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09.11.2005 · IWW-Abrufnummer 053127

Verwaltungsgericht Aachen: Urteil vom 31.08.2005 – 6 K 1236/03

Vergehen beim Abschleppen eines verkehrswidrig abgestellten KFZ-Anhänger zwischen der Feststellung des ordnungswidrigen Zustandes und dem behördlichen Einschreiten vier Stunden, ohne dass zuvor die tatsächliche Situation noch einmal überprüft worden ist, so fällt es in den Verantwortungsbereich der Behörde, wenn die Abschleppmaßnahme aus tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann und durch eine überflüssige Leerfahrt vermeidbare Kosten anfallen.


Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 18. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des M. des Kreises B. vom 8. Mai 2003 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

T a t b e s t a n d:

Der Kläger ist Halter des Kfz-Anhängers mit dem amtlichen Kennzeichen B1. - F. 0000. Diesen Anhänger stellte er eigenen Angaben zufolge am Abend des 25. Oktober 2001 gegen 21.00 Uhr beladen mit einem Schrottfahrzeug (Pkw Opel Kadett) auf einem unbefestigten Seitenstreifen der Straße "B. O. C. " in B1. ab. Hinter dem Anhänger des Klägers war ein weiterer Anhänger, beladen mit einem ebenfalls nicht angemeldeten Fahrzeug (Pkw Ford), abgestellt.

Am 26. Oktober 2001 stellte ein Außendienstmitarbeiter des Beklagten die abgestellten KFZ-Anhänger fest. Um 13.06 Uhr des gleichen Tages beauftragte der Beklagte einen Abschleppdienst, die beiden Fahrzeuganhänger abzuschleppen und auf das Betriebsgelände des Abschleppunternehmers zu verbringen. Der in der Folgezeit unternommene Abschleppversuch schlug jedoch fehl, weil beide Anhänger zugeparkt waren.

Mit Rechnung vom 5. November 2001 stellte das Abschleppunternehmen dem Beklagten für die erfolglose Anfahrt Kosten in Höhe von 197,20 DM in Rechnung.

Mit Leistungsbescheid vom 6. Dezember 2001 forderte der Beklagte den Kläger zur Zahlung der Hälfte der ihm von dem Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten und an dieses gezahlten Kosten in Höhe von 98,60 DM auf und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 120,-- DM fest. Zur Begründung wies er darauf hin, dass am 26. Oktober 2001 um 12.44 Uhr festgestellt worden sei, dass auf dem im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten KFZ-Anhänger des Klägers ein Schrottfahrzeug aufgeladen gewesen sei, von dessen Zustand eine erhebliche Gefahr ausgegangen sei. Insbesondere habe die Gefahr bestanden, dass spielende Kinder in den Pkw klettern und sich dabei verletzen könnten. Da in allernächster Zeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen gewesen sei, sei ein sofortiges Handeln ohne vorausgehende Ordnungsverfügung erforderlich und damit die Anordnung der Abschleppmaßnahme rechtmäßig gewesen.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 3. Januar 2002 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er darauf verwies, dass der Anhänger nur für wenige Stunden am Rande des Ortsteils B1. -T. abgestellt gewesen sei, wo regelmäßig kein Fußgängerverkehr stattfinde. Eine besondere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sei von dem Anhänger nicht ausgegangen. Im Übrigen habe der Kläger ohne weiteres als Halter ermittelt und zur fraglichen Zeit sofort erreicht werden können.

Mit Bescheid vom 18. September 2002 änderte der Beklagte seinen Leistungsbescheid vom 6. Dezember 2001 hinsichtlich der zeitlichen Angaben zu den Feststellungen des mit dem Abschleppvorgang betrauten städtischen Bediensteten ab. Zur Begründung wies er nunmehr darauf hin, der städtische Mitarbeiter habe am 26. Oktober 2001 bereits um 9.15 Uhr festgestellt, dass der Anhänger des Klägers im fraglichen Bereich abgestellt gewesen sei. Um 13.06 Uhr desselben Tages habe er das Abschleppunternehmen benachrichtigt. Die vom Kläger zu tragenden Abschleppkosten beliefen sich auf 50,41 EUR. Zudem werde eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 61,35 EUR festgesetzt. Der Leistungsbescheid vom 6. Dezember 2001 werde aufgrund irrtümlich angegebener Daten aufgehoben.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 25. September 2002 Widerspruch ein, den der M. des Kreises B. mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2003, dem Kläger zugestellt am 16. Mai 2003, als unbegründet zurückwies. Zur Begründung wies er darauf hin, dass von dem auf dem Anhänger befindlichen Schrottfahrzeug eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgegangen sei. Es entspreche der täglichen Erfahrung, dass Fahrzeugwracks beliebte Spielobjekte insbesondere für kleinere Kinder seien. Diese hätten sich an den scharfen, durch Öl und Rost verschmutzten Kanten gefährliche Verletzungen zuziehen können. Die Anordnung der Abschleppmaßnahme im Sofortvollzug sei daher zu Recht ergangen.

Der Kläger hat am 16. Juni 2003 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Ergänzend weist er darauf hin, dass offene Kfz-Anhänger typischerweise für die Verbringung von Fahrzeugen, insbesondere von defekten bzw. ausgeschlachteten Fahrzeugen, konstruiert und hergestellt würden. Mit dieser Funktion seien sie für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Weshalb von dem Zustand des abgemeldeten Fahrzeuges eine gegenwärtige Gefahr ausgegangen sein solle, sei nicht nachvollziehbar. Alle Öle bzw. Betriebsmittel seien entleert gewesen. Das Fahrzeug sei im Übrigen ausgeschlachtet gewesen. Es habe über keine funktionierende Lenkung, Achsen, Bremsen etc. mehr verfügt. Es sei daher für Kinder nicht von spielerischem Interesse gewesen. Überdies habe der Kläger vor der Beauftragung des Abschleppunternehmens benachrichtigt werden müssen. Spätestens um 12.55 Uhr am fraglichen Tag sei seine Haltereigenschaft bekannt gewesen. Er hätte den Anhänger sofort wegsetzen können. Schließlich werde bestritten, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um notwendige Kosten der Ersatzvornahme handele. Die Kosten stünden in keinem Verhältnis zum betriebenen Aufwand. Es sei auch fraglich, ob das beteiligte Abschleppunternehmen für derartige Abschleppmaßnahmen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Ausschreibung den Zuschlag erhalten habe.

Der Kläger beantragt,
den Leistungsbescheid des Beklagten vom 18. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des M. des Kreises B. vom 8. Mai 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages bezieht er sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Ergänzend weist er darauf hin, dass gerade alte, ausrangierte Fahrzeuge erfahrungsgemäß für Kinder von besonderem Interesse seien und diese zur näheren Besichtigung verleiteten. Vorliegend habe eine hohe Verletzungsgefahr bestanden. Dem Fahrzeug habe sowohl die Abdeckung des Kofferraums als auch die Motorhaube inklusive Motor gefehlt. Ein dort spielendes Kind hätte sich an scharfen und teilweise auch verrosteten Ecken und Kanten verletzen können. Weiterhin seien die offenliegenden Kabel auch nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen, sodass hier ebenfalls eine hohe Gefahrenquelle festzustellen gewesen sei.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2005 zu den Umständen der Anordnung der Abschleppmaßnahme Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K. und N.. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des M. des Kreises B. (jeweils 1 Heft) Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 18. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des M. des Kreises B. vom 8. Mai 2003 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Dem Beklagten steht der mit dem angefochtenen Leistungsbescheid geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Hälfte der ihm von der Vertragsfirma in Rechnung gestellten und an diese gezahlten Leerfahrtkosten in Höhe von 50,41 EUR gegen den Kläger nicht zu (dazu unter 1.). Der angefochtene Leistungsbescheid ist zudem auch in Bezug auf die Festsetzung von Verwaltungsgebühren in Höhe von 61,35 EUR rechtswidrig (dazu unter 2.).

1. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten kommt allein § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz (KostO NRW) i.V.m. §§ 77 Abs. 1, 59, 57 Abs. 1 Nr. 1, 55 Abs. 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (VwVG NRW) i.V.m. § 14 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG NRW) in Betracht.

Nach den vorgenannten Vorschriften kann die Ordnungsbehörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Die Ordnungsbehörde kann insbesondere einen Dritten auf Kosten des Betroffenen mit der Vornahme einer zur Gefahrenabwehr erforderlichen Handlung beauftragen oder auf Kosten des Betroffenen die Handlung selbst ausführen, wenn dieser seine Verpflichtung zu der entsprechenden Handlung nicht erfüllt. Bei der angeordneten Abschleppmaßnahme handelt es sich um eine Ersatzvornahme im Sinne der vorgenannten Vorschriften.

Ob die in § 14 Abs. 1 OBG NRW i.V.m. § 55 Abs. 2 VwVG NRW als Voraussetzung für das ordnungsbehördliche Eingreifen vorgesehene gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vorlag, kann hier dahinstehen. Denn die fragliche Abschleppanordnung verstieß ungeachtet des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für ein ordnungsbehördliches Einschreiten im Sofortvollzug gegen den aus dem Verfassungsrecht (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) folgenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er in § 15 OBG NRW und § 58 VwVG NRW seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden hat.

Der Erstattungspflicht steht zunächst zwar nicht grundsätzlich entgegen, dass die angeordnete Abschleppmaßnahme nicht zu Ende geführt worden ist. Denn die Kostenerstattungspflicht gemäß § 77 VwVG NRW i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KostO NRW umfasst auch die Kosten, die durch die Anordnung und Einleitung der Ersatzvornahme entstehen,

vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 28. November 2000 - 5 A 2625/00 -, NJW 2001, 2035, und vom 28. März 1995 -5 A 3014/92- m.w.N.

Vorliegend ist die Anordnung der Abschleppmaßnahme aber deswegen ungeeignet zur beabsichtigten Gefahrenbeseitigung und damit unverhältnismäßig gewesen, weil nach Überzeugung der Kammer davon auszugehen ist, dass der KFZ- Anhänger des Klägers im Zeitpunkt des ordnungsbehördlichen Einschreitens durch die Erteilung des Abschleppauftrages bereits durch andere Fahrzeuge zugeparkt gewesen ist, die Durchführung der Abschleppmaßnahme also - jedenfalls vorübergehend - aus tatsächlichen Gründen unmöglich und die durchgeführte Leerfahrt daher überflüssig und vermeidbar war.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme, die den Inhalt der Verwaltungsvorgänge, wie er sich für den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Leistungsbescheides vom 18. September 2002 darstellt, bestätigt hat, geht die Kammer davon aus, dass der Zeuge K. das auf dem Anhänger des Klägers aufgeladene Schrottfahrzeug am Morgen des 26. Oktober 2001, gegen 9.15 Uhr, bemerkt hat. Der Zeuge konnte sich bei seiner Vernehmung im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung zwar angesichts des inzwischen erheblichen Zeitablaufs nicht mehr an den genauen Zeitpunkt seiner Feststellung erinnern. Auch hat er bei dieser Vernehmung angegeben, es sei "im Laufe des späten Vormittags" bzw. "wohl so um die Mittagszeit" gewesen. Gleichwohl ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen, dass der Zeuge K. jedenfalls vor Erlass des abgeänderten und im vorliegenden Verfahren angefochtenen Leistungsbescheides vom 18. September 2002 und damit in einem engeren zeitlichen Zusammenhang mit der versuchten Abschleppmaßnahme verwaltungsintern angegeben haben muss, die fragliche Feststellung am 26. Oktober 2001 gegen 9.15 Uhr getroffen zu haben. Nicht anders ist zu erklären, dass der Leistungsbescheid vom 18. September 2002 ausdrücklich hinsichtlich der Zeit der Feststellung des angenommenen ordnungswidrigen Zustandes abgeändert worden ist und erstmals dieser Leistungsbescheid die Zeitangabe "9.15 Uhr" enthielt. Ausdrücklich bestätigt wird diese Annahme durch ein vom Zeugen K. verfasstes verwaltungsinternes Schreiben vom 25. Juni 2003, in dem diese Zeitangabe wiederholt wird. Soweit sich im Verwaltungsvorgang (Bl. 2 und 3 der Beiakte II) unterhalb der vor Ort angefertigten Lichtbilder der handschriftliche Eintrag "12.44 Uhr" befindet, der wohl ursächlich gewesen ist für die im später aufgehobenen Leistungsbescheid vom 6. Dezember 2001 erfolgte Zeitangabe, hat der Zeuge K. im Rahmen seiner Vernehmung ausgeführt, dass es sich nicht um seine Handschrift, sondern um die Handschrift des städtischen Bediensteten Bauer handele, der im Innendienst des Beklagten für die Weiterbearbeitung der Sache zuständig gewesen sei. Nach den Angaben des Zeugen K. beschreibt diese Zeitangabe möglicherweise den Zeitpunkt der Aufnahme durch diesen Kollegen, jedenfalls aber nicht den Zeitpunkt seiner eigenen, vor Ort getroffenen Feststellungen zum ordnungswidrigen Zustand des abgestellten KFZ-Anhängers.

