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11.01.2005 · IWW-Abrufnummer 042784

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 26.08.2004 – 6 K 2667/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In dem Finanzrechtsstreit
des Herrn
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:

gegen

das Finanzamt
- Beklagter -

wegen Gewerbesteuermessbetrag 1995

6 K 2667/02

hat der 6. Senat durch
den Vizepräsidenten des Finanzgerichts als Vorsitzender
den Richter am Finanzgericht
die Richterin am Finanzgericht
den ehrenamtlicher Richter Abteilungsleiter, Prokurist
die ehrenamtliche Richterin Geschäftsführerin
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. August 2004
für Recht erkannt:

1. Die Gewerbesteuermessbescheide 1995 vom 6. Januar 1997, 30. Juni 1997 und 14. Mai 1998 sowie die Einspruchsentscheidung vom 24. September 1997 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Strittig ist, ob der Kläger freiberuflich tätig ist.

Der Kläger war im Streitjahr u.a. als Berater für umweltrelevante Fragen selbständig tätig.

Der Beklagte sah darin einen Gewerbebetrieb und erließ dementsprechend einen Gewerbesteuermessbescheid, zuletzt geändert mit Bescheid vom 14. Mai 1998.

Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, dass er ähnlich einem beratenden Betriebswirt im Bereich des Umwelt-Marketings tätig sei. Er berate Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie bei umweltrelevanten Fragen, informiere über die Umweltgesetzgebung und schlage u.a. Vermeidungs- und Verwertungsstrategien vor. Dabei sei das Betätigungsfeld im Umweltbereich, das sich verstärkt erst seit einigen Jahren entwickelt habe, extrem vielseitig, so dass eine Spezialisierung nötig sei. Der von ihm, dem Kläger, abgedeckte Bereich reiche von Recherchen zur Marktentwicklung, zu politischen und gesellschaftspolitischen Strömungen, zu Rechtsfragen, zur Entwicklung der Entsorgungswirtschaft usw. über Lobbying, Erstellung von Gutachten, Information und Beratung bis hin zur Entwicklung von Strategien und Konzepten zur Umsetzung im Markt.
Seinen beruflichen Werdegang beschrieb der Kläger folgendermaßen: Er verfüge als gelernter Industriekaufmann mit Realschulabschluss über eine 30-jährige kaufmännische Berufserfahrung, davon 12 Jahre als Verkaufsleiter, 4 Jahre als Marketing-Leiter und 6 Jahre als Mitglied der Geschäftsleitung (Prokurist) in einem zu einem internationalen Konzern gehörenden Unternehmen mit ca. 450 Mitarbeitern und über 150 Mio. DM Umsatz. Er führe seit 30 Jahren Personal und sei auch viele Jahre in die Lehrlingsausbildung eingebunden gewesen.
Mitte der achtziger Jahre habe er sich auf umweltrelevante Fragen spezialisiert, und zwar durch regelmäßige Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, auch auf internationaler Basis (z.B. durch langjährige Teilnahme an einem Arbeitskreis, durch Teilnahme am Umweltarbeitskreis der Industrie- und Handelskammer, als Deutschland-Vertreter in der internationalen Arbeitsgruppe "Umwelt" eines großen Konzerns, durch Teilnahme an diversen Kongressen, Seminaren und Schulungen, durch regelmäßiges Studium aller relevanten Fachzeitschriften und -publikationen aus den Bereichen Kunststoff, Verpackung, Umwelt, durch einen Fachlehrgang für Leitungs- und Beaufsichtigungspersonal von Entsorgungsfachbetrieben). Er habe schließlich ein Zertifikat als Umweltbetriebsprüfer (Fortbildungsveranstaltung der EFQ-Akademie für Aus- und Weiterbildung in Zusammenarbeit mit der IHK) erworben.

Der Beklagte wies den Einspruch zurück, weil nach seiner Ansicht der Kläger keine einem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit ausübe und sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennen lasse, dass der Kläger theoretische Kenntnisse aufweise, die mit denen eines beratenden Betriebswirts vergleichbar seien.

