02.11.2010
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 14.10.2008 – 6 K 10184/05 B
Der zwischen einem GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer und seiner Lebensgefährtin abgeschlossene Vertrag über die Gründung einer atypisch stillen Beteiligung an der GmbH ist steuerlich nicht anzuerkennen, wenn das schwach ausgeprägte Mitunternehmerrisiko (fehlende Beteiligung am Geschäftswert, eine Beteiligung i. H. v. 0,5 % am laufenden Gewinn/Verlust sowie eine Begrenzung der Verlustbeteiligung auf die Höhe der Einlage) nicht durch eine überdurchschnittliche Mitunternehmerinitiative kompensiert wird.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 6. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht …, den Richter … sowie die ehrenamtlichen Richter … und …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um die Frage, ob in den Streitjahren zwischen der Klägerin und der Beigeladenen eine Mitunternehmerschaft in der Form einer atypisch stillen Gesellschaft bestanden hat.
Der Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Modell- und Formenbau sowie der … ausbau. Seit ihrer Gründung im Jahr 1995 hat die Klägerin stets Gewinne erwirtschaftet.
Die Klägerin zeigte dem Beklagten mit Schreiben vom 30. November 2000 an, dass mit der Beigeladenen eine atypisch stille Gesellschaft gegründet worden sei und legte einen auf den 18. August 2000 datierten „Vertrag einer atypisch stillen Gesellschaft” (im Folgenden: GesVertrag) vor.
Nach dem GesVertrag beteiligte sich die Beigeladene ab dem 01. September 2000 als stille Gesellschafterin am Geschäftsbetrieb der Klägerin. Die Einlage beträgt DM … und sollte bis zum 01. September erbracht werden. Die Geschäftsführung steht allein der Klägerin zu; bestimmte wesentliche Maßnahmen dürfen aber nur mit der Zustimmung der Beigeladenen vorgenommen werden. Die Beigeladene ist nach § 7 Abs. 3 GesVertrag an dem nach ertragsteuerlichen Grundsätzen ermittelten Gewinn und Verlust der Klägerin mit 0,5 v. H. beteiligt; die Verlustbeteiligung ist allerdings auf die Höhe der Einlage beschränkt. Nach § 10 GesVertrag stehen der Beigeladenen die Informations- und Kontrollrechte gemäß § 716 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – zu. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft erhält die Beigeladene nach § 14 GesVertrag eine Abfindung, die sich aus dem Saldo der für die Beigeladenen geführten Kapitalkonten in der Gesellschaft und ihrem Anteil an den stillen Reserven der Klägerin zusammensetzt. Den Anteil der Beigeladenen an den stillen Reserven setzten die Vertragsparteien mit 1 v. H. fest; dies entspreche dem Verhältnis der Einlage zum Gesamtwert des Unternehmens, § 14 Abs. 4 GesVertrag. Weiter ist in § 14 Abs. 3 GesVertrag die Ermittlung der stillen Reserven geregelt. Nach § 14 Abs. 3 lit. d) GesVertrag bleibt ein selbst geschaffener Firmenwert außer Ansatz. Wegen der weiteren Details der Regelungen wird auf den GesVertrag verwiesen (Bl. 35 ff. der Streitakten).
Die Beigeladene erbrachte die Einlage am 30. November 2000 durch Überweisung auf das betriebliche Bankkonto.
Der Beklagte veranlagte zunächst erklärungsgemäß unter Berücksichtigung einer atypisch stillen Gesellschaft zwischen der Klägerin und der Beigeladenen. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (im Folgenden: Feststellungsbescheid) für 2000 – 2002, über den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 – 2002 vom 18. September 2001 (für 2000), vom 28. August 2002 (für 2001) sowie vom 02. Januar 2004 (für 2002) standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung – AO –. Am 30. August 2002 erließ der Beklagte einen Investitionszulagenbescheid für 2001, der ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand. Der Investitionszulagenbescheid und die Feststellungsbescheide waren an die J. GmbH & Still adressiert. Die Gewerbesteuermessbescheide ergingen für die Klägerin als Steuerschuldnerin der Fa. H. Modell- und Formenbau GmbH & Still.
Im Jahr 2003 führte der Beklagte eine Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2000 und 2001 durch. Bei Beginn der Prüfung am 12. Mai 2003 legte die Klägerin dem Beklagten unaufgefordert einen auf den 20. August 2000 datierten Nachtrag zum Vertrag vom 18. August 2000 vor, wonach § 14 Abs. 3 lit. d) GesVertrag insofern geändert werde, als der atypisch stille Gesellschafter am Firmenwert beteiligt werde. Das dem Beklagten vorgelegte Telefax und das später auf Anforderung des Beklagten vorgelegte Original des Nachtrags tragen in der Schreibweise abweichende Unterschriften der Beigeladenen.
