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02.09.2005 · IWW-Abrufnummer 052459

Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 22.01.2004 – 23 U 22/03

1. Der Architekt ist berechtigt die Leistungsphasen 1 bis 4 auf der Grundlage der Kostenschätzung abzurechnen, wenn die Kostenberechnung wegen Vertragsbeendigung nicht mehr geschuldet war.


2. Die Richtigkeit einer Kostenermittlung richtet sich nach den im Zeitpunkt ihrer Aufstellung realistisch zu erwartenden Kosten.


In dem Rechtsstreit

....

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #### sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht #### und #### für Recht erkennt:

Auf die Berufungen der Parteien wird das am 26. März 2003 verkündete Vorbehaltsurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten sowie unter Zurückweisung der Berufung des Klägers hinsichtlich der hinsichtlich der Zinsmehrforderung teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 45.579,85 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Oktober 2002 zu zahlen, und zwar unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung des Beklagten mit seiner Schadensersatzforderung gegen den Kläger wegen schuldhaft verzögerter Genehmigungsplanung in Höhe von 624.665,74 ?.

Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 22 % und der Beklagte zu 78 %.
Die Koten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 10 %und der Beklagte zu 90 %.
Die Kosten des Streithelfers trägt der Kläger für die erste Instanz zu 22 % und für das Berufungsverfahren zu 10 %;
im übrigen trägt der Streithelfer seine Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, jede Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Zur Darstellung des Sachverhalts wird, soweit er sich nicht aus Nachstehendem ergibt, auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, auf die zweitinstanzlichen Schriftsätze der Parteien und der Streithelferin vom 5., 6., 27. Mai 2003; 3., 11. Juni; 3., 10. Juli 2003 (nebst Anlagen Bl. 336 - 340 d.A.), 20. August und vom 2. September 2003 sowie auf den Inhalt des Berichterstattervermerks vom 11. Dezember 2003 (Bl. 391, 392 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die in der Hauptsache gegen die Kürzung seiner Architektenhonorarforderung um 15.338,76 ? (2. á-conto-Zahlung des Beklagten) und weiterer 2.313,08 ? (Kosten der Nachtragsstatik) gerichtete Berufung des Klägers hat insoweit vollen Erfolg.

Die zulässige Berufung des Beklagten, mit der er in erster Linie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und hilfsweise die Abweisung der Klage und Aufhebung des vom Landgericht nach § 302 Abs. 1 ZPO festgestellten Vorbehalts erreichen will, führt hingegen lediglich zur Kürzung der vom Landgericht zugesprochenen Fahrtkosten von 3.593,62 DM auf den Betrag von 816,85 DM (jeweils netto). Eine Entscheidung des Senats gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO scheidet aus, weil der Rechtsstreit ohne weitere Beweisaufnahme entscheidungsreif ist. Die vom Beklagten geltend gemachte Rüge eines wesentlichen Verfahrensfehlers bei der Urteilsfindung durch das Landgericht bedarf somit in diesem Zusammenhang keiner weiteren Überprüfung.

Über die unter Vorbehalt ausgeurteilten 29.574,91 ? (der im Urteilstenor aufgeführte Betrag von 29.754,91 ? beruht auf einem Zahlendreher) hinaus schuldet der Beklagte dem Kläger gemäß den §§ 631 Abs. 1; 632 Abs. 2 BGB; §§ 4 Abs. 4, 10, 15 HOAI weitere 16.004,94 ? restliches Architektenhonorar, insgesamt also 45.579,85 Euro. Der Betrag errechnet sich aus dem in erster Instanz im Ergebnis zutreffend zugebilligten Honoraranspruch des Klägers von netto 90.685,15 DM zuzüglich 1.363,90 DM netto für Porto-/Kopie- und Telefonkosten und Fahrtkosten von 816,85 DM netto abzüglich der á-conto-Zahlung von 4.000 DM netto zuzüglich 14.218,54 DM USt. abzüglich der Kosten des ersten Genehmigungsverfahrens in Höhe von 13.938,00 DM. Das sind insgesamt 89.146,44 DM entsprechend 45.579,85 Euro.