Der hiergegen erhobenen Klage wurde stattgegeben. Die Sache wurde dann nach Revision des Beklagten mit Urteil des BFH vom 19. September 2002 (IV R 94/00, BFH/NV 2003, 118) an das Gericht zurückverwiesen.

Der Kläger trägt vor, der betriebswirtschaftliche Begriff des Marketing sei als alle betrieblichen Maßnahmen definiert, die darauf ausgerichtet seien, den Absatz zu fördern. Zum Marketing eines Unternehmens würde gehören, dass es seine Entscheidungen auf die vorhandenen Marktbedingungen ausrichte und zudem versuche, letztere aktiv zu beeinflussen. Das Marketing würde sich verschiedener Instrumente aus den Bereichen Produkt- und Programmpolitik, Kommunikationspolitik, Distributionspolitik sowie Kontrahierungspolitik bedienen. Es würde diese Instrumente zu einem Marketing-Mix kombinieren, um die gesteckten Ziele so gut wie möglich zu erreichen. Dieser Marketing-Mix würde auch die Kundendienstgestaltung sowie Maßnahmen der Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Verkaufsförderung beinhalten. Marketing sei außerdem definiert als alle Maßnahmen einer ziel- und wettbewerbsorientierten Ausrichtung der marktrelevanten Aktivitäten der Unternehmen an ausgewählten Problemfeldern gegenwärtiger und zukünftiger Kundenpotenziale und Einsatz planender, steuernder, koordinierender und kontrollierender sowie marketingpolitischer Instrumente.
Daraus würde ersichtlich, wie vielfältig eine entsprechende Beratungstätigkeit sein könne und müsse, wenn sie geeignet sein solle, einen Kreis von Klienten in einem schwierigen Marktumfeld wirkungsvoll zu unterstützen. Für seine erfolgreiche Tätigkeit sei die Schlüssigkeit des von ihm seiner Beratungstätigkeit erstellten Marketing-Mix entscheidend, was es erforderlich gemacht hätte, alle zur Verfügung stehenden und bezahlbaren Marketing- Instrumente zu nutzen und zielführend einzusetzen. Daher seien die einzelnen Maßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu beurteilen. Eine isolierte Beurteilung der einzelnen Maßnahmen als gewerblich könne insoweit nicht auf seine Tätigkeit insgesamt übertragen werden. Insoweit sei es auch nicht nachvollziehbar, weshalb der BFH, wie es erscheinen würde etwas abfällig, seine Tätigkeit als "offenbar in erster Linie Lobbyist" einstufen würde. Die Einholung von Informationen über politische Projekte und gegebenenfalls die Einflussnahme auf die politischen Entscheidungsträger im Vorfeld der eigentlichen politischen Entscheidung sei vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung, um den bestehenden Markt zu schützen oder sich auf Marktveränderungen einstellen zu können und daher integraler Bestandteil eines betriebswirtschaftlichen Marketings.
Zu seiner beruflichen Qualifikation sei anzumerken, dass bereits auf Grund seines beruflichen Werdegangs ein entsprechendes betriebswirtschaftliches Wissen unterstellt werden könnte, da er ansonsten seine verschiedenen Tätigkeiten mit jeweils besten Beurteilungen nicht hätte ausführen können.

Der Kläger beantragt,
den geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1995 vom 14. Mai 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 24. September 1997 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Der Beklagte trägt vor, für ihn sei nicht erkennbar, auf Grund welcher konkreter Tätigkeiten, Tätigkeitsmerkmale, Sachverhalte und Unterlagen das Gutachten zu dem Ergebnis kommen würde, dass der Kläger überwiegend im Bereich der Marketingberatung tätig gewesen wäre. Die Auffassung des Gutachters, dass einzelne Tätigkeiten des Klägers vernachlässigt werden könnten, welche isoliert betrachtet tatsächlich gewerblichen Charakter haben könnten, sei nicht nachzuvollziehen. Der BFH hätte dargelegt, dass für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit des Klägers die Ausführung von anderen vergleichbaren Beratungsaufgaben in erheblichem Umfange erforderlich wäre. Hierzu hätte das Gutachten keine ergänzenden Aussagen getroffen, was bedeuten würde, dass die einen Ähnlichkeitsvergleich nicht begründenden Tätigkeiten überwiegen würden und die Tätigkeit des Klägers als gewerblich einzustufen wäre.

Das Gericht hat Beweis erhoben, ob der Kläger einen einem beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf ausübt und ob die vom Kläger vorgelegten und in den Akten enthaltenen Arbeiten, Urkunden und Belege einen Kenntnis- und Wissensstand ausweisen, der dem eines beratenden Betriebswirt vergleichbar oder ähnlich ist, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Herrn Professor Dr. H, Dekan des Fachbereichs Umwelt- und Betriebswirtschaft der Fachhochschule T-Standort B ("Umwelt-Campus"). Ergänzend wird auf das Sachverständigengutachten verwiesen (Blatt 205 - 238 und 255 - 264 der Prozessakte).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat im Streitjahr einen einem beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeübt.

Die Berufstätigkeit des beratenden Betriebswirts kann nur in strenger Anlehnung an den Gesetzeswortlaut gekennzeichnet werden, da es kein typisches Berufsbild des beratenden Betriebswirts gibt, die Bezeichnung frei geführt werden darf und auch die Materialien zum Gesetzestext keine abweichenden Vorstellungen des Gesetzgebers erkennen lassen. Im Vordergrund der Berufstätigkeit muss die betriebswirtschaftliche Beratung stehen; diese erstreckt sich auf alle Fragen der Unternehmensberatung, die üblicherweise Gegenstand eines betriebswirtschaftlichen Studiums sind (BFH-Urteil vom 16. Januar 1974 - I R 106/72, BStBl. II 1974, 293). Den Beruf des beratenden Betriebswirts i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG übt nach der Rechtsprechung des BFH derjenige aus, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung, mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft (Unternehmensführung, Leistungserstellung, Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen, Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie Personalwesen) und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten vertraut ist und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seinen praktischen Tätigkeiten einsetzen kann und tatsächlich einsetzt. Diesem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts entsprechend liegt ein "ähnlicher Beruf" nur dann vor, wenn er auf einer vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf wenigstens einen betrieblichen Hauptbereich erstreckt. Eine Spezialisierung der Beratung auf einen betrieblichen Hauptbereich ist danach unschädlich, während eine Beschränkung auf einen Teil eines betrieblichen Hauptbereiches unzureichend ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 19. September 2002 - IV R 74/00, BStBl. II 2003, 27).

Das Gericht hat zu der Frage, ob der Kläger einen einem beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf ausübt und über einen einem beratenden Betriebswirt vergleichbaren Kenntnis- und Wissensstand verfügt, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben.

1.
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2003 und in dem Ergänzungsgutachten vom 10. Januar 2004 überzeugend, schlüssig, nachvollziehbar und methodisch einwandfrei dargelegt, dass die Tätigkeit des Klägers der eines beratenden Betriebswirts ähnlich ist, weil -nach Einholung ergänzender Informationen und Anforderung weiterer Unterlagen- sich die Beratungstätigkeit des Klägers auf wenigstens einen Hauptbereich der Betriebswirtschaftslehre erstreckt und der Kläger über eine dem "Staatlich Geprüften Betriebswirt" vergleichbare Qualifikation verfügt.

