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22.06.2005 · IWW-Abrufnummer 051620

Finanzgericht Köln: Urteil vom 17.01.2005 – 11 V 5145/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

11. Senat Senatsbeschluß vom 17.01.2005

Az.: 11 V 5145/04

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Beteiligten streiten über den umsatzsteuerrechtlichen Ort und damit die Steuerbarkeit der vom Antragsteller als Handelsvertreter erbrachten Vermittlungsleistungen.

Der Antragsteller ist als Handelsvertreter für die ................. mit Sitz in ................, Spanien, als Handelsvertreter tätig. Nach dem zwischen dieser Gesellschaft und dem Kläger am 14.08.2003 geschlossenen und am 12.01.2004 erneuerten Handelsvertretervertrag verpflichtete sich der Antragsteller gegenüber der ........... ?dauerhaft bzw. ständig, als unabhängiger Vermittler fremdbestimmt Handelsgeschäfte bzw. Handelsoperationen entgeltlich zu fördern oder diese zu fördern und in mittels Vermittlungsvollmacht für den Unternehmer und zu dessen geltenden Lieferungs- und Zahlungsbedingungen zu vermitteln ohne, sofern nicht gegenteiliges vereinbart wurde, das Geschäftrisiko zu übernehmen?. Die Verträge, auf deren Kopien in den Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakten des Antragsgegners verwiesen wird, enthalten zudem eine Bestimmung des Unternehmensgegenstandes der ................ Danach widmet sich das Unternehmen ?dem Markt der Bereitstellung von Dienstleistungen betreffend der Förderung und Ausführung von Baumaßnahmen und Bauten jeglicher Art, einschließlich Umbauten und Restaurierung, sowie der Vermittlung von Bau- und Reformierungsverträgen?.

Aus seiner Tätigkeit für die ................., die sich ausschließlich auf die Vermittlung von Bauleistungen an Grundstücken in Deutschland bezog, erzielte der Antragsteller in 2003 Nettoerlöse i.H.v. 13.230 EUR und im I. Quartal 2004 i.H.v. 9.259 EUR.

In den Umsatzsteuer-Voranmeldungen August bis Dezember 2003 behandelte der Antragsteller die vorgenannten Umsätze als nicht steuerbar. Die Besteuerungsgrundlagen für die Voranmeldung des I. Quartals 2004 wurden geschätzt.

Der Antragsgegner führte beim Antragsteller am 08.06.2004 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Dabei kam der Prüfer und ihm folgend der Antragsgegner unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Leistungen des Antragstellers für die .............. in Deutschland umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig seien. Der Ort der Vermittlungsleistungen bestimme sich gem. § 3 a Abs. 2 Nr. 1 c UStG nach dem Belegenheitsort der Grundstücke, für die Leistungen vermittelt worden seien. Die Grundstücke seien aber sämtlich in Deutschland gelegen (vgl. Tz. 15 des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichts vom 13.08.2004, Bl. 17 ff. GA).

In der Folge erließ der Antragsgegner unter dem 09.09.2004 geänderte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide und erhöhte insoweit die Umsatzsteuer für August bis Dezember 2003 um insgesamt ........... EUR, für das I. Quartal 2004 um .......... EUR.

Über den hiergegen eingelegten Einspruch des Antragstellers ist bislang noch nicht entschieden worden. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27.09.2004 ab.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass sich der Ort der von ihm ausgeführten sonstigen Leistungen gemäss § 3 a Abs. 2 Nr. 4 Satz 3 UStG in Spanien befinde. Der Leistungsempfänger der Vermittlungsleistungen, nämlich die ..........., habe ihm gegenüber ihre spanische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, so dass die Vermittlungsleistung als in Spanien ausgeführt gelte. § 3 a Abs. 2 UStG enthalte hinsichtlich der Ortsbestimmung von sonstigen Leistungen Ausnahmen zu dem in § 3 a Abs. 1 UStG niedergelegten Grundsatz. Für Vermittlungsleistungen sei § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG Spezialvorschrift. Darunter fielen alle Vermittlungsleistungen, auch solche in Zusammenhang mit Grundstücken. Innerhalb des § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG enthalte Satz 3 noch eine weitere Spezialregelung, die die Ortsbestimmung anhand der verwendeten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedsstaates treffe. Es bestünde also ein Wahlrecht, durch Verwendung der Identifikationsnummer einen abweichenden Leistungsort zu bestimmen. Dieses Wahlrecht stelle die einzige Ausnahme zu der ansonsten für Vermittlungsleistungen anwendbaren Ortsbestimmung des § 3 a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG dar. Weitere Ausnahmen seien nicht bestimmt. Hätte der Gesetzgeber weitere Ausnahmen erfassen wollen, hätte er diese in § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG niedergelegt.

Die Ansicht des Antragsgegners, § 3 a Abs. 2 Nr. 1 c UStG ginge dem gesamten Inhalt des § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG vor, widerspreche der Systematik des Gesetzes. Er begründe dies alleine mit der Reihenfolge der Vorschriften und mit Lehrmeinungen. Aus gesetzlichen Reihenfolgen ergebe sich aber stets, dass zuerst der Grundsatz und dann die Ausnahme niedergelegt sei. Deshalb könne die Reihenfolge hier nichts belegen. Eine Besteuerung des Umsatzes durch den Antragsgegner trotz Verwendung der spanischen Identifikationsnummer durch den Leistungsempfänger laufe der Gesetzessystematik zuwider, denn bei der Geschäftsabwicklung werde einerseits im Inland Umsatzsteuer vom Vermittler erhoben, wogegen der Leistungsempfänger keinen Vorsteueranspruch habe und der Vermittler kein Anspruch auf Auszahlung der abgeführten Umsatzsteuer durch den Leistungsempfänger.

