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14.06.2005 · IWW-Abrufnummer 051683

Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 19.04.2005 – 3 K 50163/03

Kein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für ein ausgefallenes Darlehen, dessen Gewährung an eine GmbH in der Krise durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Gesellschafterebene zuzuordnen ist


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES FINANZGERICHT

Az.: 3 K 50163/03

Urteil vom 19. April 2005

Zur Veröffentlichung freigegeben ab: 11. Mai 2005

Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß
§ 30 Abgabenordnung überarbeitet.

3 K 50163/03

In dem Rechtsstreit

wegen Einkommensteuer 1997 und 1998,
hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 19. April 2005
für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

T a t b e s t a n d

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in den Jahren 1997 und 1998.

Der Kläger war aufgrund eines Anstellungsvertrages vom 18. Januar 1993 seit dem 1. April 1993 als Geschäftsführer bei der Firma ... GmbH in Hamburg tätig. Das monatliche Gehalt betrug 10.000 DM. Mit Vertrag vom 25. April 1995 übertrug der seinerzeit alleinige Gesellschafter dieser GmbH einen Anteil in Höhe von 7.700 DM vom Gesamtstammkapital von 51.000 DM auf den Kläger. Der Kläger hatte bereits am 20. August 1994 für diesen Anteil in Höhe von 15,1 % 35.000 DM bezahlt. Nachdem finanzielle Schwierigkeiten der Firma ... GmbH aufgetreten waren, schloss der Kläger mit der Gesellschaft mehrere Darlehensverträge. Laut Darlehensvertrag vom 8. Juni 1996 gewährte der Kläger der Gesellschaft zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung ein Darlehen in variabler Höhe bis zu 150.000 DM zu einem Zinssatz von 9,5 %. Das dafür benötigte Kapital beschaffte sich der Kläger im Darlehenswege von einer Bank. Die Darlehenssumme einschließlich aufgelaufener Zinsen betrug am 31. Dezember 1997 91.407,73 DM und am 31. März 1998 93.578,53 DM. Laut Darlehensvertrag vom 30. April 1997 gewährte der Kläger der Gesellschaft zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung ein zinsloses Darlehen in Höhe seines (Netto-)Monatsgehaltes für April 1997. Der Darlehensvertrag wurde in den folgenden Monaten bis einschließlich September 1997 jeweils um ein weiteres (Netto-)Monatsgehalt ergänzt. Die Gehälter wurden dem Kläger gutgeschrieben. Die Lohnsteuer wurde von der Gesellschaft einbehalten und abgeführt. Die Darlehenssumme betrug am 31. Dezember 1997 48.179,49 DM und am 31. März 1998 aufgrund einer Teilrückzahlung im März 1998 42.939,49 DM.

Der Kläger war bis Ende September 1997 als Geschäftsführer für die Firma ... GmbH tätig. Sein Anstellungsverhältnis wurde zu diesem Zeitpunkt aufgehoben. Ab Oktober 1997 begann er eine Anschlussbeschäftigung bei der .... Der Kläger blieb Gesellschafter und organschaftlich Geschäftsführer der ... GmbH. Diese meldete im März 1998 Konkurs an. Der Kläger meldete im November 1998 seine Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft in Höhe von insgesamt 136.518,02 DM zur Konkurstabelle an (93.578,53 DM aus dem ersten Darlehen zuzüglich 42.939,49 DM aus den Gehaltsdarlehen). Die Forderungen wurden vom Konkursverwalter bestritten und vom Kläger nicht weiter verfolgt.

Der Kläger gab am 28. Juni 1999 beim Beklagten seine Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Jahr 1997 ab. Dabei erklärte er einen Bruttoarbeitslohn von 130.529 DM. Mit Bescheid vom 15. März 2000 setzte der Beklagte die ESt für das Jahr 1997 auf 934 DM fest. Dabei legte er lediglich einen Bruttoarbeitslohn von 73.429 DM zu Grunde, weil die für die Monate April bis September 1997 darlehensweise vom Kläger der Gesellschaft gewährten (Brutto-)Gehälter in Abzug gebracht wurden. Auf die Steuererklärung des Klägers für das Jahr 1998 vom 7. Oktober 1999 setzte der Beklagte mit Bescheid vom 24. März 2000 die ESt erklärungsgemäß auf 6.881 DM fest.

