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16.08.2005 · IWW-Abrufnummer 052379

Finanzgericht Baden-Württemberg: Beschluss vom 14.07.2005 – 4 V 24/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

Beschluss

Az.: 4 V 24/04

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Aussetzung der Vollziehung des Auskunftsersuchens vom 18.07.2003

hat der 4. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg durch XXX
am 14. Juli 2005 beschlossen:

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an den Bundesfinanzhof nur zulässig, wenn das Finanzgericht sie zugelassen hat. Die Beschwerde ist beim Finanzgericht schriftlich oder zur Niederschrift der/des Urkundsbeamtin/en der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen.

Bei der Einlegung der Beschwerde sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der zuvor aufgeführten Berufs-angehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Die Nichtzulassung der Beschwerde kann nicht selbständig angefochten werden.

Schriftsätzen im Verfahren über die Beschwerde sollen so viele Abschriften beigefügt werden, wie Beteiligte vorhanden sind.

Gründe

I.

Die Antragstellerin (Astin) ist ein Kreditinstitut, . ......................... Die Astin wendet sich gegen ein Auskunftsersuchen, mit dem sie verpflichtet wird, Daten von Bankkunden zu benennen, die im Jahr 2000 Bonusaktien aus dem zweiten Börsengang der Deutschen Telekom AG (DT-AG) erhalten haben.

Das Grundkapital der DT-AG wurde im Juni 1999 durch Ausgabe neuer Stückaktien erhöht (sog. zweiter Börsengang der DT-AG). Die neuen Aktien wurden überwiegend auf der Grundlage eines sog. kombinierten Angebots an Aktionäre (Bezugsrechtsangebot) sowie an private und institutionelle Anleger im In- und Ausland (globales Angebot) ausgegeben. Privatanleger, die Aktien im Rahmen des Bezugsrechtsangebots erwarben, erlangten zudem das Recht auf Bezug von einer Bonusaktie für je 10 neue Aktien, wenn sie diese ununterbrochen bis zum 31. August 2000 hielten. Nach einer Entscheidung der Finanzministerkonferenz vom 21. Oktober 1999 ist der Wert der Bonusaktien als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen (BMF-Schreiben vom 10. Dezember 1999 IV C 6 - S 1900 - 228/991, BStBl I 1999, 1129). Der Eröffnungskurs einer Aktie der DT-AG lag am Tag des Ablaufs der Haltefrist bei 43,30 ?. Die Bonusaktien wurden von der Astin maschinell ermittelt und automatisch an die berechtigten Aktienbesitzer zugeteilt, ohne dass es eines Antrags der Bankkunden bedurfte.

Im Rahmen von Ermittlungen der Steuerfahndung (Steufa) des Antragsgegners (Ag) gegen einen einzelnen Steuerpflichtigen wurde festgestellt, dass die Kunden der Astin ............. bei Einbuchung der Bonusaktien zwar auf die Einkommensteuerpflicht hingewiesen, die Bonusaktien aber nicht in die Erträgnisaufstellung für das Jahr 2000 aufgenommen worden waren. Das gab Anlass zu weiteren Ermittlungen der Steufa. Aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Personalressourcen schlug die Oberfinanzdirektion ....................... dem Ag vor, zunächst nur die Daten für die Anleger der Astin zu erheben (vgl. Bl. 20 der Akten des Finanzamts - FA-Akte).

Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 forderte die Steufa die Astin auf, folgende Fragen zu beantworten (vgl. Bl. 21 f. FA-Akte):

?1. Name, Anschrift und Geburtsdatum des Depotinhabers, dem Gratis/Bonusaktien gutgeschrieben wurden
2. Depotnummer des Kunden
3. Anzahl der Treueaktien aus Börsengang 1999 ...
4. Einbuchungstag der Aktien in das Kundendepot im Jahr 2000 ...
5. Wert der Bonusaktien im Jahr 2000 (aus Börsengang 1999) ... = steuerpflichtiger Ertrag

Bitte ordnen Sie die einzelnen Steuerbürger den jeweiligen Bankinstituten zu. Für den Börsengang 1999:
a) Kunden der ..
b) Kunden der ..