1.
Grundlage für die Berechnung der Honorarforderung des Klägers ist seine mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2002 vorgelegte Schlussrechnung (Bl. 249 - 256 d.A.), durch die seine mit der Klageeingereichte Schlussrechnung vom 15. April 1999 überholt ist.

a) Das Landgericht hat die Prüffähigkeit der Schlussrechnung vom 8. Oktober 2002 zu Recht bejaht. Die hiergegen erhobenen Berufungsangriffe des Beklagten führen nicht zum Erfolg. Die Prüffähigkeit dieser Schlussrechnung scheitert weder an einer fehlenden ordnungsgemäßen Kostenberechnung nach DIN 276 noch an der ?computermäßigen? Darstellung der Einzelzahlen.
Maßgebend für die Berechnung der Honorarforderung sind die Kostenermittlungsarten, die in der jeweiligen Leistungsphase der HOAI dem Vertraglich Vereinbarten Leistungsumfang entsprechen. Nichts anderes gilt, wenn der Vertrag gekündigt oder vorzeitig beendet wird (vgl. BGH, NJW 2000, 2587, 2588 mwN).
Hier hatte der Kläger als wesentliche Teilleistung der von ihm erbrachten Leistungsphase 3 die Kostenberechnung nach DIN 276 zu erstellen (§§15 Abs. 2 Nr. 3, 10 Abs. 2 Nr. 1 HOAI). Dem ist er nicht nachgekommen. Die von ihm aus Anlass seiner Honorarabrechnung vorgelegte ?Kostenberechnung? vom 8. Oktober 2002 erfüllt nicht die an eine solche zu stellenden Anforderungen. Die dort aufgelisteten Baukosten sind innerhalb der einzelnen Kostengruppen (hier nach der DIN 276/06.93 benannte Kostengruppen 300, 400, 200, 500, 600 ) entgegen der für die Honorarabrechnung maßgeblichen DIN 276/04.81 nicht bis zur Spalte 3 der Kostengliederung in DIN 276/04.81 Teil 2 Anhang A erfasst und aufgegliedert. Es fehlen außerdem genaue kostenrelevante Bedarfsangaben, wie z.B. detaillierte Raumprogramme (DIN 276/04.91 Teil 3 Abschnitt 3 ?Kostenberechnung?).
Darüber hinaus lässt die Kostenaufstellung Angaben zu den Mengen der jeweiligen Einzelleistungen vermissen. Sie beinhaltet lediglich nicht näher aufgeschlüsselte Teilbeträge, deren Summe den aus dem jeweiligen cbm-Gesamtvolumen und Kostenkennwerten ermittelten Gesamtbaukosten der drei Einzelgebäude entspricht. Konkretere Angaben fehlen auch hinsichtlich der für alle drei Gebäude in den Kostengruppen 210, 540, 520 und 610 (nach DIN 276/06.93) ohne Angabe der Kostenfaktoren ermittelten Kosten. Angesichts dieser Mängel erfüllt die ?Kostenberechnung? vom 8. Oktober 2002 lediglich die Voraussetzungen einer Kostenschätzung nach DIN 276/04.81 Teil 3 Abschnitt 1.

