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08.06.2005 · IWW-Abrufnummer 051564

Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 24.06.2004 – 19 UF 59/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Celle

Im Namen des Volkes

Urteil

19 UF 59/04
21 F 425/03 Amtsgericht Syke

Verkündet am 24. Juni 2004

In der Familiensache

hat der 19. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 27.Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schmitz, den Richter am Oberlandesgericht Noack und die Richterin am Amtsgericht v. Hahn für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. Februar 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts ? Familiengericht ? Syke aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum 14. Juli 2003 durch Vorlage eines schriftlichen und von ihm selbst persönlich unterzeichneten Bestandsverzeichnisses, gegliedert nach Aktiva und Passiva zu erteilen sowie den Wert aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mitzuteilen.

Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, an das Amtsgericht ? Familiengericht ? Syke zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,- ? abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 179.000,- ? festgesetzt.

Entscheidungsgründe

A.

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs um die Wirksamkeit eines Ehevertrages.

I.

Die 1955 geborene Klägerin, welche die Schulausbildung mit dem Abitur abgeschlossen hat, beendete im Februar 1984 nach Abbruch eines Kunstgeschichtsstudiums eine Lehre als Goldschmiedin mit der Gesellenprüfung. Den 1950 geborenen Beklagten hatte sie zuvor aufgrund einer von diesem in der ?Goldschmiede- und Uhrenzeitung? unter der Rubrik ?Heiraten? aufgegebenen Annonce (?bereit (sind), mit mir zusammen ein bestehendes Geschäft weiterzuführen?) kennengelernt. Der Beklagte ist Diplom-Ingenieur für Feinwerktechnik und war zu diesem Zeitpunkt im elterlichen Juweliergeschäft ?J M ? als Augenoptiker mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen in Höhe von ca. 1.900,- DM angestellt; eine spätere Geschäftsübernahme war geplant. Er war überdies Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, woraus er Einkünfte in Höhe von 7.861,- DM jährlich erzielte. Nach einigen Monaten Arbeitslosigkeit zog die Klägerin Anfang Juni 1984 von I zum Beklagten nach S . Seit Juli 1984 war sie im Betrieb seiner Eltern als Goldschmiedin mit einem Nettogehalt in Höhe von ca. 1.166,- DM beschäftigt. Ende des Jahres 1984 bezogen die Parteien eine Wohnung oberhalb des Juweliergeschäftes. Der Anfang März 1986 festgestellten Schwangerschaft der Klägerin stand der Beklagte zunächst mit der Forderung einer Abtreibung ablehnend gegenüber. Nachdem die Klägerin mit Unterstützung der Eltern des Beklagten eine Entscheidung für das Kind getroffen hatte und die Beziehung zwischen den Parteien auf deren Drängen hin legalisiert werden sollte, willigte der Beklagte in eine Eheschließung ein. Bedenken des Beklagten gegen eine solche Entscheidung rührten aus damals bereits bestehenden Partnerproblemen sowie der Furcht vor jahrelangen Zahlungsansprüchen seiner Frau im Falle einer Scheidung. Am 27.März 1986 unterzeichneten die Parteien auf Verlangen des Beklagten und dessen Eltern als Vorbedingung für eine Eheschliessung zu notariellem Protokoll des Notars M D in S einen Ehevertrag (Urkundenrolle Nr. 106/86), der u.a. folgende Bestimmungen enthält:

§ 2
Für den Fall der Rechtskraft einer eventuellen Scheidung unserer Ehe verzichten wir unter der nachfolgenden Einzelregelung gegenseitig auf den nachehelichen Unterhaltsanspruch, auch für den Fall der Not. Wir nehmen die Verzichtserklärung gegenseitig an.

Der Erschienene zu 1. zahlt der Erschienenen zu 2. nach Rechtskraft einer Scheidung Ehegattenunterhalt nach den folgenden Grundsätzen:

Sind aus der Ehe eine oder mehrere Kinder hervorgegangen und übt die Kindesmutter, die Erschienene zu 2., die tatsächliche Betreuung eines oder mehrerer Kinder aus, verpflichtet sich der Erschienene zu 1., Ehegattenunterhalt nach den dann maßgeblichen Grundlagen der Düsseldorfer Tabelle und der Celler Leitlinien für die Bemessung von Unterhaltsansprüchen solange zu zahlen, bis das jüngste Kind das sechste Lebensjahr vollendet oder das schulpflichtige Alter erreicht hat.

Unabhängig davon zahlt der Erschienene zu 1. der Erschienenen zu 2. bis zur Rechtskraft einer Scheidung der Ehe eine Unterhaltsabfindung im Rahmen der Vermögensbildung, die wie folgt berechnet wird:

Für jedes angefangene Ehejahr wird ein Betrag von DM 3.000,00 (...) bis zur Rechtskraft einer Scheidung bezahlt.
(...)
Mit Erfüllung dieser Zahlungsverpflichtung wird der Unterhaltsverzicht wirksam.