a)
Der Sachverständige hat zunächst definiert, was allgemein unter einer Beratungstätigkeit zu verstehen ist. Nach seinen Darlegungen ist unter der Beratung eines Unternehmens allgemein die von externen Person durchgeführte Analyse und Optimierung der betrieblichen Tätigkeiten, Systeme und Strukturen sowie die zugehörige Schulung und Qualifizierung des Personals zu verstehen, wobei die Leistungen eines Beraters in diesem Umfeld von der projektbegleitenden Hilfe bis zur Selbsthilfe (Coaching), über das Projektmanagement, die Entwicklung und Implementierung neuer Lösungen bis hin zur eigenständigen Erledigung betrieblicher Aufgaben durch den Berater (im Sinne von Interimsmanagement oder Outsourcing) reichen und als Kunden neben privaten und öffentlichen Unternehmen auch Behörden, politische Entscheidungsträger, Verbände, Vereine sowie sonstige Organisationen und Einzelpersonen in Betracht kommen.

Unter diesem Blickwinkel hat der Sachverständige die beiden im Streitjahr bestehenden Beratungsverträge, in deren Rahmen der Kläger tätig geworden ist, im Hinblick auf den betrieblichen Hauptbereich des "Marketing" oder "Absatzwesens" analysiert und festgestellt, dass auf Basis der vorliegenden Verträge davon auszugehen ist, dass die Beratung den Schwerpunkt der gesamten Tätigkeit des Klägers ausmachte. Die Tätigkeit des Klägers umfasste dabei nicht nur eine im klassischen Sinne zu verstehende Beratungstätigkeit, welche sich auf alle umweltrelevanten Themen und Entwicklungen einschließlich der Entwicklung zukunftsorientierter Konzepte bezog, sondern auch die Mitarbeit bei der Schulung des Außendienstes des Auftraggebers in umweltrelevanten Fragestellungen, die Erstellung von Konzepten zu Kunden- und Marktinformationen bezüglich umweltrelevanter Fragestellungen, die Erstellung von Publikationen und Veröffentlichung zu dem Themenkreis, die Leitung eines Arbeitskreises und die Mitarbeit in Gremien sowie die Erstellung von Konzepten für Tagungen. Eine isolierte Betrachtung und Einstufung einzelner Teilaspekte als gewerblich erschien dem Gutachter dabei wegen der im Rahmen der Beratungstätigkeit zu leistenden Analyse-, Recherche- und Marktbeobachtungsaufgaben, die Grundlage der Beratung bildeten, nicht sachgerecht. Entscheidend aus Sicht des Sachverständigen war vielmehr, dass ein überwiegender Teil dieser nicht im klassischen Sinne als Beratungstätigkeit anzusehenden Tätigkeiten im Endeffekt der Beratungsaufgabe diente und für eine erfolgreiche Beratungstätigkeit erforderlich war.

Diese Darlegungen und Beurteilungen des Sachverständigen hält das Gericht für überzeugend, um zu der Feststellung zu gelangen, dass die Tätigkeit des Klägers eine Beratungstätigkeit in dem betrieblichen Hauptbereich des "Marketing" ist.

Nach der Rechtsprechung des BFH müssen für die Feststellung der Ähnlichkeit eines Berufes mit einem Katalogberuf i.S.d. 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG die die Ähnlichkeit begründenden Tätigkeiten im Sinne eines Schwerpunkts andere, den Ähnlichkeitsvergleich nicht begründende Tätigkeiten überwiegen (BFH-Urteil vom 19. September 2002 - IV R 74/00, a.a.O.). Sind gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeitsarten derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, so liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht (BFH-Urteil vom 24. April 1997 - IV R 60/95, BStBl. II 1997, 567).

Ein solches Überwiegen bzw. Vorherrschen ist nach einer qualitative Aspekte der Tätigkeit nicht außer Acht lassenden Betrachtungsweise anzunehmen, wenn die bei isolierter Betrachtung einen Ähnlichkeitsvergleich nicht begründenden Tätigkeiten als vorbereitende, dienende oder für die Erfüllung der Beratungsaufgabe sonst erforderliche Tätigkeiten anzusehen sind. Da der Sachverständige die Erforderlichkeit der bei isolierter Betrachtung einen Ähnlichkeitsvergleich nicht begründenden Tätigkeiten für die die Ähnlichkeit begründende Beratungsaufgabe bejaht hat, kann für die Frage nach den Schwerpunkt der Tätigkeit nicht allein auf quantitative Aspekte abgestellt werden. Eine solche Betrachtung würde der Wertigkeit der einzelnen Tätigkeiten für die Frage nach dem Schwerpunkt der Tätigkeit insgesamt nicht gerecht. Vielmehr stellt sich hier bereits die Frage, ob eine isolierte Betrachtung einzelner Tätigkeiten für den Ähnlichkeitsvergleich unter dem Blickwinkel der vom Sachverständigen dargelegten Spannbreite der Beratungstätigkeit vom Coaching bis zum Outsourcing überhaupt zu widerspruchsfreien Ergebnissen führt. Jedenfalls aber ist die Feststellung des Sachverständigen überzeugend, dass wegen der Erforderlichkeit der einzelnen Tätigkeiten für die Erfüllung der Beratungsaufgabe die Tätigkeit des Klägers insgesamt sachgerecht als Beratungstätigkeit anzusehen ist.

Insbesondere hat sich der Gutachter in seinem Ergänzungsgutachten vom 10. Januar 2004 ausführlich damit auseinander gesetzt, inwieweit die vom BFH in seinem Urteil vom 19. September 2002 beispielhaft aufgeführten Tätigkeiten des Klägers, welche isoliert betrachtet nicht mit denen eines beratenden Betriebswirts vergleichbar sind, insgesamt einer einheitlichen Tätigkeit des Klägers zuzuordnen sind, die insgesamt nach ihrem Schwerpunkt als freiberuflich einzustufen ist. Hervorzuheben ist dabei, dass der Gutachter teilweise den akquisitorischen Charakter der Tätigkeiten festgestellt hat, weil diese nach dem Streitjahr tatsächlich zu Beratungsaufträgen geführt haben. In diesem Zusammenhang hat der Gutachter auch die Kontaktaufnahme zu Politikern und Diplomanden im weiteren Sinne als unterstützend für die Beratungsaufgabe und im Hinblick auf eine spätere Akquisition von Beratungsaufträgen bzw. der Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter als im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit liegend beurteilt. Diese Darlegungen sind überzeugend, weil gerade bei einer freiberuflichen Tätigkeit die vom Gutachter dargelegte Imagebildung und Darstellung der eigenen Kompetenz bei den angesprochenen Tätigkeiten nicht vernachlässigt werden kann, da angesichts der selbständigen Tätigkeit Eigenwerbung und das Knüpfen von Kontakten unverzichtbar für das Erhalten bzw. die Durchführung künftiger Aufträge ist.

b)
Der Gutachter hat an Hand seiner Analyse der im Streitjahr bestehenden Beratungsverträge weiter festgestellt, dass die Beratungstätigkeit des Klägers auf Grundlage dieser Verträge nicht alle betriebswirtschaftlichen Bereiche umfasste, sondern sich auf spezifische Bereiche konzentrierte. Dabei umfasste das Beratungspotenzial des Klägers nach Beurteilung seines beruflichen Werdegangs und der dargestellten Beratungsinhalte den gesamten betriebswirtschaftlichen Hauptbereich des "Marketing". Der Gutachter hat es dabei für unschädlich angesehen, dass sich die Beratungsleistung bei den einzelnen Projekten nur auf Teilgebiete eines Hauptbereichs der Betriebswirtschaft bezog, weil sich betriebswirtschaftliche Beratungsdienstleistungen, vom Ausnahmefall umfassender Beratungsprojekte abgesehen, im Regelfall nur auf Teilbereiche erstrecken. Das Gericht hält diese Schlussfolgerung des Gutachters für überzeugend, da sich die Beurteilung des Gutachters nur auf die im Streitjahr erbrachten Beratungsleistungen bezog und andernfalls das Ergebnis in Abhängigkeit vom jeweiligen Streitjahr zufällig ausfallen kann. Gleichwohl kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass diese im Streitjahr erfolgten dargestellten Beratungsleistungen den Schluss zulassen, dass der Kläger nicht zuletzt aufgrund seiner vom Gutachter festgestellten und mit einem Fachschulabsolventen vergleichbaren Qualifikation Beratungsleistungen im gesamten Hauptbereich des "Marketing" erbringen kann.