b) Der Kläger ist berechtigt, auf der Grundlage dieser Kostenschätzung sein Honorar abzurechnen. Da das Vertragsverhältnis der Parteien bereits 1999 vor Erteilung der hier maßgeblichen Schlussrechnung beendet wurde, nachdem der Beklagte aus wirtschaftlichen Gründen von der Durchführung des Bauvorhabens Abstand genommen hat, wäre eine nachträgliche Kostenberechnung als Bestandteil der Leistungsphase 3 für den Beklagten sinnlos. Sie ist daher vom Kläger nicht mehr als Teil seiner Architektenleistung geschuldet, erst recht nicht allein zum Zwecke der Honorarabrechnung seiner erbrachten Planungsleistungen (vgl. BGH a.a.O.). Die fehlende Kostenberechnung führt lediglich zu einer Kürzung des für diese Leistungsphase nach § 15 HOAI vorgesehenen Prozentsatzes, die der Senat hier mit 1 % bewertet.
Die vom Kläger gewählte Art der Kostenaufstellungen in der berichtigten Schlussrechnung vom 8. Oktober 2003 und die Angaben zu den einzelnen Kostenpositionen beeinträchtigen gleichfalls nicht die Prüffähigkeit dieser Abrechnung.
Die für die Fälligkeit eines Architektenhonorars nach § 8 HOAI erforderliche Prüffähigkeit der überreichten Honorarschlussrechnung ist kein Selbstzweck. Sie richtet sich vielmehr nach dem konkreten Informations- und Kontrollinteresse des Beklagten als Auftraggeber. Dieser soll anhand der Rechnung in die Lage versetzt werden, die Honorarforderung auf ihre rechtliche und rechnerische Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. BGH BauR 1999, 63 - 64 = MDR 1999, 33 = NJW-RR 1999, 95 - 96; BauR 1997, 1065 - 1067 = NJW 1998, 135 - 136 = MDR 1997, 1117 - 1118; vgl. auch Locher/Koeble/Frik, a.a.O.; § 8 Rn 19 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Dem trägt die genannte Honorarrechnung des Klägers hinreichend Rechnung. Sie beinhaltet, soweit möglich, für jedes der drei unterschiedlichen Gebäude eine übersichtliche Aufstellung erbrachter Planungsleistungen und der zugrunde liegenden Berechnungsfaktoren der Einzelleistungen der Leistungsphase 1 - 4 (vgl. Locher/Koeble/Frik, a.a.O.). Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten lässt zudem erkennen, welche reinen Baukosten gemäß § 10 HOAI voll, gemindert oder gar nicht (so die Kostengruppe 1 bzw. 100) zugrunde gelegt wurden. Die für die Kostengruppen 300 und 400 angenommenen reinen Baukosten (Anlage 1 - 3; Bl. 253 - 255 d.A.) sind als Produkt von Kostenkennwerten für Gebäude nach dem Baukostenindex 1998, Teil 1 und dem umbauten Raum errechnet. Eine weitergehende Differenzierung, der einzelnen Kosten war im konkreten Fall zwecks Rechnungsprüfung nicht erforderlich. Das gilt auch für die in der Anlage 4 (Bl. 256 da.) angegebenen anrechenbaren Kosten für das Gesamtprojekt, die mangels darstellbarer Spezifizierung bzw. mangels Schnittstellen der Gebäude in den Kostengruppen 210, 540, 520 und 610 jeweils als Gesamtbeträge aufgeführt sind. Eine Überprüfung der Richtigkeit dieser Kosten war dem Beklagten anhand der einzelnen Teilbeträge möglich. Dass die Kostengliederung nicht nach der hier maßgeblichen DIN 276/06.81, sondern nach der DIN 276/04.93 vorgenommen wurde, ist unschädlich, da der Kläger auf die entsprechenden Kostengruppen der DIN 276/06.81 jeweils (in Klammern) hingewiesen hat (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI; 8. Aufl., § 10 Rn. 12). Gleichfalls ohne Belang für die Prüffähigkeit der Rechnung ist die Tatsache, dass die Kostenermittlung entgegen der DIN 276 (1981) keine Brutto-, sondern jeweils Nettobeträge ausweist (vgl. BGH NJW 2000, a.a.O.).
Inwieweit die Zahlen und Daten der Honorarabrechnung im einzelnen zutreffen, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und nicht der Prüffähigkeit (vgl. BGH BauR 1999, 63,64; BauR 1997, 1065).

c) Die vom Kläger angeführten anrechenbaren Kosten sind hier als sachlich zutreffend der Berechnung seines Architektenhonorars zugrunde zu legen. Sie entsprechen hinsichtlich cbm-Gesamtvolumen und den eingesetzten Kostenkennwerten von 590 DM bzw. 92 DM exakt den im positiv beschiedenen Baugenehmigungsantrag vom 4. Februar 1998 angegebenen und seinerzeit vom Beklagten unbeanstandeten Werten. Es wäre Sache des Beklagten gewesen, im Rechtsstreit die Zahlenangaben konkret zu bestreiten, zumal der Senat im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage die Prüffähigkeit der streitgegenständlichen Schlussrechnung bejaht hat. Das bloße Bestreiten der sachlichen Richtigkeit der in den Anlagen 1 - 4 (Bl. 253 - 256 d.A.) ermittelten anrechenbaren Kosten durch den Beklagten genügt daher nicht den Anforderungen an seine prozessuale Erklärungspflicht nach § 138 Abs. 2 ZPO (so auch OLG Düsseldorf in OLG-Report 2002, 119, 123).

