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16.11.2005 · IWW-Abrufnummer 053207

Amtsgericht Lübeck: Urteil vom 12.09.2005 – 24 C 3901/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

XXX
- Kläger -
Prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte Dr. Klohs, Dr.Lemke & Partner Am Burgfeld 41 23568 Lübeck, AZ: 682/04B07

gegen

R+V Allgemeine Versicherung AG
vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Bernhard Meyer Voltastraße 84, 60486 Frankfurt ,AZ: 560-KH-04-796375-9
- Beklagte ?

Prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte Rocke & Partner Amsinckstraße 39-41, 20097 Hamburg. AZ: 3061/04i Ro/ps

hat das Amtsgericht Lübeck, Abteilung 24
durch die Richterin Dr. Kremer-Bax
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO,
in dem Schriftsätze eingereicht werden konnten bis zum 27. Juli 2005,
am 12. 09. 2005

für R e c h t erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 525,25 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Auf die Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß §§ 7, 17 StVG, 3 Nr. 1 PflVG noch ein Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes aus dem Verkehrsunfall vom 28.9.2004 in Höhe von 525,25 ? für außergerichtlich nicht erstattete Rechtsanwaltsgebühren zu.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich an seine Prozessbevollmächtigten bereits vollständige Zahlung geleistet hat, was beklagtenseits bestritten wird. Denn der Freistellungsanspruch des Klägers hat sich jedenfalls in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, nachdem die Beklagte einen weiteren Schadensersatz ernsthaft und endgültig durch ihr Schreiben vom 11.11.2004 ebenso wie im gesamten Verlauf des Rechtsstreits verweigert hat und die Klägerin Geldersatz fordert (vgl. dazu BGH NJW 2004, 1168 ff). Der FreisteIlungsanspruch der Klägerin ist gemäß §§ 249 Abs. 2, 251, 250 Satz 2 BGB in einen Zahlungsanspruch übergegangen.

Nach § 2496GB hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Rechtsverfolgungskosten. Diese belaufen sich auf insgesamt 1.205,01 ?. Abzüglich der Zahlung der Beklagten von 679,76 ? bleibt der von dem Kläger begehrte Betrag von 525,25 ? offen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat zu Recht gemäß Nr. 2400 VV RVG eine Regelgebühr von 1,8 in Höhe von 1.018,80 ? zuzüglich Pauschale für Post- und Telekommunikation in Höhe von 20,00 ? und Umsatzsteuer in Ansatz gebracht.

Das Gericht ist der Ansicht, dass bei durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad und durchschnittlichem Aufwand für den bearbeitenden Rechtsanwalt hinsichtlich der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses, Anlage 1 RVG, die Regelgebühr von 1,3 anzusetzen ist. Dies ergibt sich insbesondere aus der Begründung zum Gesetzentwurf. Dabei ist die Mittelgebühr bei einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 bis 1,5 anzusetzen. Wenn Umfang und Schwierigkeit der Sache nur von durchschnittlicher Natur sind, verbleibt es bei der Regelgebühr von 1,3. Wenn aber die Tätigkeit umfangreich oder schwieriger war, kann der Rechtsanwalt eine Gebühr von mehr als 1,3 fordern.

Das Gericht kommt hier mit dem Gutachten der Schleswig-Holsteinischen Anwaltskammer vom 19.5.2005 zu dem Ergebnis, dass die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgenommene Gebührenbestimmung nach den §§ 13, 14 RVG, Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 1,8 nicht als unbillig angesehen werden kann. Denn nach dem Gutachten war die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, nachdem sich während der Reparatur eine Überschreitung des Wiederbeschaffungswertes durch die Reparaturkosten und die Prüfung der damit verbundenen Rechtsfragen ergeben hatte, als überdurchschnittlich zu qualifizieren. Des weiteren kommt das Gutachten der Rechtsanwaltskammer zu der Bewertung, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger in Anbetracht der Höhe des Schadens, der mehr als der vierfache Betrag eines Netto-Monatsgehaltes des Klägers ausmachte. als überdurchschnittlich zu bewerten sei. Schließlich seien auch die Einkommens~ und Vermögensverhältnisse des Auftragsgebers, mit monatlich 3.000,00 ? als überdurchschnittlich zu bewerten. Vor diesem Hintergrund sei die Überschreitung der sogenannten "Schwellengebuhr" von 1,3, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die anwaltliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers schwierig gewesen sei, gerechtfertigt.

Diesen überzeugenden Ausführungen in dem Gutachten der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer folgt das Gericht und macht sich diese zu eigen.

Unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers kann die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgenommene Gebührenbestimmung nicht als unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG angesehen werden. Die Beklagte ist mithin verpflichtet, an den Kläger restliche Anwaltsgebühren in Höhe von 525,25 ? zu zahlen.

Der Anspruch auf Verzugszinsen beruht auf §§ 280, 286, 288,291,247 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 713ZPO.

Die Berufung wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Der vorliegende Rechtsstreit hat keine grundlegende Bedeutung und keine entscheidungserheblichen ungeklärten Rechtsfragen, die einer einheitlichen Rechtsprechung zugeführt werden müssten. Das Urteil beruht vielmehr auf einer Bewertung des Einzelfalls in Anwendung des § 14 RVG.