§ 3
Für den Fall einer eventuellen Scheidung unserer Ehe verzichten wir auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
(...)

§ 4
Wir beantragen die Eintragung der Gütertrennung in das Güterrechtsregister. (...)

(...)

§ 7
Der Notar belehrte ausdrücklich über die güter- und erbrechtlichen Folgen der vorstehenden Änderungen des Güterstandes.?

Die Eheschließung fand nur wenige Tage später am 4.April 1986 statt. In der Folge-zeit arbeitete die Klägerin zunächst ganztags, nach der Geburt der Tochter M (20. Oktober 1986) stundenweise, später wieder halbtags und im Zuge der Einschulung der gemeinsamen Tochter wiederum in geringerem Umfang im Geschäft ihrer Schwiegereltern, nach Übertragung der Firma 1995 auf den Beklagten im Geschäft ihres Ehemannes. Auf die in § 2 des Ehevertrages vereinbarte Abfindung zuzüglich eines Inflationsausgleichs erhielt sie vom Beklagten bis zur Scheidung insgesamt 64.830,87 DM teilweise in bar ausgezahlt, teilweise aufgrund einer ?Nachträglichen Vereinbarung zu § 2 des Ehevertrages? vom 22.September 1992 in Form einer betrieblichen Altersvorsorge (Kapitallebensversicherung).

Die Parteien leben seit Juni 2002 dauerhaft voneinander getrennt. Auf den am
14. Juli 2003 zugestellten Scheidungsantrag des Beklagen wurde ihre Ehe mit einem am 10. Oktober 2003 verkündeten Urteil des Amtsgerichts ? Familiengericht ? Syke, rechtskräftig seit 21.Februar 2004, geschieden (Az. 21 F 262/03); von der Durchführung eines Versorgungsausgleichs sah das Amtsgericht dabei im Hinblick auf die ehevertraglichen Regelungen ab. Dem als Folgesache geltend gemachten nachehelichen Unterhaltsbegehren der Klägerin hielt das Amtsgericht ebenfalls die Wirksamkeit des dem entgegenstehenden Ehevertrages entgegen. Die Klägerin begehrt nunmehr im Wege der Stufenklage Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum Ehezeitende sowie Zahlung eines Zugewinnausgleichs in noch zu beziffernder Höhe.

II.

1. Das Amtsgericht hat über die Auskunftsstufe mündlich verhandelt und mit Urteil (Bl. 66 und 67 d.A.) vom 23.Februar 2004 ?die Klage abgewiesen?. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den Beklagten weder ein Auskunftsanspruch über dessen Vermögen noch ein später zu beziffernder Zugewinnausgleichsanspruch zu. Derartige Ansprüche scheiterten an der wirksamen Vereinbarung einer Gütertrennung im notariellen Vertrag vom 27.März 1986. Eine einseitige unangemessene Bevorzugung des Beklagten zu Lasten der Klägerin sei weder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch für den Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages zu erkennen. Insbesondere ergebe sich diese nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schwanger war; schließlich sei eine alleinige Zuordnung der wesentlichen Vermögenswerte aus dem Unternehmen beim Beklagten nicht nur sachgerecht, sondern auch im Interesse der Klägerin gewesen.

2. Mit vorliegender Berufung verfolgt die Klägerin ihren Auskunftsanspruch im Rahmen der Stufenklage auf Regelung des Zugewinnausgleichs weiter. Sie beruft sich im wesentlichen auf die Nichtigkeit des Vertrages. Aufgrund der auch von ihr ungewollten Schwangerschaft sei sie bei Abschluss des Vertrages in einer Zwangssituation gewesen, darüber hinaus hätten sich beide Parteien in ungleichen wirtschaftlichen und sozialen Positionen befunden. Hilfsweise ficht sie den Vertrag an und macht eine unterbliebene Belehrung gem. § 17 BeurkG durch den Notar bei Abschluss des Ehevertrages geltend; sie verweist im Übrigen auf eine vermeintliche Geschäftsunfähigkeit des Notars hin.

