Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

14.10.2004 · IWW-Abrufnummer 042642

Finanzgericht München: Urteil vom 23.05.2001 – 9 K 606/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 9 K 606/00

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache XXX

wegen Einkommensteuer 1989 bis 1992 und 1994

hat der 9. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung XXX auf Grund mündlicher Verhandlung vom 23. Mai 2001 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand:

Die Kläger sind in den Streitjahren 1989 bis 1992 sowie 1994 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger war bis 1990 Mitglied des Vorstands der Bayerischen XY. Die Klägerin ist Hausfrau.

Während einer bei den Klägern für die Jahre 1989 bis 1994 durchgeführten Außenprüfung machten diese erstmals die Gewinne und Verluste aus der Durchführung von Options-, Wertpapier- und Devisengeschäften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend. Demgegenüber gelangte die Prüferin zu der Auffassung, dass die Wertpapier- und Optionsgeschäfte der Kläger in den Streitjahren den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten hätten. Außerdem stellte sie fest, dass ein erheblicher Teil der durchgeführten Aktiengeschäfte sowie der An- und Verkäufe von Index- und Währungsoptionsscheinen innerhalb der 6-monatigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst, b Einkommensteuergesetz (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung erfolgt sei. Dementsprechend errechnete die Prüferin für die Kläger die folgenden der Höhe nach unstreitigen Spekulationsgewinne im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG:

Kläger Klägerin
1989: 28.940 DM 12.037 DM
1990: 33.339 DM 24.787 DM
1991: 3.595 DM 3.019 DM
1992: 30.671 DM 11.486 DM
1994: 30.748 DM 15.750 DM

Hiervon entfallen folgende Teilbeträge auf Gewinne aus Verkäufen von Index- und Währungsoptionsscheinen:

Kläger Klägerin
1989: 191 DM 3.722 DM
1990: 29.742 DM 23.134 DM
1991: 3.595 DM 2.660 DM
1992: 30.671 DM 11.486 DM
1994: 30.748 DM 15.750 DM

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 26. Januar 1998 (insb. Tzn 1.14 und 1.15) verwiesen.

Das beklagte Finanzamt (FA) schloss sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ jeweils unter dem Datum vom 20. April 1998 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte ESt-Bescheide für die Streitjahre, in denen neben anderen - hier nicht streitigen - Änderungen erstmals die vorstehend genannten Spekulationsgewinne angesetzt wurden. Die gegen sämtliche Änderungsbescheide eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg (vgl. zusammengefasste Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000).

Mit der vorliegenden Klage wenden sich die Kläger gegen die angesetzten Spekulationsgewinne insgesamt, hilfsweise zumindest gegen den Ansatz der durch den Handel mit den Optionsscheinen begründeten Spekulationsgewinne. Zur Begründung tragen sie folgendes vor: Die vollumfängliche Erfassung von Spekulationsgewinnen durch die Finanzverwaltung sei im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorschriften nicht gewährleistet. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BStBI II 1991, 654) zur früheren Zinsbesteuerung verstoße die Besteuerung von Spekulationseinkünften daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und sei verfassungswidrig. Zumindest dürften aber die Gewinne der Kläger aus dem An- und Verkauf von Optionsscheinen nicht der Besteuerung unterworfen werden. Dies ergebe sich schon aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Februar 1997 XI R 1/96 (BStBI II 1997, 399), wonach diese Geschäfte wegen ihrer Nähe zu Spiel und Wette keinem einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich zuzuordnen seien. Bei Index- und Währungsoptionen könne es nicht zu einer Lieferung von Wirtschaftsgütern kommen. Vielmehr sei der Wille der Vertragsparteien ausschließlich auf die Kursdifferenz gerichtet. Gewinne aus diesen Geschäften stellten daher ebenso wie solche aus Devisentermingeschäften Spielgewinne dar, die nach dem BFH-Urteil vom 25. August 1987 IX R 65/86 (BStBI II 1988, 248) weder als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften im Sinne von §§ 22 Nr. 2, 23 EStG noch als Einkünfte aus Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG steuerlich zu erfassen seien. Soweit es sich aber bei dem Optionsgeschäft selbst um ein steuerlich unbeachtliches Differenzgeschäft handele, könne auch die Veräußerung der Optionsscheine nicht zu steuerlich relevanten Einkünften führen.

Die zunächst auch wegen ESt 1993 erhobene Klage wurde in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2001 zurückgenommen. Das Verfahren wurde insoweit abgetrennt und eingestellt (vgl. Niederschrift vom 23. Mai 2001).

Die Kläger beantragen,
das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, andernfalls in Änderung der angefochtenen Entscheidungen für die Jahre 1989 bis 1992 sowie 1994 keine Spekulationsgewinne anzusetzen,
hilfsweise die angesetzten Spekulationsgewinne um 3.913 DM (1989), 52.876 DM (1990), 6.255 DM (1991), 42.157 DM (1992) sowie 46.498 DM (1994) zu vermindern und die ESt 1989 bis 1992 sowie 1994 entsprechend herabzusetzen,
hilfsweise die Revision zuzulassen

Das FA beantragt Klageabweisung,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Es bezieht sich zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und weist ergänzend darauf hin, dass die Veräußerung eines Optionsrechts innerhalb von sechs Monaten nach dem BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 X R 139/93 (BFH/NV 1997, 105) unabhängig davon, ob dieses auf einen lieferbaren Basiswert gerichtet sei, ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft darstelle. Aus dem von den Klägern genannten BFH-Urteil in BStBI II 1997, 399 ergebe sich demgegenüber lediglich, dass Termin- und Optionsgeschäfte wegen ihres spekulativen Charakters nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgewiesen werden könnten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist nicht begründet.

Zu Recht hat das FA in den Jahren 1989 bis 1992 sowie 1994 die der Höhe nach unstreitigen Gewinne der Kläger aus dem Handel mit Wertpapieren und mit Optionsrechten als sonstige Einkünfte aus Spekulationsgeschäften im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG angesetzt.

Der erkennende Senat teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger gegen die einkommensteuerliche Erfassung von Spekulationsgewinnen nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst, b EStG nicht. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) hat im Urteil vom 23. September 1999 V 7/99 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG -2000, 178) trotz der Vollzugsmängel bei der Erfassung dieser Gewinne einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz und damit eine Verfassungswidrigkeit der genannten Normen auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil in BStBI II 1991, 654 mit der Begründung verneint, dass die bestehenden Vollzugsmängel nicht auf eine vom Gesetzgeber zu vertretende lückenhafte Ausgestaltung des Gesetzes, sondern auf der angespannten Personallage der Finanzämter und der Praxis des sogenannten maßvollen Gesetzesvollzugs beruhten und daher nicht zu einer gleichheitswidrigen steuerlichen Bevorzugung gerade von einzelnen Spekulationsgewinnen führten. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an und verweist zur weiteren Begründung auf die umfangreichen Ausführungen des Schleswig-Holsteinischen FG in EFG 2000, 178.

Zutreffend hat das FA auch die Gewinne der Kläger aus dem An- und Verkauf von Optionsrechten der Besteuerung nach §§ 22 Nr. 2, 23 EStG unterworfen.

Spekulationsgeschäfte sind nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst, b EStG Veräußerungsgeschäfte mit anderen Wirtschaftsgütern als den unter Ziff. 1 Buchst, a genannten, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate beträgt.

Optionsrechte werden nach der Rechtsprechung des BFH in Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung der FG und in der Literatur jedenfalls beim Optionsnehmer als Wirtschaftsgüter im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst, b EStG angesehen (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Juli 19'95 X B 167/94, BFH/NV 1996, 34 m.w.N.). Für diese Beurteilung ist es unbeachtlich, ob das dem Optionsrecht zugrundeliegende Geschäft dem Differenzeinwand unterliegt. Entscheidend für die Anwendung der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG ist vielmehr, ob der Gewinn auf einem Rechtsgeschäft beruht, das auf die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsgutes an eine andere Person gerichtet ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 105). Zwar ist dieses Urteil zu entgeltlich erworbenen Aktien-Optionsrechten ergangen. Entgegen der Auffassung der Kläger sieht der erkennende Senat hierin jedoch keinen Unterschied zu den im vorliegenden Fall streitigen Index- und Währungs- Optionsrechten. Auch wenn bei Ausübung von Optionsrechten auf Indizes oder Währungen möglicherweise ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft nicht vorliegt, geht es im Streitfall nicht um die Ausübung einer Option, sondern um die Veräußerung von Optionsrechten. Diese fallen als Wirtschaftsgüter unter § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. B EStG.

Im Streitfall haben die Kläger nach den insoweit nicht bestrittenen Feststellungen der Außenprüfung innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst, b EStG derartig Optionsrechte ge- und verkauft, so dass das FA zutreffend von steuerpflichtigen Spekulationsgeschäften ausgegangen ist.

Das Ruhen des Verfahrens war schon deshalb nicht anzuordnen, weil das FA weder einen entsprechenden Antrag gestellt noch dem Antrag der Kläger zugestimmt hat (§ 155 FGO i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die streitige Rechtsfrage hinsichtlich der Steuerbarkeit von Optionsscheinverkäufen im Rahmen der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 EStG höchstrichterlich geklärt ist und der Frage, ob die Besteuerung von Spekulationsgeschäften verfassungswidrig ist, nach Auffassung des Senats keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

RechtsgebietEStGVorschriften§ 23 Abs. 1 EStG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr