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18.03.2005 · IWW-Abrufnummer 050785

Verwaltungsgericht Trier: Urteil vom 27.01.2005 – 1 K 1152/04.TR

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 K 1152/04.TR

VERWALTUNGSGERICHT
TRIER

URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Beamtenrechts (Schadensersatz)

hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der Beratung vom 27. Januar 2005, an der teilgenommen haben XXX
für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zum Schadensersatz.

Der Kläger steht als Erster Polizeihauptkommissar bei der Polizeiinspektion Xxx im Dienst des Beklagten. Er betankte am 11. Januar 2004 den an diesem Tag von ihm geführten Funkstreifenwagen mit dem Kennzeichen "XX 00000" mit Superbenzin, obwohl es sich um ein mit Dieselkraftstoff betriebenes Fahrzeug handelte. Die mit den erforderlichen Reinigungs- und Reparaturarbeiten beauftragte Firma stellte 1.160,55 ? in Rechnung.

Der Kläger nahm dahingehend Stellung, dass er an der Xxx-Tankstelle in Xxx die Zapfpistole von der Diesel-Zapfsäule genommen und das Fahrzeug betankt habe. Beim Ausfüllen des Fahrtenbuchs in der Dienststelle habe er dann festgestellt, dass der Tankbeleg auf Superbenzin ausgestellt gewesen sei. Er könne sich das Falschbetanken nur so vorstellen, dass die Zapfpistolen vertauscht gewesen seien, denn er sei sich sicher, dass er die Zapfpistole von der Dieselkraftstoffsäule genommen habe. Da seines Erachtens kein grob fahrlässiges Verhalten seinerseits vorliege, verzichte er auf die Mitbestimmung des Personalrates.

Mit Bescheid vom 16. April 2004 stellte das Polizeipräsidium Trier fest, dass der Kläger den durch die Falschbetankung des Fahrzeugs entstandenen Schaden grob fahrlässig verursacht habe und der daraus resultierende "Eigenschaden" des Beklagten in Höhe von 1.160,55 ? zurückgefordert werde. Die Ermittlungen hätten zwar ergeben, dass technisch gesehen ein Vertauschen der Zapfpistolen möglich sei, dem Kläger die überkreuz hängenden Schläuche aber hätten auffallen müssen. Außerdem seien sowohl der Schlauch als auch die Zapfpistole der Dieselzapfsäule farblich anders gestaltet (schwarz) als die übrigen (blau). Er werde daher gebeten, den Betrag in Höhe von 1.160,55 ? bis zum 25. Mai 2004 zu überweisen.

Der vom Kläger fristgerecht erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2004 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG lägen vor. Das Polizeipräsidium Trier sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorliege und der Kläger dementsprechend zum Ersatz der Kosten verpflichtet sei.

Zur Begründung seiner fristgerecht erhobenen Klage trägt der Kläger vor, es sei darauf hinzuweisen, dass er die von ihm genutzten Dienstfahrzeuge täglich wechsle und sowohl diesel- als auch benzinbetriebene Fahrzeuge benutze. Da er sehr nahe an die Zapfsäule habe heranfahren müssen, sei ihm nicht aufgefallen, dass offensichtlich der Betankungsschlauch der Dieselanlage mit dem Betankungsschlauch der Superbenzinanlage vertauscht gewesen sei. Auch in einem solchen Fall sei eine Betankung nicht aus technischen Gründen ausgeschlossen. Dies könne nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Daher müsse der Schaden in entsprechender Anwendung arbeitsrechtlicher Grundsätze anteilig auf ihn und den Beklagten verteilt werden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 16. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides und trägt ergänzend vor, eine Betankung aus "vertauschten" Zapfsäulen sei technisch überhaupt nicht möglich. Nochmalige Recherchen hätten ergeben, dass, wenn die beiden Zapfpistolen des Superkraftstoffs und des Dieselkraftstoffs vertauscht seien, kein einziger Tropfen Kraftstoff aus einer solchen "vertauschten" Zapfpistole komme. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei auf das rheinland-pfälzische Beamtenrecht nicht übertragbar.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vor-gelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg, da der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist und somit den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vergleiche § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid des Beklagten vom 16. April 2004 ist § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG. Danach hat ein Beamter, der die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Diese Vorschrift beinhaltet nicht nur eine Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch des Beklagten, sondern ermächtigt diesen aufgrund des hoheitlichen, von einem Über- bzw. Unterordnungsverhältnis geprägten Charakters des Beamtenverhältnisses auch dazu, einen solchen Anspruch durch einen Verwaltungsakt verbindlich festzustellen bzw. durchzusetzen.

Der Kläger hat gegen seine aus § 64 Abs. 1 LBG folgende Verpflichtung, mit dem ihm zur Dienstausübung zur Verfügung gestellten Gegenständen sorgsam umzugehen und Beschädigungen zu vermeiden, verstoßen, indem er das von ihm benutzte Dienstkraftfahrzeug mit Superbenzin betankte. Hierin liegt auch ein Verstoß gegen die Gehorsamspflicht (vergleiche § 65 Satz 2 LBG), da der Beklagte seine Bediensteten wiederholt auf die Problematik von Falschbetankungen aufmerksam gemacht hatte.

