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10.12.2004 · IWW-Abrufnummer 043145

Landgericht Berlin: Urteil vom 09.09.2004 – 2 Wi Js 147/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


LANDGERICHT BERLIN

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: (505) 2WiJs 147/03 KLS (06/04)

Strafsache XXX wegen Steuerhinterziehung u.a

Die 5. große Strafkammer des Landgerichts Berlin (Wirtschaftsstrafkammer) hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 24. Mai 2004 bis 09. September 2004, an der teilgenommen haben:

XXX in der Sitzung vom 09. September 2004 für Recht erkannt:

Der Angeklagte A wird wegen Steuerhinterziehung und wegen Bestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Angeklagte P wird wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Strafvereitelung im Amt und wegen Bestechlichkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1. Der 52jährige Angeklagte XXX ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Seit langen Jahren betätigt er sich unternehmerisch. 1982 kaufte er zusammen mit seiner Ehefrau die Firma XXX Kühlmöbelfabrik, deren Geschäftszweck namentlich die Herstellung von Gastronomieeinrichtung war. 1984 erwarben die Eheleute aus dem Konkurs des Wienerwaldes XXX-mbH, die sich ebenfalls mit der Produktion von Großküchengeräten beschäftigte, 1987verkaufte er die Produktion, behielt aber den Firmenmantel. 1989 schließlich änderte er die Firma XXX-GmbH in XXX-GmbH. Er war neben seiner Ehefrau alleiniger Geschäftsführer dieser im bayerischen Kühlenthal ansässigen Gesellschaft.

Die Firma, über deren Vermögen im Dezember 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, betrieb einen umfänglichen Handel mit hochwertigen Kraftfahrzeugen (überwiegend der Marke Daimler Benz). Der Angeklagte hatte sich 1988 in Neu-Ulm, wo er zuvor für die dortige Mercedes-Niederlassung eine Kantinenausgabetheke errichtet hatte, einen Mercedes gekauft und (für damalige Zeiten ungewöhnlich) einen Rabatt von 3% erhalten. Im selben Jahr erwarb er dort ein weiteres Fahrzeug, wobei ihm abermals ein Rabatt von 3% ein- geräumt wurde. Der Angeklagte, der ein neues unternehmerisches Betätigungsfeld für sich ahnte, fragte den Niederlassungsleiter, ob er noch größeren Preisnachlaß erhalten könne, wenn er eine größere Anzahl von Wagen abnähme. Darauf wurde ihm bei Erwerb von mindestens 100 Fahrzeugen pro Jahr ein Mengenrabatt von 10% zugesagt.

So kam der Angeklagte mit der XXX-GmbH zum Autohandel, der alsbald einen großen Umfang annahm und ihn in Kontakt mit zahlreichen Mercedes-Niederlassungen im gesamten Bundesgebiet brachte. Seine Verkaufszahlen schwankten zwischen 1000 und 2000 Fahrzeugen pro Jahr. Er kümmerte sich in erster Linie um den Einkauf der Fahrzeuge; .für die Abwicklung des Verkaufs waren auch seine Ehefrau und sein Bruder Helmut A zuständig. Bei der Beschaffung der Wagen beschränkte sich der Angeklagte nicht auf Mercedes-Niederlassungen, sondern kaufte Fahrzeuge auch bei freien (inländischen) Händlern ein.

Der Angeklagte A ist vorbelastet; sein Strafregister enthält folgende Eintragungen: Am 03. November~re83 verurteilte ihn das Amtsgericht Ettlingen wegen Gefährdung des ~ Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen. Am 04. August 1987 verurteilte \ ihn das Amtsgericht Augsburg wegen Verstoßes gegen das Fernmeldeanlagengesetz zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen. Am 26. September 1991 verurteilte ihn das Amtsgericht Augsburg wegen Beitragsvorenthaltung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Am f 22. Juni 1995 verurteilte ihn das Amtsgericht Stollberg wegen Subventionsbetruges in zwei / \ Fällen zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen.

2. Der bislang unbescholtene 49jährige Angeklagte P wuchs bei seinen Eltern als Einzelkind auf. Nach Grundschule und Gymnasium erlangte er 1975 das Abitur. Eine an- schließende Fachhochschulausbildung beendete er nach drei Jahren als Diplom-Finanzwirt. Nach diesem Abschluß heiratete er seine Ehefrau Sabine. Er ist seit 1978 mit ihr verheiratet und hat drei in seinem Haushalt lebende Kinder im Alter von sechzehn, neunzehn und zweiundzwanzig Jahren; eine leibliche Tochter, einen Adoptivsohn und eine Adoptivtochter. Der Angeklagte arbeitete zunächst sechs Jahre beim Finanzamt Neukölln-Süd, bis er 1984 zur Steuerfahndung versetzt wurde. Seit 1993 ist er zugleich Dozent für Steuerrecht; seit 1999 leitet er im Auftrag der Berliner Oberfinanzdirektion Fortbildungsveranstaltungen in seiner Behörde. Trotz erheblicher Probleme mit Vorgesetzten wurde er zuletzt zum Steueroberamtsrat beim Berliner Finanzamt für Fahndung und Strafsachen befördert.

1. Der Angeklagte A reichte als Geschäftsführer der A i· GmbH beim Finanzamt Neu-Ulm T-~ 7. Januar 2002 (gemeinsamer Eingang der Erklärungen) für die Veranlagungsjahre 1999 und 2000 jeweils (mit einem Erstattungsanspruch endende) Steuererklärungen ein, die über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben enthielten. In den Erklärungen machte er Vorsteuern und Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen geltend, obwohl er damit rechnete, daß es sich bei den insoweit getätigten Umsätzen um Geschäfte mit einem Umsatzsteuerkarussell und dessen zum Zwecke der Steuerhinterziehung in die Kreisläufe eingeschalteten Scheinfirmen handelte. Die zugrundeliegenden illegalen Transaktionen nahm er im Interesse der Umsatzförderung für seine Firma ebenso wie die daran anknüpfende inhaltliche Unrichtigkeit seiner Steuererklärungen billigend in Kauf. Hierdurch verkürzte er Steuern in Höhe von insgesamt mindestens ' 637.760 DM.

In der Umsatzsteuererklärung für das Veranlagungsjahr 2000 machte er nicht abzugsfähige Vorsteuern in Höhe von 423.665 DM geltend. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Vorsteuern aus Rechnungen im Zusammenhang mit Fahrzeugankäufen der Firma XXX GmbH von den (Schein-)Firmen XXX (163.521 DM), J. W. (128.069 DM) F. (105.538 DM) und J (26.537 DM).

In der Umsatzsteuererklärung für das Veranlagungsjahr 1999 nahm er (bei zugrundegelegten Umsätzen XXX DM und XXX DM/T unberechtigt Steuerfreiheit in Höhe von 169.177 DM für angebliche innergemeinschaftlichen Lieferungen in Anspruch. Diese Beträge stammen aus Fahrzeugverkäufen der Firma 4~11 L GmbH an die vermeintlich im EU-Ausland ansässigen Firmen XXX = Steuerverkürzungsanteil in Höhe von 49.361 DM sowie Versuchsanteil in Höhe von 22.187 DM) und T/Belgien (X DM). Insoweit trat eine Steuerverkürzung von insgesamt 146.990 ein

In der Umsatzsteuererklärung für das Veranlagungsjahr 2000 nahm er (bei zugrundegelegten Urnsätzen von XXXDM/D und XXX DM/T unberechtigt Steuerfreiheit in Höhe von 116.841 DM für angebliche innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch. Diese Beträge stammen aus Fahrzeugverkäufen der Firma XXX GmbH an die vermeintlich im EU-Ausland ansässigen Firmen XXX/Österreich DM = Steuerverkürzungsanteil in Höhe von 42.849 DM sowie Versuchsanteil in Höhe von 49.736 DM) und T/Belgien (X/DM). Insoweit trat eine Steuerverkürzung von insgesamt 67.105 DM ein.

a) Mit den genannten Firmen hat es folgendes auf sich : Im Frühjahr 1997 taten sich im Trierer Raum die gesondert verfolgten Raphael K und Franz M zusammen, um in größerem Umfang Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit Kfz-Verkäufen zu betreiben. Das Geschäftsmodell ging dahin, hochwertige Pkw umsatzsteuerfrei einzukaufen und die so erworbenen Wagen mit Mehrwertsteuer zu veräußern; die so erlangte Umsatzsteuer, die selbstverständlich nicht an das Finanzamt abgeführt werden sollte, bildete den Gewinn. Zum Zwecke des ?umsatzsteuerfreien" Einkaufs gründete Raphael K zusammen mit seinem Vater Heinrich-Peter K mit angeblichem in Luxemburg. Diese Gesellschaft, deren Geschäftsführer Raphael K war und die ihre Tätigkeit im April 1997 aufnahm, diente ausschließlich dazu, beim Kfz-Ankauf einen Leistungsempfänger im EU-Ausland vorzutäuschen, um auf diese Weise die Umsatzsteuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen geltend machen zu können. Die von der W netto erlangten Pkw, weiche das Inland in Wahrheit nicht verlassen sollten, wurden (ebenfalls netto) an fiktive Kunden (Scheinfirmen) ?weggeschrieben". Auf einem zweiten, vom ?W-Einkauf unabhängigen Weg wurden die Fahrzeuge dann von einer gleichfalls von XXX beherrschten deutschen (Schein-)Firma inklusive Mehrwertsteuer an einen Endkunden abgerechnet.

Neben etlichen anderen Lieferanten bezogen XXX über die W seit Sommer 1997 Mercedes-Pkw auch. von der A-GmbH. Mit keinem Lieferanten wurde offen über den kriminellen Hintergrund der Geschäfte gesprochen. Vielfach hatte K indes das Gefühl, alle wüßten Bescheid; manchmal wurde er von Autohändlern mehrdeutig angesprochen; vereinzelt auch in freundlichem Ton gewarnt. Da es sich bei Umsatzsteuerkarussellen im Zusammenhang mit dem Handel hochwertiger Pkw um ein zwar unerlaubtes, aber gleichwohl gängiges Phänomen handelt, wußte K um die Gefahr der Entdeckung durch die Finanzämter. Im Jahre 1998 häuften sich Ruckfragen der Ämter in einem Maße, daß KI nach eigenen Worten ?kalte Füße" bekam und ?mit der W Schluß machte". Ende 1998 bis Herbst 1999 arbeitete er als Angestellter einer Luxemburger Firma.

Auch nach dem vorläufigen Ende der geschäftlichen Zusammenarbeit brach der private Kontakt zwischen Raphael K und Franz M nie ganz ab. K war mit seinem Angestellten-Dasein nicht zureden; das Betriebsklima der. Firma war schlecht, der Lohn nicht allzu hoch. So war K den wiederholten Bitten des Franz M- , doch wieder ?ins Geschäft einzusteigen m Laufe des Jahres 1999 mehr und mehr zugänglich. Im Herbst 1999 war es schließlich soweit: K/M gründeten ihr Umsatzsteuerkarussell II. Auch diese kriminelle Gründung folgte dem beschriebenen Geschäftsmodell; lediglich die angeblich im Geschäftsverkehr auftretenden Firmen wurden ausgetauscht. An Stelle der lW/Lluxemburg wurde von K vorgeblicher umsatzsteuerfreier Einkäufer die Firma K/GmbH mit Sitz in Feldkirch/Österreich gegründet. K war alleiniger (Gesellschafter; Geschäftsführer wurde ein F.M. dem ?administrative Aufgaben oblagen und der mit dem Kfz-Handel nichts zu tun hatte. Darüber hinaus nutzten K/M als Netto-Ankaufsfirma die Gesellschaft T mit Sitz in Anon/Belgien (Inhaber Roger B)

Über die D und die T bezogen K/M als angebliche innergemeinschaftliche Lieferungen in den Jahren 1999/2000 hochwertige Mercedes-Pkw von der A/L GbHH in dem oben bezeichneten Umfang.

Die inländischen von K/Ml beherrschten und lediglich Rechnungen schreiben- den (Schein-)Firmen, durch welche steuerfrei angekauften Pkw an Endabnehmer gelangen sollten, waren die A/F-GmbH, Auto W und Jürgen T. Diese Firmen haben zwar Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, diese aber tatplangemäß weder angemeldet noch abgeführt. Diese genannten Scheinunternehmen verkauften an die X-GmbH im Jahre 2000 Mercedes-Pkw in dem oben bezeichneten Umfang und stellten A Firma insoweit Vorsteuer ausweisende Rechnungen aus.

b) Bei Beginn seiner Geschäfte mit XXX im Jahre 1997 handelte der Angeklagte A möglicherweise noch nicht vorsätzlich hinsichtlich seiner objektiven Teilnahme an einem Umsatzsteuerkarussell. Zwar liegt es nahe, daß der im Autohandel äußerst versierte Angeklagte mit seiner langjährigen Erfahrung durchaus argwöhnte, sein gerade 26jähriger, in der Branche zuvor nicht etablierter Geschäftspartner mit der ausländischen Firma und dem Umschlag voller Bargeld könne mit dem steuerfreien Einkauf letztlich auch illegale Absichten verfolgen. Dies gilt namentlich vor dem Hintergrund, daß (wie die Steuerfahnder K/Berlin und K/Trier erläutert haben) Steuerhinterziehungen mit hochwertigen Pkw (ebenso, wie mit Handys) ein seit geraumer Zeit sehr verbreitetes Phänomen sind; was dem Angeklagten als Branchenkenner mit vielfältigen Kontakten schlechthin nicht verborgen geblieben sein kann. Der Frage muß jedoch nicht mehr nach- gegangen werden, weil von der Verfolgung der angeklagten Taten aus dem ersten Umsatzsteuerkarussell in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO abgesehen worden ist.

Im zweiten von K/M ab Oktober 1999 betriebenen Umsatzsteuerkarussell (D/Trivest) rechnete der Angeklagte jedoch zweifelsfrei mit der Möglichkeit, daß es sich bei den insoweit getätigten Umsätzen um Geschäfte mit Kriminellen und deren zum Zwecke der Steuerhinterziehung vorgeschobenen Scheinfirmen handelte. In der (wie das hiesige Strafverfahren zeigt - irrigen) Annahme, solches werde man ihm niemals nachweisen können, wenn er sich nur nichts anmerken ließe, nahm er die Illegalität der Geschäfte im Interesse seines Firmenumsatzes billigend in Kauf.

So erfolgte die Abwicklung der Geschäfte äußerlich unauffällig. Der Angeklagte (bzw. die auf seine Anweisung handelnden Firmenmitarbeiter) legte Automappen über die an die D oder T verkauften Wagen an, fragte die jeweiligen Umsatzsteuer- Identifikationsnummern der Firmen in Saarlouis an und heftete die Antwort ordentlich ab. Die Vorgänge wurden korrekt abgerechnet (etwa keine Unterfakturierung wie bei anderen K/M-Partnern). Zu keinem Zeitpunkt
2. Der Angeklagte P leitete als zuständiger Sachbearbeiter im Berliner Finanzamt für Fahndung und Strafsachen am 26. November 2001 ein Verfahren gegen die Eheleute A wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung ein., das unter dem Aktenzeichen XXX bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführt wurde. Im Rahmen dieses Verfahrens fanden am 16. April 2002 zahlreiche Durchsuchungsmaßnahmen bei der Firma A/L-GmbH statt, bei denen eine Fülle von Beweismaterial beschlag- nahmt wurde, welches dem Angeklagten P in der Folgezeit zur Auswertung vorlag. Zudem würden aufgrund eines telefonischen Hinweises des Angeklagten P an das für die A/L-GmbH zuständige Finanzamt Neu-Ulm die Vorsteuererstattungsguthaben der Firma gesperrt.

Die Sache A an welche der Angeklagte P zunächst mit großem Engagement herangegangen war, begann ihn alsbald zu belasten. Seine dienstliche Leistungsbereit- geschlagen : So hatte er Mitte der 90er Jahre einen Hörsturz erlitten, der zu fast völliger Taubheit auf dem linken Ohr führte. In jüngerer Vergangenheit kamen Bandscheibenvorfälle im Hals- und Lendenbereich hinzu. Ein allergisches Asthma quälte ihn seit seiner Jugend. Schließlich empfand sich der Angeklagte, der schließlich auch Schwierigkeiten mit manchen Kollegen und Vorgesetzten hatte, ?leer gelaufen und ausgebrannt". Er meinte, in dem 2001 gegründeten Referat ?Umsatzsteuerkarusselle", in das er vom Referatsleiter als ?bester Mann" geholt worden war, ausgerechnet die schwersten Fälle übertragen zu bekommen und glaubte sich ?gemobbt" und überlastet.

Der Angeklagte A·war wegen der Sperrung seiner Vorsteueransprüche beunruhigt und beauftragte den Steuerberater Jürgen B mit der Wahrnehmung seiner Interessen. B setzte sich unter dem 28. Oktober 2002~mit der Berliner Steuerfahndung in Verbindung und bat um ein klärendes Gespräch. So kam es am 06. November 2002 in den Räumen des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen zu einer Besprechung, an welcher der Angeklagte P·im Beistand seines Steuerberaters Befund seines (kurzfristig hinzugezogenen) Verteidigers teilnahm. Seitens der Behörde waren der Referatsleiter Oberregierungsrat H, der Angeklagate P und die Steuerfahnderin K·anwesend. P konfronierte A m dem Vorwurf der Teilnahme an einem Umsatzsteuerkarussel. A trat empört allen Unterstellungen entgegen, betonte, er habe sich ?immer alles zeigen lassen" und hatte zu jeder Ihm von P vorbehaltenen Automappe eine passende Antwort. Die Atmosphäre war hitzig. ORR H gefiel die forsche Art des Angeklagten P. StAF K machte zur Beruhigung den Vorschlag, man möge doch einmal eine Pause einlegen. Ein in Zahlen greifbares Ergebnis hatte die Konferenz nicht. Immerhin ging man mit der Absicht auseinander, in der Folgezeit die steuerliche Nachforderung beiderseits zügig zu berechnen und sodann eine Entscheidung über die Freigabe der Vorsteuerguthaben zu treffen. Dem sich sicher wähnenden und ursprünglich überhaupt nicht vergleichsbereiten Angeklagten A war von seinem Steuerberater und von seinem Anwalt nahegelegt worden, eine Schadensnachberechnung des Finanzamtes bis XXX Euro zu akzeptieren; man wisse schließlich nie, was bei solchen Sachen herauskomme; im übrigen drängten die gesperrten Guthaben. Dem Angeklagten P schien diese von der A-Seite mitgeteilte Größenordnung eines möglichen Vergleichs freilich zu gering; er äußerte, er werde schon XXX Euro finden, wenn er gründlich prüfe. So gingen die Beteiligten auseinander und es hatte (nach den Worten des Zeugen B .jeder seine Hausaufgaben zu machen".

Der Steuerberater B sichtete in der Folgezeit einschlägige Unterlagen und kam zu dem (nicht näher begründeten) schriftlichen Vorschlag (Fax vom 27. November 2002) einer ?tatsächlichen Verständigung" auf rund XXX Euro. Dieser Betrag hätte (wie der Zeuge B in der Hauptverhandlung bestätigte) natürlich auch höher .ausfallen können; eine besonders hohe Vergleichssumme entsprach freilich nicht seiner Aufgabenstellung als Interessenvertreter A. Diesen Vorschlag des Steuerberaters lehnte ORR H jedenfalls ab und vermerkte auf dessen Fax unter dem 28. November 2002, es sei kein Raum für eine tatsächliche Verständigung, da alle Beweismittel vorlägen. Zu einer pflichtgemäßen Auswertung der vorliegenden Beweismittel kam es indes nicht.

Dem Angeklagten P fehlte es (namentlich aufgrund der von ihm empfundenen Widrigkeiten) im Anschluß an das Gespräch vom 06. November 2002 an der ernsthaften Bereitschaft, eine gründliche Prüfung des Falles A vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund trafen die beiden Angeklagten an einem nicht mehr genau feststellbaren Novembertag folgende Unrechtsvereinbarung: Der Angeklagte P versprach dem Angeklagten A die Steuernachforderung auf nicht mehr als XXX Euro zu berechnen und für die Freigabe der gesperrten Guthaben beim Finanzamt Neu-Ulm zu sorgen. Der Angeklagte A verpflichtete sich im Gegenzug, dem Angeklagten P unentgeltlich einen fabrikneuen Mercedes CLK 240 im Verkaufswert von knapp XXX Euro zu überlassen, P gebrauchten Mercedes E 220 zu übernehmen und das Restdarlehen hinsichtlich dieses (finanzierten) Gebrauchtwagens in Höhe von XXX Euro abzulösen. Von wem die Initiative zu dieser Unrechtsvereinbarung ausgegangen ist, hat sich in der Hauptverhandlung nicht zweifelsfrei klären lassen.