Gegen dieses Schreiben, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, legte die Astin am 23. September 2003 Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Sie rügte, das Schreiben sei ein unzulässiges Sammelauskunftsersuchen, das in seiner wirtschaftlichen Bedeutung als auch unter Kostengesichtspunkten unverhältnismäßig sei. In Baden-Württemberg seien ???? 218.303 Bonusaktien auf 30.225 Kunden verteilt worden. Jeder Kunde habe durchschnittlich 7,22 Bonusaktien erhalten, weshalb die steuerpflichtigen Einkünfte hieraus mit durchschnittlich 313 ? unter dem Sparerfreibetrag liegen dürften. Im übrigen sei zweifelhaft, ob die Bonusaktion überhaupt zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften geführt hätten.

Die Steufa wandte sich daraufhin mit Auskunftsersuchen vom 22. März 2004 an die DT-AG, um die Daten derjenigen Depotinhaber zu erfahren, denen durch die Astin Bonusaktien gutgeschrieben worden waren (vgl. Bl. 35 f. FA-Akte). Die DT-AG teilte am 8. April 2004 schriftlich mit, dass sie über die erbetenen Informationen nicht verfüge. Angaben zu Empfängern von Bonusaktion könnten nur die beteiligten depotführenden Banken machen. Diese hätten geprüft, welcher Aktionär zum Bezug der Bonusaktion berechtigt gewesen sei und die ermittelte Aktienanzahl angefordert.
........................
Unter Zugrundelegung des stichtagsbezogenen Aktienwerts von 43,40 ? ergab sich hieraus ein steuerpflichtiger Gesamtbetrag von fast 9,5 Millionen ?.

Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juni 2004 wies der Ag den Einspruch im wesentlichen als unbegründet zurück. Der Einspruch hatte nur insofern Erfolg als das Auskunftsersuchen dahin geändert wurde, dass die Astin nicht verpflichtet sei, Auskunft über die Depotnummer der Kunden, den Einbuchungstag der Aktien und den Wert der Bonusaktion (steuerpflichtiger Ertrag) zu geben. Die Depotnummer sei für die Besteuerung unerheblich, Einbuchungstag und Wert der Bonusaktien stünden fest. Im übrigen sei die Astin nach § 93 i.V.m. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO verpflichtet, die geforderten Angaben zu machen. Hierbei handele es sich nicht um Ermittlungen ?ins Blaue hinein?, sondern um ein zulässiges Sammelauskunftsersuchen, für das ein hinreichender Anlass bestehe. Das Auskunftsbegehren knüpfe an einen konkreten Anlass und die Auswertung von Stichproben an. Die Stichproben hätten ergeben, dass auch Steuerpflichtige mit Einkünften über dem Sparerfreibetrag keine Einkünfte aus Kapitalvermögen durch erhaltene Bonusaktien erklärt hätten, obwohl unter Berücksichtigung der Anzahl der Berechtigten und der hohen Zahl der ausgegebenen Bonusaktien derartige Einkünfte wahrscheinlich gewesen wären. Lediglich in zwei Fällen seien die Bonusaktien als Kapitaleinkünfte erklärt worden. Aus dem stichprobenartig ermittelten Erklärungsverhalten sei zu schließen, dass die Auskunft zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen könne. Hinzu komme, dass die Bankkunden nur im September 2002, nicht aber bei der Zusendung der Erträgnisaufstellung auf die Erklärungspflicht hinsichtlich der Bonusaktion informiert worden seien. Das Auskunftsersuchen sei auch nicht unverhältnismäßig. Es diene der Ermittlung steuererheblicher Tatsachen, weil entgegen eines Urteils des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 17. Juli 2002 2 K 4068/01 E (EFG 2002, 1382) die zugeteilten Bonusaktien zu Kapitaleinkünften führen würden. Insofern drohe mit Ablauf des Jahres 2005 der Eintritt der Festsetzungsverjährung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 9. Juni 2004 verwiesen (Bl. 44 bis 55 FA-Akte). Hiergegen hat die Astin am 6. Juli 2004 Klage erhoben (4 K 209/04).

