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28.07.2005 · IWW-Abrufnummer 052113

Vergabekammer Nordbayern: Beschluss vom 27.04.2005 – VK-3194-13/05

Handelt es sich bei den in mehreren Losen ausgeschriebenen Aufträgen (hier: Objektplanung einer Freianlage, Tragwerksplanung, Baugrund- und Gründungsberatung) nicht um Teilaufträge derselben freiberuflichen Leistung (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 VOF), sondern werden Ingenieurleistungen nachgefragt, die verschiedenen Fachbereichen der HOAI zuzuordnen sind, so ist für die Ermittlung des Schwellenwerts der konkrete Auftrag für das einzelne Los maßgeblich.

VK Nordbayern, Beschluss vom 27.04.2005 - 320.VK-3194-13/05 (bestandskräftig)


Vollzug des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( GWB ),
der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge ( VgV )
und der Verordnung zur Regelung von Organisation und Zuständigkeiten im
Nachprüfungsverfahren für öffentliche Aufträge ( BayNpV )

....

Die Vergabekammer Nordbayern bei der Regierung von Mittelfranken erlässt auf die mündliche Verhandlung vom 27.04.2005 durch die Vorsitzende ..., den hauptamtlichen Beisitzer ... und den ehrenamtlichen Beisitzer ... folgenden

B e s c h l u s s :

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Gebühr wird auf ... ? festgesetzt.

4. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.

S a c h v e r h a l t:

1.
Die VSt forderte mit Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom ... zu Teilnahmeanträgen für ein Verhandlungsverfahren zu Los 1: Leistungsbild - gemäß HOAI § 15 /Objektplanung von Freianlagen für ... auf.

Als Los 2 war ausgeschrieben: Leistungsbild - gemäß HOAI § 64 / Tragwerksplanung und HOAI § 92 / Baugrund- und Gründungsberatung. Als Los 3 war ausgeschrieben: Leistungsbild - gemäß HOAI § 78 / Thermische Bauphysik (Wärmeschutzberechnung) und § 81 / Bauakustik.

Unter II.1.9) Aufteilung in Lose war ausgeführt: Angebote sind möglich für: Ein Los.

Unter IV.2) ZUSCHLAGSKRITERIEN war angegeben: Das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der in den Unterlagen genannten Kriterien.

2.
Von den eingegangenen Teilnahmeanträgen wurden mit Schreiben vom 20.01.2005 vier Ingenieurbüros, darunter der ASt und die Beigeladene, zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren aufgefordert.

Die Teilnehmer wurden mit Schreiben der VSt vom 20.01.2005 aufgefordert, bis 02.02.2005 eine schriftliche Präsentation vorzulegen. Das Verhandlungsgespräch wurde für den 25.02.2005 anberaumt.

Den Teilnehmern wurde der Kriterienkatalog, der als Entscheidungsgrundlage zur Auswahl der Bewerber diene, übersandt.
Sie wurden gebeten, ihre Lösungsansätze zu den einzelnen Themengebieten schriftlich zu formulieren.

Zum anderen erhielten die Teilnehmer einen Honorarvertragsentwurf, aus dessen Grundlage, siehe § 9 "Honorarermittlung", die VSt bat, ihr ein Angebot zu unterbreiten.

Die von den Teilnehmern geforderte schriftliche Präsentation bilde nach Auswertung die Grundlage für das Verhandlungsgespräch, in dem die Lösungsansätze zu den einzelnen Themenbereichen noch erneut durch die Teilnehmer persönlich präsentiert werden. Im Anschluss daran werde sowohl auf die Ausführungen der Teilnehmer als auch auf ihr vorliegendes Angebot eingegangen.

Die von den Teilnehmern hierbei erzielten Ergebnisse in der schriftlichen Präsentation und der Präsentation im Verhandlungsverfahren würden jeweils mit 50 % gewertet.

3.
Die Bevollmächtigten des ASt stellten mit Telefax vom 24.03.2005 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Nordbayern.