Der Kläger handelte grob fahrlässig, als er das dieselbetriebene Dienstfahrzeug mit Benzin betankte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Beamter im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände seine Pflicht zum sorgsamen Umgang mit Gegenständen des Dienstherrn objektiv besonders schwerwiegend und auch subjektiv unentschuldbar, erheblich über das gewöhnliche Maß hinausgehend verletzt. Das ist anzunehmen, wenn er ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. Grabendorff/Arend, LBG Rheinland-Pfalz, Stand: August 2003, Teil B, § 86 Erl. 1. c) sowie Plog/Wiedow u.a., Kommentar zum BBG, Stand: Dezember 2003, § 78 BBG Rn. 25 jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - NJW 1997, 1012 [1013]). Bei der Benutzung eines Dienstfahrzeuges, dessen Tank vor der Rückgabe aufgefüllt werden muss, handelt ein Beamter daher angesichts der verschiedenen Kraftstoffsorten in der Regel grob fahrlässig, wenn er sich nicht vergewissert, welcher Kraftstoff zu tanken ist. Ein minder schwerer Schuldvorwurf ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt, etwa bei einer durch einen polizeilichen Einsatz bedingten (unverschuldeten) Eilbedürftigkeit (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 2 A 11982/03.OVG -, IÖD 2004, 123, ZfB 2004, 217).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe handelte der Kläger grob fahrlässig, falls er sich bei der Erkrankung des Fahrzeugs nicht vergewissert haben sollte, ob es sich um ein Fahrzeug mit Benzin- oder Dieselantrieb handelte. Gründe für einen minder schweren Schuldvorwurf sind insoweit nicht ersichtlich. Aber auch dann, wenn man nach dem Vorbringen des Klägers davon ausgeht, dass er sich des Umstandes, dass es sich um ein Fahrzeug mit Dieselantrieb handelte, bewusst war, ist ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen, da er ohne weiteres hätte erkennen müssen, dass er nicht die Zapfpistole für Dieselkraftstoff benutzte. Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob diese Zapfpistole zuvor fehlerhaft in die Haltevorrichtung einer Zapfpistole für Benzin eingehängt in worden war und ob in diesem Fall eine Betankung mit der Zapfpistole für Superbenzin technisch überhaupt möglich gewesen wäre. Das vom Kläger während des Verwaltungsverfahrens vorgelegte Foto zeigt nämlich, dass die für Dieselkraftstoff vorgesehene Zapfpistole wie auch der Schlauch schwarz, die übrigen Zapfpistolen und Schläuche hingegen blau waren. Aufgrund dieses Farbunterschiedes und der auf dem Foto ebenfalls erkennbaren Beschriftung hätte dem Kläger ohne weiteres auffallen müssen, dass er nicht die für Dieselkraftstoff vorgesehene Zapfpistole benutzte.

Da der Kläger somit den durch die Falschbetankungen verursachten Schaden grob fahrlässig herbeigeführt hatte, ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte ihn zum Schadensersatz herangezogen hat. Der Beklagte ist insbesondere nicht unter Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) einer von ihr bis dahin geübten Verwaltungspraxis abgewichen. Nach dem nach-vollziehbaren und vom Kläger letztlich nicht mehr bestrittenen Vorbringen des Beklagten ging dieser vielmehr bereits im Jahre 2003 dazu über, Beamte nach Falschbetankungen zum Schadensersatz heranzuziehen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Schadensersatzanspruch des Beklagten auch nicht anteilmäßig zu begrenzen. Die für eine solche Begrenzung in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung angeführten Gründe (vergleiche das vom Kläger in Bezug genommener Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Juli 2003 - 7 Sa 631/03 -) sind wegen der grundlegenden Unterschiede zwischen dem Arbeitsverhältnis und dem Beamtenverhältnis auf Fälle der vorliegenden Art nicht ohne weiteres übertragbar. Das folgt schon daraus, dass bereits der Gesetzgeber durch die Fassung des § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG entschieden hat, dass Beamte nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haften. Allerdings kann es auch aufgrund der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht im Einzelfall geboten sein, die Haftung des Beamten auch für grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen beziehungsweise ihm günstige Zahlungsmodalitäten einzuräumen, etwa wenn er andernfalls in unzumutbare wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde. Solche Umstände sind hier allerdings weder ersichtlich, noch werden sie vom Kläger geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen. Dabei müssen sie sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte und Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Trier, Irminenfreihof 10, 54290 Trier, E-Mail-Adresse: gbk.vgtr@vgtr.jm.rlp.de, schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Deinhardplatz 4, 56068 Koblenz, E-Mail-Adresse: gbk.ovg@ovg.jm.rlp.de, schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 22. Dezember 2003 (GVBl. 2004, S. 36) i.d.F. der Landesverordnung vom 07. Dezember 2004 (GVBl. S. 542) entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht (E Mail) zu übermitteln ist.
Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Richterin am Verwaltungsgericht Xxx ist wegen Abordnung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz an der Unterschriftsleistung gehindert.

Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.160,55 ? festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.
Richterin am Verwaltungsgericht Xxx ist wegen Abordnung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz an der Unterschriftsleistung gehindert.

RechtsgebieteVerwaltungsrecht, BeamtenrechtVorschriften§ 86 Abs. 1 LBG

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