Der Kläger legte am 12. April 2000 und am 17. April 2000 Einsprüche gegen die Steuerbescheide für 1997 und 1998 ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass seine Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit 1997 tatsächlich 130.529 DM betragen hätten. Im Jahr 1998 sei der Verlust der Darlehensforderungen gegen seine frühere Arbeitgeberin als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen. Der dadurch im Jahr 1998 entstehende Verlust in Höhe von 78.991 DM solle gemäß § 10 d Einkommensteuergesetz (EStG) auf das Jahr 1996 in Höhe von 50.000 DM und auf das Jahr 1997 in Höhe von 28.991 DM zurückgetragen werden. Der Kläger habe das Risiko, die Darlehensforderungen zu verlieren, aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen. Er habe sein Gehalt als Arbeitnehmer-Darlehen gestundet und dies als Maßnahme der Arbeitsplatzsicherung angesehen. Der Kläger habe gedacht, die Firma ... GmbH überstehe deshalb die damalige Krise. Auch die weiteren Darlehen seien aus diesem Grunde gegeben worden. Er habe zunächst lediglich als Geschäftsführer der Gesellschaft fungiert. Erst etwa zwei Jahre später sei er Minderheitsgesellschafter geworden. Der damalige alleinige Gesellschafter sei der Ansicht gewesen, dass der Kläger bei seinem hohen Gehalt als Gesellschafter mit in die Verantwortung genommen werden müsse. Dies und die hohe Einlage von 35.000 DM habe er akzeptiert, um nicht nach kurzer Zeit den Arbeitsplatz wechseln zu müssen. Er sei auch davon ausgegangen, die Einlage durch sein Gehalt in kurzer Zeit wieder hereinzubekommen. Seine Beteiligung sei wegen der geringen Höhe unbedeutend. Nach § 32 a des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) dürfe ein Gesellschafter-Geschäftsführer sich bei einer Krise des Unternehmens kein Gehalt mehr zahlen. Erfolge die Zahlung trotzdem, habe der Konkursverwalter ein Rückforderungsrecht. Dies sei der Geschäftsführung der ... GmbH bewusst gewesen. Die Auszahlung der Geschäftsführergehälter habe unter Umständen sogar zur Zahlungsunfähigkeit und damit zum Konkurs der Gesellschaft führen können. Aus diesem Grunde habe der Kläger sein Gehalt nicht ausgezahlt, sondern darlehensweise gestundet, um seine Ansprüche zu sichern. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise liege daher eine Rückzahlung der Gehälter vor, weil es keinen Unterschied mache, ob es zur Auszahlung und dann zur Rückzahlung oder ob es zur darlehensweisen Stundung des Gehaltes und anschließend zum Ausfall komme. Der negative Abfluss sei entsprechend § 11 EStG in 1998 zu berücksichtigen.

Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 5. April 2002 den Steuerbescheid für 1997 ab und legte wie beantragt dabei einen Bruttoarbeitslohn des Klägers von 130.529 DM zu Grunde. Es wurde eine ESt von 9.755,45 EUR festgesetzt. Die Einsprüche wurden im Übrigen durch Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Im Jahr 1997 sei der Arbeitslohn in der im Einspruch beantragten Höhe als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit besteuert worden. Die Arbeitslöhne seien dem Kläger auch insoweit zugeflossen, als sie der GmbH als Darlehen zur Verfügung gestellt worden seien. Dabei sei lediglich ein abgekürzter Zahlungsweg gewählt worden. Der Verlust der Darlehensforderungen könne 1998 nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden. Finanzielle Zuwendungen eines nicht nur unwesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers an die GmbH seien regelmäßig nicht durch den Beruf des Steuerpflichtigen, sondern durch die Gesellschafterstellung veranlasst. Die Beteiligung des Klägers in Höhe von 15,1 % sei nicht unbedeutend. Hinzu komme, dass der Kläger der ... GmbH seine Darlehen auch nach dem Ausscheiden als Geschäftsführer weiterhin zur Verfügung gestellt habe. Dies spreche neben seiner Beteiligung dafür, dass er das Darlehen nicht als Arbeitnehmer, sondern als Gesellschafter gegeben habe.