Der Antragsteller beantragt,
die angefochtenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von der Vollziehung auszusetzen bzw. die Vollziehung aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.

Im Streitfall erbringe der Antragsteller sonstige Leistungen in Form der Akquise von Renovierungs- und Modernisierungsaufträgen an im Inland belegenen Gebäuden. Der Ort der Vermittlungsleistungen bestimme sich mithin nach § 3 a Abs. 2 Nr. 1 c UStG. Diese Vorschrift gehe § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG vor. Der Antragsteller erbringe folglich im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistungen.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO.

Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll auf Antrag ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (§ 69 Abs. 2 und 3 FGO). Ernstliche Zweifel bestehen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund präsenter Beweismittel und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22.09.1993 V B 113/93, BFH/NV 1994, 281; vom 04.04.1996 V S 1/96, V B 6/96, BFH/NV 1996, 797 und vom 31.01.2002 V B 108/01, BFH/NV 2002, 835).

Aufgrund der nach diesen Grundsätzen vorzunehmenden Prüfung bestimmt sich der Ort der vom Antragsteller ausgeführten sonstigen Leistungen nach § 3 a Abs. 2 Nr. 1 c Umsatzsteuergesetz in der Fassung des Streitjahres (UStG).

Nach dieser Vorschrift wird abweichend von der Ortsbestimmung in § 3 a Abs. 1 eine sonstige Leistung in Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ist insbesondere auch eine sonstige Leistung anzusehen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung oder der Ausführung von Bauleistungen dienen.

Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ist auch die Vermittlung einer der in § 3 a Abs. 2 Nr. 1 UStG genannten sonstigen Leistungen (vgl. Leonard in Bunjes/Geist, UStG, 7. Aufl., § 3 a Rz. 14; Kossach in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 a UStG Rn. 45; Stadie in Rau/Durrwächter, UStG, 8. Aufl., § 3 a Anm. 155).

Die .......... erbringt insbesondere Bauleistungen und damit Leistungen im Sinne des § 3 a Abs. 2 Nr. 1 c UStG. Der Antragsteller vermittelt diese Leistungen als Handelsvertreter und erbringt somit Vermittlungsleistungen, die ebenfalls unter die vorgenannte Vorschrift fallen.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers greift im Rahmen der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung die zu einer abweichenden Ortsbestimmung und damit zur Nichtsteuerbarkeit der sonstigen Leistungen des Antragstellers führende Vorschrift des § 3 a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG vorliegend nicht. § 3 a Abs. 2 Nr. 1 ist lex specialis zu § 3 a Abs. 2 Nr. 4 und damit vorrangig anzuwenden (vgl. Kossach, a.a.O., § 3 a Rn. 45; Stadie, a.a.O., § 3 a Anm. 155; Bülow in Vogel/Schwarz, UStG § 3 a Rz. 55, 99).

Diese Auslegung ergibt sich zunächst aus der Gesetzessystematik. Die Ausnahmeregelungen des § 3 a Abs. 2 Nr. 1 enthält gegenüber der Vorschrift des § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG für Grundstücke speziellere Regelungen und ist damit vorrangig. Für die Vorrangigkeit der Vorschrift spricht auch die Intention des Gesetzgebers. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz heißt es in Bezug auf die durch dieses Gesetz letztlich neu eingeführte Bestimmung des § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG: ?Die Rechtsänderungen erfassen nicht die unter § 3 a Abs. 2 Nr. 1 (....) UStG fallenden Vermittlungsleistungen? (Bundestagsdrucksache 12/2463 Seite 26 Begründung zu Nr. 5 (§ 3 a UStG a cc)). Dies ergibt auch eine richtlinienkonforme Auslegung. Die Regelung des § 3 a Abs. 2 Nr. 4 UStG beruht auf Art. 28 b Teil E Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie (vgl. Begründung Gesetzesvorschlag in BT-Drucksache 12/2463, a.a.O). Art. 28 b Teil E Abs. 3 der Richtlinie trifft eine abweichende Ortsbestimmung für Dienstleistungen im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie. Damit wird jedoch die Ortsbestimmung nach Art. 9 Abs. 2 a der Richtlinie für Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück und die damit verbundene Festlegung des Belegenheitsortes als Ort der Leistung unberührt gelassen. Nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie geht diese Bestimmung nämlich der Ortsbestimmung nach Art. 9 Abs. 1 vor (?es gilt jedoch...?), so dass es für Vermittlungsleistungen in Zusammenhang mit Grundstücken nach der Richtlinie bei der Ortsbestimmung anhand des Belegenheitsortes bleibt.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers führt diese Auslegung auch nicht zu unbilligen Ergebnissen, insbesondere nicht zum Verlust des Vorsteuerabzugs. Der Leistungsempfänger kann die Vorsteuer unter den weiteren Bedingungen des § 15 UStG abziehen. Sollte er, wovon nach dem Sachverhalt nicht auszugehen ist, in Deutschland keine weiteren Umsätze oder nur Umsätze im Sinne des § 59 UStDV ausgeführt haben, so kann er die Vergütung der Vorsteuer nach den §§ 59 ff. UStDV (Vergütungsverfahren) beantragen.

Die Beschwerde wird gemäss § 128 Abs. 3 i.V.m. 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung durch den BFH erfordert. Die streitgegenständliche Rechtsfrage ist bislang ? soweit ersichtlich ? gerichtlich noch nicht entschieden worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietUmsatzsteuerVorschriften§ 3a Absatz 2 Nr. 4 UStG

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