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07.11.2003 · IWW-Abrufnummer 032472

Amtsgericht Minden: Urteil vom 22.07.2003 – 22a C 311/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


22a C 311/03
Verkündet am 22.07.2003

AMTSGERICHT MINDEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Minden

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2003
durch den Richter ...
für Recht erkannt:

1) Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 714,42 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2003 zu zahlen.

2) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger die Mehrwertsteuer zu erstatten, soweit sie infolge der Reparatur streitgegenständlichen Unfallschäden einfällt, einschließlich etwaigen Nutzungsausfalls.

3) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

5) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.250.00 ? abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Die Ehefrau des Klägers befuhr am 12.09.2002 mit dessen Fahrzeug in Minden die Kampstraße in Richtung des Parkplatzes Martinikirchhof. Vor der Ehefrau des Klägers fuhr der Beklagte zu 1) mit seinem bei der Beklagte zu 2) versicherten Pkw. Der Beklagte zu 1) beabsichtigte zunächst, über die in einer langgezogenen (180°) Linkskurve gelegene rechtsseitige Einfahrt auf den Parkplatz zu fahren. Noch während er sich im Einfahrtbereich des Parkplatzes befand, brach er dieses Vorhaben ab und setzte, um die Fahrt auf der Kampstraße fortzusetzen, sein Fahrzeug zurück. Nachdem der Beklagte zu 1) das Fahrzeug zurückgesetzt hatte, setzte er die Fahrt wie geplant fort.

Der Kläger behauptet, beim Zurücksetzen sei der Beklagte zu 1) gegen sein dahinter von seiner Ehefrau ordnungsgemäß zum Stehen gebrachtes Fahrzeug gestoßen. Durch den Anstoß sei an seinem Fahrzeug ein Sachschaden in Höhe von 693,97 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer entstanden. Der Schaden ist der Höhe nach unstreitig. Weiterhin begehrt der Kläger eine allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von 20,45 Euro.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger 714,42 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2003 zu zahlen und darüber hinaus festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger die Mehrwertsteuer zu erstatten, soweit sie infolge der Reparatur der streitgegenständlichen Unfallschäden anfällt, einschließlich etwaigen Nutzungsausfalls.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dem Kläger fehle es am Feststellungsinteresse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie das Vorbringen im Termin zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Zeugen Pieper. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist der Sache nach begründet, denn der Beklagte zu 1) ist mit seinem Fahrzeug allein schuldhaft gegen das stehende Fahrzeug des Klägers gefahren und die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers tritt hinter das weit überwiegende Verschulden des Beklagten zu 1) zurück. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 7, 17, 18 StVG bzw. § 3 Nr.1 PflVG.

Der Beklagte zu 1) hat gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen, denn er ist bei der Rückwärtsfahrt gegen das Fahrzeug des Klägers gestoßen. Davon ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt. Der Zeuge Pieper hat eine in sich schlüssige und nachvollziehbare Aussage über das streitgegenständliche Geschehen gemacht, die in allen wesentlichen Punkten die Behauptungen des Klägers bestätigen. Seine Aussage geht auch mit den unstreitigen und im übrigen gerichtsbekannten tatsächlichen Gegebenheiten konform. Insbesondere die Angabe des Zeugen, den Zusammenstoß (nur) anhand eines Ruckelns des klägerischen Fahrzeugs wahrgenommen zu haben, ist nachvollziehbar. Zwar stimmen die Angaben des Zeugen hinsichtlich des weiteren Verlaufgeschehen nicht gänzlich mit seinen gegenüber dem Beklagten zu 2) gemachten Angaben sowie den Behauptungen des Klägers überein, doch ist das dadurch nicht an der Überzeugungsgewinnung, dass der Beklagte zu 1) gegen das Fahrzeug des Klägers gestoßen ist, gehindert, denn der Zeuge hat eingeräumt, sich an diese Umstände nicht mehr mit 100 %iger Gewissheit exakt erinnern zu können. Es handelt sich bei diesen Umständen auch um solche, die von Zeugen und auch von den Beteiligten nicht untypischerweise als eher unwesentlich angesehen werden und daher (teilweise) aus der exakten Erinnerung geraten.

Anhaltspunkte für ein Mitverschulden der Ehefrau des Klägers sind nicht vorhanden, insbesondere, da der Zeuge auch die Behauptung des Klägers, seine Ehefrau habe mit dem Fahrzeug bereits gestanden, bestätigt hat.

Die soweit noch beim Kläger grundsätzlich verbleibende Betriebsgefahr tritt hinter das weit überwiegende Verschulden des Beklagten zu 1) durch den Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO beim Rückwärtsfahren zurück. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung.

Der Kläger hat auch ein Interesse an der begehrten und zuerkannten Feststellung gem. § 256 ZPO. Das Interesse resultiert aus der zeitlich grundsätzlich unbeschränkten Dispositionsfreiheit eines Unfallgeschädigten, die Schäden reparieren zu lassen oder nicht und damit die Umsatzsteuer anfallen zu lassen. Im übrigen verjährt der eigentliche Schadensersatzanspruch schneller als das Recht, aus einem rechtskräftigen Titel zu vollstrecken und es ist keineswegs ausgeschlossen, das ein Unfallgeschädigter einen Schaden erst nach Jahren insbesondere aus Anlass eines weiteren Unfalls oder aber des Verkaufs des Fahrzeugs beheben lässt. Der Unfallgeschädigte hat mithin ein Interesse daran, die Möglichkeit der Beklagten, sich auf die dann eingetretene Verjährung zu berufen, durch den Feststellungsantrag auszuschließen.

Der Nebenanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 und § 288 BGB, denn das Verstreichenlassen der vom Kläger gesetzten, lediglich ca. 1 Woche betragenden Regulierungsfrist durch die Beklagte zu 2) allein war nicht verzugsbegründend, da bei Verkehrsunfällen der Versicherung des Schädigers eine angemessene, mindestens 4 Wochen betragende Frist zur Überprüfung der Einstellungspflicht und Regulierung eingeräumt werden muss, die erst mit Zugang einer detaillierten Forderungsaufstellung beginnt.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

RechtsgebieteStVG, StVO, ZPO, PflVGVorschriften§§ 7, 17, 18 StVG § 3 Nr. 1 PflVG § 9 Abs. 5 StVO § 256 ZPO

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