Der Kläger hat am 10. Juni 2003 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass die Darlehenshingabe nicht der Gesellschafterebene zuzurechnen sei. Er sei ursprünglich Fremdgeschäftsführer gewesen, und erst im Rahmen der Unternehmenskrise seien ihm Anteile angeboten worden. Er habe vor der Wahl gestanden, entweder die Anteile zu übernehmen oder seinen Arbeitsplatz zu verlieren. In derselben Zwangslage habe er sich bei der Darlehensgewährung gesehen. Hinzu komme, dass es sich bei seiner Beteiligung um eine Minderheitsbeteiligung unter 25 % gehandelt habe. Ihm hätten damit keine wesentlichen Mitwirkungsrechte auf Gesellschafterebene zugestanden. Somit sei er als unwesentlich Beteiligter anzusehen. Der Kläger habe vorrangig seinen Arbeitsplatz gesehen. Dementsprechend habe er seine Tätigkeit eingestellt und außer der darlehensweisen Stundung von Gehaltszahlungen keine weiteren Darlehen in die Gesellschaft eingebracht, als er habe erkennen können, dass sein Arbeitsplatz verloren sei. Bei dem Hilfsantrag gehe es darum, dass 1997 die Gehälter nach Abzug der Lohnsteuer darlehensweise in Höhe von 42.939,49 DM gestundet worden seien. Dieser Betrag sei in diesem Jahr berücksichtigt worden. Entweder seien aber wegen eines nachträglichen Ereignisses die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in 1997 um diesen Betrag gemäß § 175 der Abgabenordnung (AO) zu verringern oder gemäß § 11 EStG als negative Einnahmen in 1998 zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid für 1998 über ESt vom 24. März 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2003 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf -59.261,49 DM festgesetzt werden und der sich hieraus ergebende negative Gesamtbetrag der Einkünfte von 78.990,49 DM in Höhe von 58.721 DM nach 1997 zurückgetragen wird,
hilfsweise,
die Einkünfte in 1997 auf 82.499,51 DM festzusetzen,
äußerst hilfsweise,
die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in 1998 auf 23.738,51 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, dass die Gehälter für die Monate April bis September 1997 dem Kläger zugeflossen seien. Diese seien auf dem Lohnkonto verbucht, die Lohnabzugsbeträge seien ein-behalten und an das zuständige Finanzamt abgeführt worden. Die Lohnsteuer entstehe gemäß § 38 Abs. 2 EStG erst in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließe. Der Kläger habe der GmbH den Arbeitslohn nicht gestundet. Vielmehr habe der Kläger mit der GmbH Darlehensverträge abgeschlossen und dieser mehrere Darlehen in Höhe des Arbeitslohnes gewährt. Eine Minderung des Arbeitslohnes in 1997 könne deshalb nicht erfolgen. In 1998 könne dieser ebenfalls nicht gemindert werden, weil der Kläger durch den Konkurs nicht seinen Arbeitslohn, sondern die gewährten Darlehen verloren habe. Es sei auch davon auszugehen, dass die Möglichkeit der Arbeitgeberin zur Auszahlung bestanden habe, weil die Lohnabzugsbeträge abgeführt worden seien und der Konkursantrag erst im März 1998 gestellt worden sei. Vorliegend spreche nicht nur der Beteiligungsquotient des Klägers für eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe, sondern auch der Umstand, dass er nach seinem Ausscheiden als Arbeitnehmer die Darlehen nicht zurückgefordert habe. Er sei weiterhin Gesellschafter der GmbH geblieben und habe die Darlehen zur Verfügung gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide vom 24. März 2000 und vom 5. April 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2003 sind rechtmäßig.

Die Klage hat sowohl mit dem Hauptantrag (1.) als auch mit den Hilfsanträgen (2.) keinen Erfolg.

1. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die vom Kläger geltend gemachten Verluste aus den von ihm der ... GmbH gewährten Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Stehen Aufwendungen mit mehreren Einkunftsarten in einem objektiven Zusammenhang, sind sie bei der Einkunftsart zu berücksichtigen, zu der sie nach Art und Weise die engere Beziehung haben (vgl. BFH, Urteil vom 26. November 1993, VI R 3/92, BFHE 173, 69, BStBl II 1994, 242). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der der Senat folgt, sind Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 19 EStG alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist bei Einkünften aus nichtselb-ständiger Arbeit anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden. Diese Grundsätze gelten auch für nachträgliche Werbungskosten, die entstehen können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. In einem solchen Fall muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen (vgl. BFH, Urteil vom 20. Dezember 1988, VII R 55/84, BFH/NV 1990, S. 23). Danach kann auch der wirtschaftliche Verlust eines dem Arbeitgeber gewährten Darlehens dann zu Werbungskosten des Arbeitnehmers bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen, wenn er das Risiko des Darlehensverlustes aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat. Berufliche Gründe können dann angenommen werden, wenn ein Außenstehender - insbesondere eine Bank - mit Rücksicht auf die Gefährdung der Darlehensforderung das Darlehen nicht gewährt hätte (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 1995, VI R 64/94, BFHE 177, 472, BStBl II 1995, 644; Urteil vom 7. Mai 1993, VI R 38/91, BFHE 171, 275, BStBl II 1993, 663).

Im Streitfall war der Kläger indes nicht nur Arbeitnehmer der GmbH (als Geschäftsführer), sondern auch deren Mitgesellschafter. Die Gewährung der streitgegenständlichen Darlehen konnte deshalb durch seine Arbeitnehmer- aber auch durch seine Gesellschafterstellung veranlasst gewesen sein. Ist der Geschäftsführer einer GmbH allerdings in einem nicht nur unbedeutenden Umfang an der Gesellschaft beteiligt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine Stützungsmaßnahme zu Gunsten der Gesellschaft - wie die Übernahme einer Bürgschaft oder die Hingabe eines Darlehens - durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Denn ein fremder, nicht durch eine Beteiligung mit der Gesellschaft verbundener Arbeitnehmer wird im Regelfall weniger bereit sein, das Risiko einer derartigen Maßnahme einzugehen als ein an der Gesellschaft beteiligter Arbeitnehmer, der auch Einfluss auf die Leitung der Gesellschaft nehmen kann. Bei einem nicht nur unwesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer kann von einer durch das Arbeitsverhältnis veranlassten Stützungsmaßnahme nur ausgegangen werden, wenn besondere Umstände dafür sprechen. Dabei ist auf alle Umstände des Einzelfalles abzustellen (vgl. BFH, Urteil vom 5. Oktober 2004, VIII R 64/02, BFH/NV 2005, S. 54; Urteil vom 26. November 1993, VI R 3/92, a.a.O.; Urteil vom 20. Dezember 1988, VI R 55/84 a.a.O.).

In der Rechtsprechung des BFH ist - soweit ersichtlich - noch nicht geklärt, bis zu welchem Prozentsatz von einer lediglich unbedeutenden Beteiligung an der Gesellschaft ausgegangen werden kann (vgl. dazu FG Münster, Urteil vom 19. Oktober 1999, 2 K 6754/97 E, EFG 2000, S. 554 m.w.N.). Diese Frage braucht auch vorliegend nicht abschließend geklärt zu werden. Es kann zudem offen bleiben, ob eine Beteiligung von mehr als 10 % grundsätzlich als nicht unbedeutend anzusehen ist. Dafür spricht der Umstand, dass diese Grenze auch für die Abgrenzung privater und beruflich veranlasster Aufwendungen im Zusammenhang mit § 12 EStG angewendet wird (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 18. November 1996, 18 K 3837/93 E, EFG 1998, S. 31; FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 7. Februar 2001, 6 K 55/00, EFG 2001, S. 970). Ferner wird diese Grenze auch in gesellschaftsrechtlichen Vorschriften für die Abgrenzung einer erheblichen von einer unerheblichen Beteiligung als sachgerecht angesehen (vgl. § 32a Abs. 2 Satz 2, § 50, § 61 Abs. 2, § 66 Abs. 2 GmbHG). Jedenfalls eine Beteiligung von 15,1 % an der Gesellschaft stellt sich als nicht unbedeutend dar. Auch wenn damit kein bestimmender Einfluss auf die GmbH ausgeübt werden kann, vermittelt eine derartige Beteiligung in einem solchen Maße Gesellschaftsrechte, insbesondere einen Anteil am Gewinn und Verlust der Gesellschaft sowie die Minderheitsrechte des § 50 GmbHG, dass die Vermutung nahe liegt, ein in dieser Höhe beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer werde im weit höheren Maße bereit sein, das Risiko des Verlustes einer Stützungsmaßnahme für die Gesellschaft einzugehen, als ein nicht an der Gesellschaft beteiligter Arbeitnehmer.