In Ausführung der Unrechtsvereinbarung ignorierte der Angeklagte P die den Angeklagten Al erheblich belastende Beweislage und unterließ es bewusst pflichtwidrig, weitere sich aufdrängende Ermittlungsschritte zu unternehmen (namentlich ihm mitgeteilten Erkenntnissen der Steuerfahndung Trier über die A belastenden Angaben des geständigen gesondert verfolgten Raphael ~41 nachzugehen). Statt dessen nahm PII am 21. November 2002 mit der sachbearbeitenden Staatsanwältin Rücksprache und trug ihr als (vermeintlichen) Sachstand ausweislich seines Vermerks vom selben Tage vor: ?Der ursprüngliche Verdacht der Steuerhinterziehung gegen Franz & Erika A hat sich nach Auswertung der Beweismittel nicht bestätigt. Zwar werden USt-Nachzahlungen i.H.v. ca. XXX Euro durch die Steufa Berlin festgestellt werden, aber ein Vorsatz für die Teilnahme an einem USt-Karussell (Mittäter, Gehilfe o.a.) wird nicht nachzuweisen sein. Frau Sch (scil. die bearbeitende Staatsanwältin) wird das Verfahren wahrscheinlich nach § 170(2) .StPO einstellen .und bat um Übersendung derErm-Akten mit Sachstandsvermerk."

Unter dem 13. Dezember 2002 faßte P das ?Ergebnis" der Auswertung der sichergestellten Unterlagen für die Jahre 1997 bis 2001 im Besteuerungsverfahren in einem zweiseitigen Vermerk dahin zusammen, daß mit Rücksicht auf unzureichende Buch- und Belegnachweise in Anspruch genommene Steuerbefreiung in Höhe von insgesamt XXX Euro zu versagen sei; hinsichtlich des Strafverfahrens könne dem Beschuldigten ?nach den vorhandenen Beweismitteln und Ermittlungen" nicht nachgewiesen werden, daß er Beteiligter in einem USt-Karussell gewesen sei; es könne nicht nachgewiesen werden, daß er insbesondere Warenein- und verkaufe von Missing-Tradern aus dem Inland und in das Gemeinschaftsgebiet getätigt habe: vielmehr sei nicht zu widerlegen, daß er gutgläubig mit diesen Firmen Geschäfte abwickelte, ohne von der tatsächlichen Nichtexistenz dieser Firmen zu wissen, da die Kfz ausschließlich im Wege des Abholfalles veräußert worden seien.

Am 18. Dezember 2002 teilte der Angeklagte P dem Finanzamt Neu-Ulm seine Nachforderungsberechnung mit und bat mit dem von ihm unterzeichneten Fax-Schreiben, die Guthabensperre aufzuheben, soweit sie übersteigt. Diese Freigabeverfügung widersprach dem behördeninternen Zeichnungsrecht, wonach Mitteilungen dieser Art vom Sachgebietsleiter zu unterschreiben sind; hier ist ORR M durch P in keiner Weise mit dem Vorgang befaßt worden.

Jeweils unter dem 07. Januar 2003 fertigte P einen Steuerlichen Bericht sowie einen Strafrechtlichen Aktenvermerk.

Der Steuerliche Bericht entsprach dem Vermerk vom 13. Dezember 2002 und gelangte im Ergebnis zu der Nachforderung in Höhe von XXX Euro. Beanstandet wurde die Unvollständigkeit von Buch- und Belegnachweisen im Sinne der UStDV hinsichtlich einzelner Fahrzeugverkäufe. Die Beanstandungen bezogen sich auf die Firmen G, A, I, L, E und D . Hinsichtlich der (hier noch verfahrensgegenständlichen) Fällen gelangte der Bericht für die Jahre 1999 und 2000 zu einer Versagung der Steuerfreiheit in Höhe von insgesamt XXX DM (XXX DM/1999 + XXX DM/2000).

Der Strafrechtliche Aktenvermerk endete mit dem Vorschlag einer Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO im Blick auf nicht zu widerlegende Gutgläubigkeit des Beschuldigten A.

Der Angeklagte P hatte inzwischen (im wesentlichen) auch seinen Beitrag geleistet. Er lieferte durch einen beauftragten Fahrer am 18. Dezember 2002 (nota bene: dem Tag der angemaßten Freigabeverfügung) den versprochenen Mercedes CLK 240 nach Berlin an den Angeklagten P aus. A hatte das Fahrzeug zuvor (mit Rabatt) zu einem Gesamtpreis von gut XXX Euro von der Daimler ChrysIer AG erworben. Mit der Ablösung des restlichen Darlehens für P Gbrauchten ließ A freilich etwas auf sich warten. In Sorge um diesen Teil der Vereinbarung sandte P an A am 13. Januar 2003 ein (bei späterer Durchsuchung sichergestelltes verfängliches) Telefax: ?Sehr geehrter Herr A, seit dem 17.12.02 haben Sie das Auto B und wollten den Kredit ablösen bei der X-Bank. Das hat bis heute nicht geklappt It. Auskunft der Bank, obwohl Sie mir das zugesagt haben am 07.01.03, daß am 08.01.03 der Restbetrag bezahlt wird. Nunmehr sind fast 4 Wochen vergangen und ich bin sehr beunruhigt über diese Praxis. Ich habe mich an mein Versprechen gehalten, was nun ? Versicherung, Steuern, Kreditraten laufen ! Wann zahlen Sie und melden das Auto nun ab. Bitte melden Sie sich unverzüglich bei mir, ansonsten habe ich den Eindruck, daß hier ein Spiel läuft. Danke". Schließlich kam der Angeklagte A auch insoweit seinen Unrechtspflichten nach und löste P offenen Kredit in Höhe von XXX Euro Ende Januar 2003 ab

Die A/L-GmbH stellte den Mercedes CLK mit Datum vom 05. März 2003 (vermutlich aus steuerlichen Gründen) der Ehefrau des Angeklagten P mit einem angeblichen Gesamtpreis von XXX Euro in Rechnung. Eine an den Angeklagten P gerichtete Rechnung aus 2002 gibt es nicht. Aus den (sorgfältig geführten) Buchhaltungsunterlagen der A/L-GmbH war für den Tatzeitraum keine Buchung (weder Gutschrift noch Bareinnahme) ersichtlich, die sich auf eine Bezahlung des Neuwagens durch P beziehen könnte.

Bei der Abfassung seiner inhaltlich unzutreffenden Vermerke und Berichte war sich der An- geklagte P darüber im klaren, daß seine Äußerungen zum einen zu einer zu geringen Festsetzung der Steuerschuld der A/L-GmbH führen würden und daß hierdurch zum anderen die Strafverfolgung gegen den Beschuldigten A zumindest geraume Zeit verzögert werden würde.

Aufgrund der Berichte P erließ das Finanzamt Neu-Ulm am 11. Februar 2003 Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1997 bis 2000 unter Zugrundelegung der unzutreffenden Angaben des Angeklagten A und des vom Angeklagten P manipulativ heruntergerechneten Nachforderungsbetrages. In Höhe von insgesamt XXX DM (XXX DM/1999 + XXX DM/2000,) wurden die unzutreffenden Angaben A durch den Bericht P.korrigiert". Damit wurde eine Vollendung der von A versuchten Steuerhinterziehung in diesem Umfang verhindert. Solches geschah zwar auf der Grundlage einer Unrechtsvereinbarung, aber im übrigen (beim Angeklagten P sicher und beim Angeklagten A nicht ausschließbar) freiwillig.

Zu einer endgültigen Einstellung des gegen den Angeklagten P~II gerichteten straf- rechtlichen Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft kam es nicht. Im Früh- jähr 2003 unternahm die Berliner Steuerfahnderin K zusammen mit ihrem Kollegen T wegen eines Parallelfalles aus demselben Karussell eine Dienstreise nach Trier. Bei Trierer Steuerfahndung trafen die Berliner Beamten mit dem dortigen Fahndungsprüfer StAR K zusammen, welcher die Ermittlungen (u.a.) in Sachen Karussell K/M führte. K erkundigte sich nach dem Stand des ihm bekannten Falles erhielt zu seiner Verblüffung die Antwort, strafrechtlich sei die Einstellung des Verfahrens vorgeschlagen, steuerlich sei eine Nachzahlung in geringerer Höhe als erwartet errechnet. K bemerkte, dies könne ?ja wohl nicht wahr sein" und verwies auf seine der Berliner Steuerfahndung mitgeteilten Ermittlungsergebnisse, namentlich die A belasteten Angaben des zuständigen K. Die Beamten K und B unterrichteten den Sachgebietsleiter H über die fassunaslosen Entsetzen geprägte Reaktion des Trierer Kollegen. H stellte P (nach dessen mehrwöchiger krankheitsbedingter Abwesenheit) zur Rede Auf die Kritik des Vorgesetzten an seiner Bearbeitung de Falles A erwiderte P der Sachgebietsleiter habe Recht; er (P fühle sich derzeit nicht imstande, komplizierte Verfahren zu bearbeiten; incbesondere Karussell Fälle könne er nicht ordnungsgemäß abschließen; dies sei auf seine schwierige private Situation zurückzuführen. Im unmittelbaren Anschluß an dieses Gespräch (Mitte April 2003 unterrichtete ORR H die Staatsanwaltschaft über die neuen Verdachtsmomente woraufhin dem Verfahren Fortgang gegeben wurde. Mit der weiteren Bearbeitung der Sa ehe wurde im Mai 2003 StAR'in K betraut. Die Beamtin sichtete die beschlagnahmter Unterlagen in mühsamer Kleinarbeit und gelangte für die Jahre 1996 bis 2001 letztlich zu Berechnung eines steuerlichen Gesamtschadens von XXX Euro.

III.

1. Die Angeklagten haben - nachdem die Beweisaufnahme insoweit offensichtlich zur Schuldspruchreife gediehen war [der Angeklagte P hatte in seiner ursprünglichen Einlassung behauptet, .den Pkw als normaler Kunde gegen vollständige (Bar-)Zahlung erworben zu haben] - das Korruptionsdelikt eingeräumt. Das Steuervergehen haben sie bis zuletzt bestritten.

a) In einer ?gemeinsamen Erklärung" (Hauptverhandlung am 26.08.2004) haben sie folgenden Sachverhalt geschildert:

aa) Nach dem wegen der Auszahlungssperre zustandegekommenen Gespräch bei der Steuerfahndung Berlin am 06. November 2002 habe man sich darauf geeinigt, etwaige Steuernachforderungen an die A/L-GmbH, die auf etwa XXX Euro geschätzt worden seien, konkreter zu berechnen, um sich sodann zu verständigen. Der Angeklagte P habe das Ergebnis seiner Überlegungen zunächst in einem Vermerk vom 21. November2001 zusammengefaßt; danach seien zwar Umsatzsteuernachzahlungen in Höhe von etwa XXX Euro zu erwarten gewesen, jedoch habe sich der strafrechtliche Vorwurf der Steuerhinterziehung nicht bestätigt. Der Steuerberater B habe schließlich mit Schreiben vom 27. November 2002 der Steuerfahndung Berlin vorgeschlagen, sich auf eine Nachzahlung von XXX Euro zu verständigen. Einer solchen Verständigung habe indes der Vorgesetzte des Angeklagten P (ORR H) bereits mit Vermerk vom 28. November 2002 widersprochen, da angesichts vollständig vorliegender Beweismittel für eine tatsächliche Verständigung kein Raum sei. PII habe daraufhin 411 telefonisch mitgeteilt, daß sein Vorgesetzter mit der vorgeschlagenen Verständigung nicht einverstanden sei. A habe entsetzt reagiert: wenn die Auszahlungssperre aufrechterhalten werde, drohe seiner Firma die Insolvenz. P habe ihn beruhigt und erklärt, er (P) habe nun die Aufgabe, die Steuernachforderung zu berechnen. Es müßten ja nicht mehr als XXX Euro herauskommen. Das seien immer noch XXX Euro weniger als die im Raum stehenden XXX Euro. P habe gefragt, ob dies für die A/L-GmbH nicht Anlaß sei, ihm einen Mercedes im Wert der Hälfte des Differenzbetrages XXX Euro) zu liefern; er sei besonders interessiert an einem CLK 240. A habe dem Vorschlag zugestimmt. P habe sodann unter dem 13. Dezember 2002 einen Steuerschaden von XXX Euro errechnet und A über dieses Ergebnis informiert. Am 18. Dezember 2002 habe A daraufhin vereinbarungsgemäß den CLK 240 an P geliefert. Parallel habe P seinen Gebrauchtwagen (Mercedes E 220) an A übergeben. Eine Zahlung auf den ?Kaufpreis? sei nicht erfolgt, gleichwohl habe A auf P Bitten diesem unter dem 05. März 2003 eine Rechnung über einen Kaufpreis von XXX Euro gestellt und den Eingang dei Zahlung bestätigt.

bb) Zur Motivation dieser Vereinbarung machen die Angeklagten geltend :

P habe das Verfahren endlich beenden wollen. Mit seinem Vorgesetzten sei er unterschiedlicher Auffassung darüber gewesen, ob allein das Vorhandensein von Scheinfirmen zum Verlust der Steuerfreiheit führen könne, im häuslichen Bereich habe er ?Frust" gehabt. Schon seit einiger Zeit habe er einen CLK 240 erwerben wollen und bereits mit Kollegen darüber gesprochen, nach Abschluß des Verfahrens einen solchen Wagen möglicherweise auch bei A zu erwerben. Rückblickend sei der Wunsch, dieses Fahrzeug zu besitzen, wohl der Versuch, seine schwierige private und berufliche Situation zukompensieren.

A habe sich in einer aussichtslosen Lage gefühlt. Aus seiner Sicht habe er sich steuerlich nichts vorzuwerfen gehabt; dies habe ihm aber nichts genutzt, da seiner Firma wegen der Auszahlungssperre die Insolvenz drohte. Die Hoffnung, daß der Vorschlag seines Steuerberaters zu einer wirtschaftlich erträglichen Lösung führe, habe sich zerschlagen So habe er keinen .anderen Ausweg gesehen, als das Angebot P anzunehmen, eine Steuernachzahlung bis zu XXX Euro zu akzeptieren und noch einen Mercedes dazuzugeben, um auf diese Weise die Insolvenz abzuwenden.

cc) Dieser Einlassung folgt die Kammer lediglich, soweit der Inhalt der Unrechtsvereinbarung darin beschrieben ist. Hinsichtlich der zeitlichen Abfolge des Geschehens und hin- sichtlich der Motivationslagen ist die Erklärung der Angeklagten indes keine zuverlässige Grundlage von Feststellungen. Die Darstellung erscheint vielmehr als von der gemeinsamen Verteidigungsstrategie diktiert; in deren Mittelpunkt stand zum einen, vom Angeklagten r, das Bild eines seriösen und steuerehrlichen Geschäftsmannes zu zeichnen, der lediglich durch nicht gerechtfertigte Maßnahmen der Finanzämter in die Enge gedrängt wurde; zum anderen wollte der Angeklagte P das Gericht davon überzeugen, er habe von Anfang an nur an eine Steuernachforderung in der schließlich von ihm errechneten Höhe geglaubt. Daß der Angeklagte P die Steuernachforderung dagegen aufgrund (und nicht lediglich in zeitlichem Zusammenhang mit) der Unrechtsvereinbarung wissentlich erheblich zu gering berechnete, ergibt sich aus folgendem:

(1) In der gemeinsamen Besprechung vom 06. November 2002 hatte P noch einen Betrag von XXX Euro für wahrscheinlich gehalten, ?wenn er gründlich prüfe". An diese Schätzung P vermochten ich die an dem Gespräch beteiligten Zeugen Steuerberater B und Rechtsanwalt F lebhaft zu erinnern. Weshalb diese (im übrigen nicht zu Unrecht) erwarteten XXX Euro innerhalb von zwei Wochen (bis zum Vermerk vom 21. November 2002) auf rund XXX Euro zusammengeschmolzen sein sollen, erscheint (außerhalb der Motivation durch die Unrechtsvereinbarung) nicht nachvollziehbar. Daß er in dieser kurzen Zeit irgendeine ernsthafte Prüfungstätigkeit entfaltet hätte, behauptet P selber nicht; vielmehr machte er wiederholt geltend, er habe aufgrund seiner psychischen Anspannung bei der Lektüre der Automappen ohnehin nur ?leere Blätter" gesehen. Die Fahnderin K benötigte zur Sichtung der Unterlagen und zur Formulierung tragfähiger Ergebnisse jedenfalls Monate. Die Festlegung auf bloße rund ist auch nicht dadurch zu erklären, daß P den Fall eben abschließen und dabei auch ?übers Knie brechen" wollte. Da die Schätzung von XXX Euro bei Betrachtung der sorgfältig recherchierten Ergebnisse der Steuerfahnderin K gänzlich willkürlich erscheint, ist jedenfalls nicht einzusehen, weshalb P nicht wenigstens (ebenso willkürlich) auf rund XXX Euro gegangen ist. Diesen Betrag hätte P nach dem Gespräch vom 06. November 2002 - wenn auch widerwillig - als Höchstsumme akzeptiert; damit wäre diese, den A-Rahmen im Interesse des Fiskus ausreizende Bezifferung der Nachforderung für P auch nicht mit den Drohen weiterer Arbeit verbunden gewesen.

(2) P wußte zudem (unbeschadet letztlich oberflächlicher Detailbearbeitung) genau um die Größenordnung des Falles. Die von ihm in den Raum gestellten XXX Euro waren vor diesem Hintergrund kein bloßes Säbelrasseln gegenüber dem Steuerschuldner A. Daß P auch subjektiv einen unter Nachforderungs- und Strafverfolgungsgesichtspunk ten ebenso bedeutenden wie aussichtsreichen Fall vor sich hatte, belegen die Außerungen von anderen Mitarbeitern des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen. Die Schilderungen dieser Kollegen sind ohne weiteres glaubhaft, weil das Verhältnis zwischen ihnen und dem Angeklagten (im Gegensatz zum Vorgesetzten H)I zu keinem Zeitpunkt getrübt war. So gab die StOS Th die P bei der Beweismittelsichtung nach der Durchsuchung im April 2002 zur Hand ging, an, der Angeklagte sei anfangs euphorisch gewesen habe einen klaren Fall von Umsatzsteuerhinterziehung vermutet und A Einlassungen nicht geglaubt. Stl W berichtete, daß P·ihm gegenüber geäußert habe, A stelle sich ?auf blöd?, strafrechtlich sei ein Nachweis schwer zu führen: steuerlich sei der Fall aber klar. Die StAF K erinnerte sich, daß der Angeklagte mit erfolgreicher Beanstandungen von XXX DM rechnete.

(3) Die weiteren Ermittlungsansätze, denen später (ab Mai 2003) von der Fahnderin K erfolgreich nachgegangen wurde, waren schon zur Tatzeit (November/Dezember 2002' offensichtlich und dem Angeklagten bekannt. Sie zu verfolgen, wäre unproblematisch gewesen. So hatte der Trierer Fahndungsprüfer K, der nach eigenen Worten A für einen Hauptverantwortlichen hielt, mit Datum vom 12. August 2002_einen Bericht an das Finanzamt Neu-Ulm gesandt, der auf die geständigen Angaben KI zu dessen Umsatzsteuerkarussell hinwies. Dieser Bericht wurde vom Finanzamt Neu-Ulm mit dem Betreff A/L-GmbH" an das Berliner Finanzamt für Fahndung und Strafsachen übermittelt (Eingang 20. .September 2002) Der Sachgebietsleiter X wies den Angeklagten unter Übergabe des Berichts mit Verfügung vom 23. September 2002 an, sich wegen des Verfahrensstandes mit dem Finanzamt Neu-Ulm in Verbindung zu setzen. Mit Vermerk vom 24. September 2002 hielt P sodann den Inhalt eines von ihm geführten Telefonats mit dem Finanzamt Neu-Ulm test ?keine Auswertung vorab, Auswertung gemeinsam mit Bericht der Steufa Berlin..."). Die evidente Möglichkeit, über die geständigen Angaben K an den ?auf blöd" machenden A, dessen Einlassungen P nach seinen Äußerungen gegenüber Kollegen nicht glaubte, heranzukommen, ließ der Angeklagte bewußt ungenutzt und kam auf die Trierer Erkenntnisse nicht mehr zurück.