Die Klägerin beantragt,

das Endurteil des Amtsgerichts ? Familiengericht ? Syke vom 23.02.2004 wie folgt abzuändern:

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin
Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum 14.Juli 2003 durch Vorlage eines schriftlichen und von ihm persönlich unterzeichneten Bestandsverzeichnisses, gegliedert nach Aktiven und Passiven zu erteilen,
den Wert aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mitzuteilen;

im übrigen das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht ? Familiengericht ? Syke zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich im wesentlichen darauf, dass er sich nach Feststellung der Schwangerschaft der Klägerin aufgrund des von der Klägerin und seinen Eltern ausgeübten Drucks selbst in einer Zwangslage befunden habe. Der Senat hat beide Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu den Umständen der Vertragsgestaltung und Vertragsunterzeichnung angehört (vgl. hierzu den Vermerk der Berichterstatterin vom 27. Mai 2004 ? Bl. 160 ? 162 d.A. -).

B.

Die zulässige sowie form- und fristgemäß eingelegte Berufung dringt, soweit der Auskunftsanspruch abgewiesen worden ist, uneingeschränkt durch. Wegen der Abweisung des Zahlungsantrages hat sie den aus der Urteilsformel ersichtlichen vorläufigen Erfolg.

I.

Das Amtsgericht ist von der Wirksamkeit des Ehevertrages ausgegangen. Aus seiner Sicht zutreffend hat es dabei nicht nur über den Auskunftsanspruch entschieden, sondern auch über den innerhalb der Stufenklage zulässigerweise zunächst noch unbezifferten Leistungsantrag. Denn die Stufenklage darf insgesamt abgewiesen werden, wenn der Auskunftsanspruch aus Gründen verneint wird, die auch dem Leistungsantrag den Boden entziehen (BGH FamRZ 1990, 863). Dies ist im Fall eines vertraglich ausgeschlossenen Zugewinnausgleichs gegeben, wenn ? wie hier ? die Unwirksamkeit des Verzichts geltend gemacht wird und die Klärung dieser Frage Vorfrage sowohl für die Entscheidung über den Auskunfts- als auch über den Zahlungsanspruch ist.

II.

Die Klägerin hat Anspruch auf Auskunft nach § 1379 Abs.1 Satz 1 BGB.

1. Ihr entsprechendes Begehren erscheint berechtigt. Denn der Beklagte ist ihr gegenüber grundsätzlich zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs verpflichtet (§ 1378 Abs.1 BGB). Für die Frage, ob der Zugewinn des Beklagten den Zugewinn der Klägerin übersteigt, ist die Klägerin auf Auskunftserteilung über den Bestand des Endvermögens des Beklagten angewiesen.

2. Einem möglichen Anspruch auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs und damit einem Anspruch auf Auskunftserteilung steht der notarielle Ehevertrag vom 27.März 1986 nicht entgegen; denn der Vertrag ist unwirksam. Dies ergibt sich im Lichte der wertsetzenden Bedeutung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 4 GG aus einer Gesamtwürdigung der Umstände, die zum Vertragsschluss geführt haben, sowie aus den für beide Ehegatten vorhersehbaren Folgen, die im Falle einer Scheidung zum Tragen kommen sollten.

a) Soweit bereits in dem Urteil des Amtsgerichts ? Familiengericht ? Syke vom 10.Oktober 2003 (Az. 21 F 262/03) im Rahmen der Folgesache nachehelicher Unterhalt rechtskräftig die Wirksamkeit des Ehevertrages festgestellt wurde, ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit nicht bindend. Denn präjudizielle Vorfragen können, sofern sie nicht Streitgegenstand waren, nicht in materielle Rechtskraft erwachsen, sondern lediglich die hieraus sich ergebende Rechtsfolge (Zöller/Vollkommer, ZPO 24.Aufl., Vor § 322 Rdnr. 28, 34 m.w.N.).

b) Grundsätzlich unterliegen die gesetzlichen Regelungen über den nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich der vertraglichen Disposition der Ehegatten (§§ 1408 Abs.1 und 2, 1585 c BGB); einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten gibt es nicht (BGH, FamRZ 2004, 601, 602). Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestand für derartige Vereinbarungen nahezu volle Vertragsfreiheit, die auch einen Verzicht auf den Unterhaltsanspruch gemäß § 1570 BGB einschloss (BGH FamRZ 1991, 306; FamRZ 1997, 156). Danach waren sie der richterlichen Inhaltskontrolle zwar grundsätzlich zugänglich; Grenzen der Vertragsfreiheit gemäß § 134, 138 BGB wurden aber lediglich in Ausnahmefällen gesehen, sofern der Gesamtcharakter der Regelung hinsichtlich Inhalt, Beweggrund und Zweck und unter Hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls gegen die guten Sitten verstieß (BGH FamRZ 1990, 372, 372; FamRZ 1992, 1403; FamRZ 1997, 156, 157). Dabei genügte es nicht, dass die Vereinbarung in dem Bestreben abgeschlossen wurde, sich von sämtlichen nachteiligen Folgen einer Scheidung freizuzeichnen (BGH FamRZ 1991, 306). Auch reichte es nicht aus, dass der Mann die Eheschließung mit einer schwangeren Frau vom Abschluss dieses Vertrages abhängig gemacht hatte (BGH FamRZ 1992, 1403; FamRZ 1996, 1536; FamRZ 1997, 156).