Sie stellten folgende Anträge:

I. Der VSt wird die beabsichtigte Zuschlagserteilung und Vergabe an die Beigeladene untersagt.

II. Die VSt wird verpflichtet, den Zuschlag dem ASt zu erteilen.

Zur Begründung führten sie folgendes aus:

Der ASt habe gemäß Schreiben der VSt vom 20.01.2005 den Kriterienkatalog erhalten und sei gebeten worden "Lösungsansätze zu den einzelnen Themengebieten" zu formulieren. Der ASt habe alle Unterlagen vollständig ausgefüllt mit allen Anlagen fristgerecht abgegeben und auch eine persönliche Präsentation mit Lösungsansätzen wie gefordert durchgeführt. Nach dem Protokoll der VSt vom 25.02.2005 habe der ASt Vorplanungsüberlegungen im Umgriff skizziert und erklärt; dabei seien Gedanken zur Funktion eines zentralen ... interpretiert worden. Die Parteien hätten abschließend erklärt, dass der Austausch der Informationen zum vorliegenden Sachstand ausreichend behandelt worden sei und weitere Fragen nicht bestünden. Bei den im Protokoll von der VSt als Vorplanungsüberlegungen bezeichneten Inhalten handle es sich, wie unschwer den Vergabeakten zu entnehmen sein werde, um visuell dargestellte Lösungsansätze, die laut Einladung zum Verhandlungsgespräch auch explizit gefordert gewesen seien und vom ASt auch als solche bezeichnet wurden.

Mit Schreiben vom 16.03.2005 habe die VSt mitgeteilt, dass der ASt eine Punktzahl von 372 erreicht hätte, dass dieses aber nicht ausreiche, um den ASt bei der Vergabe zu berücksichtigen. Einzelheiten seien nicht mitgeteilt worden. Die Punktzahl des Siegers betrage offenbar 378,50 Punkte und damit 6,5 Punkte mehr als bei dem ASt.

Telefonisch sei der ASt informiert worden, dass er aufgrund der Auswertung des Kriterienkatalogs nicht als Gewinner aus dem Verfahren hervorgehe. Auf Nachfrage habe der ASt erfahren, dass voraussichtlich die Beigeladene das Rennen machen werde. Auf weitere unverzügliche telefonische Nachfrage und Rüge am 17.03.2005 habe die VSt erklärt, dass keine weiteren Informationen als die im Schreiben vom 16.03.2005 vorhandenen an den ASt gegeben würden. Mit Schreiben vom 22.03.2005 habe der ASt dann die Ordungsgemäßheit des Verfahrens unter Fristsetzung, insbesondere Verstöße nach § 13 VgV hinsichtlich Information und Transparenz gerügt. Er habe den genauen Namen des Bieters gefordert, dessen Bewerbung angenommen werden solle, Merkmale und Vorteile der erfolgreichen Bewerbung sowie Mitteilung der Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung anhand der Punktliste des Kriterienkatalogs. Wegen der Einzelheiten werde auf das Schreiben des ASt vom 22.03.2005 verwiesen.

Mit Schreiben vom 23.03.2005 habe die VSt mitgeteilt, dass das Angebot der Beigeladenen beauftragt werden solle. Im Übrigen würden die erbetenen Auskünfte nicht gegeben, sondern auf das Nachprüfungsverfahren verwiesen. Die Rüge einer fehlerhaften Bewertung und eines nicht ordnungsgemäßen Verfahrens würden zurückgewiesen.

Im Kern, so scheine es, stütze sich die Nichtberücksichtigung des ASt unter anderem darauf, dass der ASt in der Präsentation unaufgefordert Lösungsvorschläge eingereicht haben solle und deshalb die vorliegende Kriterienliste in den übrigen Punkten weniger erschöpfend dargestellt habe. Auf Rückfrage des ASt bei der Präsentation, ob alle Punkte geklärt seien und die gegebenen Informationen ausreichten, hätte allerdings Herr ... bestätigt, dass dies der Fall sei, wie auch im Protokoll vom 25.02.2005 belegt. Auch nach dem vorliegenden Protokoll habe der ASt keine Lösungsvorschläge unterbreitet. Die Bewertungsliste und die Einzelergebnisse für den ASt würden dem ASt aber wiederum nicht mitgeteilt.

Interessant sei, dass Herr ... von der VSt vor dem Telefax vom 23.03.2005 im Büro bei dem ASt noch angerufen habe und mitgeteilt habe, er bekomme den Auftrag auf gar keinen Fall. Damit bestätige sich für den ASt, dass sachwidrige Erwägungen für die Bewertung entscheidend gewesen seien und nicht die tatsächlichen Kriterien anhand einer objektiven Bewertung. Dieses zeige auch, dass die VSt die eigene Bewertung für den ASt nicht herausgebe.