)4) Daß neben der Unrechtsvereinbarung auch mangelnder Diensteifer zu dem pflichtwidrigen Verhalten P beigetragen haben mag, ist tatsächlich möglich und rechtlich unerheblich

b) Hinsichtlich der Beteiligung an dem geschilderten Umsatzsteuerkarussell hat der Angeklagte A die von der Steuerfahnderin K, die sämtliche Automappen der Firma A/L-GmH ausgewertet hat, im einzelnen dargelegten Umsätze mit den Karussellfirmen der Höhe nach bestätigt. Die Kammer behandelt diese Umsätze als solche einschließlich Umsatzsteuer, dieser Ansatz führt zu dem für die Angeklagten günstigsten Ergebnis (niedrigere steuerliche Bemessungsgrundlage) und entspricht im übrigen der höchstrichterlichen (Zivil-)Rechtsprechung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 157 Rdnr 13 mN )

Indes haben die Angeklagten eine Steuerhinterziehung bestritten und sich zu ihrer Verteidigung auf Gutgläubigkeit des Angeklagten A berufen.

Der Angeklagte a macht geltend, er habe zu keinem Zeitpunkt geargwöhnt, daß es sich bei K/M um unseriöse Geschäftspartner handeln könnte. Er behauptet, zu Beginn seiner Geschäftsbeziehung mit Raphael K habe ihm dieser erklärt, daß er mehrere Firmen a!s Geschäftsführer vertrete und für weitere Firmen als Bevollmächtigter handele. Er (der Angeklagte) habe keinen Anlaß gehabt, die Beteiligung K an einem Umsatzsteuerkarussell zu vermuten. Immerhin seien die Geschäfte in branchenüblicher Form abgewickelt worden. So sei es im Autohandel gebräuchlich und mithin völlig unverfänglich, daß ein Händler auch Firmen im europäischen Ausland habe und mit Fahrzeugen unter mehreren Firmen handele. Auch andere (seriöse) Firmeninhaber hätten europäische Firmen, über die sie Pkw einkaufen, und deutsche Firmen, unter denen die Wagen verkaufen. Wenn und soweit ein Kfz-Händler mehrere Firmen vertrete, teile er seinem Geschäftspartner die Firma, unter der er das Geschäft abschließen will, häufig nicht von An- fang an mit, um möglichst lange in der Entscheidung frei zu bleiben, welche seiner Firmen ihm aus betriebswirtschaftlichen Gründen schließlich gerade am geeignetsten erscheint. Auch sei Barzahlung im Autohandel die Regel. Von der Existenz der Firmen, unter denen K/M auftraten, habe er sich stets ordnungsgemäß durch Recherche der Umsatzsteueridentifikationsnummer überzeugt.

2. Die Behauptung der Gutgläubigkeit des Angeklagten A im Hinblick auf seine Geschäfte mit den von Raphael K ?repräsentierten" Firmen (beim Verkauf die angeblichen ausländischen Firmen: D/Österreich und T/Belgien - beim Einkauf die inländischen Scheinfirmen: A, J, W. F und Jürgen T ist durch Beweisaufnahme widerlegt.

a) Der Zeuge Raphael K hat zunächst das Modell seiner (zusammen mit Franz M betriebenen) Umsatzstteuerkarusselle wie festgestellt beschrieben. An der Richtigkeit dieser ihn selbst belastenden Angaben zu handelnden Personen und zu den jeweiligen (Schein-)Firmen besteht kein Zweifel. K der seine Taten nach seiner Festnahme von Anfang an unverändert eingeräumt hat, ist aufgrund seines im eigenen Prozeß abgelegten Geständnisses wegen der im Zusammenhang mit der Firma W begangenen Steuerhinterziehungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Er wurde inzwischen nach Verbüßung der Hälfte vorzeitig auf Bewährung entlassen. K Verfolgung mußte wegen des Spezialitätsgrundsatzes nach seiner Auslieferung aus Luxemburg auf die W.-Fälle beschränkt werden. Seine Bekundungen stimmen insoweit vollständig mit den Aussagen seines Mittäters M (sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der hiesigen Hauptverhandlung) überein. M eigenes Verfahren ist noch offen; die Anklageerhebung soll nach Angaben des Trierer Steuerfahnders K demnächst bevorstehen.

K erklärte, er habe bei der Abwicklung der einzelnen Geschäfte zwar meist mit dem Bruder des Angeklagten, Helmut A Kontakt gehabt. Dieser Bruder habe indes allein nichts entscheiden dürfen, sondern in allen wesentlichen Fragen Rücksprache mit dem Angeklagten Franz A nehmen müssen. Ebenso bekundete M Franz A habe das alleinige Sagen gehabt. Dieser Befund erscheint angesichts der Geschäftsführer- Eigenschaft des Angeklagten auch nicht verwunderlich.

Sämtliche Geschäfte wurden in bar abgewickelt, wobei K und M die jeweiligen Rechnungen mitbrachten oder in Empfang nahmen.

b) Die Bösgläubigkeit des Angeklagten A folgt für die Kammer aus dem Zusammenspiel verschiedener Umstände. Diese belastenden Indizien mögen jeweils für sich allein betrachtet zu seiner Überführung nicht ausreichen, weil etliche Steuerhinterziehung objektiv begünstigende Praktiken im Autohandel branchenüblich und deshalb unverfänglich sind. Eine Gesamtbetrachtung des Sachverhalts läßt indes keinen Raum für Zweifel am (zumindest bedingten) Vorsatz A.

Steuerhinterziehungen mit hochwertigen Pkw (ebenso wie etwa mit Handys) sind ein (wie die Steuerfahnder K und K überzeugend erläuterten) seit geraumer Zeit sehr verbreitetes Phänomen; was dem Angeklagten als langjährigem Branchenkenner mit vielfältigen Kontakten schlechthin nicht verborgen geblieben sein kann.

Mit Raphael K, der bei K/M für das Formale der Außenkontakte (Rechnungen und Bargeld) zuständig war (während M beim Einkauf die Autos auf Schäden überprüfte), trat ihm nun ein gerade 26jähnger, in der Branche zuvor nicht etablierter Geschäftspartner gegenüber, für dessen Seriosität ebenso wie bei M nichts sprach.

Dieser neugeheckte Geschäftspartner fungierte sowohl als Käufer wie auch als Verkäufer der hochwertigen Fahrzeuge. Hierbei erfolgte sein Einkauf ausnahmslos über ausländische Firmen; sein Verkauf dagegen ausnahmslos über inländische. Zudem benutzte K auf beiden Seiten jeweils eine Mehrzahl von Firmen.

Dabei bot K Lieferant besonders günstige Preise, von denen er selbst glaubhaft erklärte, ?das geht nur, wenn man die Umsatzsteuer spart". Es ist ausgeschlossen, daß dem erfahrenen Branchenkenner A das jedenfalls Auffällige dieser Kalkulation verborgen geblieben sein könnte.

Der Angeklagte hat nach der für ihn unmotivierten Geschäftspause zwischen den beiden Umsatzsteuerkarussellen (Käuferwechsel von W zu D) keinerlei Interesse für die (persönlichen oder geschäftlichen) Hintergründe es Firmenwechsels von Luxemburg nach Österreich gezeigt. K schilderte die Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen glaubhaft dahin, er habe A nach dem Firmenwechsel von Luxemburg W) nach Österreich (D) lediglich geragt : ?Sind Sie bereit mich wieder zu beliefern? Die Antwort lautete: Kein Problem!" Weitere Bemerkungen oder Fragen gab es seitens des Angeklagten nicht. Das Nicht-Wissen-wollen von Einzelheiten, das Kopf-in-den- Sand-stecken erscheint an dieser Stelle als Absicherungsprogramm A mit Händen zu greifen.

Die äußerlich manifestierte (kriminelle Machenschaften in Kauf nehmende) Gleichgültigkeit A gegenüber der Seriosität der Geschäfte von K/M wird schließlich bei der Identifikation der Firmen, unter denen Kugel jeweils auftrat, deutlich. In verschiedenen in Augenschein genommenen Automappen (750 - 727 - 2254 - 2259) findet sich als Hinweis auf den Geschäftspartner lediglich der Vermerk ?verkauft K. Solches belegt, dass A zumindest damit rechnete, K mache hinter vorgeschobenen Firmen in Wahrheit seine (natürlich steuerunehrlichen) Transaktionen.

Hierzu hat A folgende Erklärung gegeben: ?Kommt von K (oder ähnliche Kürzel) heiße: von einer seiner (K) Firmen; es sei eben unklar gewesen, welche von K repräsentierte Firma liefere oder kaufe. Zu Beginn der Geschäftskontakte habe K geteilt, welche Firmen er repräsentiere oder als Bevollmächtigter vertrete, darüber hinaus habe er sich entsprechend legitimiert. Diese Erklärung des Angeklagten ist gelogen. Raphael K hat in diesem Zusammenhang auf nachdrückliches Befragen angegeben, er sei nie "Repräsentant oder Bevollmächtigter einzelner Firmen aufgetreten oder habe sich gar entsprechend legitimiert. A habe - wie auch K andere Geschäftspartner - nie irgend etwas wissen wollen, aber sich zu keinem Zeitpunkt etwas Legitimierende: zeigen lassen; wie alle anderen Käufer oder Lieferanten habe er offensichtlich nichts wissen wollen. Die innere Einstellung des Angeklagten faßte Franz M in die Worte ?Dem A war es egal, woher die Rechnungen kamen. Das wollte kein Händler wissen

Besonders deutlich wird die Bösgläubigkeit A  schließlich dadurch belegt, daß er im Zusammenhang mit Geschäften mit der Firma T/Belgien von ihm für steuerliche Zwecke benötigte Verbringungsnachweise nicht etwa bei dem formellen Geschäftsführer Roger B am Firmensitz in Arlon/Belgien anforderte, sondern bei M, A erklärte dies wiederum mit seiner Behauptung, " K/M hätten sich ihm immerhin als Repräsentanten der Firma legitimiert. Solches hält die Kammer indes auch an dieser Stelle für gelogen. K und M haben ebenso nachdrücklich wie glaubhaft bestritten, jemals als Repräsentant einer Firma aufgetreten zu sein, geschweige denn, sich entsprechend legitimiert zu haben.