Auch ist nach den Angaben des Zeugen K. nicht davon auszugehen, dass dieser die tatsächliche Situation vor Ort zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal überprüft hat. An eine derartige zweite Überprüfung hat er sich nicht erinnern können. Sie entspräche auch nicht der üblichen Verfahrensweise des Ordnungsamtes in derartigen Fällen. Aufgabe des Außendienstes ist es nach den Angaben des Zeugen K. vielmehr in erster Linie gewesen, das Bestehen etwaiger ordnungswidriger Zustände vor Ort festzustellen und diese Feststellung zur weiteren Bearbeitung durch den Innendienst des Ordnungsamtes an diesen telefonisch oder persönlich weiterzugeben. Nach dieser "Abgabe" an den Innendienst ist die Angelegenheit für den Außendienstmitarbeiter regelmäßig erledigt.

Wie der genaue zeitliche Ablauf dieses Verwaltungshandelns im vorliegenden Fall gewesen ist, hat sich durch die Befragung der Zeugen K. und N. letztlich nicht klären lassen. Der Zeuge K. hat angegeben, die Kollegen - wie üblich - "so spätestens 5 - 10 Minuten später" informiert zu haben. Diese Information wäre demnach spätestens gegen 9.30 Uhr erfolgt. Der Zeuge N. hat angegeben, dass der Innendienst regelmäßig versuche, "innerhalb der nächsten 30 Minuten tätig zu werden", nachdem er durch einen Außendienstmitarbeiter über einen ordnungswidrigen Zustand unterrichtet worden sei. Dann aber hätte der Abschleppauftrag bereits spätestens gegen 10.00 Uhr des fraglichen Tages erteilt werden müssen. Unstreitig ist dies jedoch erst um 13.06 Uhr geschehen. Was letztendlich zu dieser Verzögerung in der Sachbearbeitung geführt hat, ob der Zeuge K. entgegen üblicher Gepflogenheiten dem Innendienst möglicherweise doch erst um 12.44 Uhr Bericht erstattet oder aber der Innendienst im Widerspruch zu der üblichen Verfahrensweise nicht bereits innerhalb von 30 Minuten, sondern erst sehr viel später Maßnahmen zur Beseitigung des ordnungswidrigen Zustandes ergriffen hat, ist durch die Zeugenvernehmung nicht aufgeklärt worden.

