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05.11.2004 · IWW-Abrufnummer 021710

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 12.11.2002 – 2 K 1545/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In dem Finanzrechtsstreit xxx wegen Einkommensteuer 1999, Solidaritätszuschlag 1999, 2 K 1545/02 hat der 2. Senat durch xxx aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. November 2002 für Recht erkannt:

I. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 11. Juli 2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. März 2002 wird geändert. Der Beklagte hat die Einkommensteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe auf den Betrag zu errechnen, der sich ergibt, wenn die Einkünfte der Kläger aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von je 999 DM steuerfrei belassen werden.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand
Streitig ist, ob die Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG auch auf Spekulationsgewinne anzuwenden ist, die durch Verlustrücktrag auf unter 1.000 DM reduziert werden.

Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Bankkaufmann. Die Kläger erklärten für das Jahr 2000 Spekulationsverluste aus Aktienan- und ?verkäufen in Höhe von je 21.955 DM. Antragsgemäß wurde ein Verlustrücktrag nach 1999 in Höhe von je 10.336 DM durchgeführt. In dem nach § 10d EStG geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr wurden nach Durchführung des Verlustrücktrags Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von je 999 DM der Besteuerung unterworfen. Mit ihrem dagegen gerichteten Einspruch begehrten die Kläger die Steuerfreistellung ihrer Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, da nach Verlustrücktrag die Freigrenze von 1.000 DM jeweils unterschritten sei. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. März 2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, nach dem Gesetzeswortlaut blieben Gewinne unterhalb der Freigrenze steuerfrei. Insofern komme es zunächst darauf an, den Gewinn aus Spekulationsgeschäften zu ermitteln; erst dann sei (ggf. erneut) über die Anwendung der Freigrenze zu entscheiden. Der Gewinn stehe endgültig erst nach einem Verlustrücktrag fest; somit sei erst danach über die Freigrenze zu entscheiden. Diese Auffassung entspreche der einhelligen Meinung in der Literatur (vgl. Klagebegründung vom 9. Mai 2002 mit weiteren Nachweisen).

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 11. Juli 2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. März 2002 dahin gehend zu ändern, dass die Einkünfte der Kläger aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von je 999 DM steuerfrei belassen werden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er hält an seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung fest und verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet. Nach § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG bleiben Gewinne im Veranlagungszeitraum 1999 steuerfrei, wenn der aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gewinn weniger als 1.000 DM betragen hat. Die Gewinne der Kläger im Sinne dieser Vorschrift betrugen jeweils 999 DM und lagen damit unter der Freigrenze.

Der Begriff des ?Gewinns? im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG ist unter Einbeziehung eines etwaigen Verlustrücktrages zu bestimmen. Dies folgt aus der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG, wonach Verluste des Folgejahres nach Maßgabe des § 10d EStG die Einkünfte mindern.

Zwar hat ein Verlustrücktrag nach § 10d EStG nach der Systematik des § 2 EStG grundsätzlich keinen Einfluss auf die Höhe der jeweiligen Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten, da er wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen ist. § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG durchbricht jedoch diese Systematik, da die Formulierung in der Weise gewählt wurde, dass durch den Verlustrücktrag die Einkünfte gemindert werden. Ursache für diesen Systembruch ist die Beschränkung des Verlustrücktrages auf Gewinne aus der selben Einkunftsart. Es kann bezweifelt werden, dass der Gesetzgeber die daraus resultierende Konsequenz der Verlagerung des Verlustrücktrages in den Bereich der Einkünfteermittlung erkannt hat. Die Auslegung entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes hat jedoch in jedem Fall Vorrang. Der Senat folgt insoweit der wohl herrschenden Meinung in der Literatur (z.B. Schmidt/Heinicke § 23, Rz. 55; Hermann/Heuer/Raupach § 23 Anm. R 32; Littmann/Bitz/Pust § 23 EStG, Rz. 157a; Blümich/Glenk § 23 EStG, Rz. 198; Walter/Stümper DStR 2002, S. 204 ff.; a.A. Herzig/Lutterbach DStR 1999, S. 521 ff ? 5224 -).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und der Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Fassung des Tenors erfolgt gemäß § 100 Abs. 2 FGO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Rechtsfrage, ob berücksichtigungsfähige Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften vom Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 4 EStG wie Sonderausgaben abzuziehen sind, oder ob durch den Verlustrücktrag die Einkünfte selbst gemindert werden, bedarf der höchstrichterlichen Klärung.

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.

Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.
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