Im Tenor der Einspruchsentscheidung vom 9. Juni 2004 wurde gleichzeitig der Antrag auf AdV abgelehnt. Die Astin beantragte am 7. Juli 2003 erneut, die Vollziehung des Auskunftsersuchens vom 18. Juli 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. Juni 2004 auszusetzen. Der Ag lehnte diesen Antrag unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung am 12. Juli 2004 ab.

Die Astin beantragte daraufhin am 29. Juli 2004 die gerichtliche Aussetzung des Auskunftsbegehrens. An seiner Rechtmäßigkeit bestünden ernstliche Zweifel, weil die zu-geteilten Bonusaktien nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führten. Im übrigen wurde auf die Ausführungen im Einspruchs- und im vorgerichtlichen Aussetzungsverfahren verwiesen.

Die Astin beantragt,

die Vollziehung des Auskunftsersuchens vom 18. Juli 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. Juni 2004 auszusetzen, hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.

Der Ag beantragt,

den Antrag abzuweisen, hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.

Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 9. Juni 2004.

Im Laufe des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02 (BFH/NV 2004, 1105) das genannte Urteil des FG Düsseldorf aufgehoben und entschieden, dass die zugeteilten Bonusaktien aus dem zweiten Börsengang der DT-AG als steuerpflichtige Kapitaleinnahmen zu erfassen sind.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

1. Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das FG die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts auf Antrag aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen. Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Sachverhaltsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Mai 1978 I R 50/77, BFHE 125, 423, BStBl II 1978, 579; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 69 Rz. 86 ff., m.w.N.).

a) Diese Prüfung ergibt im Streitfall, dass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Auskunftsersuchen nicht ernstlich zweifelhaft ist. Das Auskunftsersuchen hat seine Rechtsrundlage in § 93 i.V.m. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO). Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO haben die Beteiligten und andere Personen der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Zuteilung von Bonusaktien der DT-AG im Jahr 2000 ist ein erheblicher Sachverhalt, weil er zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen geführt hat (BFH-Urteil vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02, BB 2005, 868). Das Instrument des Auskunftsersuchens zur Ermittlung dieses Sachverhalts steht im Rahmen ihres Aufgabenbereichs auch der Steufa zu (§ 208 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO).

Bei der Rechtmäßigkeitskontrolle einer konkreten Tätigkeit der Steufa ist zwischen der Aufgabenzuweisung einerseits (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AO) und den zur Erfüllung dieser Aufgaben verliehenen Befugnissen andererseits (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO) zu unterscheiden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 21. März 2002 VII B 152/01, BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495 m.w.N.). Eine konkrete Maßnahme der Steufa ist rechtmäßig, wenn sich die Steufa im Rahmen des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten hat (b) und ihr die in Anspruch genommene Befugnis nach dem Gesetz auch zusteht (c).

b) Die Steufa hat sich vorliegend im Rahmen des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten.

aa) Die Steufa hat das Sammelauskunftsersuchen ausdrücklich auf § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gestützt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht im Strafverfahren, sondern im Besteuerungsverfahren zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle tätig werden will. Die geforderte Auskunft über die Bankkunden, die Bonusaktien bezogen hatten, mit dem Ziel der Auswertung und Weiterleitung der dabei gewonnenen Erkenntnisse in der Art von Kontrollmitteilungen an die für die Besteuerung der Kunden zuständigen Wohnsitzfinanzämter, unterfällt grundsätzlich dem Aufgabenbereich der Steufa des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. Die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle umfasst Nachforschungen sowohl nach unbekannten Steuerpflichtigen als auch nach bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten (vgl. BFH, a.a.O.). Kontrollmitteilungen über die Kapitaleinkünfte aus Bonusaktien der Bankkunden ermöglichen dem für die Besteuerung jeweils zuständigen FA die Kontrolle, ob der betreffende Bankkunde dort als Steuerpflichtiger erfasst ist und ob die erzielten Kapitaleinkünfte einer ordnungsgemäßen Besteuerung unterworfen worden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre ein dem FA bisher unbekannter Steuerpflichtiger ermittelt bzw. ein bisher unbekannter steuerlicher Sachverhalt aufgedeckt.