Hier liegen keine besonderen Umstände des Einzelfalles vor, die eine engere Beziehung zum Arbeitsverhältnis als zur Gesellschafterstellung des Klägers begründen. Selbst wenn man von einer unbedeutenden Beteiligung des Klägers ausgehen würde, sprechen die Umstände des Einzelfalles vielmehr dafür, dass die Hingabe der beiden streitgegenständlichen Darlehen eine engere Beziehung zur Gesellschafterebene aufweist.

Im Darlehensvertrag vom 8. Juni 1996 ist zwar davon die Rede, dass es zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung gegeben wurde. Auch trägt der Kläger vor, dass er dieses Darlehen vorrangig gegeben habe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern. Allerdings setzt die Sicherung des Arbeitsplatzes den Erhalt der Gesellschaft und damit letztlich den Werterhalt der Beteiligung des Klägers voraus. Ein nicht beteiligter Arbeitnehmer hätte sich hingegen bei wirtschaftlicher Abwägung zwischen dem Verlust des Arbeitsplatzes und der Darlehensgewährung kaum auf das eingegangene Risiko eingelassen. Dies folgt bereits daraus, dass die maximale Darlehenssumme von 150.000 DM das Jahresgehalt des Klägers von 120.000 DM überstieg und zudem fremdfinanziert werden musste. Es wurden zudem weder Sicherheiten vereinbart noch Regelungen über die Laufzeit und die Tilgung des Darlehens getroffen. Auch wenn der Kläger als Geschäftsführer Einfluss auf die Leitung der Gesellschaft hatte und damit nicht unmaßgeblich für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft mitverantwortlich war, ist davon auszugehen, dass ein nicht beteiligter Geschäftsführer das Risiko des Ausfalls mit einer fremdfinanzierten Summe von maximal 150.000 DM nicht eingegangen wäre. Dazu kommt, dass der Kläger nach Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer das Darlehen zunächst nicht zurückgefordert, sondern es erst im Rahmen des Konkursverfahrens als Forderung gegen die Gesellschaft angemeldet hat. Es wäre zu erwarten gewesen, dass ein nicht beteiligter Arbeitnehmer nach Beendigung seines Dienstverhältnisses das Darlehen umgehend gekündigt hätte, um eine Rückzahlung zu erreichen.

Auch hinsichtlich der darlehensweise hingegebenen (Netto-)Gehälter für die Monate April bis September 1997 gilt nichts anderes. Insoweit ist ebenfalls davon auszugehen, dass ein nicht beteiligter Geschäftsführer in der Krise der Gesellschaft dieser keine weiteren Darlehen mehr gegeben hätte, zumal zu diesem Zeitpunkt das Darlehen von Juni 1996 einschließlich bis dahin aufgelaufener Zinsen schon in Höhe von 85.181,83 DM bestand (Stand 31. März 1997). Der Kläger hat zudem in der Klageschrift vorgetragen, dass er außer der darlehensweisen Stundung von Gehaltszahlungen keine weiteren Darlehen an die Gesellschaft eingebracht habe, als er habe erkennen können, dass sein Arbeitsplatz verloren ginge. Diese Ausführungen lassen darauf schließen, dass er bei Hingabe der Gehaltsdarlehen nicht mehr davon ausgegangen ist, seinen Arbeitsplatz sichern zu können. So ist auch die Ergänzung des Darlehensvertrages vom 30. April 1997 um das Septembergehalt 1997 erst am 30. September 1997 vereinbart worden, obwohl der Kläger bereits zum 1. Oktober 1997 eine Anschlussbeschäftigung begonnen hat. Darum muss er sich der Lebenserfahrung nach bereits früher bemüht haben. Auch dies spricht dafür, dass die Gehaltsdarlehen nicht mehr zur Arbeitsplatzsicherung gegeben wurden. Ferner kommt auch hier hinzu, dass der Kläger noch länger Gesellschafter geblieben ist und nach Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer die Gehaltsdarlehen nicht sofort gekündigt und zurückgefordert hat.