d) Die Angriffe des Beklagten gegen die vom Landgericht entsprechend der Schlussrechnung vom 8. Oktober 2003 zugrunde gelegten Honorarzonen IV und III greifen ebenfalls nicht. Für beide Hotelgebäude ergibt sich die Honorarklasse IV aus der Objektliste für Gebäude in § 12 Nr. 4 HOAI. Substantiierte Angriffe hiergegen lässt das Berufungsvorbringen des Beklagten vermissen. Auch die Einordnung des Pferdestalls in die Honorarklasse III hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Ausweislich des nicht bestrittenen Vorbringens des Klägers in 2. Instanz ist der Stall nicht als einfaches landwirtschaftliches Gebäude im Sinne der Honorarzone I zu bewerten. Aufgrund der Einbindung in die Umgebung und der vom Beklagten geforderten Harmonisierung in die Gesamtanlage des als ?Zuchtpferdestall mit Gastronomie? deklarierten Projekts (siehe auch Bauakte der Streithelferin) stellt sich der Pferdestall als ein Gebäude mit durchschnittlichen Planungsanforderungen im Sinne der Nr. 3 des § 11 HOAI (1991) entsprechend der Honorarzone III dar.

Die Einordnung der Grundleistungen 1.4 (anrechenbare Kosten des Gesamtprojekts) in die Honorarklasse IV begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Der Schwerpunkt des Gesamtgebäudekomplexes lag sowohl in planerischer als auch gestalterischer Hinsicht auf beiden, der Honorarklasse IV zuzuordnenden Hotelgebäuden.

e) Verfehlt ist auch die Auffassung des Beklagten, die anrechenbaren Baukosten seien angesichts des bereits 1993 erteilten Planungsauftrags nicht nach dem (höheren) Baukostenindex 1998 zu ermitteln. Die Richtigkeit einer Kostenermittlung richtet sich nach den im Zeitpunkt ihrer Aufstellung realistisch zu erwartenden Kosten (vgl. Seifert/Vuygen in Korbion/Mantscheff/Vuygen, HOAI, 6. Aufl., § 10 Rn. 15 a). Das ergibt sich aus dem in der HOAI vorgesehenen zeitlichen Nacheinander der einzelnen Leistungsphasen (Maurer, BauR 2003, 328). Rechnet der Architekt sein Honorar - z.B. wie hier - nach Abschluss der Genehmigungsplanung der Leistungsphase 4 ab, ermitteln sich die anrechenbaren Kosten nach den in diesem Planungsstadium geltenden Baukosten. Da der Kläger die Leistungsphase 4 im Jahre 1998 mit Einreichung des Antrags auf Baugenehmigung erbracht hat, bestehen gegen den Ansatz der Baukosten aus 1998 keine Bedenken.

f) Erfolg haben die Berufungsangriffe des Beklagten jedoch hinsichtlich der anzuwendenden Honorarsätze. Mit Rücksicht darauf, dass der Kläger bereits 1993 mit der Planung bis zur Erteilung der Baugenehmigung für das Projekt ?Zuchtpferdestall mit Gastronomie? betraut worden war, kommen gemäß § 103 Abs. 6 der 5. HOAI-Novelle die Honorarsätze der am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen 4. HOAI-Novelle zur Anwendung. Dass die Baugenehmigung seitens des Streithelfers erst im Januar 1999 aufgrund einer zweiten Genehmigungsplanung erteilt wurde, ist unbeachtlich. Diese weitere Planungstätigkeit des Klägers stellt sich dar als ein ?Abarbeiten? des ursprünglichen Planungsauftrags, das zusammen mit der vorherigen Planungstätigkeit als einheitliche Leistung zu bewerten ist.

g) Es bleibt im übrigen beim Ansatz der weiterhin unstreitigen Kopie-, Post- und Fernmeldegebühren von insgesamt 1.363,90 DM netto. Fahrtkosten sind hingegen nur mit dem vom Kläger im Berufungsverfahren erstmals im einzelnen aufgeschlüsselten und vom Beklagten nicht näher bestrittenen Betrag von 816,85 DM netto (Bl. 367 d.A.) hinzuzusetzen. Die vom Landgericht zugesprochene pauschale Vergütung von Fahrtkosten scheitert mangels einer entsprechenden Pauschalvereinbarung an der Vorschrift des § 7 Abs. 3 HOAI. Ziffer 3 des Ingenieurvertrages der Parteien vom 24. August 1997 betrifft ausschließlich die pauschale Vergütung von Nebenkosten aus Anlass der in diesem Vertrag vom Kläger übernommenen Ingenieurleistungen. Eine Ausweitung auf den bereits 1993 vereinbarten Architektenvertrag der Parteien verbietet sich.

