Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

01.04.2005 · IWW-Abrufnummer 050948

Amtsgericht Bielefeld: Urteil vom 18.03.2005 – 42 C 878/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Im Rechtsstreit
des Herrn XXX
Klägers,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hermann-Josef Schütte, Jürgen Neumann-Domnick, Reinhard Borgmeier, Holter Str. 245 ? 247, 33758 Schloß Holte-Stukenbrock
- AZ: 00484/04 2/U -

gegen

die Volksfürsorge Deutsche Sachversicherung AG, ges. vertr. d. d. Vorstand, Besenbinderhof 43, 20097 Hamburg
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. XXX, 33602 Bielefeld

hat das Amtsgericht Bielefeld durch den Richter XXX im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 14.3.2005 am 18.3.2005 für Recht e r k a n n t:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger aus der Inanspruchnahme der Kostenrechnung der Rechtsanwälte Schütte und Neumann-Domnick vom 18.8.2004 hinsichtlich einer Resthöhe von 172,94 Euro freizustellen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200 Euro abwenden, es sei denn, der Kläger leistet Sicherheit in gleicher Höhe.

Die Berufung wird zugelassen.

T a t b e s t a n d:

Die Parteien streiten um die restlichte Regulierung eines Verkehrsunfalles hinsichtlich Rechtsanwaltskosten. Der Kläger hat die Beklagte aus einem Verkehrsunfall gem. § 3 PflVG in Anspruch genommen, der sich in Schloß Holte-Stukenbrock ereignet hat und bei dem die Haftung des Versicherungsnehmers der Beklagten unstreitig ist.

Die Beklagte hat den Schaden durch Zahlung von 3.092,59 Euro auf schriftliche Aufforderungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 27.7.2004 und 5.8.2004, mit der die Schadenssumme modifiziert wurde, reguliert. Zusätzlich ist eine Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers in Höhe von 195,30 Euro gezahlt worden. Die Abrechnung der Beklagten beruht darauf, dass sie einen Gebührensatz von 0,9 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG für angemessen hält.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ein Gebührensatz von 1,3 Geschäftsgebühr angemessen ist. Dies sei nach dem Inkrafttreten des RVG die Mittelgebühr, nach der Verkehrsunfälle grundsätzlich zu regulieren seien.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger aus der Inanspruchnahme der Kostenrechnung der Rechtsanwälte Schütte und Neumann-Domnick vom 18.8.2004 hinsichtlich einer Resthöhe von 172,94 Euro freizustellen und 172,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-%-Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeitt hätten im konkreten Fall im unteren Rahmen gelegen.
Das Gericht hat nach § 14 Abs. 2 RVG aufgrund Beschlusses vom 18.10.2004 ein Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer eingeholt. Auf den Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Klage hat hinsichtlich des Freistellungsantrages Erfolg.

Es besteht ein Anspruch des Klägers aus §§ 7, 17 StVG i.V. m. § 3 PflVG und §§ 249, 257 BGB auf die Freistellung von den durch die Einschaltung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten. Zwar bezieht sich diese Erstattungspflicht nur auf solche Rechtsanwaltsvergütungen, die nach dem RVG nicht unbillig sind. § 14 Abs.1 S.3 RVG. Nach Auffassung des Gerichts waren die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten jedoch noch angemessen.

Bei der Entscheidung hat das Gericht das eingeholte Gutachten nicht beachtet, da nach § 14 Abs. 2 RVG die Einholung eines Gutachtens des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer nicht zulässig war. Denn diese Vorschrift bezieht sich nur auf den Honorarstreit zwischen Rechtsanwalt und Mandant (vgl. AG Düsseldorf, AGS 2004, 191; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl. 2004, Rdnr. 28 zu § 14 RVG; Schneider: Fehler bei Einholung eines Gebührengutachtens des Kammervorstands, NJW 2004, 193 f).

Für das Gericht steht fest, dass eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach VV 2400 RVG allein deshalb verlangt werden kann, weil ein Verkehrsunfall reguliert worden ist. Insofern weicht die Entscheidung allerdings von den Sachverhalten, die den Urteilen des AG Bielefeld vom 22.12.2004 (Az.: 41 c 1221/04) und vom 28.12.2004 (Az.: 5 c 1041/04) zugrunde lagen, ab. Denn diese Entscheidungen beziehen sich auf Sachverhalte mit bezogen auf Verkehrsunfälle durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad. Einen solchen hat der Kläger vorliegend gerade nicht dargelegt. Vielmehr hat er den Ausführungen der Beklagten, die erläutert hat, dass die Regulierung bezogen auf Verkehrsunfälle einen unterdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufwies, nicht widersprochen. Aufgrund der Tatsache, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers lediglich zwei relativ kurze Schreiben erstellt haben, war die Abwicklung nach der Schadensermittlung unproblematisch.

Für das Gericht ist dies bei der Beurteilung nach § 14 Abs. 1 RVG jedoch nicht erheblich, da bei Unfallabwicklungen im Vorfeld der Geltendmachung des Schadens grundsätzlich vielfältige Tätigkeiten zu erbringen sind (Vielzahl der Schadenspositionen, Beachtung der Schadensminderungspflichten, Berücksichtigung von Betriebsgefahren und Quotenbildung, Ermittlung der Passivlegitimierten) und hier somit auf eine Gesamttätigkeit abzustellen ist (vgl. AG Landstuhl, NZV 2005, 150 f; AG Konstanz, Urt. v. 27.1.2005, Az.: 1 C 281/04, anders AG Duisburg-Hamborn , Urt. vom 17.1. 2005, Az.: 7 C 531/04). Daher ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bei der Abwicklung on Verkehrsunfällen beträchtlich.

Bei der Abwägung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Kriterien wird hier dadurch ausgeglichen, dass aufgrund fehlender Einwendungen der Beklagten eine vertiefte Auseinandersetzung mit rechtlichen Problemen nicht erforderlich war. Mangels anderer Anhaltspunkte muss davon ausgegangen werden, dass die Bedeutung der Angelegenheit für die Auftraggeber und dessen Vermögens- und Einkommensverhältnisse als durchschnittlich zu bewerten sind.

Somit ist in der Regel auch bei Verkehrsunfallsachen, die einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad nicht übersteigen, entsprechend Nr. 2400 VV RVG auf die von der Mittelgebühr (1,5) auf 1,3 reduzierte Geschäftsgebühr abzustellen.

Ein Anspruch auf Zinsen nach § 288 BGB besteht nicht. Der Kläger hat nur einen Anspruch darauf, von dem befreit zu werden, was er seinen Prozessbevollmächtigten schuldet. Dies ist nach den Angaben der Klageschrift lediglich der Betrag aus der im Tenor genannten Kostenrechnung.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung ist nach § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die Frage nach der Berechnung der Geschäftsgebühr bei Verkehrsunfällen nach dem neuen Rechtsanwaltsvergütungsrecht und die Zulässigkeit der Einholung von Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer mit entsprechender Bindung des Gerichts außerhalb von Honorarverfahren sind klärungsbedürftige Fragen, deren Auftreten in einer Vielzahl von unbestimmten Fällen zu erwarten ist.

22.3.2005/W.

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2400 VV RVG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr