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07.04.2005 · IWW-Abrufnummer 051016

Amtsgericht Brandenburg: Urteil vom 22.02.2005 – 22 OWi 325/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In der Bußgeldsache
Rechtsanwalt xxx ? Antragsteller ?
gegen
xxx - Antragsgegnerin ? wegen Erhebung einer Aktenversendungspauschale hat das Amtsgericht Brandenburg an der Havel durch den Richter am Amtsgericht Strauß am 22. Februar 2005 beschlossen:

Der Kostenansatz der Antragsgegnerin vom 08. Dezember 2004 (Az: 810/04/0035235/3) wird aufgehoben, soweit Auslagen von mehr als 10,49 Euro erhoben werden. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller 1,51 Euro zu erstatten.

Gründe:
I.)
Der Antragsteller begehrte im Rahmen eines laufenden Bußgeldverfahrens bei der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29.11.2004 als Verteidiger eines Betroffenen Akteneinsicht. Die Antragsgegnerin versandte daraufhin mit Schreiben vom 08.12.2004 die Bußgeldakte an den Verteidiger unter Beifügung eines Kostenansatzes. Hierin heißt es:
?... Die angeforderte Akte liegt bei und beinhaltet 26 Blatt. Um Rücksendung innerhalb von drei Tagen wird gebeten. Für die Aktenübersendung wird auf der Grundlage des § 107 (5) Ordnungswidrigkeitsgesetz eine Gebühr von 12,00 Euro erhoben. ....?.

Die Akte ging beim Verteidiger des Antragstellers am 13.12.2004 ein. Nach Einsichtnahme sandte der Verteidiger die Bußgeldakte auf eigene Kosten zurück an die Antragsgegnerin und beantragte mit Schreiben vom gleichen Datum eine gerichtliche Entscheidung. Er wendet sich insbesondere gegen die Erhebung der Aktenversendungspauschale in Höhe von 12 Euro, weil er insoweit die Rücksendungskosten selbst getragen haben.

Dem Antragsteller sind tatsächliche Kosten für die Rücksendung der Akte inklusive Material in Höhe von 1,51 Euro entstanden.

II.)
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung als Rechtsbehelf gegen den Ansatz der hier erhobenen Auslagen ist gemäß § 108 Abs. 1 Nr. 3 OWiG zulässig (1.) und begründet (2.).

1.) Der Antragsteller ist als Verteidiger allein antragsberechtigt, weil er durch die Auslagenentscheidung der Antragsgegnerin beschwert ist. Gemäß § 107 Abs. 5 OWiG werden von demjenigen Auslagen erhoben, der die Aktenversendung beantragt. Der Antragsteller hatte die Aktenversendung beantragt. Damit ist er grundsätzlich Kostenschuldner für diese Auslagen.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch gemäß § 62 OWiG statthaft. Insoweit können Einwendungen auf kostenrechtliche Vorschriften gestützt sein. Das betrifft namentlich die Notwendigkeit und die Höhe von Auslagen sowie deren Zahlungspflicht, gegen die sich der Antragsteller wendet.

2.) Grundsätzlich hat die Antragsgegnerin gemäß § 107 Abs. 5 OWiG den Kostenansatz in Höhe von 12 Euro für die Versendung der Akten zurecht beansprucht . Denn gemäß § 107 Abs. 5 OWiG werden von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführte Sendung einschließlich Rücksendung pauschal 12 Euro als Auslagen erhoben.

Nach Auffassung des Gerichts erfasst diese Regelung allerdings die Fälle nicht, in denen der Rechtsanwalt, dem auf Antrag Akteneinsicht gewährt wird, die Akten auf eigene Kosten zurück sendet, wenn die Aktenversendungsstelle keine Vorkehrungen für die kostenfreie Rücksendung der Akte getroffen hat. Bei dem hier gewählten Ablauf der Akteneinsicht entstehen nämlich dem Akteneinsichtnehmer über die Pauschale von 12 Euro zusätzliche Kosten. Der Antragsteller ist als Rechtspflegeorgan bei der hier gegebenen Verwaltungspraxis zunächst gehalten gewesen, die Akte zurück zu senden und unnötiges Verwaltungshandeln zu vermeiden. Er trägt damit auch dem Umstand Rechnung, dass das Bußgeldverfahren noch nicht abgeschlossen war und hier besonders kurze Verjährungsfristen laufen. Diese Handlungsweise ist kein Verzicht auf die zusätzlichen Auslagen, die dadurch anfallen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Antragsteller ? wie hier ? mit Rücksendung der Akte und Zahlung der Pauschale gleichzeitig gegen die Höhe des Kostenansatzes wendet.

Bereits nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift sollen mit dem Pauschbetrag von 12 Euro sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Versendung von Akten abgegolten werden. Hierbei ist nicht nur der Versand der Akte an den Akteneinsichtnehmer erfasst, sondern einschließlich die Rücksendung der Akte.

Die Vorschrift in § 107 Abs. 5 OWiG ist mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zum 01.07.2004 in Kraft getreten. Die Aktenversendungspauschale in § 107 Abs. 5 OWiG sollte an die Nummer 9003 KV GKG-E (Artikel 1) des entsprechenden Gesetzentwurfs angepasst werden. Ursprünglich hatte das Gesetz für Aktenversendung 8 Euro vorgesehen. Mit der hier eingetretenen Gesetzesänderung sollte dem Umstand der tatsächlich mit der Versendung der Akten verbundenen erheblich gestiegenen Kosten Rechnung getragen werden. Gleichzeitig sollte klargestellt werden, dass mit der einmaligen Zahlung der Pauschale sowohl die Übersendung der Akten als auch deren Rücksendung abgegolten ist (BT-Drucksache 15/1971 S. 177). Der Gesetzgeber hat den Ablauf der Akteneinsicht bei der Fassung des Wortlautes offensichtlich der Praxis überlassen. So könnte die Versendungsstelle etwa dafür Sorge tragen, die Akten selbst beim Akteneinsichtnehmer etwa durch Kurier wieder abzuholen oder einen frankierten Rückumschlag für die Rücksendung beizufügen.

Zwar sind auch im Falle der Beifügung eines frankierten Rückumschlages gewisse zusätzliche Verrichtungen durch die Geschäftsstelle erforderlich, wie etwa die Beschriftung oder Frankieren eines Rückumschlages. Zusätzliche Auslagen über die vorgesehene Pauschale in § 107 Abs. 5 OWiG entstehen dadurch jedoch nicht. Zu berücksichtigen ist nämlich , dass die Akteneinsicht selbst kostenfrei ist und die dabei erforderlich werdenden üblichen zusätzlichen Arbeitsgänge bereits durch die allgemeine von den Beteiligten zu zahlenden Gerichtsgebühren abgedeckt sind.

Bei der hier gegebenen Sachlage entsteht ein Kostenerstattungsanspruch zugunsten des Antragstellers gemäß § 107 Abs. 4 OWiG i.V.m. § 21 Abs. 1 Gebührengesetz des Landes Brandenburg (GebGBbg) vom 18. Oktober 1991 (GVB1./91 S. 452) zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes zur Anpassung verwaltungsrechtlicher Vorschriften an den elektronischen Rechtsverkehr vom 17. Dezember 2003 (GVB1.I/03 S. 298, 304).

Überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten sind demnach unverzüglich zu erstatten, zu Unrecht erhobene Kosten jedoch nur, soweit eine Kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist; nach diesem Zeitpunkt können zu Unrecht erhobene Kosten nur aus Billigkeitsgründen erstattet werden. Letztere Billigkeitsentscheidung ist nach Auffassung des Gerichts hier im Bußgeldverfahren nicht anzuwenden, weil der Rechtsbehelf gegen den Kostenansatz gemäß § 108 Abs. 1 OWiG unbefristet ist.

Da der Antragsteller hier über die Pauschale des § 107 Abs. 5 OWiG hinaus weitere Auslagen für Material und Porto in Höhe von 1,51 Euro hatte, sind diese von der Antragsgegnerin unverzüglich zu erstatten. Für die weitere Verwaltungspraxis wird die Antragsgegnerin entsprechende Vorkehrungen für die Aktenversendung (Kurier, frankierter Rückumschlag o.ä.) zu treffen haben. Die bisherige Praxis jedenfalls entspricht nach der gesetzlichen Regelung.

In entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO trägt die Landeskasse die Kosten und notwendigen Auslagen des erfolgreichen Antrages.

RechtsgebietRVGVorschriften§ 107 Abs. 5 OWiG

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