Der ASt hätte bei ordnungsgemäßer Bewertung mehr als 378,50 Punkte erreicht.

Die Mitteilung der VSt vom 16.03.2005 und 23.03.2005 erfülle nicht die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere nicht nach § 13 VgV. Die vom ... genannten Ablehnungsgründe genügten nicht und erfüllten nicht § 13 VgV. Die Vorenthaltung der eigenen Punktebewertung in den einzelnen Kategorien der Kriterienliste des ... für den ASt belege die fehlerhafte Bewertung des Angebotes und der Leistung des ASt. Damit werde dem ASt verwehrt, die Bewertung zu überprüfen. Dieses verstoße gegen jegliche Transparenz. Der ASt besitze einen Anspruch auf Offenlegung seiner eigenen Bewertung.
Der ASt gehe davon aus, dass er bei ordnungsgemäßer Bewertung mehr als 378,50 Punkte gemäß der Kriterienliste erreicht und damit den Zuschlag erhalten hätte. Nachdem dem ASt aber nur die Gesamtpunktzahl genannt werde, nicht aber die Auflistung nach Kriterien, sei die Bewertung nicht nachvollziehbar und nicht transparent. Die VSt habe die Information auch endgültig abgelehnt, so dass nur noch das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer verbleibe.

Dass Bewertungsfehler vorlägen, werde sogar bestätigt durch das Ablehnungsschreiben der VSt vom 23.03.2005 selbst, in welchem die von dem ASt präsentierten Lösungsansätze in rechtswidriger Art und Weise nun zu Lösungsvorschlägen gemacht würden, um dadurch für den ASt ein gesondertes Abschlagskriterium zu schaffen, obwohl der von der VSt selbst herausgegebene Kriterienkatalog ausdrücklich Lösungsansätze verlange und der ASt genau diese auch nur geleistet habe:

"Erörterung zur Bewältigung von besonderen Maßnahmen (z.B. Schwierigkeitsgrad, innovative Ideen/Gedanken, Qualität des Entwurfes + der Ausführung etc.)

Auch das Einladungsschreiben der VSt vom 20.01.2005 fordere ausdrücklich "Lösungsansätze zu den einzelnen Themengebieten". Genau dem sei der ASt nachgekommen und habe genau dieses Kriterium vollumfänglich erfüllt.

Nachdem dieses ein ausdrückliches positives Wertungskriterium nach der Ausschreibung sei, könne die Darstellung von Lösungsansätzen in schriftlicher, mündlicher und visueller Form durch den ASt in seinen Unterlagen und der Präsentation nun nicht auf einmal ein Negativkriterium sein, sondern müsse positiv gewichtet werden. Der ASt habe anders als dieses die VSt in ihrem Schreiben vom 23.03.2005 behaupte, die Kriterienliste in allen Punkten erschöpfend dargestellt und müsse daher die volle Punktzahl erhalten.

Des Weiteren verstoße das Verfahren gegen das Gebot der Transparenz hinsichtlich Information und Bewertung und der Gleichbehandlung. Wenn der Entscheider der VSt, Herr ..., mitteile, der ASt bekomme sowieso bei ihm keinen Auftrag, werde damit bestätigt, dass aus anderen Motiven heraus der ASt offenbar im gesamten Verfahren überhaupt keine faire gleichwertige Chance zu anderen Bietern gehabt hätte.

4.
Die Vergabekammer Nordbayern hat den Nachprüfungsantrag am 29.03.2005 der VSt zugestellt und um Zusendung der Vergabeakten und Äußerung gebeten.

5.
Die VSt hat die Vergabeunterlagen vorgelegt und mit Schreiben vom 04.04.2005 zum Nachprüfungsantrag Stellung genommen.

Sie beantragte:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der ASt trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Antrag des ASt sei bereits teilweise unzulässig, jedenfalls aber in vollem Umfang unbegründet, da die beabsichtigte Auftragserteilung an die Beigeladene in keiner Weise vergaberechtswidrig sei und der ASt selbst keinen Anspruch auf Auftragserteilung habe.

Zunächst sei der vom ASt vorgetragene Sachverhalt in mehreren Punkten zu ergänzen bzw. zu berichtigen.