c) Eine grundlegende Änderung dieser Rechtsprechung ist allerdings im Zuge der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Februar 2001
? 1 BvR 12/92 - (FamRZ 2001, 343) und vom 29. März 2001 -1 BvR 1766/92 - (FamRZ 2001, 985) eingetreten. Danach sind Eheverträge der richterlichen Inhaltskontrolle bereits dann zugänglich und gegebenenfalls zur Wahrung beeinträchtigter Grundrechtspositionen eines Ehevertragspartners aus Art.2 Abs.1 GG mit Hilfe der zivilrechtlichen Generalklauseln zu korrigieren, sofern der Vertrag nicht Ausdruck und Ergebnis gleichberechtigter Lebenspartnerschaft ist, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegelt. Enthält ein Ehevertrag erkennbar eine einseitige Lastenverteilung zuungunsten der Frau und ist er vor der Ehe und im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft geschlossen worden, gebietet es der Anspruch auf Schutz und Fürsorge der werdenden Mutter aus Art. 6 IV GG, die ehevertragliche Vereinbarung einer besonderen richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen (BVerfG, FamRZ 2001, 343, 346). Es obliegt in diesem Fall vornehmlich den Gerichten, den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag umzusetzen und der Schwangeren Schutz vor Druck und Bedrängung aus ihrem sozialen Umfeld oder seitens des Kindesvaters zu gewähren, insbesondere wenn sie dadurch zu Vertragsvereinbarungen gedrängt wird, die ihren Interessen massiv zuwiderlaufen. Eine Situation der Unterlegenheit ist danach regelmäßig anzunehmen, wenn eine nicht verheiratete schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sieht, in Zukunft entweder allein für das erwartete Kind Verantwortung und Sorge zu tragen oder durch Eheschließung den Kindesvater in die Verantwortung einzubinden, wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schließenden, sie aber stark belastenden Ehevertrages. Ihre Verhandlungsposition wird in diesem Fall geschwächt sein durch ihre Rechtsstellung als ledige Mutter und insbesondere durch das Bemühen um die Sicherung der eigenen Existenz und der des erwarteten Kindes.

d) Diese Voraussetzungen für eine Unterlegenheit der Klägerin bei Vertragsschluss sind hier gegeben.

Primär war die Verhandlungsposition der Klägerin gravierend belastet durch die tatsächliche Lage, in der sich die Klägerin aufgrund ihrer Schwangerschaft durch tätige Mitwirkung des Beklagten befunden hatte. Die Gewissheit, in dieser Situation ohne Eheschließung in Zukunft die alleinige Sorge und Verantwortung für das Kind tragen zu müssen, versetzte sie in eine Lage, die ihr ein gleichwertiges Verhandeln über wesentliche, vom Beklagten vorgegebene Inhalte des Vertrages unmöglich machte.
Dem steht der Einwand des Beklagten, die Klägerin habe mit ihrem Kind auch ohne Eheschließung weiterhin mit ihm zusammenleben können, nicht entgegen. Denn hierdurch wäre die Zukunft der Klägerin und ihres erwarteten Kindes keinesfalls gesichert gewesen, zumal der Unterhaltsanspruch einer ledigen Mutter gegenüber dem Vater zum damaligen Zeitpunkt auf die Dauer eines Jahres nach Geburt des Kindes beschränkt war und überdies nur bei mangelnder Erwerbsfähigkeit der Mutter oder fehlender anderweitiger Versorgung des Kindes bestanden hätte. Die Klägerin hätte zudem in dieser Konstellation ihre wirtschaftliche Existenz von dem Wohlwollen des Beklagten abhängig gemacht.

