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02.12.2005 · IWW-Abrufnummer 053400

Amtsgericht Wildeshausen: Urteil vom 16.11.2005 – 4 C 245/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Wildeshausen

Geschäfts-Nr.: 4 C 245/05 (I)

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

der Frau XXX
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Musch pp., Delmenhorster Str. 13,
27793 Wildeshausen, Geschäftszeichen: 475/04D27

gegen

HUK-Coburg,
Beklagte

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Muth pp., Am Wall 166/167, 28195 Bremen,
Geschäftszeichen: 9-95/2005

hat das Amtsgericht Wildeshausen im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 21.10.2005 durch den Direktor des Amtsgerichts Dr. Lauhöfer für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Gebührenansprüchen der Rechtsanwalte Musch und Delank, Delmenhorster Straße 13, 27793 Wildeshausen in Höhe von 281,48 ? freizustellen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 22.09.2004 kam es in Wildeshausen zu einem Verkehrsunfall. der allein von dem Führer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges schuldhaft verursacht und bei dem das Kraftfahrzeug der Klägerin beschädigt wurde. Am 28.09.2004 übersandten die Vertreter der Klägerin der Beklagten das Original-Schadensersatzgutachten sowie die Rechnung des Sachverständigen. Mit Schreiben vom 21.1 0.2004 forderten die Vertreter der Klägerin die Beklagte zur Zahlung der Reparaturkosten auf. Ein Gutachtennachtrag wurde der Beklagten am 16.11.2004 übersandt. In der Folgezeit kam es zu Mahnungen der Glaubigerin der Klagerin, da sich die Regulierung bei der Beklagten verzögerte. Infolgedessen waren die Vertreter der Klägerin gezwungen, die Gläubiger der Klägerin zu vertrösten und die Beklagte mehrfach schriftlich und telefonisch zur zügigeren Bearbeitung der Angelegenheit aufzufordern. Schließlich fertigten die Vertreter der Beklagten unter dem 27.12.2004 einen Klagentwurf, nachdem der Beklagten in einem Telefonat vom 13.12.2004 diese Option aufgezeigt worden war. Am 30.12.2004 beglich die Beklagte die Forderung der Klägerin. Für die Schadensregulierung berechneten die Vertreter der KIägerin bei einem Streitwert bis zu 10.000,00 ? Gebühren und Auslagen in Höhe von 1.049,57 ?, dem eine 1.8-fache Geschäftsgebühr zugrunde lag. Hierauf zahlte die Beklagte einen Betrag in Höhe von 768,09 ? unter Hinweis darauf, dass die Vergütung einer höheren als 1,3-fachen Geschäftsgebühr nicht veranlasst sei.

Die Klägerin ist der Auffassung, für die Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten sei eine 1,8-fache Geschäftsgebühr angemessen.

Sie beantragt.
die Beklagte zu verurteilen. sie von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte Musch und Delank, Delmenhorster Straße 13, 27793 Wildeshausen in Höhe von 281,88 ? freizustellen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie steht auf dem Standpunkt, eine Überschreitung der 1,3-fachen Geschäftsgebühr sei nicht gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsatze der Parteien und der von ihnen überreichten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist weitestgehend begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Freistellungsanspruch in Höhe von 281,48 ? gemäß § 257 BGB, § 3 Ziffer 1 PflVG i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG gegen die Beklagte zu. Denn der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Ansatz gebrachte Gebührensatz ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG. bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1, ausweislich dessen gemäß Nr. 2400 u.a. für das Betreiben eines Geschäfts einschließlich der Information eine Geschäftsgebühr von 0,5 bis 2,5 in Ansatz gebracht werden kann. Die Geschäftsgebühr ist danach sowohl eine Pausch- als auch eine Rahmengebühr im Sinne von § 14 RVG (Hartmann, Kostengesetze, 34. A., VV 2400 Rn. 4, 23). Die Mittelgebühr (d.h. die Mitte des Rahmens) beträgt demnach unter Zugrundelegung der Gebührenspalte das 1,5-fache. Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen, vor allem u.a. nach dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, wobei gemäß der amtlichen Anmerkung :zu Nr. 2400 eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann. wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, wobei ein Fall der Unbilligkeit erst dann anzunehmen ist. wenn eine Abweichung von mehr 20 % vorliegt (OLG Koblenz NJW 2005. 917. 918 m.w.N.). Die Einholung eines hierauf gerichteten Gutachtens im Sinne von § 14 Abs. 2 RVG ist dabei jedoch nicht angezeigt, da § 14 RVG nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Auftraggeber betrifft (Hartmann, Kostengesetze, 34. A, § 14 Rn., 29 a. E.). Infolgedessen kam es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die gerichtlich zu beurteilende Frage an, ob die von den Vertretern der Klägerin entfalteten Tätigkeiten umfangreich oder schwierig waren. um eine das 1,3-fache übersteigende Geschäftsgebühr zu rechtfertigen. Dabei war allerdings im Grundsatz davon auszugehen, dass dort, wo unter Zugrunderegung der Rechtslage vor dem 01.07.2004 eine Mittelgebühr von 7,5/10 in Rechnung gestellt werden konnte, heute eine Gebühr von 1,3 zu gewähren ist (Schons, NJW 2005. 1024, 1025 m.w.N.). Demzufolge bedurfte es auch nicht der Feststellung einer besonders umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit (Hartmann, Kostengesetze, 34. A, VV 2400 Rn. 26).

Vor diesem Hintergrund wich die von den Vertretern der Klägerin entfaltete Tätigkeit von den durchschnittlichen Regulierungsbemühungen eines Rechtsanwalts in außergerichtlichen Verkehrsunfallsachen ab. Hierbei war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte für sich eine nicht nachvollziehbar lange Bearbeitungszeit in Anspruch nahm, was wiederum zur Folge hatte, dass die Vertreter der Klägerin die Gläubiger der Klägerin vertrösten und die Beklagte mehrfach schriftlich und telefonisch zur zügigeren Bearbeitung der Angelegenheit auffordern mussten und schließlich auch den Entwurf einer Klage fertigten. Diese Tätigkeiten stellten jedoch Abweichungen von den durchschnittlich zu erwartenden Regulierungsbemühungen eines Rechtsanwalts dar, deren Vermeidung die Beklagte im übrigen selbst in der Hand hatte, wenn sie eine zügigere oder auch nur verbindlichere Schadensbearbeitung gewährleistet hätte. Insofern erwiesen sich die von den Vertretern der Klägerin entfalteten Regulierungsbemühungen als den normalen Rahmen übersteigend und damit als umfangreich.

Allerdings rechtfertigten die von den Vertretern der Klägerin entfalteten Regulierungsbemühungen lediglich eine Erhöhung auf die Mittelgebühr in Höhe des 1,5-fachen, so dass unter Berücksichtigung der Auslagen ein Rechnungsvolumen in Höhe von 880,84 ? angemessen gewesen wäre. Dieses Volumen haben die Vertreter der Klägerin allerdings um 168,73 ? überschritten. Gleichwohl war diese Überschreitung gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG von der Beklagten als verbindlich hinzunehmen, da sie 20 % nicht überstieg. Infolgedessen war die Klägerin von der noch ausstehenden Differenz zwischen der Gebührenforderung in Höhe von 1.049.57 ? und der bereits erfolgten Versicherungsleistung in Höhe von 768,09 ?, d.h. in Höhe eines Betrages von 281,48 ? freizustellen. Insoweit war die Klage daher begründet, im übrigen hingegen unbegründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den Bestimmungen der §§ 91. 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2400 VV RVG, § 14 RVG

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