1. Der ASt gebe unter I.1 der Begründung des Nachprüfungsantrages den Ablauf des Verhandlungsverfahrens mit Einladungsschreiben und den Inhalt des Protokolls der mündlichen Präsentation vom 25.02.2005 richtig wieder. Falsch sei hingegen die Behauptung: "Bei den im Protokoll von der VSt als Vorplanungsüberlegungen bezeichneten Inhalten handelt es sich, wie unschwer den Vergabeakten zu entnehmen sein wird, um visuell dargestellte Lösungsansätze, die laut Einladung zum Verhandlungsgespräch vom 20.01.2005 auch explizit gefordert waren und vom ASt auch als solche bezeichnet wurden".

Wie im Protokoll vom 25.02.2005 korrekt wiedergegeben, habe der ASt in der mündlichen Präsentation einen Schwerpunkt auf die Darstellung von objektbezogenen Lösungsvorschlägen gesetzt (im Protokoll als "Vorplanungsüberlegungen" bezeichnet). Dies ergebe sich auch eindeutig aus den der Vergabekammer vorliegenden Unterlagen zur mündlichen Präsentation des ASt. Lösungsvorschläge gemäß § 24 Abs. 3 VOF seien aber von der VSt niemals gefordert gewesen und dürften daher weder positiv noch negativ in der Bewertung berücksichtigt werden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass der ASt das Protokoll der mündlichen Präsentation vom 25.02.2005 bereits am 04.03.2005 per Fax übermittelt bekommen habe. Bis zur Einleitung des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens habe der ASt weder mündlich noch schriftlich dem Inhalt des Protokolls widersprochen.
Er habe damit zu erkennen gegeben, dass auch aus seiner Sicht ein Schwerpunkt seiner mündlichen Präsentation auf der Darstellung von (nicht geforderten) Lösungsvorschlägen gelegen habe.

Zu I.3. der Begründung sei klarzustellen, dass die telephonische Rückfrage der ASt am 17.03.2005 keine Rüge enthalten habe. Es sei seitens der VSt nochmals die vorgesehene Beauftragung der Beigeladenen mitgeteilt worden.

Im Schreiben vom 23.03.2005 sei die noch fehlende schriftliche Information gemäß § 13 Satz 1 VgV hinsichtlich des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, nachgeholt worden. Des Weiteren sei dem ASt einer der Gründe mitgeteilt worden, warum sein Angebot nicht beauftragt werden sollte. Natürlich hätten hier nicht alle Gründe abschließend dargelegt werden können, da sich die Punktzahl des Bieters aus einer umfangreichen und sehr detaillierten Bewertung der schriftlichen und mündlichen Präsentation durch die VSt ergeben habe. Die unaufgeforderte Präsentation der Lösungsvorschläge sei deshalb nur beispielhaft erwähnt worden, um den ASt von seiner Fehleinschätzung hinsichtlich des ordnungsgemäßen Ablaufs des Vergabeverfahrens zu überzeugen.
Wenn der ASt hier erneut vortrage, er habe "auch nach dem vorliegenden Protokoll (...) keine Lösungsvorschläge unterbreitet", so sei darauf hinzuweisen, dass sich gerade aus dem angesprochenen Protokoll vom 25.02.2005 und den Unterlagen zur mündlichen Präsentation das Gegenteil ergebe.

Die protokollierte Aussage der Parteien über den ausreichenden Austausch von Informationen müsse natürlich anhand der konkreten Gesprächssituation betrachtet werden. Die Gestaltung und Schwerpunktsetzung in der mündlichen Präsentation obliege allein dem Bieter. Die VSt dürfe hier schon aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes keine über das vorgegebene Verfahren hinausgehenden Hinweise an den Bieter erteilen.

Dem Vortrag des ASt unter I.5 müsse ausdrücklich widersprochen werden. Die nunmehr im Nachprüfungsantrag aufgestellte Behauptung, Herr ... von der VSt hätte mitgeteilt, dass der ASt den Auftrag auf gar keinen Fall bekomme, entspreche nicht den Tatsachen.
Entgegen der Einlassung des ASt seien damit auch keine sachwidrigen Erwägungen für die Bewertung des Angebotes des ASt entscheidend gewesen.

Allen Teilnehmern seien die gleichen Unterlagen zur Verfügung gestellt worden und die Behauptung, dass der ASt bei ordnungsgemäßer Bewertung mehr als 378,50 Punkte erreicht hätte, entbehre jeglicher Grundlage.