Ebenso erscheint der weitere Einwand des Beklagten, er habe der Klägerin bereits vor ihrer Schwangerschaft mitgeteilt, eine Ehe sei nur nach Abschluss eines Ehevertrages möglich, unbeachtlich, da der Inhalt des Vertrages zu diesem Zeitpunkt weder bekannt noch entsprechend ausgehandelt war. Auch steht die Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe ausreichend Gelegenheit gehabt, vor Abschluss des Vertrages den Inhalt auszuhandeln, zu seinem übrigen Vorbringen im Widerspruch und ist damit unerheblich. Denn er war nach eigenem Vortrag derjenige, der sich von sämtlichen Scheidungsfolgen freizeichnen wollte, so dass es weiterer Darlegung bedurft hätte, inwieweit der Klägerin überhaupt ein irgendwie gearteter Verhandlungsspielraum zugestanden hätte. Überdies konnte die geringe Zeitspanne zwischen Feststellung der Schwangerschaft Anfang März 1986, der sich anschließenden Entscheidung, das Kind auszutragen und die Ehe zu schließen, der Unterzeichnung des Ehevertrages am 27.März 1986 und der Eheschließung am 4.April 1986 ein besonnenes und eingehendes Verhandeln über vorgegebene Vertragsinhalte ohnehin kaum zulassen. Schließlich vermag der Einwand des Beklagten, er habe sich ebenfalls in einer Zwangssituation befunden, die Zwangslage der Klägerin nicht zu kompensieren. Die vom Beklagten dargelegte Situation des Drängens der Klägerin betraf nur die Eheschließung selbst, nicht aber den hier zur Prüfung anstehenden Vertrag. Dessen ungeachtet vermag ihm der Senat eine besondere psychische Ausnahmesituation auch nicht abzunehmen. Der ihm zukünftig drohenden Belastung konnte er sich schlicht durch Ablehnung der Eheschließung entziehen. Soweit die Klägerin ihm angeblich gedroht haben soll, sie werde ihn mit dem Kind verlassen, das er dann auch nicht mehr sehen werde, vermag dies bei dem primären Ansinnen des Beklagten auf eine Abtreibung nicht ernsthaft an den Rand einer seelischen Zwangslage geführt haben, wie sie einem nachhaltig an der Vater-Kind-Beziehung interessierten Erzeuger eigen ist.

e) Allerdings ist die Schwangerschaft bei Abschluss des Ehevertrages nur ein Indiz für eine vertragliche Disparität. Die Vermögenslage, die berufliche Qualifikation und Perspektive sowie die von den Ehepartnern ins Auge gefasste Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit in der Ehe sind weitere maßgebliche Faktoren, die die Situation der Schwangeren bestimmen. Im Einzelfall können sie dazu führen, ihre Unterlegenheit auszugleichen, auch wenn im Ehevertrag gesetzliche Rechts-positionen abbedungen werden (BVerfG, a.a.O.).

Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor.

aa) Der Verhandlungsspielraum der Klägerin war neben der Schwangerschaft aufgrund ihrer damaligen persönlichen Stellung von vornherein eingeschränkt: Sie hatte ihr Leben in I aufgegeben, wohnte mit dem Beklagten bereits in nichtehelicher Lebensgemeinschaft im Hause der Schwiegereltern und galt quasi als ?Schwiegertochter in spe?, zumal der Beklagte die Bekanntschaft durch seine Heiratsanzeige und im Hinblick auf eine mögliche Eheschließung nebst ?gemeinsamer? Führung eines Geschäfts initiiert hatte. Bei einem Auseinanderbrechen der Verbindung war sie diejenige gewesen, die nicht nur mit dem Kind und einem entsprechenden Erziehungsauftrag die Wohnung hätte verlassen müssen, sondern die auch ihrer sozialen Einbindung in die neue Familie und gegebenenfalls in das persönliche Umfeld ersichtlich verlustig gehen musste.

bb) Überdies war die Klägerin im Juweliergeschäft der zukünftigen Schwiegereltern abhängig beschäftigt, so dass ohne Eheschließung im Falle des Scheiterns ihrer Beziehung auch ihre berufliche Existenz mit den Einschränkungen durch ein von ihr zu betreuendes Kleinstkind auf dem Spiel stand, zumal eine Übernahme des Geschäftes durch den Beklagten als einziges Kind seiner Eltern geplant war. Die Verquickung von privatem und beruflichem Bereich wird nicht nur in der Wohnsituation der Parteien im Hause der Schwiegereltern über dem Geschäft deutlich, sondern zeigt sich ebenfalls in dem Umstand, dass die Erforderlichkeit des Abschlusses eines Ehevertrages auch während der Dienstzeiten und unter Mitwirkung der zukünftigen Schwiegereltern als Arbeitgeber der Klägerin besprochen wurde. Auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Parteien zum damaligen Zeitpunkt kommt es daher nicht an. Anhaltspunkte dafür, dass die Schwiegereltern auch als Arbeitgeber im Falle des Scheiterns der Partnerschaft nicht ihrem einzigen Sohn zur Seite stehen sondern zu der Klägerin halten würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

cc) Nicht aufgewogen werden kann diese wirtschaftliche Unterlegenheit der Klägerin durch ihre abgeschlossene Berufsausbildung als Goldschmiedin. Bei Betreuung des Kindes hätte sie den Beruf ? wenn überhaupt - nur eingeschränkt ausüben können, wie denn auch geschehen ist. Soweit der Beklagte behauptet, die Klägerin habe über ein Vermögen in Höhe von 80.000,- DM verfügt, bedurfte dies wegen Unerheblichkeit keiner weiteren Klärung: Eine Summe in der genannten Höhe wäre nicht derart umfangreich gewesen, dass man von einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Klägerin hätte ausgehen können.