Die Tatsache, daß A nicht an den (kriminellen) Gewinnen von K beteiligt war, spricht nicht gegen seine Bösgläubigkeit. Namentlich ist die Kammer nie Meinung, eine vorsätzliche Beteiligung an einem Umsatzsteuerkarussell hätte es A nahegelegt, sich sein Risiko durch einen Beuteanteil vergüten zu lassen. Diese Gewinnbeteiligung hätte (ebenso wie das in Karussells gleichfalls verbreitete Vortäuschen vor ?Luftnummern") den (direkten) Vorsatz evident gemacht, während A sich bei der konkreten Handhabung der Geschäfte (?ordnungsgemäße" und unauffällige Abwicklung ohne kollusive Einbindung) sicher wähnte und kein vergütenswertes Risiko sah.

Die ?sorgfältige" Recherche der jeweiligen Umsatzsteueridentifikationsnummer besagt nichts. Eine solche UStIdNr. bekommt jede (Schein-)Firma auf Antrag ohne weiteres zugeteilt. Ihr Vorhandensein begründet damit - wie A als erfahrener Geschäftsmann wußte - keinen ernsthaften Anschein der Seriosität.

Auch die Tatsache, daß A angesichts seiner sonstiges Umsätze die Beteiligung an den kriminellen Geschäften von K/M wirtschaftlich nicht nötig hatte, weckt bei der Kammer keinen Zweifel an seiner Schuld. Straftaten werden häufig ohne (zwingenden oder nur guten) Grund begangen. Dies gilt naheliegend in besonderem Maße, wenn man - wie der Angeklagte A - kein Entdeckungsrisiko befürchtet

c) Soweit die Feststellung der Bösgläubigkeit des Angeklagten A- sch nicht aufäußere Anzeichen stützt, sondern auch von den Angaben der Zeugen K und M getragen wird, besteht gegen die Glaubwürdigkeit dieser Beweispersonen und gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben kein ernsthafter Zweifel.

aa) Raphael K hat in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren alsbald nach seiner Verhaftung geständige Angaben gemacht. Er hat seine Rolle in den Umsatzsteuerkarussellen klar und detailliert geschildert. Die von den Strafverfolgungsbehörden naheliegend gestellten Fragen nach der Bösgläubigkeit seiner Geschäftspartner hat er von Anfang an bis in die hiesige Hauptverhandlung mit großer Vorsicht und bemerkenswertem Differenzierungsvermögen beantwortet. Lediglich bei einzelnen seiner Kontrahenten hat er eindeutig Vorsatz begründende Situationen geschildert. In der Regel (und so auch beim Angeklagten A hat er Umstände mitgeteilt, die für ihn die Vermutung von stillschweigender Mitwisserschaft aufdrängten. Hätte er (wie der Angeklagte A geltend macht) auf Kosten gutgläubiger Händler in seinem Strafverfahren ?Punkte machen" wollen, wäre es K ein Leichtes gewesen, sich handfeste (Lügen-)Geschichten auszudenken. Statt dessen hat er auf jeden eindrucksvollen Vorsatznachweis in seinen Aussagen verzichtet und sogar entlastend geäußert, A sei im Karussell l (W)?wohl noch nicht" bösgläubig gewesen.

K hat in der hiesigen Hauptverhandlung einen besonders überzeugenden Eindruck hinterlassen. Seine Angaben machte er ruhig und bedacht. Wie bereits in seinem Verfahren ließ er keine Belastungstendenzen zum Nachteil A erkennen. Ihm fehlt auch jedes Motiv für eine Falschaussage. Sein Verfahren ist abgeschlossen, die verhängte Strafe Verbüßt. Er brauchte auch nicht zu befürchten, wegen früherer Falschbezichtigung A zur Rechenschaft gezogen zu werden, da er sich in allen vorangegangenen Vernehmungen stets auf erkennbargemachte Mutmaßungen beschränkt hatte..

Dementsprechend hat der im Trierer Karussell arbeitende Ermittlungsführer K der Kammer versichert, bei allen Angaben, die K und M im Laufe ihrer zahlreichen Vernehmungen gemacht haben und denen seitens der Steuerfahndung natürlich nachgegangen wurde, habe sich ?nie hat sich etwas als haltlos herausgestellt".

Einzelne Widersprüche in den Aussagen K stellen die Tragfähigkeit seiner Angaben nicht in Zweifel.

So hatte K im gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren anläßlich verschiedener Vernehmungen als Indiz für A Mitwisserschaft erklärt, sein Vater (Heinrich Peter K habe im ersten Halbjahr 2000 bei A irrtümlich einen Mercedes ML 230 für eine Karussell-Firma bestellt; dieser Fehlkauf sei sodann einverständlich rückabgewickelt worden, und zwar dergestalt, daß A das Fahrzeug mit seiner Zweitfirma (H Kühlmöbel) von der K-Firma zurückgekauft und dafür eine offensichtlich manipuliere Rechnung von Jeannot W erhalten habe. Der Vorgang um Verkauf und Rücknahme dieses ML 230 hat sich in der Hauptverhandlung dagegen als unverfänglich erwiesen; namentlich hat sich herausgestellt, daß der Angeklagte A in diesem Zusammenhang keinerlei manipulierte Rechnungen erhalten oder sich sonst unseriös verhalten hat. Diese offenbare Unrichtigkeit seiner früheren Angaben hat ~B indes gleichfalls in der Hauptverhandlung dahin abgemildert, daß er nach näherem Befragen erklärte, er wisse nicht sicher, ob sich die Vorfälle um den ML 230 tatsächlich so abgespielt haben wie von ihm in seinem Ermittlungsverfahren geschildert; vielmehr könne es sein, daß sein Vater und er lediglich eine solche Idee der Rückabwicklung (auch ohne Wissen des Ageklagten A entwickelt hätten. Für die Kammer bietet ieser Widerspruch keinen Anlaß, dem Zeugen K im übrigen nicht zu glauben. K hat im Laufe seiner kriminellen Karriere im Zusammenhang mit seinen Karussellgeschäften so viele und unterschiedliche Manipulationen mitzahlreichen Geschäftspartnern erlebt, daß seine Erinnerung in einem solchen konkreten Einzelfall getrübt sein kann. Solches läßt seine Zuverlässigkeit in den Kernaussagen unberührt

bb) Auch M hat die Kammer grundsätzlich überzeugt, wenngleich seine Angaben zwar nicht von Belastungstendenzen, so aber doch von einer gewissen Lustlosigkeit geprägt waren. Auch er hat seine Rolle in den Umsatzsteuerkarussellen klar und detailliert geschildert und die Fragen nach der Bösgläubigkeit seiner Geschäftspartner von Anfang an bis in die hiesige Hauptverhandlung mit Bedacht und Differenzierungsvermögen beantwortet. Seine Kernaussagen (namentlich zum Aufbau des mit K betriebenen Karussells und zu A Gleichgültigkeit hinsichtlich der jeweils kontrahierenden Firmen) bezweifelt die Kammer nicht, zumal da sie restlos mit den Angaben des zuverlässigen Gewährsmannes K übereinstimmen. Auch er betonte stets, daß mit A nie ausdrücklich über steuerunehrliche Geschäfte gesprochen worden sein.

Einzelne von M geschilderte indizielle Vorgänge, mit denen er den Angeklagten A in seinem Ermittlungsverfahren und in der hiesigen Hauptverhandlung belastet hat, sind durch die Beweisaufnahme allerdings in ihrer Wirkung vollständig entkräftet worden.

So hatte M zunächst behauptet, sich an den Verkauf eines Mercedes CL 500 im Juni 2000 erinnern. Das Fahrzeug sei zu A gebracht worden; er (M) sei zusammen mit K, A und Rudolf Sch in A Büro gewesen, von dort aus habe er seinen Bekannten Jürgen T angerufen und ihn gefragt, ob er ihm eine Rechnung für den CL 500 schreiben könne. T habe dann handschriftlich eine Rechnung geschrieben und ins Büro von ·A getaxt. K habe danach zu A gesagt: Du kannst die Rechnung an B schreiben. Allen sei klar gewesen, daß das Fahrzeug tatsächlich an Sch gehen soll.

Dieser Vorgang kann sich so nicht abgespielt haben. Zum einen vermochte sich Raphael K an eine Konferenz dieser Art auch nicht entfernt zu erinnern. Zum anderen steht nach Wahrunterstellungen fest, daß A sich jedenfalls an den von M für den Vorfall bezeichneten Tagen nicht in seinem Büro aufgehalten haben kann. Schließlich mußte M auf kritische Nachfragen selbst Unsicherheiten bei seiner Darstellung einräumen. ?

Gleichfalls in Luft aufgelöst hat sich ein weiteres von M beigebrachtes Beweisanzeichen: Danach sollte ein Ukrainer namens Viadimir L eine Mercedes E 220 bei A gefunden haben, den er allerdings ?ohne Steuem? kaufen wollte. Das A nur mit Steuern fakturieren konnte, sei das Auto. von A um die Wende 1999/2000 an die D oder die Li ?weggeschrieben" worden. Über M Rechnungsschreiber Dirk H habe L schließlich eine Rechnung ?mit Paragraph? (Differenzbesteuerung) erhalten. Er (M habe das Fahrzeug zu L gebracht, der ihm den Kaufpreis bar übergeben sollte. L habe indes darauf bestanden, erst zu bezahlen, wenn er von A(!) eine Quittung über die Zahlung des Kaufpreises erhalten habe. Er (M) habe daraufhin mit A telefoniert und von ihm eine Kaufpreisbestätigung verlangt. Diese sei eine halbe Stunde später per Fax eingegangen.

Hier hat M Wesentliches unzutreffend wiedergegeben. Von L verlangt und von A übersandt wurde nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht die Bestätigung der Zahlung L an M sondern die vollständige Bezahlung des Kaufpreises von D an M. An dieser Quittung war I gelegen, weil er ausschließen wollte, dass die Firma A noch Rechte an dem von ihm erworbenen Fahrzeug geltend machen könnte.