I. Zulässigkeit

Die Einlassung, dass "die von dem ASt präsentierten Lösungsansätze in rechtswidriger Weise nun zu Lösungsvorschlägen gemacht werden", sei bereits gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB unzulässig. Unabhängig von der Richtigkeit dieser Behauptung sei dem ASt die Niederschrift über die mündliche Präsentation bereits am 04.03.2005 per Fax übermittelt worden. Aus dieser Niederschrift gehe eindeutig hervor, dass der ASt Vorplanungsüberlegungen, also konkrete Lösungsvorschläge, im Umgriff skizziert und erklärt habe. Da diese (im Übrigen korrekte) Darstellung des Ablaufs der mündlichen Präsentation nicht unverzüglich gerügt worden sei, sondern vielmehr zunächst stillschweigend anerkannt und erst mit Schreiben an die Vergabekammer vom 24.03.2005 angegriffen worden sei, sei der Vortrag präkludiert.

II. Begründetheit

a) Informationspflicht nach § 13 VgV

Die Information durch die VSt erfülle die gesetzlichen Vorgaben des § 13 Satz 1 VgV. Der Bieter habe darüber hinaus keinen Anspruch auf Bekanntgabe der Einzelbewertung im noch laufenden Vergabeverfahren. Es liege damit kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor und auch kein Beleg für eine angeblich fehlerhafte Bewertung.

b) Wertung der Angebote

Über die Vergabe freiberuflicher Leistungen werde im Rahmen einer wertenden Prognose entschieden. Dadurch sei dem Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet, der nur beschränkt einer gerichtlichen Nachprüfung unterliege. Dieser Beurteilungsspielraum sei nur dann überschritten, wenn ein vorgeschriebenes Verfahren nicht eingehalten worden sei.

Der Einladung zum Verhandlungsverfahren vom 20.01.2005 sei eine Kriterienliste beigefügt gewesen, in der die vorgesehenen Zuschlagskriterien, ihre Rangfolge und ihre Gewichtung angegeben worden seien. Die Wertung der Angebote durch die VSt basiere entsprechend auf den in der Kriterienliste angegebenen Zuschlagskriterien und daher keinesfalls auf sachfremden Erwägungen.

Die Wertung der Angebote nach der Kriterienliste sei durch vier Architekten der VSt erfolgt und sei, wie sich aus den Vergabeunterlagen ergebe, exakt dokumentiert und sehr sorgfältig durchgeführt worden. Der ASt sei dabei in keinem Stadium des Verhandlungsverfahrens an erster Wertungsstelle gewesen. Die pauschale Behauptung von Verstößen gegen das Transparenz- bzw. Gleichbehandlungsgebot sei daher nicht nachvollziehbar. Insbesondere dem Vortrag, dass der ASt keine faire gleichwertige Chance im Vergleich zu anderen Bietern gehabt habe, werde widersprochen.

Soweit der ASt behaupte, es läge ein Bewertungsfehler vor, weil die vom ASt präsentierten Lösungsansätze in rechtswidriger Art und Weise nun zu Lösungsvorschlägen gemacht würden, sei dieser Vortrag nicht nur präkludiert, sondern auch unbegründet.

Im Einladungsschreiben zum Verhandlungsgespräch seien ausdrücklich Lösungsansätze zu den einzelnen Themengebieten in der Kriterienliste gefordert worden. Gemeint gewesen seien hiermit allgemeine Lösungsansätze zu der in der Vergabebekanntmachung beschriebenen Baumaßnahme, die die Teilnehmer am Verhandlungsverfahren anhand von Referenzobjekten darstellen sollten. Es seien zu keiner Zeit objektbezogene Lösungsvorschläge verlangt gewesen.. Hierzu seien die Bieter auch nicht in der Lage gewesen, da ihnen lediglich ein Lageplan zur Verfügung gestellt worden sei, aber keine Grundrisse oder Außenansichten des geplanten Gebäudekomplexes. Dementsprechend hätten auch alle anderen Bieter allgemeine Lösungsansätze anhand von Referenzprojekten präsentiert. Lediglich der ASt habe in seinen schriftlichen und mündlichen Präsentationen bereits konkrete Lösungsvorschläge (im Protokoll vom 25.02.2005 als "Vorplanungsüberlegungen" bezeichnet) vorgestellt. Durch die unaufgeforderte und überflüssige Präsentation dieser Lösungsvorschläge sei es dem ASt nicht mehr möglich gewesen, die übrigen Punkte in der Kriterienliste erschöpfend darzustellen, was zu einer geringeren Punktzahl geführt habe. Da die Lösungsvorschläge nicht verlangt gewesen seien, seien sie von der VSt selbstverständlich nicht in die Bewertung aufgenommen worden, um die anderen Bieter, die die geforderten allgemeinen Lösungsansätze präsentierten, nicht zu benachteiligen.

Aus Sicht der VSt sei dies die vergaberechtlich einzig zulässige Vorgehensweise gewesen. Zu keiner Zeit sei hierdurch ein gesondertes Abschlags- oder Negativkriterium geschaffen worden, so dass entgegen der Auffassung des ASt auch kein Bewertungsfehler vorliege, die Entscheidung der VSt vielmehr ermessensfehlerfrei getroffen worden sei.

6.
Die ASt nahm am 08.04.2005 Akteneinsicht.

7.
Mit Schreiben vom 11.04.2005 hat die Vergabekammer das ... zu dem Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene nahm mit Schreiben vom 12.04.2005 wie folgt Stellung:

Ihre Bewerbungsunterlagen und die Beantwortung und Präsentation des Kriterienkatalogs habe sich genau auf der verbindlichen Anforderungs- und Informationsbasis des Auslobers orientiert und bewegt.

Entsprechend dem Wortlaut der Ausschreibung und der schriftlichen Aufforderung zur Präsentation sei ein vorentwurfsmäßiger, zeichnerischer Lösungsansatz, bezogen auf das konkrete Bauvorhaben nicht gefordert und auch nicht leistbar. Deshalb nicht leistbar, weil ein objektbezogener Lösungsansatz für die Außenanlagen zwingend die Kenntnis der Gebäudegrundrisse, deren Funktionen und Fassaden voraussetze. Diese Informationen seien in dem zur Verfügung gestellten Übersichts-Lageplan jedoch nicht enthalten gewesen.

Wenn tatsächlich der konkrete Lösungsansatz des ASt gewertet würde, müsste zumindest aus Gründen der Gleichbehandlung ihr und den übrigen Mitbewerbern auch die Möglichkeit gegeben werden, ebenfalls einen solchen vorentwurfsmäßigen, zeichnerischen Lösungsansatz präsentieren zu können, um diesen ebenfalls nachträglich in die Wertung mit einzubeziehen.

8.
Mit Schriftsatz vom 13.04.2005 machte der ASt weitere Ausführungen zum Nachprüfungsantrag.
Die Unterlagen der "ersten Runde", die bislang nicht vorgelegt worden seien, seien bedeutsam, da auch in diesen Unterlagen bereits Sachverhalte behandelt seien, die später wiederkehrten und auf die Bezug zu nehmen sei und die in der Bewertung der Bewerbung des ASt teilweise als mit "keine Angabe" und damit mit 0 Punkten bewertet worden seien. Gerade auf die Bewertungsfehler unter der Rubrik "keine Angabe" komme es hier mit entscheidend an, da es hierbei nicht um weiche, sondern harte Bewertungskriterien gehe und die Nichtberücksichtigung von tatsächlich erfolgtem Vortrag auch durch keinerlei Beurteilungsspielraum gedeckt sei. Allein hierdurch rücke der ASt ungeachtet der weiteren Bewertungsfehler an die erste Rangstelle, da er hierzu lediglich mehr als 6,5 Punkte benötige.

Eine Rügepflicht des ASt im Hinblick auf das Protokoll der VSt vom 25.02.2005 habe nicht bestanden. Da auch im Protokoll von "Lösungsvorschlägen" nicht die Rede gewesen sei, sei für den ASt überhaupt nicht erkennbar gewesen, dass mit der im Protokoll gewählten Formulierung der VSt gemeint gewesen sollte, dass er in unzulässiger Art und Weise bereits Lösungsvorschläge präsentiert hätte.

Der Kriterienkatalog, welcher an die Bewerber im Verfahren verteilt worden sei und dort die Punkte für die einzelnen Abschnitte der zur Bewertung stehenden Bewerbung enthalte, sei im Ergebnis nicht derjenige Kriterienkatalog, nach dem die VSt tatsächlich bewertet habe.
Wie die Akteneinsicht ergeben habe, habe die VSt einen detaillierten weiteren Kriterienkatalog gefertigt mit diversen Unterpunkten, den sie dann entsprechend bepunktet habe (Erstellungsdatum offenbar 25.02.2005).

