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12.04.2005 · IWW-Abrufnummer 051059

Amtsgericht Bielefeld: Urteil vom 29.03.2005 – 4 C 54/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


4 C 54/05

AMTSGERICHT BIELEFELD

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

der Frau ...,

Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Hermann-Josef Schütte, Jürgen Neumann-Domnick, Reinhard Borgmeier, Holger Straße 245 ? 247, 33758 Schloß Holte-Struckenbrock 00882/04 2/U

gegen

Die Provinzial Nord Brandkasse AG, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, Sophienblatt 33, 24114 Kiel,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

hat das Amtsgericht Bielefeld im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO
durch die Richterin am 29.03.2005 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Gebühren entsprechend der Rechtsanwälte Schütte und Neumann-Domnick in 33758 Schloß Holte- Stukenbrock gemäß Kostenrechnung vom 22.12.2004 in Höhe von 117,62 Euro freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht gemäß § 3 PflVG in Verbindung mit §§ 13, 14 RVG und dem Gebührentatbestand Nr. 2400 zum RVG ein Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme der weiteren Rechtsanwaltskosten in Höhe des erkannten Betrages zu. Unstreitig ist die Beklagte auf Grund des Unfallereignisses vom 10.12.2004 der Klägerin gegenüber zum Ersatz der ihr aus dem Unfall entstandenen Schäden nach § 249 BGB dem Grunde nach vollumfänglich verpflichtet. Aber auch der Höhe nach kann die Klägerin die entstandenen Rechtsanwaltskosten nach einer abgerechneten Geschäftsgebühr von 1,3 und damit in Höhe von insgesamt 439,40 netto Euro ersetzt verlangen.

Die Bemessung des Gebührenrahmens durch den Rechtsanwalt, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und der Einkommensverhältnisse nach billigem Ermessen zu erfolgen hat, ist im Rahmen des § 315 BGB lediglich dahingehend überprüfbar, ob bei der Ermessensausübung Rechen-, Denk- oder Auslassungstehler Grundlage der Ermessensentscheidung gewesen sind. Dabei hat der Rechtsanwalt nach § 14 RVG bei der nach billigem Ermessen vorzunehmenden Gebührenbestimmung zunächst eine Mittelgebühr von 1,5 zugrundezulegen, die nach der gesetzgeberischen
Intention dann anzusetzen ist, wenn die anwaltliche Tätigkeit sich in jeder Hinsicht als durchschnittlich erweist. Nach den oben genannten Kriterien ist sodann zu bestimmen, ob die konkreten Umstände der Tätigkeit des Rechtsanwalts eine höhere oder niedrige Gebühr rechtfertigen. Aus den Anmerkungen zu Nr. 2400 VV ist dabei zu schlussfolgern, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur in den Fällen anzusetzen ist, wenn die anwaltliche Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

Nach Überprüfung der vorliegend streitgegenständlichen Schadensregulierung und der damit zusammenhängenden Tätigkeit der Rechtsanwälte der Klägerin konnte ein Ermessensfehlgebrauch der Rechtsanwälte der Klägerin auch unter Berücksichtigung der ?schnellen? Regulierung der Schadensangelegenheit durch die Beklagte nicht festgestellt werden. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich die anwaltliche Tätigkeit nicht nur auf die Formulierung des an die Beklagte als Versicherer gerichteten Schreibens beschränkt, auf welches die Beklagte unstreitig die Regulierung vornahm, sondern zur Vorbereitung der außergerichtlichen Durchsetzung der der Klägerin zustehenden Schadensersatzansprüche die Entfaltung weiterer Tätigkeiten des Rechtsanwaltes in der Regel erforderlich ist, in welchen der Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit zu sehen ist. So ist der Rechtsanwalt gehalten, nach Entgegennahme der Darstellung des zugrundeliegenden Schadensereignisses nicht nur die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung in rechtlicher Hinsicht zu überprüfen, sondern im weiteren auch gehalten, die tatsächlichen Voraussetzungen zur Vorbereitung der Durchsetzung der Ansprüche zu schaffen, die da wären: Ermittlung des Versicherers, Bezifferung des Schadens durch Veranlassung der Begutachtung durch den Geschädigten, Aufstellung der Schadenspositionen, Erlangung der entsprechenden Nachweise und Belege, Besprechungen mit dem Mandanten etc. Auch wenn diese Tätigkeiten im unteren Bereich der anwaltlichen Tätigkeit liegen sollen, so rechtfertigt dies möglicherweise zwar keine Mittelgebühr von 1,5, lässt umgekehrt aber auch nicht erkennen, dass die begehrte Gebühr von 1,3 eine ermessensmissbräuchliche Bestimmung durch den Rechtsanwalt darstellt. Die Bestimmung der Geschäftsgebühr mit einem Wert von 1,3 durch die für die Klägerin tätigen Rechtsanwälte stellt sich daher als zulässige Ermessensausübung dar.

Die Überprüfung der Ausübung eines ordnungsgemäßen Ermessens war nicht gemäß § 14 Abs. 2 RVG durch Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer vorzunehmen, da diese Vorschrift im Verhältnis zum Haftpflichtversicherer nicht anzuwenden ist.

Die Klägerin kann daher die ihr entstandenen Kosten entsprechend der Kostennote der Rechtsanwälte vom 22.12.2004 ersetzt verlangen. Auf den geltend gemachten Betrag von 532,90 Euro brutto (einschließlich der Post- und Telekommunikationspauschale) hat die Beklagte Zahlungen in Höhe von 15,28 Euro geleistet. Damit ist der Freistellungsantrag in Höhe des restlichen Betrages von 117,62 Euro begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2400 VV RVG

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