c)
In einem weiteren ergänzenden Argumentationsschritt hat der Sachverständige ebenfalls überzeugend ausgearbeitet, das die obige Aufzählung der Hauptbereiche der Betriebswirtschaft nicht als abschließend angesehen werden kann. Aus Sicht des Sachverständigen, der dies als Dekan des Fachbereichs "Umwelt- und Betriebswirtschaft" an der Fachhochschule Trier-Standort Birkenfeld ("Umwelt-Campus") kompetent beurteilen kann, sind allerdings noch die Organisation, Wirtschaftsinformatik, Logistik, betriebliches Steuerwesen, Wirtschaftsrecht und Umweltweltmanagement sowie weitere branchenbezogene Abgrenzungen als Hauptbereiche der Betriebswirtschaft zu bezeichnen, weil die Abgrenzung von betriebswirtschaftlichen Hauptbereichen einer permanenten Weiterentwicklung unterliegt. Nach der Zielrichtung des Studiengangs "Umwelt- und Betriebswirtschaft" sind als Einsatzbereich der Absolventen unter anderem auch Unternehmensberatungsgesellschaften ins Auge gefasst. Allein die Existenz eines auf Umweltbelange ausgerichteten betriebswirtschaftlichen Studienganges, der einen Abschluss als Diplom-Betriebswirt (FH) vermittelt, zeigt für das Gericht, dass jedenfalls der Bereich des "Umweltmanagements" als Hauptbereich der Betriebswirtschaft angesehen werden und eine mögliche Spezialisierung eines beratenden Betriebswirts auf diesen Hauptbereich nicht aus dem Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeklammert werden kann. Denn wenn durch den Studiengang "Umwelt- und Betriebswirtschaft" eine für den Beruf eines beratenden Betriebswirts i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erforderliche Vorbildung mit dem Abschluss als Diplom-Betriebswirt (FH) erworben werden kann, so dürften auch die Anforderungen, die an das Selbststudium eines Autodidakten zu stellen sind, die fachliche Breite und Tiefe dieses Studienganges nicht übersteigen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 2000 - IV R 51/99, BStBl. II 2000, 616). Gleichfalls sind auch die Anforderungen, die an die Beratungstätigkeit zu stellen sind, durch eine Spezialisierung auf diesen Hauptbereich der Betriebswirtschaft als erfüllt anzusehen.

Unter dem Aspekt des betrieblichen Hauptbereichs des Umweltmanagements hat der Sachverständige dann die Tätigkeit des Klägers untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beratungstätigkeit des Klägers dem betriebswirtschaftlichen Hauptbereich des Umweltmanagement zugerechnet werden kann und insgesamt im Streitjahr als an der Schnittstelle der betriebswirtschaftlichen Hauptbereiche Marketing und Umweltmanagement einzustufen ist. Insoweit erstreckt sich die Beratungstätigkeit des Klägers nach den plausiblen und nachvollziehbaren Darlegungen des Gutachters, denen das Gericht aufgrund ihrer Überzeugungskraft folgt, auf mehr als einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft. Die Beratungstätigkeit des Klägers ist die daher nicht lediglich auf einen Teil eines Hauptbereichs der Betriebswirtschaft spezialisiert, sondern umfasst wenigstens Teilbereiche aus zwei Hauptbereichen der Betriebswirtschaft und ist damit als der eines beratenden Betriebswirts ähnlich anzusehen.