2.
Abzusetzen von der berechtigten Honorarforderung sind in Übereinstimmung mit dem in diesem Punkt nicht angefochtenen erstinstanzlichen Urteil die Kosten des 1. Genehmigungsverfahrens in Höhe von 19.938,00 DM.

3.
Die vom Landgesicht im angefochtenen Urteil gleichfalls als Gegenforderung des Beklagten in Abzug gebrachten Kosten der Nachtragsstatik in Höhe von 4.524,00 DM sind hingegen nicht zu berücksichtigen. Bei seiner Anhörung vor dem Senat hat der Beklagte eingeräumt, die Kosten der von dem Ingenieurbüro K#### und J#### erbrachten Ingenieurleistungen, die vom Kläger dem Beklagten unter dem 3. April 1998 mit insgesamt 4.524,00 DM berechnet wurden, nicht beglichen zu haben. Damit ist kein Raum für den vom Landgericht in diesem Zusammenhang angenommenen Schadensersatzanspruch des Beklagten aus positiver Vertragsverletzung.

4.
Auch die vom Landgericht vorgenommene Tilgungs-Verrechnung der 2. á-conto-Zahlung des Beklagten vom 29. September 1998 über 30.000 DM auf den streitgegenständlichen Honoraranspruch des Klägers hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Aufgrund der Gesamtumstände dieser Zahlung kommt nur eine Tilgung der unter dem 7. Oktober 1997 berechneten Forderung des Klägers für statische Berechnungen aufgrund des Ingenieurvertrages der Parteien vom 4. August 1997 in Betracht. Dafür spricht der Zahlungsbetrag, der sich mit dem Rechnungsbetrag von 29.900 DM nahezu deckt. Im übrigen ist entsprechend der gesetzlichen Tilgungsbestimmung des § 366 Abs. 2 BGB davon auszugehen, dass der Kläger die Zahlung auf die ältere Forderung und nicht auf eine spätere Architektenhonorarabschlagsforderung anrechnen wollte. Eine entgegenstehende Zahlungsbestimmung hat der Beklagte nicht getroffen.

5.
Insgesamt ergibt sich somit folgende Abrechnung:
Die auf den Betrag von 90.685,15 DM beschränkte und im Ergebnis berechtigte Honorarschlussforderung des Klägers errechnet sich aufgrund der hier maßgeblichen Honorarsätze der 4. HOAI-Novelle abweichend vom Landgericht wie folgt:

1.1 Grundleistungen - Hotel/Wohnhaus:
anrechenbare Netto-Kosten: DM 648.410,00 DM
Honorarzone: IV
Honorarsatz: Mindestsatz
Architektenhonorar nach Tabelle zu § 16 der 4. HOAI, interpoliert nach § 5a HOAI: DM 70.770 + DM 4.594,11 = DM 75.364,11 (= 100 %)

Leistungsphase 1: 3 %
Leistungsphase 2: 7 %
Leistungsphase 3: 10 % (Abzug von 1 % wegen fehlender Kostenberechnung)
Leistungsphase 4: 6 %
= 26 % = 19.594,67 DM

(vom Kläger errechnet und geltend gemacht: 21.567,61 DM)

1.2 Grundleistungen - Hotel/Gastronomie:

anrechenbare Nettokosten: 2.576.688,57 DM
Honorarzone: (wie 1.1)
Honorarsatz: (wie 1.1)
DM 187.550 + DM 47.767,11 = 235.398,31
erbrachte 26 % (wie 1.1): 61.182,45 DM

(vom Kläger berechnet und geltend gemacht: 67.360,83 DM)