Nach dem Protokoll vom 25.02.2005 für die Beigeladene werde mitgeteilt: "Das der schriftlichen Präsentation beigelegte Honorarangebot werde überarbeitet."

Offenbar sei das Angebot der Beigeladenen noch nicht ausreichend für einen Auftrag gewesen, weshalb nun der Beigeladenen von der VSt selbst nach Schluss der mündlichen Bewerbung nochmals Gelegenheit gegeben worden sei, nachzubessern. Die Mitbewerber hätten keine diesbezügliche Möglichkeit erhalten.

Dieses widerspreche ebenfalls dem Gleichheits- und Fairnessgebot und jeglicher Transparenz und Gerechtigkeit und offenem Wettbewerb.
Die Ordnungsgemäßheit der Bewertung des Honorarangebots der Beigeladenen müsse mit Nichtwissen angegriffen werden.

Die VSt habe in den Bewerbungsbögen für den ASt an diversen Stellen eingetragen "keine Angabe". Dieses treffe jedoch nicht zu, da in den Unterlagen des ASt in allen Fällen detaillierte Angaben hierzu enthalten seien.

Die Bewertung, die zu Lasten des ASt vorgenommen worden sei, werde im einzelnen gerügt.

9.
Auf die von den Bevollmächtigten des ASt im Schriftsatz vom 13.04.2005 im einzelnen dargelegten Bewertungsfehler der schriftlichen und der mündlichen Bewerbung wird verwiesen.

10.
Mit Schriftsatz vom 20.04.2005 wies die VSt darauf hin, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig sei, da der Anwendungsbereich des GWB mangels Erreichen des Schwellenwertes von 200.000,-- ? gemäß §§ 100 Abs. 1, § 2 Nr. 3 VgV nicht eröffnet sei.

Im EU-Amtsblatt seien parallel drei separate Dienstleistungsaufträge für Objektplanung von Freianlagen, für Tragwerksplanung/Baugrund- und Gründungsberatung sowie für Thermische Bauphysik/Bauakustik veröffentlicht.
Die Berechnung des Schwellenwertes bei Dienstleistungsaufträgen erfolge leistungs- bzw. auftragsbezogen. Verschiedene, voneinander unabhängige freiberufliche Leistungen, die an verschiedene Auftragnehmer vergeben werden sollen, seien daher jeweils für sich zu betrachten, auch wenn sie auf ein Objekt bezogen seien. Damit seien für die verschiedenen Leistungen die Auftragswerte nicht zu addieren, sondern jeweils für sich zu beurteilen.

Vorliegend handle es sich um die Ausschreibung der gesamten Objektplanung von Freianlagen für ... . Die anrechenbaren Kosten würden ca. xxx.xxx,-- ? betragen (vgl. auch Unterlagen zur Bewerbungsphase). Damit betrage der Auftragswert gemäß § 15 HOAI für die Objektplanung von Freianlagen weniger als xx.xxx,-- ? (vgl. auch Honorarangebot des ASt in den Unterlagen zur Bewerbungsphase) und liege damit weit unterhalb des Schwellenwertes von 200.000,-- ?. Da es sich vorliegend auch nicht um einen Teilauftrag derselben freiberuflichen Leistung handle, sei der Anwendungsbereich des GWB nicht eröffnet, der Nachprüfungsantrag somit unzulässig.

Mit Schriftsatz vom 25.04.2005 nahmen die Bevollmächtigten des ASt hierzu wie folgt Stellung:
Der Schwellenwert sei erreicht. Damit sei der Anwendungsbereich des GWB eröffnet und der vorliegende Nachprüfungsantrag zulässig. Die VSt trage hier unzutreffend vor. Sie habe nämlich nicht mehrere Aufträge ausgeschrieben, wie sie nun auf einmal behaupte, sondern einen einzigen und den Bewerbern lediglich gestattet, auch nur in Teilbereichen Angebote abzugeben. Die VSt habe demzufolge auch nicht mehrere etwa getrennte Dienstleistungsaufträge ausgeschrieben, sondern einen einzigen "Dienstleistungsauftrag". Auch aus Abschnitt II der Vergabebekanntmachung folge eindeutig, dass ein einziger Auftrag ausgeschrieben worden sei, der sich lediglich in drei Unterabschnitte aufgeteilt habe und dem gemäß habe die VSt unter II 1.9 auch ausdrücklich zugelassen: "Angebote sind möglich für: Ein Los."

