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07.11.2005 · IWW-Abrufnummer 053143

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 03.08.2005 – 2 K 342/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggf. in welchem Umfang Altenteilleistungen gemäß § 10 Einkommensteuergesetz (EStG) als Sonderausgabe abziehbar sind.

Durch Übergabe ? Altenteils- und Abfindungsvertrag vom November 2001 übertrug die zum Zeitpunkt der Übertragung 58-jährige Mutter des Klägers mit Wirkung zum 1. September 2001 ihren Grundbesitz in X an ihren Sohn.

In § 4 des Übergabeertrages verpflichtete sich der Kläger dazu, seiner Mutter ein lebenslanges Wohnrecht einzuräumen sowie Instandhaltung, Schönheitsreparaturen, Wasserversorgung, Müllentsorgung und Abwasserentsorgung für die vom Wohnrecht umfassten Räumlichkeiten zu tragen. Die Altenteilerwohnung befand sich im Erdgeschoss, die Kläger wohnten im (ausgebauten) Dachgeschoss.
Bereits im Oktober 2001 ließ der Kläger die alten Holzfenster des übergebenen Objekts gegen neue Kunststofffenster austauschen. Ihm entstanden hierdurch Aufwendungen für die mit dem Wohnrecht belasteten Räumlichkeiten in Höhe von 7.860 DM. Die Holzfenster waren zum Zeitpunkt der Übergabe ca. 30 ? 40 Jahre alt und mit einer Einfachverglasung ausgestattet. Die bis zum Austausch der Fenster vorhandenen Dichtungs- und Beschlagsysteme waren an einigen der ausgetauschten Fenster defekt.

In der Einkommensteuererklärung 2001 beantragten die Kläger den Abzug von ca. 11.000 DM als Sonderausgabe. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für den Austausch der Fenster nicht zum Abzug an.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, die Aufwendungen für den Einbau der Fenster seien gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als dauernde Lasten abziehbar. Im Übergabevertrag sei verbindlich geregelt, dass der Kläger auch die Aufwendungen für die ausgetauschten Fenster zu tragen haben. § 4 des Übergabevertrages regele verbindlich eine Übernahmeverpflichtung der Aufwendungen für Instandhaltung, Schönheitsreparaturen, Wasserversorgung, Müllentsorgung und Abwasserentsorgung durch den Kläger. Überdies sei der jährliche Wert der Altenteilsleistungen mit immerhin 14.400 DM veranschlagt worden. Die Fenster hätten zudem nicht zu einem Herstellungsaufwand, sondern zu einem Erhaltungsaufwand geführt.

Die Kläger beantragen,

zusätzliche Aufwendungen i.H.v. 7.860,16 DM zum Abzug als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und ist weiterhin der Auffassung, die Aufwendungen seien nicht als Sonderausgaben abziehbar. Der Vertrag regele die Übernahmeverpflichtung nicht hinreichend deutlich. Die mit dem Übergabevertrag vom November rückdatierte Übergabe zum 1. September 2001 und die Fenstererneuerung gemäß Rechnung vom Oktober 2001 lägen zeitlich unmittelbar hintereinander. Da die Maßnahme zum Übergabetag bereits vorhersehbar oder sogar abgeschlossen war, hätte sie aber, so dass Finanzamt, im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden können und müssen. Überdies sei nach dem BFH-Urteil vom 15.03.2000 (BFH/NV 2000, 1089) Aufwendungen auf das übernommene Grundstück in Abgrenzung zum offenkundig eigenen Interesse nur abziehbar, wenn sich der Übernehmer hierzu im Übergabevertrag, dem Übergeber gegenüber klar und eindeutig verpflichtet habe. Daran fehle es hier gerade.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat zu Recht den Abzug der Aufwendungen für den Einbau der neuen Fenster versagt.

1. Der Kläger hat sich im Übergabevertrag nicht eindeutig und klar gegenüber dem Übergeber dazu verpflichtet, die Aufwendungen für den Austausch der Fenster zu tragen. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende dauernde Lasten zwar abziehbar. Aufwendungen des Eigentümers/Übernehmers auf ein im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übernommene Gebäude sind aber --auch wenn sie tatsächlich die Altenteilswohnung betreffen-- nicht zuletzt wegen des offenkundigen Interesses des Eigentümers an Modernisierungsmaßnahmen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a) EStG als dauernde Last nur abziehbar, wenn sich der Übernehmer hierzu im Übergabevertrag eindeutig und klar gegenüber dem Übergeber verpflichtet hat (BFH vom 25.08.1999, X R 38/95, BStBl. II 2000, 21). Auch die steuerrechtliche Anerkennung eines Übergabevertrages als solchen setzt unter nahen Angehörigen voraus, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten im Übergabevertrag klar und eindeutig vereinbart sind (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 28. April 1987, IX R 40/81, BFH/NV 1987, 712; in BFH/NV 1994, 704; in BFH/NV 1998, 1467). Der rechtliche Mindestbestand, der den Vertragstypus prägenden Rechtsfolgen muss zu Beginn des Rechtsverhältnisses festgelegt sein und die geschuldeten Leistungen müssen vereinbarungsgemäß erbracht werden (z.B. BFH-Urteil vom 14. Juli 1993, X R 54/91, BFHE 172, 324, BStBl II 1994, 19). Insoweit besteht eine Vermutung dafür, dass die Partner eines Übergabevertrages ihre beiderseitigen Rechte umfassend und abschließend umschrieben haben.

a) Aus dem Übergabevertrag ergibt sich indes keine Verpflichtung zur Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen. Nach § 133 BGB ist bei Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Außerdem sind nach § 157 BGB Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Verboten ist damit die Buchstabeninterpretation; geboten die Berücksichtigung u.a. des sprachlichen Zusammenhangs der abgegebenen Willenserklärungen, die Stellung der auslegungsbedürftigen Formulierung im Gesamtzusammenhang des Textes und sämtliche Begleitumstände. Im Streitfall ist weder aus dem erklärten Vertragsinhalt noch aus der Rechtsnatur des Altenteilsvertrages eine Verpflichtung zur Übernahme der geltend gemachten Aufwendungen zu entnehmen. Im Übergabevertrag haben die Beteiligten im Rahmen eines ?Übergabe-Altenteils- und Abfindungsvertrages? ein ?freies Wohnungsrecht? vereinbart, welches gem. § 4 des Vertrages ins Grundbuch, eingetragen werden sollte. Da der Kläger nach dem Wortlaut des Vertrages neben sonstigen Verpflichtungen lediglich Aufwendungen für ?Instandhaltung? sowie ?Schönheitsreparaturen? zu tragen hatte, ergibt sich auf dem Vertrag gerade keine klare und eindeutige Verpflichtung zur Übernahme außergewöhnlicher Aufwendungen. Unter ?Instandhaltung? ist die Erhaltung der Sache zu verstehen, nicht hingegen eine Verbesserung oder Substanzerneuerung. Die Maßnahme des Klägers führte indes zu einer Verbesserung des mit dem Wohnrecht belasteten Gebäudes gegenüber dem im Zeitpunkt der Vermögensübergabe bestehenden Zustand und ist daher nicht unter den Begriff der Instandhaltung zu subsumieren. Für die Annahme, dass nicht nur die der Erhaltung des bei Übergabe vertragsgemäßen Zustandes dienenden Instandhaltungsaufwendungen dem Kläger obliegen, sondern dieser den Wohnungsberechtigten gegenüber zur Vornahme außergewöhnlicher Verbesserungsmaßnahmen verpflichtet sein solle, mit der Folge, dass diese selbst gegen den Willen des Klägers deren Durchführung auf Kosten des Klägers verlangen könnten, fehlt nach dem Erklärungsinhalt des Vertrages hingegen jeder Anhaltspunkt. Dafür spricht auch, dass die Notwendigkeit des später durchgeführten Fensteraustausches zum Zeitpunkt der Vermögensübergabe (1. September 2001) bereits absehbar war bzw. dass die Maßnahme zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung (November 2001) bereits durchgeführt worden war. Die Beteiligten hätten eine Verpflichtung zur Übernahme substanzverbessender Aufwendungen daher ohne Weiteres in den Übergabevertrag aufnehmen können.