2. Die Hilfsanträge haben ebenfalls keinen Erfolg. Der Beklagte ist im Änderungsbescheid vom 5. April 2002 für den Veranlagungszeitraum 1997 zu Recht davon ausgegangen, dass die Gehälter der Monate April bis September 1997 dem Kläger in diesem Jahr in Höhe der Bruttobeträge zugeflossen sind. Ein Zufluss von Arbeitslohn gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38 a Abs. 1 Satz 2 und 3 und § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG erfolgt erst bei Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Sofern ein Arbeitnehmer sein Gehalt als Darlehen beim Arbeitgeber stehen lässt, hat er darüber die wirtschaftliche Verfügungsmacht gehabt, weil er durch Schuldumwandlung über die Mittel verfügt hat (vgl. BFH, Urteil vom 14. Mai 1982, VI R 124/77, BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469; Heinicke, in: Schmidt, EStG 23. Aufl. 2004, § 11 Rn. 30 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat mit seiner Arbeitgeberin schriftliche Darlehensverträge über seine Monatsgehälter April bis September 1997 geschlossen. Darin verpflichtete sich die Arbeitgeberin, die anfallende Lohnsteuer abzuführen, was auch erfolgt ist. Das Darlehen wurde dementsprechend nur in Höhe des jeweiligen Nettolohnbetrages vereinbart. Dies zeigt, dass die Parteien der Darlehensverträge von einem Zufluss des Bruttolohnes ausgegangen sind, weil gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG erst dann die Lohnsteuer entsteht. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt insoweit auch nicht lediglich eine Stundung vor, weil diese die Fälligkeit der Lohnforderungen hinausgezögert hätte, so dass weder ein Darlehen hätte gewährt werden können, noch Lohnsteuer entstanden wäre.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Zufluss der streitgegenständlichen Monatsgehälter deshalb zu verneinen sein könnte, weil die ... GmbH nicht zahlungswillig oder vorübergehend zahlungsunfähig war, so dass der Kläger letztlich keine andere Wahl gehabt hat, als der Gesellschaft seine Gehälter darlehensweise zur Verfügung zu stellen. Der Kläger hat dies nicht behauptet. Er spricht nur von Zahlungsschwierigkeiten, die unter Umständen zum Konkurs hätten führen können. Ferner meint er, bei Auszahlung der Gehälter habe ein Rückforderungsrecht gemäß § 32a GmbHG entstehen können. Im Übrigen spricht der Umstand, dass die Lohnsteuerbeträge abgeführt wurden und erst gut ein halbes Jahr nach dem letzten darlehensweise gewährten Nettogehalt des Klägers ein Konkursantrag durch die Gesellschaft erfolgt ist, gegen die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft bis Ende September 1997 den vom Kläger eingeräumten Kreditrahmen von maximal 150.000 DM in Höhe von über 60.000 DM noch nicht ausgeschöpft hatte. Jedenfalls von Seiten des Klägers konnte sich die Gesellschaft somit noch liquide Mittel besorgen.

Der Beklagte geht auch zu Recht davon aus, dass der Restgehaltsdarlehensbetrag von 42.939,49 DM nicht im Veranlagungsjahr 1998 als negative Einnahmen aus nichtselb-ständiger Arbeit berücksichtigt werden kann. Der Verlust dieses Betrages stellt entgegen der Auffassung des Klägers keine Gehaltsrückzahlung dar, sondern war nach der Schuldumwandlung der Gehalts- in eine Darlehensforderung der Ausfall der Letzteren.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 EStG, § 19 EStG

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