1.3 Grundleistungen - Pferdestall:
anrechenbare Nettokosten: 130.732,00 DM
Honorarzone: III
Honorarsatz (wie 1.1)
DM 10.900 + DM 3.205,35 = 14.105,35
erbrachte 26 % (wie 1.1 und 1.2): 3.667,39
(vom Kläger mit 4.036,22 DM berechnet und zunächst nur zu 43,5 % mit 1.756,65 DM geltend gemacht; Auffüllung mit Differenzbetrag von 1.910,73 DM) = 84.444,51 DM

1.4 Grundleistungen - nach HOAI § 10 Abs. 5:
anrechenbare Nettokosten: 662.600 DM
Honorarzone: IV
Honorarsatz (wie 1.1 - 1.3)
DM 70.770 + DM 5.940,74 = DM 76.710,74
erbrachte 26 %: 19.944.73 DM
Summe der Grundleistungen 1.1 - 1.4: 104.389,30 DM

Davon verlangt der Kläger: 90.685,15 DM
Kopie-, Post- und Telefongebühren: 1.363,90 DM

3. Fahrtkosten: 816;85 DM
= 92.865,90 DM

abzüglich der ä-conto-Zahlung: 4.000,00 DM
= 88.865,90 DM

+ 16 % USt.: 14.218,54 DM
= 103.084,44 DM

abzüglich der Kosten der 1. Genehmigungsplanung: 13.938,00 DM

= 89.146,44 DM
= 45.579,85 ?

III.

Der Zinsanspruch des Klägers rechtfertigt sich aus § 288 Abs. 1 BGB in der seit dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung. Fälligkeit des berechtigten Honoraranspruchs des Klägers trat gemäß § 8 HOAI erst mit Zugang der nachgebesserten Honorarrechnung vom 8. Oktober 2002 ein. Ein früherer Fälligkeitszeitpunkt ist nicht gegeben, insbesondere nicht durch Überreichen der ursprünglichen Schlussrechnung vom 15. April 1999 (Bl. 13, 14 d.A.). Mangels getrennter Berechnung des Honorars für jedes der drei unterschiedlichen Gebäude entsprechend § 22 Abs. 1 HOAI war diese Schlussrechnung nicht prüffähig (BGH BauR 2000, 1513; Korbion/Mantscheff/Vuygen, HOAI, 6. Aufl., § 22 Rn. 1 a) und somit nicht fälligkeitsbegründend.

IV.

Die allein vom Beklagten zulässigerweise angefochtene Vorbehaltsfeststellung des Landgerichts nach § 302 Abs. 1 ZPO hat weiterhin Bestand. Der Einwand des Beklagten, seine Verurteilung unter Vorbehalt einer Entscheidung über seine hilfsweise zur Aufrechung gestellte Schadensersatzforderung von 624.665,74 ? sei unzulässig, da hier eine Verrechnung und keine Aufrechnung vorzunehmen sei, ist unzutreffend. Der Beklagte begründet seine Schadensersatzforderung mit Verzug des Klägers bei der Erstellung der Genehmigungsplanung, die Ursache für die Versagung der von ihm eingeplanten Förderungsmittel gewesen sein soll. Gegenstand seines Gegenanspruchs ist damit ein Verzugsschaden im Sinne des § 286 BGB a.F.. Auf diesen findet anders als im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen Mängel des Architektenwerks im Sinne des § 635 BGB a.F. die Differenztheorie keine Anwendung (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdn. 2576 m.w.N.). Damit ist der Kläger nicht gehindert, seine Architektenvergütung ungeachtet der gegnerischen Schadensersatzforderung geltend zu machen. Er setzt sich insofern nicht in Widerspruch zur etwaigen gegenüber dem Beklagten bestehenden Schadensersatzverpflichtung wegen verzögerter Baugenehmigungsplanung (vgl. Werner/Pastor, a.a.O.). Die vom Beklagten erstrebte Überprüfung des Vorbehaltsurteils auf seine Zweckmäßigkeit hin obliegt nicht dem Berufungsgericht. Der Erlass eines Urteils nach § 302 Abs. 1 ZPO unterliegt dem freien, nicht nachprüfbaren Ermessen des Gerichts (vgl. RGZ 97, 32; 114, 118; BGH WM 1965, 827; Zöller-Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 302 Rn. 6 und 8).

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

RechtsgebietHOAIVorschriftenHOAI §§ 8, 10, 15

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