Die VSt habe in der Vergabebekanntmachung als Nachprüfstelle die Vergabekammer Nordbayern angegeben.

G r ü n d e :

1.
Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.

Der Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB (§§ 97 ff GWB) ist nicht eröffnet, da der Schwellenwert nicht erreicht wird.

a)
Der Auftragswert des streitgegenständlichen Loses 1 "Objektplanung von Freianlagen" beträgt rund xx.000,-- ? netto.
Der Schwellenwert für Dienstleistungsaufträge in Höhe von 200.000,-- ? wird somit durch das Los 1 nicht erreicht ( § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 127 Nr. 1 GWB, § 2 Nr. 3 VgV ).

b)
Es liegt auch kein Tatbestand vor, der dazu führt, dass die Auftragswerte der in einer EU-Bekanntmachung zusammen ausgeschriebenen Lose 1, 2 und 3 für die Berechnung des Schwellenwertes addiert werden müssten.

Zwar beträgt der Auftragswert für Los 2 "Tragwerksplanung" mehr als xxx.000,- ?, für Los 3 "Bauphysik" rund xx.000,-- ?. Damit würde die Summe über die 3 Lose den Schwellenwert von 200.000,-- ? übersteigen.

Bei den in 3 Losen ausgeschriebenen Aufträgen handelt es sich jedoch nicht um Teilaufträge derselben freiberuflichen Leistung (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 VOF).

Vielmehr werden Ingenieurleistungen nachgefragt, die verschiedenen Fachbereichen der HOAI zuzuordnen sind.
Bei Los 1 handelt es sich um die Objektplanung einer Freianlage nach Teil II der HOAI. In Los 2 war die Tragwerksplanung sowie die Baugrund- und Gründungsberatung eines Gebäudes nach Teil VIII der HOAI anzubieten. Los 3 ist eine bauphysikalische Leistung nach Teil X der HOAI.

Die 3 Lose betreffen also unterschiedliche Bereiche, die nach § 97 Abs. 3 GWB einzeln nach Fachlosen zu vergeben waren.

Maßgeblich für die Ermittlung des Schwellenwerts ist somit der konkrete Auftrag für die einzelnen Lose (vgl. Müller-Wrede, VOF, 2. Aufl., § 3 VOF, Rdnr. 11 - 16).

c)
Die VSt hat in ihrer Ausschreibung auch nicht beabsichtigt, einen Auftrag über die 3 Lose insgesamt an einen Generalplaner zu vergeben.
Bei Beauftragung eines Generalplaners wäre für die Ermittlung des Schwellenwerts dessen Gesamthonorar heranzuziehen und nicht etwa eine Unterteilung in einzelne Fachplanungsleistungen vorzunehmen.

Die Ausschreibung richtet sich nicht an einen Generalplaner sondern an verschiedene Anbieter entsprechend der ausgeschriebenen unterschiedlichen Fachbereiche.
Dies ergibt sich aus den Festlegungen der VSt in der Bekanntmachung.
Dort ist nach Ziffer II.1.9) ein Angebot nur jeweils losbezogen möglich.
In der an die EU abgesandten Vergabebekanntmachung hatte die VSt gerade die Kästchen "Angebote sind möglich für ? mehrere Lose und für ? alle Lose" nicht angekreuzt.

2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB, da der ASt unterlegen ist.

Die aufgrund des Auftragswerts errechnete Mindestgebühr von 2.500,-- ? wird um ... ? auf
... ? reduziert, da zwar eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, eine Sachprüfung in der Entscheidung der Vergabekammer wegen der Zurückweisung des Nachprüfungsantrags als unzulässig jedoch nicht erforderlich war.

Die Gebühr wird mit dem eingezahlten Kostenvorschuss in Höhe von 2.500,-- ? verrechnet. Der übersteigende Betrag von ... ? wird nach Bestandskraft dieses Beschlusses an die ASt zurücküberwiesen.

Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst, da sie keinen Sachantrag gestellt hat.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

.....

RechtsgebieteVgV, VOFVorschriftenVgV § 13; VOF § 3 Abs. 2

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