Auch für diese Widersprüche sieht die Kammer Erklärung, welche die Tragfähigkeit von M Angaben grundsätzlich außer Zweifel belassen. Nicht anders als Raphael K hat M im Laufe zahlloser Karussellgeschäfte so viele und unterschiedliche Manipulationen mit zahlreichen Vertragspartnern erlebt, daß seine Erinnerung an konkrete Einzelfälle getrübt sein kann. Zudem ist M seit längerem durch multiple schwere Erkrankungen gezeichnet. Schließlich weisen die ungenauen Darstellungen um die Quittung für L eher eine auf oberflächlicher Betrachtung beruhende Fehlwahrnehmung denn einen Glaubwürdigkeitsmangel aus.

3. Es jst auch erwiesen, daß der Angeklagte P seinerseits mit der Bösgläubigkeit AI rechnete, das Verfahren gleichwohl pflichtwidrig abschloß und dabei die in der Folge zu erwartende Steuerverkürzung ebenso wie die Behinderung des staatlichen Strafanspruchs billigend in Kauf nahm. Dieser Vorsatz P ergibt sich bereits zweifelsfrei aus seinen Einleitungsvermerken, in denen er die Verdachtsmomente gegen P zutreffend beschreibt; mit diesen Verdachtsmomenten hat A noch in der Besprechung am 06. November 2002 konfrontiert. Sie spielten für P dem Moment keine Rolle mehr, als die Unrechtsvereinbarung getroffen war. Die Tatsache, daß P (wie Aussagen seiner Kollegen belegen) im Falle A einen Nachweis strafrechtlicher Schuld von Anfang an für schwierig gehalten haben mag, schließt den dolus eventualis hinsichtlich objektiv gegebener (auch subjektiver) Schuld nicht aus.

IV.

1. Danach hat sich der AngeklagteA der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) und in Realkonkurrenz (§ 53StFe~v9i. Tröndle/Fischer, StGB" § 334 Rdnr. 10) der Bestechung (§ 334 Abs. 1 Satz 1 StGB) schuldig gemacht.

Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht, wer in Steuerverkürzungsabsicht Vorsteuer aus Rechnungen geltend macht, die von Personen gestellt werden, die nicht Unternehmer im Sinne des §2 Abs. 1 UStG sind. Keine Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind Personen, die von ihnen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht gegenüber dem Finanzamt anmelden sollen, und die lediglich zu diesem Zweck in der Lieferkette vorgeschaltet wurden (BGH wistra 2003.344). Ebenso begeht Steuerhinterziehung, wer Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen geltend macht, obwohl die zugrundeliegenden Geschäfte in Wahrheit eine (steuerpflichtige) Leistung im Inland betreffen. So liegt es hier.
Sämtliche von K/M an den Angeklagten P gelieferten Kfz waren von K/M zuvor als (vorgeblicher) innergemeinschaftliche Erwerb für EU-Firmen beschafft worden. Tatsächlich hatten diese Fahrzeuge das Inland nicht verlassen. Sie gingen vielmehr über K/M von ihrem (inländischen) Lieferanten zum (inländischen) Abnehmer A. Die Rechnungen mit Vorsteuerausweis an A wurden von inländischen Zwischenfirmen gestellt, die allein zu Verschleierungszwecken n den Kreislauf eingeschaltet waren. Ebenso verkaufte A die vorgeblich an die (ausländischen) Firmen D und T gelieferten Kfz in Wahrheit nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Leistung. Der Hinweis. (namentlich des Angeklagten P), die hier festgestellten Scheingeschäfte/Scheinexporte seien ?nicht steuerbar", hätten .keine Bemessungsgrundlage" und könnten deshalb zu keiner Steuerhinterziehung führen, steht der Annahme des § 370 AO nicht entgegen. Durch die mit den von K/M in ihr Umsatzsteuerkarussell integrierten (Schein-)Firmen vorgeblich getätigten innergemeinschaftlichen Auslands-Geschäfte, für die in der Tat keine Steuer anfiel, wurden die in Wahrheit ausgeführten inländischen Lieferungen von der Firma A an die Herren K und M verdeckt. Dieses verdeckte Geschäft, bei dem es sich zweifelsfrei um einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang handelt, ist für die Besteuerung maßgeblich (§ 41 Abs. 2 AO).

2. Der Angeklagte P ist wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Strafvereitelung im Amt (§ 370 Ab~l Nr. 1 AO; §§258a, 52 StGB) sowie wegen Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 Satz 1 StGB) strafbar. Auch hier stehen beide Vergehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB; vgl. Tröndle/Fischer, StGB" § 332 Rdnr. 13 mwN). Der Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 a StGB) P haftet wegen der Steuerhinterziehung nicht lediglich als Gehilfe des hinterziehenden A, sondern als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB). Mittäterschaft, die auch bei Steuerhinterziehungen Dritter grundsätzlich möglich ist (vgl. BGH wistra 2003.344/345 mwN.), liegt vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten von seiner Vorstellung erfaßten Umständen in wertender Betrachtung zu entscheiden. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen. Hier war es in der konkreten Tatsituation ausschließlich in die Hand des Angeklagten P gegeben, durch seinen Bericht an das Finanzamt Neu-Ulm die Steuerfestsetzung auf er Grundlage von A falschen Zahlen zu bewirken. Neben dieser vollständigen Tatherrschaft besaß P auch Täterwillen, weil das Bewirken der zu geringen Steuerfestsetzung gerade seiner Verrpflichtung aus der Unrechtsvereinbarung mit A entsprach.

3. Die Verfolgung bei der Angeklagter wurde in wesentlichem Umfang beschränkt:

a) Das Verfahren gegen den Angeklagten P hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe zu den Taten von K/M (insoweit errechneter Steuerschaden 8.654.179 DM) ist von der Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden. In der Hauptverhandlung ist nach §§ 154 Abs. 2, 154a Abs. 2 StPO hinsichtlich beider Angeklagter von der Verfolgung abgesehen worden, soweit Steuerhinterziehung wegen nicht ausreichender Buch- und Belegnachweise im Sinne der UStDV angeklagt war und soweit der Firma E;II L1lll mbH die Teilnahme an weiteren Umsatzsteuerkarussellen zur Last gelegt worden ist. Mit der Beschränkung der Verfolgung auf das Umsatzsteuerkarussell K/M war dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Betreiber weiterer Umsatzsteuerkarusselle (namentlich, der wahrscheinlich in Ungarn aufhältliche Rudolf Sch mit dem A eine Vielzahl von Geschäften getätigt hat) als Zeugen in der Hauptverhandlung nicht gehört worden sind und die Kammer sich deshalb kein abschließendes Bild von der Art der zwischen ihnen und AflBR bestehenden Bezie- hungen verschafft hat.

b) Die Vorschrift des § 370a AO hatte die Kammer nicht anzuwenden, weil dieser rechtliche Gesichtspunkt mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen wurde (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen .diesen Verbrechenstatbestand BGH Beschluß vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04). Ebenfalls wurde das Geschehen nach § 154a Abs. 2 StPO nicht weiter unter dem Gesichtspunkt des §266 StGB (vgl. insoweit BGH NStZ 1998.91) untersucht.

V.

Bei der Strafzumessung waren für die Kammer folgende Umstände bestimmend : Bei dem Korruptionsdelikt handelt es sich um einen besonders schweren Fall der Bestechlichkeit und Bestechung (§335 Abs. 1 Nr. 1 / Abs. 2 Nr. 1 StGB. Die Tat bezieht sich auf ein Luxusauto im Verkaufswert von rund XXX Euro und damit auf einen Vorteil großen Ausmaßes. Ebenso liegt ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung (§ 37C Abs. 3 Nr. Ibis 3 AO) vor. Der Angeklagte A hat aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Steuern hinterzogen; er hat den beträchtlichen Steuerschaden {die Kammer gehl im Blick auf § 24 StGB lediglich von der tatsächlich eingetretenen Verkürzungssumme aus und läßt den auf versuchte Steuerhinterziehung gerichteten Betrag bei beiden Angeklagter. außer Betracht) im Interesse seiner Umsatzförderung und damit seines Gewinnes in Kauf genommen; dabei hat er in rücksichtslosem Gewinnstreben die Teilnahme an einem organisierten Umsatzsteuerkarussell nicht gescheut. Der Angeklagte P hat mit seiner Tatbeteiligung seine Befugnisse und Stellung als Amtsträger mißbraucht; der Angeklagte A wiederum hat die Mithilfe eines Amtsträgers ausgenutzt, der seine Stellung und Befugnisse mißbraucht hat.Schuldmindernde Umstände, welche die Indizwirkung der verwirklichten Regelbeispiele maßgeblich entkräften könnten, sind nicht ersichtlich. Selbst wenn man mit der Verteidigung des Angeklagten A das große Ausmaß der verbliebenen Steuerhinterziehung bezweifeln wollte, wäre dies angesichts der doppelten Regelbeispielsverwirklichung A für die Strafrahmenwahl unerheblich. Den Umstand, daß zwei Regelbeispiele verwirklicht wurden, hat die-Kammer nicht strafschärfend gewertet.

1. Für den Angeklagten A spricht, daß er bislang ein sozial eingegliedertes, ordentliches Leben geführt hat. Er ist nur unwesentlich vorbelastet. Durch die hier abzuurteilenden Taten, aufgrund derer nicht zuletzt die A/L-GmbH in Konkurs gegangen ist, hat er seine wirtschaftliche Existenzgrundlage eingebüßt. Neben dem Untergang seiner Firma wird er sich wegen der von ihm angerichteten Schäden erheblichen steuerlichen Nachforderungen ausgesetzt sehen. Darüber hinaus hat er (abgesehen von der sicher mit Gewinnen verbundenen Umsatzförderung; deshalb auch grober Eigennutz) durch die begangene Steuerhinterziehung keine dem Steuerschaden entsprechende Bereicherung erstrebt. Hinsichtlich des Korruptionsdeliktes muß zu seinen Gunsten davon ausgegangen werden, daß der Angeklagte P insoweit die Initiative ergriffen und A dem angesichts offener Verfahren und Guthabensperre das Wasser am Halse stanc3, u der Unrechtsvereinbarung überredet hat. Erheblichstrafmildernd erscheint die vom Angeklagten erlittene lange Untersuchungshaft. Zudem liegt die Tat zeitlich erheblich zurück. Demgegenüber vermag das schließlich abgelegte Teilgeständnis nur in geringerem Um- fang günstig zu wirken, da die Beweisaufnahme hierzu offensichtlich bis zur Schuldspruch- reife gediehen war, als sich die Angeklagten zu der Unrechtsvereinbarung bekannten.