b) Die streitigen Aufwendungen für den Austausch der Fenster führten vielmehr zu außergewöhnlichen Verbesserungsmaßnahmen, zu deren Übernahme sich der Kläger nicht klar und eindeutig verpflichtet hat. Denn durch den Austausch der Fenster hat der Kläger den Zustand der übergebenen Wohnung über den bei Übergabe vorhandenen Zustand hinaus verbessert. Damit liegt keine gewöhnliche Unterhaltung der Sache i.S.v. § 1041 BGB vor (vgl. auch Wegmann in Bamberger/Roth, BGB, § 1041 Rn. 4). Der Wohnungsberechtigte muss indes aufgrund der Verweisung in § 1093 BGB auf § 1041 BGB ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung Ausbesserungen und Erneuerungen (nur) insoweit tragen, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Zu außergewöhnlichen Verbesserungsmaßnahmen ist der Wohnungsberechtigte nach der gesetzlichen Regel nicht verpflichtet; vom Eigentümer kann er Aufwendungsersatz nur bei ausdrücklicher schuldrechtlicher Verpflichtung verlangen (z.B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Aufl., § 1041 Rz. 2, m.w.N.). Im inhaltlichen Zusammenhang mit der Einräumung des Wohnungsrechts wurde im Übergabevertrag aber lediglich vereinbart, dass der Kläger und nicht die Altenteilsberechtigte die Kosten für einzeln aufgezählte Nebenkosten, die typischerweise mit der Ausübung des Wohnungsrechts verbunden sind wie für Heizung, Wasser, Abwasser etc., sowie die Aufwendungen für "Instandhaltung, Schönheitsreparaturen" etc. zu tragen hat. Die Beteiligten haben keine Verpflichtung zur Verbesserung des Zustandes der Altenteilerwohnung geregelt (s.o. unter a). Bei Verbesserung des Zustands der Altenteilerwohnung über den Zustand im Zeitpunkt der Vermögensübergabe liegt aber eine außergewöhnliche Verbesserungsmaßnahme vor, zu der der Kläger nicht verpflichtet war.

c) Für diese Auslegung des Vertrages spricht auch die von den Vertragsbeteiligten vorgenommene Bezifferung des Jahreswertes des Wohnungsrechts einschließlich der damit zusammenhängenden Aufwendungen mit nur 14.400 DM. Setzt man nämlich wie im Übergabevertrag angegeben 3.600 DM/Jahr als Baraltenteil, ca. 4.450 DM/Jahr für Beköstigung, ca. 990 DM/Jahr für Strom und 660 DM/Jahr für Müll/Abwasser an, verbleiben für den Mietwert der genutzten Wohnung lediglich ca. 4.700 DM. Dies entspräche bei einer Wohnungsgröße von ca. 98 qm einer monatlichen Miete von ca. 390 DM und damit von nicht einmal 4 DM/qm. Ein monatlicher Mietwert von nur 4 DM/qm erscheint indes, wenn überhaupt, als absolute Untergrenze. Die Beteiligten konnten jedenfalls bei einem Wert von 14.400 DM nicht annehmen, dass zusätzlich zu den ausdrücklich genannten Aufwendungen noch größere Instandhaltungsaufwendungen der hier vorliegenden Art vom Kläger übernommen werden.

d) Eine (besondere) Verpflichtung zur Übernahme der Instandhaltungsaufwendungen ist schließlich auch nicht aus der Rechtsnatur eines Altenteilsvertrages zu entnehmen (BFH vom 25.08.1999, a.a.O.).

e) Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten war im Streitfall die Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen zu Herstellungskosten irrelevant. Maßgeblich war vielmehr, dass keine klare und eindeutige Verpflichtung zur Übernahme außergewöhnlicher Aufwendungen vorlag.

f) Es war schließlich auch nicht geboten, den den Altenteilervertrag beurkundenden Notar oder den Rechtsanwalt, der den Kläger bei Abschluss des Übergabevertrages beraten hat, als Zeugen zu hören. Selbst wenn diese nämlich bestätigt hätten, dass auch die Übernahme der Aufwendungen für außergewöhnliche Aufwendungen von den Beteiligten gewollte gewesen wäre, wäre das Erfordernis der klaren und eindeutigen Vereinbarung zur Kostenübernahme nämlich im Altenteilervertrag nicht erfüllt gewesen. Ein solcher Wille hat nämlich im Altenteilervertrag keinen Niederschlag gefunden. Für das Erfordernis der klaren und eindeutigen Vereinbarung ist aber nicht maßgeblich, welche Absicht der Vertragspartner hatte, sondern, ob diese Absicht Niederschlag im Übergabevertrag findet. Dies ist hier nicht der Fall (siehe unter 1 a) ? b)).

2. Die Kostenfolge beruht auf § 135 FGO.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG

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