Letztlich kann dies auch dahinstehen. Denn nach Überzeugung der Kammer steht jedenfalls fest, dass der ordnungswidrige Zustand des Fahrzeuges bereits um 9.15 Uhr festgestellt, das Abschleppunternehmen aber erst um 13.06 Uhr mit dem Abschleppen des Anhängers beauftragt worden ist, ohne dass die tatsächlichen Verhältnisse vorher noch einmal vor Ort überprüft worden wären.

Die Erteilung des Abschleppauftrages hat sich aber als ungeeignet zur Gefahrenbeseitigung erwiesen, weil der fragliche KFZ-Anhänger im Zeitpunkt des ordnungsbehördlichen Einschreitens zwar noch an Ort und Stelle abgestellt, er jedoch durch andere Fahrzeuge zugeparkt und damit das angeordnete Abschleppen aus anderen Gründen tatsächlich unmöglich war. Vergehen - wie vorliegend - zwischen der Feststellung eines ordnungswidrigen Zustandes und dem behördlichen Einschreiten nahezu vier Stunden, ohne dass zuvor die tatsächliche Situation noch einmal überprüft worden ist, so fällt es in den Verantwortungsbereich der Behörde, wenn die Abschleppmaßnahme aus tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann und durch eine überflüssige Leerfahrt vermeidbare Kosten anfallen. Den Erfolg der von ihm beabsichtigten Abschleppmaßnahme hätte der Beklagte vorliegend ohne weiteres durch ein - aufgrund der angenommenen Gefahrenlage ohnehin angezeigtes - zügiges Vorgehen nach Feststellung des ordnungswidrigen Zustandes um 9.15 Uhr sichern können. Denn zu diesem Zeitpunkt war der fragliche Anhänger ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Lichtbilder noch nicht zugeparkt. Ist aus zwingenden Gründen eine sofortige Gefahrenbeseitigung nicht möglich, so obliegt es der Behörde, sich vor der zu einem erheblich später liegenden Zeitpunkt erfolgenden Anordnung einer kostenverursachenden Gefahrenabwehrmaßnahme noch einmal zu vergewissern, dass die beabsichtigte Maßnahme zur Gefahrenbeseitigung noch geeignet ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen. Die Anordnung der Abschleppmaßnahme erweist sich vor diesem Hintergrund als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.

Ist aber die Ersatzvornahme rechtswidrig angeordnet worden, so ist der Kläger auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KostO NRW i.V.m. §§ 77, 59, 55 Abs. 2 VwVG NRW zur Zahlung der Abschleppkosten nicht verpflichtet und der angefochtene Leistungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides insoweit rechtswidrig und aufzuheben.

2. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich auch im Hinblick auf die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 61,35 EUR als rechtswidrig.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Gebührenerhebung ist § 7 a Abs. 1 Nr. 7 KostO NRW i.V.m. § 77 Abs. 2 VwVG NRW. Danach ist für Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeuges, und um ein solches hat es sich bei dem KFZ-Anhänger des Klägers gehandelt, eine Gebühr von 25,-- EUR bis 150,-- EUR zu erheben.

Ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung für die Festsetzung von Verwaltungsgebühren ist jedoch die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Amtshandlung,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000 -5 A 2625/00-, a.a.O..

Diese ist hier - wie zuvor unter 1. bereits dargelegt - zu verneinen. Die angefochtene Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 61,35 EUR erweist sich daher ebenfalls als rechtswidrig.

Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 18. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des M. des Kreises B. vom 8. Mai 2003 ist mithin insgesamt rechtswidrig. Der Klage ist daher in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

RechtsgebietKostO NRW; VwVG NRW; OBG NRWVorschriftenKostO NRW § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 7; VwVG NRW § 77 Abs. 1, OBG NRW § 14 Abs. 1

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