f) Steht damit die Unterlegenheit der Klägerin sowohl aufgrund ihrer Schwanger-schaft als auch ihrer persönlichen Situation gegenüber dem Beklagten fest, liegen gleichzeitig die Voraussetzung vor, um den Vertrag seinem Inhalt nach einer gericht-lichen Kontrolle zu unterziehen und gegebenenfalls zu korrigieren (BVerfG FamRZ 2001, 343, 346 unter Bezugnahme auf BVerfG FamRZ 1994, 151). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ungeachtet ihrer familiären und beengten wirtschaftlichen Situation auf sämtliche gesetzlichen Ansprüche aus der Ehe verzichtet, obwohl ein gleichwertiger Verzicht des Beklagten aufgrund seiner sozialen Absicherung durch die Firma seiner Eltern offenkundig nicht vorhanden war. Allerdings führt nicht jeder Verzicht auf Ansprüche im Zuge von Scheidungsfolgen zu einer unangemessenen Benachteiligung des betroffenen Ehegatten. Vielmehr sind die vom Bundesgerichts-hof im Hinblick auf die zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nunmehr in ausdrücklicher Überprüfung seiner bisherigen Rechtsprechung neu entwickelten Grundsätze heranzuziehen (BGH FamRZ 2004, 601). Danach darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen wird. Dies wäre aber dann der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten ? bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die getroffene Abrede ? bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen eines Ehegatten wiegen um so schwerer, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Dies gilt selbst dann, wenn die belastete Partei durch einen Notar hinreichend über den Inhalt und die Konsequenzen des Vertrages belehrt worden ist (BGH a.a.O.).

aa) Zum Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), der bereits im Hinblick auf seine Ausrichtung am Kindesinteresse nicht der freien Disposition der Ehegatten unterliegt (BGH a.a.O.). In diesen Kernbereich greift der notarielle Vertrag der Parteien aber hier ersichtlich ein. Denn die Klägerin hat auf ihre Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs ab Vollendung des 6. Lebensjahres bzw. Erreichen des schulpflichtigen Alters des jüngsten Kindes verzichtet (§ 2 des Ehevertrages). Auch wenn es der Gesetzgeber offensichtlich vermieden hat, gesetzliche Regeln im Hinblick auf Alter und Zahl der Kinder aufzustellen, die als einer Erwerbstätigkeit entgegenstehend im Sinne von § 1570 BGB angesehen werden können, ist doch in der gefestigten und langjährigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (so schon BGH FamRZ 1983, 456, 458; 1984, 356) und der Literatur (vgl. Wendl/Pauling, Unterhaltsrecht, § 4 Rdn 72; Luthin, Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Auflage, Rdn 2103; Johannsen/Büttner, Eherecht, 4. Auflage § 1570 BGB Rdn 15) anerkannt, dass jedenfalls bis zur Vollendung des achten Lebensjahres durch ein gemeinsames Kind eine Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils nicht erwartet werden kann, mithin eine uneingeschränkte Unterhaltsberechtigung nach § 1570 BGB besteht. In diese Wertung greift die durch den Beklagten hier durchgesetzte Unterhaltsregelung zum Nachteil der Klägerin ein, ohne dass ein sachlicher Grund hierfür ersichtlich oder in anderer Form ein die Parität wahrender Ausgleich für die benachteiligte Klägerin vereinbart worden wäre. Da beide Vertragspartner auch entsprechend dem Inhalt des notariellen Vertrages davon ausgingen, die Klägerin werde in Zukunft die Sorge für das gemeinsame Kind tragen, während der Beklagte das Geschäft seiner Eltern weiterführen sollte, wäre die Klägerin im Fall der Trennung und Scheidung absehbar darauf angewiesen gewesen, trotz zunächst noch gänzlich fehlender Erwerbsobliegenheit und nur teilweiser Erwerbsobliegenheit bis zum 15./16. Lebensjahr des betreuten Kindes zur Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes entweder einer vollen Berufstätigkeit nachzugehen oder aber Sozialhilfe/Arbeitslosengeld in Anspruch zu nehmen. Durch diesen (Teil-) Verzicht hat die Klägerin ihre eigene wirtschaftliche Lage, aber auch die Erziehungsmöglichkeiten des gemeinsamen Kindes für einen Zeitraum von immerhin noch etwa 9 Jahren nachhaltig geschwächt. Ein Ausnahmefall, wie ihn der Bundesgerichtshof im Fall der Vereinbarkeit von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit der Mutter ohne Erziehungseinbußen für das Kind sieht (BGH a.a.O.), liegt hier für die Klägerin als zum damaligen Zeitpunkt entweder in einem Ladengeschäft oder einer Goldschmiedewerkstatt abhängig Beschäftigten ersichtlich nicht vor.

Auch wenn beide Vertragspartner durch den gegenseitigen Verzicht gleichermaßen entsprechende Rechtspositionen abbedungen haben, hat der Beklagte durch seinen ? wenn auch weitergehenden ? völligen Verzicht tatsächlich nichts aufgegeben: Es stand bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kaum zu erwarten, dass der Beklagte jemals in die Lage versetzt sein würde, von der Klägerin Unterhalt zu begehren. Denn entweder hätte er seine Eltern als Arbeitgeber im Hintergrund gehabt, die offensichtlich erheblichen Anteil an dem beruflichen Werdegang ihres Sohnes nahmen (nach Eheschließung wurde das Einkommen des Beklagten erhöht), oder er wäre nach der bereits damals geplanten Übernahme des Familienbetriebes selbst Geschäftsinhaber gewesen; überdies war er bereits damals Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, aus dem ihm regelmäßige Mieteinkünfte zuflossen. Der Hinweis des Beklagten, beide Vertragspartner hätten sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in einer ähnlichen, weil abhängigen Beschäftigungsposition befunden, geht daher ersichtlich ins Leere.

bb) Die Klägerin hat ferner auf Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) und auf Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) verzichtet, welche als Ausdruck nachehelicher Solidarität ebenfalls zum Kernbereich der Scheidungsfolgen gehören (BGH a.a.O.). Insofern liegt eine weitere Benachteiligung der Klägerin vor, weil die Lebensplanung der Parteien offensichtlich vorsah, die Klägerin möge sich neben der Betreuung des Kindes nur in ? zumindest zeitweise - eingeschränktem Umfang am Erwerbsleben beteiligen, wodurch es der Klägerin verwehrt war, in gleichem Maße wie der voll erwerbstätige Beklagte eine eigene Sicherung gegen Risiken von Alter oder Krankheit aufzubauen. Etwas anderes gilt nur, sofern die Ehe nach Ausbruch einer Krankheit oder im Alter geschlossen wird. In diesem Fall erscheint es nicht unzumutbar, wenn die hieraus erwachsenden Folgen von der gemeinsamen Verantwortung der Ehegatten füreinander ausgenommen werden (BGH a.a.O.). Sofern die Klägerin daher auf einen Fahrradunfall im Jahr 1979 hinweist, dessen gesundheitliche Folgen sich bereits vor Eheschließung abzeichneten, wäre ein Ausschluss des Krankheitsunterhalts jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.

cc) Soweit die Parteien auch den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs.2 BGB) abbedungen haben, ist diese Unterhaltspflicht vom Gesetz am schwächsten ausgestaltet und daher am ehesten verzichtbar (BGH a.a.O.). Die hierdurch entstehende Belastung der Klägerin ist daher nicht erheblich.

dd) Die Parteien haben sodann den Versorgungsausgleich ausgeschlossen (§ 3 des Ehevertrages). Als vorweggenommener Altersunterhalt steht er der vertraglichen Disposition ebenfalls nur begrenzt offen. Vereinbarungen über ihn müssen daher nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht (BGH a.a.O.). Allerdings können deutlich gehobene Versorgungsverhältnisse eine weitergehende Dispositionsbefugnis rechtfertigen.
Im vorliegenden Fall war bereits in Anbetracht der unterschiedlichen Einkommensverhältnisse sowie der im Hinblick auf das erwartete Kind erfolgten Lebensplanung der Eheleute im Zeitpunkt des Vertragsschlusses absehbar, dass die Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit im Falle der Scheidung ausgleichsberechtigt sein würde und bei gegenseitigem Verzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs insoweit auf entsprechende Rechte verzichtet. Für eine deutlich gehobene Versorgungslage der Klägerin zu diesem Zeitpunkt gibt es keine Anhaltspunkte.

ee) Soweit die Vertragparteien Gütertrennung vereinbart haben (§ 4 des Ehevertrages), sieht der Senat keine Veranlassung zur Beanstandung. Das Gebot der ehelichen Solidarität fordert keine wechselseitige Vermögensbeteiligung der Ehegatten (BGH a.a.O.), so dass es sich beim Zugewinnausgleich nicht um einen Kernbereich der Scheidungsfolgen handelt.

