ansatz 0 DM 0 DM
abzüglich Nachlassverbindlichkeiten 23.445 DM
Erbanteil: 612.137 DM
abzüglich Freibetrag 20.000 DM
steuerpflichtiger Erwerb, abgerundet 592.100 DM
Steuerklasse II, Steuersatz 22 % von 592.100 DM 130.262 DM

Im Einspruchsverfahren erklärte der steuerliche Vertreter der Klägerin, dass nach Abzug der spanischen Erbschaftsteuer 483.311,27 DM von der Bank in Alicante überwiesen worden seien. Zuvor wären in Spanien Erbschaftsteuer in Höhe von 207.565,03 DM (s. Bl. 24 ff FA-Akte) sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 27.885,28 DM bezahlt worden. Er beantragte, die spanische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, um eine Doppelbelastung der Klägerin zu vermeiden.

Der Einspruch blieb im Wesentlichen erfolglos (Einspruchsentscheidung -EE- vom 4. Juli 2003); das Finanzamt setzte jedoch die Erbschaftsteuer auf 124.500 DM (63.655,84 ?) herab, weil es die gezahlte spanische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG berücksichtigte (Bl. 47 FA-Akte).

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass sie um 31.372 ? zuviel mit Erbschaftsteuer belastet sei wegen der nicht erfolgten Anrechnung. Die Art des Vermögensgegenstands und der Ort der Hinterlegung in einem anderen Staat der EU können nicht für die Höhe der Erbschaftsteuer maßgebend sein.

Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 14. März 2000 in Gestalt der EE vom 4. Juli 2003 die Erbschaftsteuer auf 166.760 DM festzusetzen und darauf die gezahlte spanische Erbschaftsteuer in Höhe von 207.565 DM anzurechnen und den überzahlten Betrag von 61.358 DM an sie zu erstatten, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt
Klageabweisung.
Am 6. Juli 2005 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage wird verwiesen.

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Eine Anrechnung der gezahlten spanischen Erbschaftsteuer gemäß § 21 ErbStG ist, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Inländer war, nur möglich, wenn das ausländische Vermögen unter den Begriff des Inlandsvermögens nach § 121 Bewertungsgesetz (BewG) fällt (s. § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG). Dies ist der Streitsache jedoch nicht der Fall, weil Bankguthaben nicht unter das Inlandsvermögen nach § 121 BewG fallen (s. Meincke, ErbStG, 14. Aufl., § 2 Rz. 11).

Der gegenüber § 21 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG engere Auslandsvermögensbegriff, wo nur der Erwerber Inländer ist, ist sinnvoll, weil im letzteren Fall der Nachlass bereits regelmäßig in dem Staat, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte, in vollem Umfang der Besteuerung unterlag (s. Troll/Gebel/Jülicher, § 21 Rz. 73). Im Übrigen entspricht diese Differenzierung den meisten DBA (s. Troll/Gebel/Jülicher a.a.O.).

Kommt es nun wie hier zu einer Anrechnungslücke (so Troll/Gebel/Jülicher a.a.O.), weil der ausländische Staat einen weiteren Inlandsvermögensbegriff hat, so kommt es zu einer Doppelbesteuerung hinsichtlich des im Ausland belegenen Vermögensgegenstands.

Gemäß Art. 7 des spanischen Erbschaftsteuergesetzes (Ley del Impuestro sobre Sucesiones y Donaciones) sind natürliche Personen ohne gewöhnlichen Aufenthaltsort in Spanien (Art. 9), die gemäß Art. 7 Güter oder Rechte (?bienes y derechos?) jeglicher Rechtsnatur i.S. des Art. 3 erworben haben, welche sich in Spanien befinden, ausgeübt werden können oder erfüllt werden müssen, beschränkt steuerpflichtig (s. Herzig, Watrin, Walter in ZEV 2000, 473 ff). Forderungen gegenüber Personen oder Einheiten bilden spanisches Inlandsvermögen, wenn sie gemäß Art. 10 Nr. 5 Codigo Civil nach spanischem Privatrecht eingegangen worden sind und dort juristisch wirksam sind. Danach sind Bankguthaben, die bei einem in Spanien ansässigen Bankinstitut geführt werden, spanisches Vermögen i.S. des Art. 7 (s. Herzig, Watrin, Walter, a.a.O. Anm. 45).

Es ist jedoch nicht Aufgabe des deutschen Staates, auf seine Kosten andere EU-Staaten zu subventionieren. Die daraus resultierende steuerliche Mehrbelastung verstößt nach Auffassung des Senats nicht gegen EU-Gemeinschaftsrecht (vgl. auch BFH-Urteil vom 5. Mai 2004 II R 33/02, BFH/NV 2004, 1279 und Moench, § 21 Rz. 21).

2. Im Übrigen wäre eine Erstattung deutscher Erbschaftsteuer bei Anrechnung einer höheren ausländischen Erbschaftsteuer, selbst wenn § 21 ErbStG eingreifen würde, ausgeschlossen.
Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut ?anzurechnen? in § 21 ErbStG. Die gezahlte ausländische Erbschaftsteuer ist keine Vorauszahlung auf die deutsche Erbschaftsteuer (s. auch die h.M. zur Regelung des § 14 ErbStG; s. R 70 Abs. 3 Satz 5 ErbStR; BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 II R 17/00, BStBl II 2002, 1141, obwohl der dort verwendete Begriff ?abzuziehen? weniger eindeutig ist).

3. Ob ggf. im Billigkeitsweg die ausländische Erbschaftsteuer anzurechnen wäre, kann der Senat in diesem Verfahren, das allein die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung betrifft, nicht überprüfen.

4. Ob statt des Anrechnungsverfahrens die gezahlte ausländische Steuer als Nachlassverbindlichkeit, nämlich als Kosten zur Erlangung des Erwerbs (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG und nicht wie vom Finanzamt angenommen nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG), abgezogen werden kann und § 10 Abs. 8 ErbStG (kein Abzug der vom Erwerber zu entrichtenden eigenen Erbschaftsteuer) dem nicht entgegensteht (so Meincke, a.a.O., § 21 Rz. 2; § 10 Rz. 59; a.A. Kapp, § 10 Rz. 177, Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 10 Rz. 268 m.w.N.), brauchte der Senat nicht zu entscheiden, weil ihm, falls er einen Abzug verneinen würde, eine Verböserung im Finanzgerichtsverfahren verwehrt ist.

Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits, nämlich der Überprüfung der Vereinbarkeit des § 21 ErbStG mit dem EU-Recht, war die Revision zuzulassen.

RechtsgebietErbStG und EU-GemeinschaftsrechtVorschriften§ 21 ErbStG und EU-Gemeinschaftsrecht

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