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHE RECHTSANWALTS KAMMER
DER VORSTAND

24 C 3901/04

In dem Rechtsstreit

XXX

gegen

R+V Allgemeine Versicherung AG

erstattet der Vorstand der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer das nachstehende Gutachten:

I. Auftrag

Das Amtsgericht Lübeck hat durch Beschluss vom 02.03.2005 angeordnet, dass Beweis erhoben werden soll durch Einholung eines schriftlichen Gutachten des Vorstandes der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer über folgende Fragen:

1. Ist der von den Prozessbevollmächtigten des Klägers außergerichtlich für diesen bearbeitete Regulierungsvorgang hinsichtlich des Verkehrsunfalls vom 28.09.2004 als im Rahmen anwaltlicher Praxis durchschnittlich umfangreich und schwierig einzustufen oder liegen Umfang und/oder Schwierigkeitsgrad über bzw. unter dem Durchschnitt?

2. Soweit kein durchschnittlicher Fall vorliegt, welcher Gebührensatz ist für die Rahmengebühr nach Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses, Anlage 1 zum RVG, (Geschäftsgebühr) als angemessen anzusehen, wenn zugrunde gelegt wird, dass für den durchschnittlichen Fall eine Gebühr in Höhe von 1,3 anzusetzen ist?

Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Aufgabe dieses Gutachtens nicht die Überprüfung der Richtigkeit der Gebührenhöhe sein kann und darf, sondern nur deren Billigkeit oder Unbilligkeit.

II. Sachverhalt

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers waren von diesem beauftragt, für ihn ein Verkehrsunfallereignis vom 28.09.2004 zu regulieren. In diesem Zusammenhang korrespondierten die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Beklagten und machten für den Kläger zunächst einen Gesamtschaden in Höhe von 6.837,23 ? geltend. Im Zuge der Reparaturdurchführung an dem Pkw des Klägers ergab sich eine erhebliche Erhöhung des Reparaturumfanges an dem klägerischen Fahrzeug von ursprünglich 6.175,22 ? auf nunmehr 11.995,27 ?, so dass sich der Gesamtschaden des Klägers auf 13.318,10 ? belief. In diesem Zusammenhang musste der bereits mit der Ermittlung des ursprünglichen Schadens betraute Sachverständige mit der Erstellung eines Nachtragsgutachtens beauftragt werden. Der Fahrzeugschaden von brutto 11.695,27 ? lag über dem im Gutachten enthaltenen Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges. Insoweit musste nach Angaben der Prozessbevollmächtigten desKlägers die Frage überprüft werden, ob sich die Reparaturkosten noch im Rahmen der sog. Opfergrenze bewegten.

Die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers angelegte Handakte beginnt mit dem unter dem 29.09.2004 ausgefüllten Fragebogen für Anspruchsteller und endet unter dem 05.11.2004 mit der Übermittlung der Kostenrechnung an die Beklagte für die durchgeführte Schadenregulierung. Diese beinhaltet nach den §§ 13, 14 RVG, Nr. 2400 VV RVG eine 1,8 Gebühr nach diesen Vorschriften in Höhe von 1.018,80 ?. Die Prozess bevollmächtigten des Klägers sind der Auffassung, dass die Schadenregulierung von überdurchschnittlicher Schwierigkeit gewesen sei.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers werden mit 3.000,00 ? netto monatlich angegeben. Durch die Höhe des Sachschadens von 13.307,56 ? sei die Angelegenheit von besonderer Bedeutung für den Kläger gewesen.

III. Gutachten

Das RVG unterscheidet zwei Arten von Rahmengebühren, nämlich Betragsrahmen und Satzrahmengebühren.

Anders als bei den Festgebühren bestimmt das Gesetz hier nicht die endgültige Höhe der Gebühr, sondern nur die untere und obere Grenze des Gebührenrahmens (Mindestsatz und Höchstsatz).

Innerhalb dieser Grenze bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (§ 14 I 1). Neu ist, dass ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei der Bemessung herangezogen werden kann (vgl. Bischof / Jungbauer / Podlech / Trappmann, RVG § 14 Rdnr. 3, 4).

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit muss nach Durchsicht der Handakte der Prozessbevollmächtigten des Klägers als durchschnittlich angesehen werden.

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit muss, nachdem sich während der Reparatur eine Überschreitung des Wiederbeschaffungswertes durch die Reparaturkosten und die Prüfung der damit verbundenen Rechtsfragen ergeben hat, als überdurchschnittlich qualifiziert werden.

Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger ist in Anbetracht der Höhe des Schadens - mehr als der vierfache Betrag eines Netto-Monatsgehaltes des Klägers - als überdurchschnittlich zu bewerten.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, die mit 3.000,00 ? netto monatlich angegeben werden, sind als überdurchschnittlich zu bewerten,

Nachdem vorstehend bereits festgestellt wurde, dass die anwaltliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten schwierig gewesen ist, ist die Überschreitung der sog. Schwellengebühr von 1,3 (Nr. 2400 VV RVG) gerechtfertigt.

Zusammenfassend wird danach festgestellt, dass die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgenommene Gebührenbestimmung nicht als unbillig angesehen werden kann.

Die Gerichtsakte 24 C 3901/04, AG Lübeck, liegt wieder an.

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2400 VV RVG

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