Strafschärfend im Rahmen des § 370 AO war die Höhe des eingetretenen Steuerschadens zu berücksichtigen. Dieser Steuerschaden ist zudem auf eine Weise verursacht worden, die von einem massiven Vertrauensmißbrauch gekennzeichnet wird. Die Verkürzung von Umsatzsteuer durch Geltendmachung von Vorsteuern aus Scheinrechnungen [oder durch Geltendmachung von Umsatzsteuerfreiheit für vorgetäuschte innergemeinschaftliche Lieferungen] ist eine häufige, weil einfach durchzuführende Form der Steuerhinterziehung. Hierbei werden die Besonderheiten des Umsatzsteuererhebungssystems ausgenutzt, das überwiegend auf Vertrauen aufgebaut und weitgehend automatisiert ist. Der Steuerpflichtige hat seine Umsatzsteuerschuld selbst zu errechnen und legt allenfalls Rechnungen vor. Die Überprüfung des hinter den Rechnungen stehenden Sachverhalts ist den Finanzbehör- den regelmäßig nicht möglich. Kontrollen der Finanzverwaltung im Rahmen des Massengschäftes sind im wesentlichen auf Stichproben beschränkt (vgl. BGHSt 47, 343/347). A hat sich in dieser Weise über einen längeren Zeitraum als Teil eines größeren organisierten Räderwerks in kriminelle Geschäfte eingegliedert. Er spielte dabei mit seinem ein- geführten Betrieb als grundsätzlich vertrauenswürdiger Vertragspartner eine nicht zu unter- schätzende Rolle für das Gelingen des kriminellen Gesamtunternehmens.

Hinsichtlich des Bestechungsdetiktes sprach gegen den Angeklagten, daß er einen Amts- träger im absoluten Kernbereich seiner Aufgaben korrumpiert hat. Durch dieses neue schwere Unrecht wollte er bereits begangenes Unrecht verdecken; d.h. sein kriminelles Vorgehen vertiefen und sich die Vorteile daraus sichern). Die Unrechtsvereinbarung sollte steuerliche Einbußen zumindest in der hier festgestellten - beträchtlichen - Höhe nach sich ziehen.

Aufgrund dieser Überlegungen hat die Kammer als Einzelstrafen für die Bestechung eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und für die Steuerhinterziehung eine ebensolche von drei Jahren festgesetzt.

Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer ach zusammenfassender Würdigung von Taten und Täter eine Gesamtfreiheitsstrafe vier Jahren und sechs Monaten gebildet. Maßgeblich für die Gesamtstrafenbildung waren neben den bereits bei der Festsetzung der Einzelstrafen mitgeteilten Erwägungen folgende Zumessungsgründe:

Für eine harte Sanktion sprach, daß es sich bei einer mit Mitteln der Korruption angestrebten beträchtlichen Steuerhinterziehung um einen äußerst schwerwiegenden Vorgang handelt, der in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine gerechte und ordnungsgemäße Steuerverwaltung zu erschüttern. Diesem hohen Unrechts- und Schuldgehalt steht mildernd die deutliche sachliche Verknüpfung der beiden Delikte gegenüber.

2. Zugunsten des Angeklagten P spricht zunächst seine gänzliche Unbescholtenheit. Er hat beruflich wie privat ein ordentliches und strebsames Leben geführt. Seine Arbeit als Fahndungsprüfer, in welcher er lange Zeit aufgegangen ist, hat er zusammen mit seiner Beamtenstellung durch dieses Urteil zwingend verloren. Auch er muß erhebliche steuerliche Ersatzforderungen gewärtigen. Seine Taten sind zudem Ausdruck eines (unbeschadet der Feststellung von Tatmehrheit) einmaligen Versagens innerhalb einer konkreten ihn schwer belastenden Lebenssituation. Nach dem Zweifelssatz ist die Initiative zu der Unrechtsvereinbarung zudem vom Mitangeklagten A ausgegangen, der sich insoweit P aktuelle Überforderungssituation zunutze machte. Erheblich strafmildernd hat sich auch hier die lange Untersuchungshaft auszuwirken. P leidet darüber hinaus an diversen Krankheiten, durch die seine Lebensqualität nicht unwesentlich beeinträchtigt ist. Zudem liegt die Tat zeitlich erheblich zurück.

Allerdings gibt der psychische Zustand des Angeklagten P zur Tatzeit keinen Anlaß zu einer Strafrahmenverschiebung (§ 49 Abs. 1 StGB). Der medizinische Sachverständige (Facharzt für Nervenheilkunde) Christian W hat den (hierauf antragenden) Angeklagten daraufhin untersucht, ob bei ihm im Zeitpunkt der angeklagten Taten die medizinischen Voraussetzungen des § 21 StGB vorgelegen haben könnten. Solches war zu verneinen. Aufgrund der durchgeführten Anamnese, desklinischen Befundes und der testpsycho- logischen Untersuchungen haben sich aus der mit dem Gutachten des Sachverständigen übereinstimmenden Sicht der Kammer keinerlei Anhaltspunkte für eine rechtlich relevante psychische Erkrankung zur Tatzeit ergeben. Festzustellen war lediglich, daß der Angeklagte aufgrund der von ihm beschriebenen jahrelangen familiären und beruflichen Belastung sich selbst überfordert und dysfunktionale Verhaltensmuster entwickelt hat. Sein fragiles Selbstbild äußert sich in einer stark erhöhten psychovegetativen Labilität und einem deutli chen psychosomatischen Beschwerdeniveau. All das besitzt indes keinen Krankheitswert (namentlich keine endogene Depression) innerhalb der von § 21 StGB vorgegebenen Kategorien und brachte keine Einengung der Handlungsmöglichkeiten im Sinne eingeschränkter Steuerungsfähigkeit mit sich.

Hinsichtlich des Teilgeständnisses gilt das bei A Gesagte. Ebenso neutral erscheint die gleichzeitig mit der Steuerhinterziehung verwirklichte Strafvereitelung. Da das gegen den Mitangeklagten gerichtete Strafverfahren nicht endgültig eingestellt wurde' und die Verzögerung der Verfolgung gerade eben zur Tatbestandserfüllung genügt (deutliche Versuchsnähe), hat die Kammer aus dieser Deliktsverwirklichung keine Folgerungen zum Nachteil des Angeklagten gezogen.

Gegen den Angeklagten P( sprach im Rahmen des Steuervergehens gleichfalls die Höhe des von ihm mitverursachten Steuerschadens. Auch in seinem Falle gilt, daß eine Umsatzsteuerhinterziehung der vorliegenden Art schon allgemein von einem üblen Vertrauensmißbrauch gekennzeichnet ist. Bei P kommt hinzu, daß ihm als alleinigem Ermittlungsführer in der Sache A sogar konkret besonderes Vertrauen entgegengebracht wurde. Die personellen Ressourcen der BerlinerSteuerfahndung erlauben bei Prüfungen kein Vier-Augen-Prinzip. Die Auswertung, der sichergestellten Unterlagen erfolgte (unbeschadet etwaiger von Kollegen geleisteter Hilfsarbeiten) letztverantwortlich lediglich durch P er brauchte seine Ergebnisse nicht zu belegen und nicht zu begründen.

Hinsichtlich der Bestechlichkeit sprach gegen den Angeklagten, daß er sich als Amtsträger im absoluten Kernbereich seiner Aufgaben hat korrumpieren lassen. Durch dieses neue schwere Unrecht sollte bereits begangenes Unrecht verdeckt werden. Die Unrechtsvereinbarung sollte steuerliche Einbußen zumindest in der hier festgestellten - beträchtlichen - Höhe nach sich ziehen, so daß sie auch aus diesem Grund ein außerordentliches Maß der Pflichtwidrigkeit offenbart.

Danach hat die Kammer als Einzelstrafen für die Bestechlichkeit eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und für die Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Strafvereitelung im Amt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt.

Aus diesen Einzelstrafen war nach zusammenfassender Würdigung von Taten und Täter eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren zu bilden. Maßgeblich für die Gesamtstrafenbildung waren neben den bereits bei der Festsetzung der Einzelstrafen mitgeteilten Erwägungen folgende Überlegungen:

Für eine harte Sanktion sprach, daß es sich bei den Taten umeinen ganz außergewöhnlichen Vorgang handelt, der insbesonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße und gerechte Festsetzung des Steueraufkommens zu beein- trächtigen. Diesem hohen Unrechts- und Schuldgehalt steht mildernd der enge zeitliche und auch sachliche Zusammenhang der beiden Einzeltaten gegenüber, die letztlich Ausdruck eines einmaligen Versagens in einer als belastend empfundenen Lebenssituation sind.

VI.

1. Der Verfall des sichergestellten CLK 240 war nicht anzuordnen. Zwar unterliegen Bestechungsgelder grundsätzlich dem Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH Beschl. vom 05.05.2004 - 5 StR 139/03; ständige Rechtsprechung seit BGHSt 30, 46/47). Jedoch gehen hier jedenfalls die gegen den Angeklagten P m Blick auf die von ihm begangene Steuerhinterziehung erwachsenen Ansprüche des Steuerfiskus den Ansprüchen des Justizfiskus gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor (vgl. BGHR StGB § 73 Verletzter 3; BGH 23 NStZ 2003, 423). Die Frage, ob der Angeklagte trotz der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) seines Handelns gutgläubig Eigentum an dem der Hausbank der A-GmbH sicherungsübereigneten Pkw erworben hat (oder nicht: dann erst recht § 73J~6s. 1 Satz 2 StGB), braucht demnach nicht erörtert zu werden. Beide Angeklagtenhaben in der Hauptverhandlung erklärt, auf eine Rückgabe des sichergestellten Fahrzeugs zu verzichten.

2. .Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.

RechtsgebieteStGB, AOVorschriften§§ 258a, 332, 334, 335, 25 Abs. 2, 52, 53 StGB; § 370 AO

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