2.
Die Darlegungen des Sachverständigen, dass der Kläger über einen einem "Staatlich geprüften Betriebswirt" entsprechenden Kenntnis- und Wissensstand verfügt, sind für das Gericht ebenfalls überzeugend und nachvollziehbar. Das Gericht folgt in diesem Punkt dem Sachverständigen in gleicher Weise.

Nach der Rechtsprechung des BFH dürfen die Anforderungen, die an autodidaktisch erworbene Kenntnisse für den Nachweis einer für den Katalogberuf eines beratenden Betriebswirts vergleichbaren fachlichen Vorbildung zu stellen sind, das Niveau einer Prüfung zum "Staatlich geprüften Betriebswirt" bei einer Ausbildung an einer Fachschule nicht übersteigen (BFH-Urteil vom 4. Mai 2000 - IV R 51/99, a.a.O.).

Den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechend hat der Sachverständige daher auf einen expliziten Vergleich mit einem betriebswirtschaftlichen Studienabschluss an einer Fachhochschule oder Universität verzichtet, da diese Ausbildungen stärker theoretisch fundiert sind und daher nach Ansicht des Sachverständigen zu erwarten ist, dass der Nachweis vergleichbarer Kenntnisse an Hand praktischer Arbeiten nur schwierig zu führen ist und weil der Kläger über die üblicherweise geforderten Zugangsvoraussetzungen für ein Fachhochschul- oder Universitätsstudium im Bereich der Betriebswirtschaftslehre nicht verfügt. Der Sachverständige hat seiner Analyse des Kenntnis- und Wissensstandes des Klägers daher die Verordnung des baden-württembergischen Kultusministeriums über die Ausbildung und Prüfung an den zweijährigen Fachschulen für Wirtschaft zu Grunde gelegt (Bl. 220 ff Finanzgerichtsakte). Durch diese Ausbildung wird nach Bestehen einer Abschlussprüfung die Berufsbezeichnung "Staatlich geprüfter Betriebswirt" erworben.

In einer umfangreichen Gegenüberstellung der Anforderungen in den einzelnen Prüfungsfächern, des Nachweises anhand praktischer Arbeiten und einer fachlichen Beurteilung der Kenntnisse bezogen auf die Anforderungen hat der Sachverständige wiederum überzeugend und nachvollziehbar festgestellt, dass der Kläger umfassende betriebswirtschaftliche Kenntnisse in einer Tiefe und Breite nachweisen kann, die im Wesentlichen denen eines "Staatlich geprüften Betriebswirts" vergleichbar sind. Die Gegenüberstellung lässt eine intensive Auseinandersetzung des Sachverständigen mit den vom Kläger vorgelegten praktischen Arbeiten und sonstigen Nachweise seiner Kenntnisse sowie eine profunde und sichere Beurteilung auf Grund der Erfahrungen des Sachverständigen als Fachhochschullehrer erkennen. Der Gutachter hat in den Bereichen, in denen die zunächst vom Kläger vorgelegten Unterlagen nur eine entsprechende Qualifikation vermuten ließen, den Kläger zielgerichtet zu näheren Darlegungen aufgefordert und erst nach intensiver Auseinandersetzung mit dem ergänzend vorgelegten Unterlagen eine sichere Beurteilung vorgenommen. Die bezüglich der einzelnen Prüfungsfächer genau aufgeschlüsselte Darstellung des Sachverständigen zeigt, dass der Kläger nicht nur im Bereich des Marketing, sondern umfassend in allen Bereichen der Betriebswirtschaft, die Gegenstand der theoretischen Prüfung zum "Staatlich geprüften Betriebswirt" sind, über fundierte Kenntnisse verfügt. Das Gericht folgt daher auch hier dem Gutachten, zumal die Qualifikation des Klägers vom Beklagten nunmehr nicht bestritten wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Korrektur des Tenors beruht auf § 107 Abs. 1 FGO, da die Benennung der aufzuhebenden vorangegangenen Gewerbesteuermessbescheide versehentlich unterblieben ist.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.

Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Straße 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/9231-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 18 Abs.1 Nr. 1 EStG

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