g) Das in dem Ehevertrag enthaltene Eheversprechen wiegt die einseitige Belastung eines Vertragspartners nicht auf (BVerfG, FamRZ 2001, 343, 347). Die Nachteile wurden für die Klägerin auch nicht durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten bzw. den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp gerechtfertigt. Insoweit ist abzustellen auf den Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages (BGH, a.a.O.). In Betracht käme hier lediglich die vereinbarte und bereits während des Zusammenlebens gezahlte ?Abfindung? auf den Unterhaltsverzicht der Ehefrau. Die getroffene Vereinbarung einer Zahlung von 3.000,- DM jährlich und in Abhängigkeit von der Dauer der Ehezeit ist in Anbetracht des erwarteten Kindes, dessen Betreuung auch nach Vollendung seines 6. Lebensjahres erforderlich sein würde, hingegen nicht geeignet, einen adäquaten Ausgleich für den Verzicht der Klägerin auf den ihr eigentlich zustehenden Betreuungsunterhalt ab dem 7.Lebensjahr des Kindes zu schaffen, weil die Höhe der Abfindung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbar und daher in der tatsächlich gezahlten Höhe von 64.830,87 DM auch nicht zu erwarten war.

h) Die unterlegene Verhandlungsposition der bei Vertragsschluss schwangeren und sozial vom Beklagten abhängigen Klägerin sowie die vertraglichen Eingriffe in die Kernbereiche insbesondere des Betreuungs-, aber auch des Altersunterhalts sowie des Versorgungsausgleichs einseitig zu Lasten der Klägerin sind hinreichende Gründe, ein Festhalten an dem Vertrag für die Klägerin mangels ausreichender Kompensierung der Nachteile als von vornherein unzumutbar erscheinen zu lassen.

Hinter diesen Belangen der Klägerin muss das Vertrauen des Beklagten in den Bestand des Vertrages zurückstehen. Zwar hatte der Beklagte ein nachvollziehbares Interesse an einem Erhalt der Unternehmenssubstanz durch Vermeidung hoher Ausgleichszahlungen im Rahmen zukünftiger eventueller Scheidungsfolgen. Dieses berechtigte Anliegen hätte er indessen auch erreichen können, ohne dass die Klägerin auf Kernbereiche des Scheidungsfolgerechts verzichtet hätte, insbesondere auf nachehelichen Betreuungsunterhalt, welcher ohnehin aus den laufenden Einnahmen und nicht aus der Unternehmenssubstanz zu zahlen gewesen wäre. Überdies kann den Befürchtungen des Beklagten, nach einer kurzen Ehezeit gegebenenfalls über Jahre hinaus der Klägerin gegenüber zu Zahlungen verpflichtet zu sein, nach insgesamt 17 Ehejahren jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt kein wesentliches Gewicht mehr beigemessen werden.

Da der Ehevertrag der Parteien bereits im Zeitpunkt seines Zustandekommens offenkundig zu einer erheblichen einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall geführt hätte, ist er wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig mit der Folge, dass an seine Stelle die gesetzlichen Vorschriften treten (§ 138 BGB). Das durch den Beklagten selbst in der mündlichen Verhandlung artikulierte Bestreben, mit Hilfe der durch ihn vorgegebenen ehevertraglichen Regelungen im Falle des Scheiterns der Ehe weitestgehend ohne Verpflichtungen wieder den ?vorehelichen Zustand? zu erreichen, erfährt von Rechts wegen keine Billigung. Die Nichtigkeit erstreckt sich im Hinblick auf die ungleichen Verhandlungspositionen der Parteien beim Zustandekommen der Vereinbarung auch auf den gesamten Vertrag als einheitliches Rechtsgeschäft; § 139 BGB kann mithin keine Wirkung mehr entfalten.

Auf die Frage der Wirksamkeit des Ehevertrages zum Zeitpunkt der Scheidung
242 BGB, ?Ausübungskontrolle?, BGH a.a.O.) kommt es im vorliegenden Fall ebenfalls nicht mehr an. Dasselbe gilt für eine mögliche Anfechtbarkeit wie auch für die durch die Klägerin geäußerten Bedenken an der Geschäftsfähigkeit des seinerzeit beurkundenden Notars.

Nach alledem erscheint der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs entgegen der Entscheidung des Amtsgerichts nicht von vornherein ausgeschlossen, weshalb der Klägerin ein Auskunftsanspruch zusteht. Entsprechend ist das angefochtene Urteil nach Maßgabe der im Senatstermin gestellten Anträge auf die Berufung der Klägerin zu ändern.

III.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 Satz 1 ZPO. Angesichts des vorläufigen Ergebnisses war derzeit von einer Kostenentscheidung abzusehen. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 18 GKG, 3 ZPO. Die Zulassung der Revision folgt aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

RechtsgebietFamilienrechtVorschriften§ 138 BGB

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