Allerdings darf die Aufgabenerfüllung der Steufa nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO erst dann einsetzen, wenn für ein Tätigwerden ein hinreichender Anlass besteht. Ein solcher liegt vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrung (auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt. Ermittlungen "ins Blaue hinein", Rasterfahndungen, Ausforschungsdurchsuchungen oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen sind unzulässig (vgl. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359; vom 24. März 1987 VII R 30/86, BFHE 149, 404, BStBl II 1987, 484; vom 17. März 1992 VII R 122/91, BFH/NV 1992, 791 und BFH-Beschluss vom 16. Juli 2002 IX R 62/99, BFHE 199, 451, BStBl II 2003, 74).

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall ergibt sich, dass die Steufa hinreichenden Anlass zur Einholung der Auskünfte bei der Astin hatte.

Ein konkretes Moment für ein Tätigwerden der Steufa ergab sich aus der Zusammenschau der ihr zur Kenntnis gelangten Umstände und Fakten im Zusammenhang mit dem sog. zweiten Börsengang der DT-AG und der Zuteilung von Bonusaktien an berechtigte Aktieninhaber durch die Astin. Die Steufa verfügte über genaue Kenntnisse hinsichtlich der Zahl der von der Astin angeforderten Bonusaktien, die sie an ihre Kunden .... weiterleitete. Daneben waren ihr aus allgemein zugänglichen Quellen (Zeitschriften, Börsenverlautbarungen, Mitteilungen von Banken) auch der Wert der im fraglichen Zeitraum zugeteilten Bonusaktien bekannt. Aus diesen Daten konnte die Steufa ohne weiteres ableiten, welche Kapitaleinkünfte erzielt wurden. Darüber hinaus verfügte die Finanzverwaltung über Datenmaterial zum Erklärungsverhalten einzelner Steuerpflichtiger betreffend deren Kapitaleinkünfte aus § 20 EStG. Stichproben hatten ergeben, dass lediglich in zwei Fällen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus dem Erhalt von Bonusaktien der DT-AG erklärt worden waren. Für seine Stichproben hatte der Ag zum einen 34 Fälle ausgewählt, bei denen Steuerpflichtige im Jahr 2000 Einkünfte aus Kapitalvermögen über dem Sparerfreibetrag erzielt hatten. Zum anderen wurden die Stichproben aus einem Pool von Steuerpflichtigen gezogen, die Einkünfte unter dem Sparerfreibetrag erklärt hatten. Die Stichproben waren hinreichend zufällig.

Es ist zwar theoretisch nicht ausgeschlossen, dass der Ag bei Erhebung der Stichproben zufällig nur Steuerpflichtige geprüft hat, die keine Bonusaktien bezogen hatten. Eine willkürliche Auswahl der gezogenen Stichproben ist aber bereits deswegen ausgeschlossen, weil anhand der Steuererklärung der Bezug von Bonusaktien nicht ermittelt werden kann, wenn der Steuerpflichtige hierzu keine Angaben macht. Angesichts der großen Zahl der allein durch die Astin zugeteilten Bonusaktien und vor dem Hintergrund, dass nur zweimal Kapitaleinkünften aus Bonusaktien erklärt worden waren, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Ag für das Erklärungsverhalten der Mehrzahl der Bezieher von Bonusaktien darauf geschlossen hat, dass auch Kunden der Astin ........... ihre Bonusaktien überwiegend nicht als Kapitaleinkünfte erklärt haben könnten. Eines konkreten Tatverdachts, wie er bei der Einleitung eines Strafverfahrens erforderlich ist, bedarf es für das Auskunftsersuchen im Rahmen von Vorfeldermittlungen nicht. Es genügt, wenn die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359).

