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17.03.2005 · IWW-Abrufnummer 050759

Landgericht Saarbrücken: Urteil vom 03.03.2005 – 14 O 458/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer: 14 O 458/04
Verkündet am: 3.3.2005

LANDGERICHT SAARBRÜCKEN

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

- Kläger -

- Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte Gebhardt & Kollegen, 66424 Homburg/Saar -

gegen
HUK Coburg
- Beklagte -

- Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte Staab u. Kollegen, 66111 Saarbrücken -

wegen Anspruch aus Verkehrsunfall

hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 17.2.2005 durch den Richter am Landgericht Reger als Einzelrichter

für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.034,14 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 16.10.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt 97 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 3 % der Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Klage liegt ein Unfallereignis vom 5.7.2004 zugrunde. Dabei wurde der Kläger als Fahrradfahrer verletzt, als der Beklagte zu 2) mit einem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Fahrzeug aus einer rechtsangelegen Parkreihe in den fließenden Verkehr einfuhr. Bei dem Ausweichmanöver kam der Kläger zu Fall und verletzte sich im Kopfbereich. Mit Schriftsatz vom 21.9.2004 wurde der Beklagten zu 1) eine Frist zur Abgabe einer Erklärung gesetzt, wonach sie ihre Haftung anerkennen und den Kläger so stellen solle, wie wenn er ein rechtskräftiges Feststellungsurteil erstritten hätte.

Die Klageschrift vom 6.10.2004 ging am 11.10.2004 bei Gericht ein. Mit Schreiben vom 25.10.2004 erkannte die Beklagte zu 1) an, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall zu ersetzen.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.11.2004 gab die Beklagte zu 1) folgende Erklärung ab:
?Wir erklären daher namens und mit Vollmacht unserer Mandantin, dass diese sich mit Wirkung eines Feststellungsurteils verpflichtet, dem Kläger sämtliche aus der am 5.7.2004 in Saarbrücken erlittenen Unfallverletzung resultierenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.?

Der Kläger macht geltend, soweit ein Schädiger vorgerichtlich die verlangte Erklärung zum Anerkenntnis der Haftung nicht abgebe, könne der Geschädigte eine gerichtliche Feststellung verlangen. Sobald die Klage anhängig sei, könne der Schädiger das Feststellungsinteresse nicht mehr durch eine außergerichtliche Erklärung beseitigen. Der Beklagte müsse ein entsprechendes Anerkenntnis abgeben, so dass Anerkenntnisurteil ergehen könne. Eine Erledigung sei durch die jetzt erfolgte titelersetzende Erklärung nicht eingetreten. Zudem könne der Kläger Erstattung seiner vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten verlangen. Der der Rechnung zugrunde liegende Streitwert vom 32.000,-- ? sei gerechtfertigt. Der Kläger sei über mehrere Wochen zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Bei dem als selbständiger Architekt tätigen Kläger drohe ein hoher Verdienstausfallschaden. Zudem komme ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.000,-- ? in Frage sowie ein weiterer Sachschaden von mindestens 1.000,-- ?, Lohnkosten für Ersatzkräfte in Höhe von mehr als 5.000,-- ? sowie Haushaltsführungsschäden in Höhe von ebenfalls mindestens 5.000,-- ?.
Auch die geltend gemachte Gebühr in Höhe von 1,8 sei gerechtfertigt. Es handele sich um eine von der Abwicklung eines normalen Verkehrsunfalls deutlich nach oben abweichende Angelegenheit. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Kläger schwer verletzt wurde.

Er beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen aus der am 5.7.2004 in Saarbrücken erlittenen Unfallverletzung resultierenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit nicht Forderungsübergang auf einen SLT erfolgt ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.034,14 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie machen geltend, durch die von der Beklagten zu 1) abgegebene Erklärung sei Erledigung hinsichtlich der begehrten Feststellung eingetreten. An der Aufrechterhaltung des Antrages bestehe kein schutzwürdiges Interesse mehr. Für eine Feststellungsklage gebe es nur dann ein Rechtsschutzinteresse, wenn für das Recht des Klägers eine gegenwärtige Unsicherheit bestehe, indem dieses Recht z. B. ernstlich bestritten werde. Hinsichtlich der Rechnung über Rechtsanwaltsgebühren, die Gegenstand der Klageforderung zu 2) ist, werde bestritten, dass diese Kosten tatsächlich angefallen sind. Auch sei der angegebene Streitwert von 32.000,-- ? nicht nachzuvollziehen. Der Gebührensatz von 1,8 sei nicht angemessen. Es handele sich um eine einfach gelagerte Sache, deren Schwierigkeitsgrad keinesfalls als überdurchschnittlich angesehen werden könne.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist lediglich hinsichtlich des Antrages zu 2) zulässig und begründet.

(?..)

2. Der geltend gemachte Anspruch in Höhe der Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger zu §§ 823 Abs. 1 BGB, 3 PflVG). Die Ersatzpflicht bei Schäden erstreckt sich auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 249 Rn. 38). Der Antrag war dabei in dem Sinne auszulegen, dass eine Verurteilung beider Beklagten als Gesamtschuldner erstrebt wird. Auch Prozesshandlungen sind auslegungsfähig. Entscheidend ist der objektive, dem Empfänger vernünftigerweise erkennbare Sinn /Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 128 Rn. 25). Offensichtlich handelt es sich insofern, als mit dem Antrag zu 2) nur ?die Beklagte? verurteilt werden soll, um ein bloßes Versehen.

Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Hierbei sind vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten zu berücksichtigen. Wenn die vom Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmte Gebühr billigem Ermessen entspricht, ist sie verbindlich (Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., § 14 Rn. 8). Nach den klägerischen Darlegungen ist von einer überdurchschnittlich schwierigen und bedeutenden Angelegenheit auszugehen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger nach dem unstreitigen Sachvortrag schwer verletzt wurde und Verdienstausfallansprüche im Raum stehen. Deren Feststellung ist erfahrungsgemäß ? zumal bei einem selbständigen Tätigen ? mit Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art verbunden und gibt regelmäßig Anlass zu Kontroversen zwischen Geschädigtem und Schädiger bzw. den involvierten Versicherern. Damit einher geht eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger. Maßgeblich ist hier das persönliche, idoelle oder wirtschaftliche Interesse am Ausgang der Angelegenheit (Madert a.a.O., Rn 56). Dass gerade für einen selbständig tätigen Architekten wie den Kläger ein mit erheblichen Verletzungen verbundener Unfall eine deutlich größere Bedeutung hat, als z. B. ein mit bloßen Sachschäden verbundener Schadensfall, liegt auf der Hand, da hierdurch die berufliche Existenz ? möglicherweise nachhaltig ? tangiert wird. Einer Berücksichtigung eines besonders hohen wirtschaftlichen oder finanziellen Wertes bei der Gebühr steht auch nicht entgegen, dass sich dies bereits bei der Bemessung des Gegenstandswertes niederschlägt. Die Bedeutung der Angelegenheit ist nämlich aus der Sichtweise des Auftraggebers zu beurteilen, während der Streitwert nach objektiven Kriterien zu ermitteln ist. Damit wird zu Recht das subjektive Interesse berücksichtigt, das bei gleichem Streitwert bei Auftraggebern durchaus unterschiedlich sein kann (Hartung/Römermann, RVG, 2004, § 14 Rn. 33).
Einem Abweichen von der Mittelgebühr nach oben steht auch nicht entgegen, dass die Frage des Haftungsgrundes dem Streit entzogen ist. Eine mittlere Gebühr kann im Wege einer Kompensation zwar auch dann angenommen werden, wenn einzelne Kriterien für eine Erhöhung, andere für eine Herabsetzung sprechen und sich diese Tendenzen im Ergebnis aufwiegen (Römermann, a.a.O., Rn. 67). Allerdings kann Letzteres nicht angenommen werden. Die dargelegten schwerwiegenden und für eine Erhöhung sprechenden Umstände werden im vorliegenden Fall gerade nicht aufgewogen. Es erscheint nicht angemessen, allein deshalb, weil Teile des Tatbestandes der relevanten Anspruchsnormen nicht im Streit stehen, die Sache insgesamt aber gleichwohl schwierig ist, die Gebühr nicht gegenüber der Mittelgebühr zu erhöhen. Dies würde gerade im vorliegenden Fall der Schwierigkeit der Angelegenheit nicht gerecht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass keine Höchstgebühr verlangt wird, was aber möglich wäre, wenn alle relevanten Kriterien für eine Abweichung nach oben sprechen (Römermann, a.a.O., Rn. 68), sondern einen moderate Abweichung nach oben geltend gemacht wird.
Auch die bei einem selbständigen Architekten eher überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse sprechen dafür, dass eine Erhöhung der Gebühr angemessen ist.

Berücksichtigt man weiter, dass nach herrschender Meinung bei der Bestimmung der Gebührenhöhe eine gewisse Toleranzgrenze zu berücksichtigen ist, die gemeinhin bei 20 % angesiedelt wird (Madert a.a.O., Rn. 34; Römermann, a.a.O. Rn. 89, 90 jeweils m.w.N), kann eine Gebühr von 1,8 angesichts er eine überdurchschnittliche Gebühr rechtfertigenden Umstände nicht als unbillig angesehen werden.

Ebenfalls keinen Bedenken begegnet die Berücksichtigung eines Streitwertes von 32.000 ? als Grundlage der Gebührenrechnung. Der Kläger hat dargelegt, dass Verdienstausfallansprüche augrund einer für mehrere Wochen andauernden Arbeitsunfähigkeit im Raum stehen und zudem das Zurückbleiben weiterer Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit als Folge der erlittenen Verletzungen droht. Jedenfalls unter Berücksichtigung eines Schmerzensgeldes, dessen vom Kläger mit 10.000,-- ? angegebene Größenordnung angesichts der erheblichen Verletzungen nicht unrealistisch erscheint, sowie weiterer materieller Schäden wie insbesondere einem Haushaltsrührungsschaden, ist von einem Streitwert von 40.000,-- ?, bzw. von 32.000,-- bei Berücksichtigung eines Abschlages von 20 % wegen der erhobenen Feststellungsklage auszugehen. Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Glaubhaftmachung oder die Angabe von Beweismitteln bei der Schätzung des Streitwertes nicht verlangt werden kann (Madert, a.a.O., § 32 Rn. 32).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2400 VV RVG

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