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25.02.2005 · IWW-Abrufnummer 050535

Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 06.10.2004 – 25 U 183/03

Welcher Schallschutz zu erreichen ist, hängt nicht davon ab, ob ein Doppelhaus im technischen Sinne errichtet wird oder nicht, sondern von den vertraglichen Vereinbarungen. Eine Planung, mit der der vertraglich vereinbarte Schallschutz nicht realisiert werden kann, ist mangelhaft.

OLG Hamm, Urteil vom 06.10.2004 - 25 U 183/03


In dem Rechtsstreit

....

hat der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ####, den Richter am Oberlandesgericht #### und den Richter am Landgericht ####

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Kläger wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 25. September 2003 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hagen teilweise so abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Kläger als Berechtigte zu je 1/2 - Anteil über den diesen vom Landgericht zuerkannten Betrag von 4.685,48 ? nebst Zinsen hinaus weitere 2.668,94 ? nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2002 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern allen weiteren, über den Betrag von 7.354,42 ? hinausgehenden Schaden bzw. verbleibenden Minderwert zu ersetzen, der darauf beruht, dass der Schallschutz des Hauses L####-Straße ## in I#### nicht den Anforderungen der DIN 4109 / 1989 "Schallschutz im Hochbau" für Einfamilien-Doppelhäuser genügt.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

(gemäß § 540 ZPO).

I.

Die Kläger schlossen im Jahre 1993 mit dem Architektur- und Ingenieurbüro H####, dessen Inhaber damals der Beklagte zu 1) und der zwischenzeitlich verstorbene W#### H#### waren, einen Architektenvertrag über die Planung und Bauaufsicht eines Gebäudes auf dem klägerischen Grundstück in I####. Das Gebäude, welches im Schriftverkehr als "Doppelhaus" bezeichnet worden war, sollte aus zwei nebeneinanderliegenden, teilweise ineinander verschachtelten Wohnungen bestehen, von denen die größere von den Klägern und die kleinere von deren Eltern bzw. Schwiegereltern genutzt werden sollte.

Nach der Errichtung des Gebäudes rügten die Kläger unzureichenden Schallschutz, wobei die Parteien darüber streiten, weiche Anforderungen an den Schallschutz vereinbart worden sind.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Beklagten unter Klageabweisung im übrigen zur Erstattung von Kosten für die Beseitigung von Schallbrücken sowie anschließender Kontrollmessungen auf Grund mangelnder Bauaufsicht bei Eigenleistungsarbeiten der Kläger verurteilt. Eine Kostenerstattung für den Einbau einer Vorsatzschale hat das Landgericht abgelehnt, da es sich so insoweit um "Sowieso-Kosten" handele. Einen weitergehenden Feststellungsantrag hat das Landgericht zurückgewiesen, da ein der DIN 4109 (für Doppelhaushälften) entsprechender Schallschutz nicht geschuldet gewesen sei. Auf die hierzu in dem Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Kläger, die ihren weitergehenden Zahlungsantrag - bezüglich der Kosten der Vorsatzschale - sowie ihr Feststellungsbegehren, nunmehr mit weiter differenzierten Anträgen, weiterverfolgen. Wegen des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache im Umfange des weitergehenden Zahlungsantrages sowie des Feststellungsantrages zu Ziffer 3 Erfolg.

Zu Recht rügt die Berufung die vom Landgericht vertretene Auffassung, wonach die Beklagten das Erreichen der erhöhten Schallschutzwerte nach der DIN 4109 für Doppelhaushälften (in der Fassung von 1989) nicht geschuldet hätten, als rechtlich fehlerhaft. Dabei spielt es keine Rolle, dass im vorliegenden Fall ein Doppelhaus im technischen Sinne nicht vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, welche Anforderungen an den Schallschutz nach den vertraglichen Vereinbarungen geschuldet waren, was gegebenenfalls durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln ist (BGH BauR 1997, 638; BGH NJW 1998, 2814/15, OLG Hamm (21. ZS) NJW 2001, 1262/63). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus einer Vielzahl von Unterlagen der Hinweis auf ein "Doppelhaus". So ist in der Gesprächsnotiz vom 28.10.1993 die Rede vom "Neubau eines Doppelhauses" (Bl. 7); in der beigefügten Aktennotiz (Bl. 8) heißt es, dass beabsichtigt sei, ein "Doppel-Wohnhaus" zu erstellen. Die Bezeichnung "Doppelhaus" befindet sich des weiteren verschiedentlich auf den Ausschreibungsunterlagen (vgl. Bl. 9, 11, 85). Auch in den Genehmigungsplänen der Beklagten (Anlage zum Schriftsatz vom 08.10.2002, S. 3 bis 5) ist von "Doppelhaushalte" die Rede. Schließlich sind für beide Wohneinheiten getrennte Bauanträge gestellt und getrennte Baugenehmigungen erteilt worden, in denen wiederum jeweils von einer "Doppelhaushälfte" die Rede ist (Bl. 46 ff der Beiakte 9 OH 23/99).

Der nicht fachkundige Auftraggeber unterscheidet nicht zwischen einem Doppelhaus im technischen Sinne und einem solchen im untechnischen Sinne. Gibt jemand die Planung für ein "Doppelhaus" in Auftrag, kann er grundsätzlich erwarten, dass ein Schallschutz eingeplant wird, der demjenigen eines Doppelhauses im technischen Sinne vergleichbar ist, es sei denn, dass er von dem Architekten ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass bei der vorgelegten Planung ein vergleichbarer Schallschutz nicht zu erzielen ist; dass ein solcher Hinweis seitens der Beklagten erfolgt sei, wird jedoch nicht behauptet. Es kommt hinzu das im Tatbestand zu Recht als unbestritten festgestellte Klagevorbringen, wonach die Kläger die Bedeutung der Schallisolierung zwischen den beiden Wohnungen "betont" hätten. Tatsächlich haben die Kläger in erster Instanz, ohne dass dem widersprochen wurde, vorgetragen, dass besprochen worden sei, dass jegliche Lärmüberschneidung zwischen den beiden Baukörpern vermieden werden solle und der Beklagte zu 1) versichert habe, dass keinerlei Geräusche aus dem Nachbarhaus herüberdringen würden. Soweit die Beklagten dieses Vorbringen in der Berufungsinstanz nunmehr streitig stellen wollen, ist dies nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.

Unerheblich ist, ob und inwieweit ein der DIN 4109 (Doppelhaushälfte), entsprechender Schallschutz bei der vorgelegten Planung mit den diversen Verschachtelungen der Wohnbereiche überhaupt erreichbar war. Legt der Architekt eine Planung vor, mit der der vom Auftraggeber gewünschte und - wie ausgeführt - vertraglich vereinbarte Schallschutz nicht realisiert werden kann, so liegt gerade hierin der schuldhafte Planungsfehler des Architekten.

Hieraus ergibt sich im einzelnen folgendes:

a) Begründet ist zunächst der weitergehende Zahlungsantrag, mit dem die Kläger zusätzlich zu dem bereits erstinstanzlich zugesprochenen Kostenbetrag zur Beseitigung der Schallbrücken die Kosten einer Vorsatzschale in Höhe des vom Sachverständigen geschätzten Betrages von 4.500,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer (umgerechnet 2.668,94 ?) verlangen. Den Klägern steht auch insoweit ein Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a.F. zu, wobei das Landgericht zu Unrecht davon ausgeht, dass es sich bei der Vorsatzschale um "Sowieso-Kosten" handelt. Dabei wird nämlich nicht berücksichtigt, dass - was der Sachverständige auch bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat bestätigt hat - bei einer von vornherein geplanten Trennung der Beplankung der Dachkonstruktion eine Vorsatzschale, bei der es sich ihrer Natur nach ohnehin nur um einen nachträglichen Behelf zur Herabminderung von Schallübertragungen handelt, von vornherein vermieden worden wäre. Allerdings wären nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bei einer solchen Trennung der Beplankung im Dachbereich zwischen den beiden Haushälften von vornherein auch gewisse Mehrkosten entstanden, die der Sachverständige mit etwa 10 bis 20 % der Lohnkosten für die Auskleidung des Dachgeschosses geschätzt hat. Der Senat hat jedoch davon abgesehen, insoweit einen Abzug von dem Zahlungsbetrag vorzunehmen. Vielmehr kann dieser Abzug der Gesamtabrechnung nach Durchführung gegebenenfalls notwendiger weiterer Mängelbeseitigungsmaßnahmen vorbehalten bleiben, zumal nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerseite im Senatstermin der erstinstanzlich bereits zugesprochene Betrag ohnehin nicht ausreicht, um allein die schon angefallenen Kosten zur Beseitigung der Schallbrücken auszugleichen.

b) Begründet ist des weiteren das Feststellungsbegehren der Kläger, allerdings nicht nach Maßgabe des Antrages zu Ziffer 2}, da nicht feststeht, ob nach Durchführung der Maßnahmen, die bereits Gegenstand des Zahlungsantrages sind, weitere Maßnahmen einschließlich anschließender erneuter messtechnischer Erfolgskontrollen überhaupt erforderlich sein werden, wohl aber - unter Einbeziehung eines etwaigen Minderwertausgleichs - nach Maßgabe des Antrages zu Ziffer 3).

Denn wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, schulden die Beklagten den Klägern Schadensersatz gemäß § 635 BGB nicht nur wegen mangelhafter Bauaufsicht sondern auch unter dem Gesichtspunkt mangelhafter Bauplanung. Sie haben den Klägern deshalb - in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit und unter Berücksichtigung von Sowiesokosten, d.h. Mehrkosten, die bei einer von vornherein dem vereinbarten Schallschutz genügenden Bauplanung und -ausführung entstanden wären - die Kosten sämtlicher Maßnahmen zu ersetzen, die erforderlich sind, um den vereinbarten Schallschutz nachträglich zu erreichen. Als eine solche baupraktisch (noch) mögliche Maßnahme hat der Sachverständige im Senatstermin die Anbringung biegeweicher Vorsatzschalen an allen betroffenen Decken und Wänden genannt. Ob eine solche Maßnahme erforderlich sein wird, hängt davon ab, wie sich die Schallsituation nach Durchführung der Maßnahmen, die Gegenstand der Zahlungsverurteilung der Beklagten sind, darstellt, insbesondere davon, ob die anschließende Kontrollmessung nur noch geringfügige Schallschutzdefizite ergibt, die unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gegebenenfalls allein über einen Mindert auszugleichen sind, oder ob weiterhin erhebliche Defizite bestehen, die durch die Durchführung weiterer Maßnahmen in nennenswertem Umfang beseitigt werden können, wobei auch in diesem Fall nicht auszuschließen ist, dass der Schallschutz am Ende immer noch hinter den vereinbarten Vorgaben der DIN 410911989 zurückbleibt und deshalb den Ausgleich eines Minderwerts erforderlich macht.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 635

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