Die Möglichkeit einer Steuerverkürzung lag im vorliegenden Fall auch deshalb nahe, weil die Bonusaktien nicht in der Erträgnisaufstellung für das Jahr 2000 enthalten waren. Es dürfte der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass sich ein Steuerpflichtiger beim Ausfüllen seiner Steuererklärung auf die Erträgnisaufstellung seiner Bank verlässt und die dort enthaltenen Angaben lediglich in die Steuererklärung übernimmt oder die Erträgnisaufstellung beilegt. Demgegenüber ist es bei lebensnaher Betrachtung unwahrscheinlich, dass sich der Mehrzahl der Kunden der Astin ........ bei Abgabe der Steuererklärung 2000 noch daran erinnert, anlässlich des Bezugs der Bonusaktien durch ein Schreiben ihrer Bank auf die Einkommensteuerpflicht hingewiesen worden zu sein und die Kapitaleinkünfte abweichend von der Erträgnisaufstellung der Bank auf der Grundlage eigener Berechnungen um die Bonusaktien ergänzt.

cc) Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse der Steufa sind die Ermittlungsmaßnahmen auch nicht als Rasterfahndung oder Ermittlung ins Blaue zu qualifizieren.

Dem steht zunächst die große Zahl der von den Ermittlungsmaßnahmen betroffenen Kunden der Astin ........ nicht entgegen. Hinsichtlich der betroffenen Kunden bestehen hinreichende Anhaltspunkte für ein Nichtbefolgen der steuerlichen Erklärungspflichten. Für die Anwendung einer Rasterfahndung spricht auch nicht, dass die Steufa die Erheblichkeitsschwelle (d.h. eine Differenzierung hinsichtlich der Anzahl und des Kurswerts der Bonusaktien) etwa zu niedrig angesetzt oder sogar gänzlich vernachlässigt hätte (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juli 2000 VII B 28/99, BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643). Da im Streitfall konkrete Anhaltspunkte für eine Steuerverkürzung vorliegen, darf sich die Erheblichkeitsschwelle schon aus Gründen der Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit an dem vom Gesetz vorgegebenen Sparerfreibetrag orientieren. Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen für das Jahr 2000 nach Abzug der Werbungskosten ein Betrag von 3.000 DM abzuziehen, der sich bei zusammen veranlagten Ehegatten auf 6.000 DM verdoppelt. Dieser Betrag wäre zwar nicht überschritten, wenn man mit der Astin davon ausgeht, von den 218.303 zugeteilten Bonusaktien wären jedem der 30.225 Kunden durchschnittlich 7,22 Bonusaktien und damit nur ein Betrag von 313,46 ? (= 613 DM) zugeflossen. Eine solche Durchschnittsbetrachtung dürfte aber kaum die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegeln und lässt insbesondere eventuelle weitere Kapitaleinkünfte der Steuerpflichtigen außer Betracht. Angesichts des auch noch im Jahr 2000 erheblichen Interesses weiter Bevölkerungskreise an Aktien, insbesondere an der ?Volksaktie? der DT-AG, ist es jedenfalls vertretbar anzunehmen, dass eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Kunden über einen erheblichen Bestand an Aktien der DT-AG verfügte und entsprechend viele Bonusaktien bezog. Eine sichere Erkenntnis ist erst nach Auswertung der Auskunft der Astin möglich. Für die geringe Ermittlungsschwelle als Voraussetzung eines Sammelauskunftsersuchens sind die vorliegenden Zahlen ausreichend. Hinzu kommt, dass es die Astin anlässlich einer Besprechung mit der Steufa am 6. Februar 2004 abgelehnt hat, nur die Namen der Aktionäre zu benennen, die eine bestimmte Anzahl von Bonusaktien im Jahr 2000 erhalten hatten (vgl. Bl. 40 FA-Akte). Im übrigen wäre eine Eingrenzung des Auskunftsersuchens auf eine bestimmte Zahl von Bonusaktien rechtlich auch kaum begründbar, weil im derzeitigen Verfahrensstadium ungewiss ist, wie hoch der bereits ausgeschöpfte Freibetrag der betroffenen Steuerpflichtigen jeweils ist. Die Auskunftspflicht kann daher nicht auf solche Depotinhaber begrenzt werden, die Bonusaktien im Wert über dem Sparerfreibetrag zugeteilt bekamen.

c) Der Steufa stehen bei der hier gebotenen summarischen Betrachtung die in Anspruch genommenen Befugnisse auch zu.

aa) Nach § 208 Abs. 1 Satz 2 AO stehen der Steufa in steuerverfahrensrechtlicher Hinsicht grundsätzlich die Ermittlungsbefugnisse zu, welche die FÄ im Besteuerungsverfahren haben. Wie die FÄ kann daher auch die Steufa zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen die Beweiserhebungs- und Ermittlungsbefugnisse der §§ 93 ff. AO in Anspruch nehmen, wobei die Steufa bei ihrer Aufgabenerfüllung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO im Interesse einer ordnungsgemäßen Gewährleistung des Steueraufkommens sogar von bestimmten Beschränkungen, die für die FÄ gelten, befreit ist (§ 208 Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz AO), mithin also noch weiter gehendere Befugnisse als die FÄ hat (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2001 VII B 11/00, BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624 m.w.N.). § 93 Abs. 1 Satz 1 AO gibt hiernach der Steufa das Recht, von den Beteiligten (§ 78 AO) und anderen Personen die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu verlangen. Dies gilt nicht nur für ein auf einen Einzelfall beschränktes Auskunftsersuchen, sondern im Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen auch für Sammelauskunftsersuchen (vgl. BFH-Urteil vom 24. März 1987 VII R 30/86, BFHE 149, 404, BStBl II 1987, 484). Die Anforderungen für die Einholung einer Sammelauskunft gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AO gehen im Rahmen der Steuerfahndung nicht über die Anforderungen hinaus, die der Steuerfahndung bei den Ermittlungen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auferlegt sind. Wie oben bereits ausgeführt, hatte die Steufa hinreichenden Anlass die Ermittlungen aufzunehmen, da sie aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse davon ausgehen konnte, dass Kunden der Astin steuerpflichtige Kapitaleinkünfte erzielt, aber in ihren Steuererklärungen nicht erklärt hatten.

bb) Das Sammelauskunftsersuchen genügt ebenfalls den allgemeinen rechtsstaatlichen Grenzen. Diese Grenzen sind eingehalten, wenn das Auskunftsverlangen zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und - gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit - notwendig und verhältnismäßig erscheint, sowie dem Adressaten des Ersuchens die Erteilung der Auskunft möglich und zumutbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499, m.w.N.). Die Steufa durfte zunächst ihr Auskunftsverlangen unmittelbar an die Astin richten (§ 208 Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz, § 93 Abs. 1 Satz 3 AO), zumal die möglichen Steuerpflichtigen der Steufa nicht bekannt waren (vgl. § 30a Abs. 5 Satz 2 AO). Die geforderte Auskunft ist auch geeignet, eine mögliche Steuerverkürzung aufzudecken, ebenso war und ist es der Astin möglich, die erbetenen Auskünfte zu erteilen. Gegenteiliges ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Da der Steufa keine anderen Aufklärungsmittel zur Verfügung standen, war die Inanspruchnahme der Astin auch erforderlich. Auch hat die Steufa das Zweck-Mittel-Verhältnis gewahrt. Die Steufa ist, wie schon ausgeführt, nicht "ins Blaue hinein" vorgegangen, sondern hat aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ihr Auskunftsersuchen auf die Kapitaleinkünfte aus einem genau spezifizierten Zuflusstatbestand beschränkt. Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunftserteilung der Astin nicht zumutbar sein könnte, sind ebenfalls nicht substantiiert vorgetragen worden. Der Senat verkennt nicht, dass aufgrund des Auskunftsersuchens das Vertrauensverhältnis der Astin zu ihren Kunden möglicherweise beeinträchtigt wird. Diese Beeinträchtigung muss aber hinter das mit den Ermittlungsmaßnahmen angestrebte Ziel zurücktreten, die gesetzlich vorgesehene Besteuerung gegenüber jedermann gleichmäßig durchzusetzen und damit Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit zu erreichen. Die Gleichmäßigkeit der Erhebung von Steuern ist ein gewichtiger Gemeinwohlbelang. Wird bei der Steuerhebung die Gleichheit im Belastungserfolg verfehlt, kann dies sogar zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen der Steuererhebung führen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 268 ff. und vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, 112 ff.).

cc) Dem Auskunftsersuchen steht auch nicht die Regelung des § 30a Abs. 2 AO entgegen. Hiernach dürfen die Finanzbehörden von den Kreditinstituten zum Zwecke der all-gemeinen Überwachung die einmalige oder periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe nicht verlangen. Dazu hat der BFH indessen bereits entschieden, dass § 30a Abs. 2 AO den Finanzbehörden lediglich verwehrt, im Rahmen der allgemeinen Überwachung, d.h. soweit keine besonderen Anhaltspunkte für ein Auskunftsersuchen i.S. von § 93 AO vorliegen (sog. Ermittlung "ins Blaue hinein"), von den Kreditinstituten Mitteilungen über Konten zu verlangen. Liegen die Voraussetzungen der §§ 93, 208 Abs. 1 Nr. 3 AO jedoch vor, dürfen die Finanzbehörden Auskünfte ― auch Sammelauskünfte ― bei den Kreditinstituten einholen, was mit der Regelung in § 30a Abs. 5 Satz 1 AO ausdrücklich klargestellt wird (BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499, 504). Ebenso wenig kann die Astin dem Sammelauskunftsersuchen die Regelung des § 30a Abs. 5 Satz 2 AO entgegenhalten, da das Sammelauskunftsersuchen gerade darauf gerichtet ist, die einzelnen namentlich nicht bekannten Steuerpflichtigen zu ermitteln, der Steufa ein unmittelbar an die Steuerpflichtigen gerichtetes Auskunftsersuchen daher unmöglich ist.

d) Das Auskunftsersuchen ist in seinem angestrebten Ziel möglicherweise unvollständig, als darin darauf verzichtet wurde, den Tag der Einbuchung der Bonusaktien und deren Wert zu ermitteln. Insofern hat das BMF klargestellt (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02, BFH/NV 2004, 1105), dass seine ursprüngliche Annahme (vgl. BMF-Schreiben vom 10. Dezember 1999 IV C 6 - S 1900 - 228/991, BStBl I 1999, 1129), die Bonusaktien würden unmittelbar nach Ablauf der Haltefrist zugeteilt, sich für eine Vielzahl von Anlegern als unzutreffend erwies. Das macht das Auskunftsersuchen aber nicht rechtswidrig, sondern allenfalls ergänzungsbedürftig. Der Zufluss der Aktien ist nach den Verhältnissen des einzelnen Aktionärs zu bestimmen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG; BFH-Urteil vom 16. November 1984 VI R 39/80, BFHE 142, 475, BStBl II 1985, 136). Allerdings bestehen keine Bedenken dagegen, in Übereinstimmung mit der Auffassung der Finanzverwaltung zum dritten Börsengang der DT-AG (vgl. OFD Frankfurt, Verfügung vom 16. Juli 2003, DB 2003, 1986, betr. § 22 Nr. 3 EStG) hierbei auf die Depoteinbuchung abzustellen und den für diesen Tag zu ermittelnden niedrigsten Kurswert der DT-Aktien an einer deutschen Börse der Besteuerung zugrunde zu legen. Ob diese Daten bereits im Rahmen des Auskunftsersuchens erfragt werden dürfen oder erst nach Auswertung der Kontrollmitteilungen die jeweiligen FA diese Daten bei den betroffenen Steuerpflichtigen zu ermitteln sind, ist hier nicht zu entscheiden.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO i.V.m. § 128 Abs. 3 S. 2 FGO im Streitfall nicht vorliegen.

RechtsgebieteAO, FGO, EStGVorschriften§ 30a Abs. 5 S. 2 AO, § 93 AO, § 93 Abs. 1 S. 1 AO, § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO, § 69 Abs. 2 und Abs. 3 FGO, § 20 Abs. 4 S. 1 EStG

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