Im Abschlussbericht der Außenprüfung vom 18. Dezember 2003 stellten sich die Außenprüfer auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft nicht vorliegen würden. Insbesondere sei schädlich, dass die Beigeladene am selbst geschaffenen Firmenwert nicht beteiligt sei, so dass das Mitunternehmerrisiko nur schwach ausgeprägt sei. Es liege auch nur einfache Mitunternehmerinitiative vor. Es sei nicht glaubhaft, dass der auf den 20. August 2000 datierte Nachtrag tatsächlich zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden sei. Der Nachtrag sei dem Beklagten nicht zeitnah vorgelegt worden; seiner Berücksichtigung stehe daher schon das steuerliche Rückwirkungsverbot entgegen. Für eine Manipulation spreche auch der Umstand, dass sich die Unterschriften auf dem Telefax und dem Original der Nachtragsvereinbarung unterschieden. Zudem habe sich in den Prüfungsunterlagen ein Telefax vom 09. November 2000 gefunden, in dem der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin dem damaligen steuerlichen Berater der Klägerin „die benötigten Angaben für die Ausfertigung des Vertrags als stiller Gesellschafter” mitteilte und fragte, bis wann die Einzahlung erfolgt sein müsse. Auch daraus folge, dass weder der Gesellschaftsvertrag noch der Nachtrag tatsächlich an den angegebenen Daten abgeschlossen worden seien.
Die Vereinbarung halte dem Fremdvergleich nicht stand. Bei der Beigeladenen handele es sich um die Lebensgefährtin des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin. Auch wenn eine Lebensgefährtin keine Angehörige im Sinne von § 15 AO sei, liege ein Näheverhältnis vor, das zum Wegfall des natürlichen Interessengegensatzes führe. Dies sei bei der Frage zu berücksichtigen, ob die Gestaltung steuerlich relevant oder dem privaten Bereich zuzuordnen sei. Es bestünden ernstliche Zweifel, ob die Einlage in Höhe von DM … im Verhältnis zum Eigenkapital der Klägerin in Höhe von DM … und einem Gewinn in Höhe von DM … wirtschaftlich ins Gewicht falle und ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund für die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft bestanden habe. Auch die Gewinnverteilung halte dem Fremdvergleich nicht stand. Der Gewinn hätte entsprechend dem Verhältnis zwischen dem Nennwert der Einlage und dem tatsächlichen Unternehmenswert verteilt werden müssen.
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 17. Mai 2004 Bescheide über die Aufhebung der Feststellungsbescheide 2000 – 2002, der Gewerbesteuerbescheide 2000 – 2002 sowie am 04. Juni 2004 einen auf DM 0,00 geänderten Investitionszulagenbescheid. Sämtliche Änderungsbescheide waren an die „Fa. H. Modell- und Formenbau GmbH & still” adressiert.
Gegen die Bescheide richteten sich die Einsprüche vom 02. und 10. Juni 2004, die namens der H. Modell- und Formenbau/…ausbau GmbH & atypisch still eingelegt wurden. Die Einsprüche wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft vorliegen würden. Die Einlage sei am 30. November 2000 geleistet worden. Die atypisch stille Gesellschaft sei dem Beklagten auch zeitnah angezeigt worden; die spätere Kenntnis des Beklagten von dem Nachtrag vom 20. August 2000 sei unschädlich. Es bestünden für die Gründung einer stillen Gesellschaft keine Formvorschriften. Die Vertragsparteien hätten den Vertrag über die atypisch stille Gesellschaft durchgeführt. Die Auslegung des Vertrags vom 18. August 2000 ergebe, dass es sich bei der Regelung des § 14 Abs. 3 lit. d) GesVertrag, wonach keine Beteiligung am Geschäftswert bestehe, um einen Übernahmefehler gehandelt habe; im Übrigen werde durch die Beteiligung an den übrigen stillen Reserven eine Beteiligungsquote erreicht, die die Beteiligung am Firmenwert als unbeachtlich erscheinen lasse. Die Ausführungen des Beklagten zum Fremdvergleich seien nicht nachvollziehbar; auch sei die Gewinnbeteiligung nicht unangemessen. Die Beigeladene sei keine Person im Sinne von § 15 AO.
Mit einer Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2005 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Es liege kein Mitunternehmerrisiko vor, da die Beigeladene nicht am Firmenwert und am Verlust nur in Höhe ihrer Einlage beteiligt sei. Eine als Insichgeschäft abgeschlossene atypisch stille Gesellschaft könne steuerlich nur anerkannt werden, wenn sie dem Finanzamt zeitnah, d. h. innerhalb von drei Monaten, angezeigt werde. Es sei ein Fremdvergleich vorzunehmen, da die Beigeladene die Lebensgefährtin des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin sei; es liege damit ein Gleichklang wirtschaftlicher Interessen vor. Einem fremden Dritten hätte die Klägerin keine derartige Beteiligung eingeräumt, sondern auf einer prozentualen Gewinnbeteiligung des Stillen bestanden, die dem Wert der Einlage im Verhältnis zum Wert der Klägerin entspräche. Angesichts der Eigenkapitalausstattung der Klägerin in Höhe von DM … liege kein vernünftiger wirtschaftlicher Grund für die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft vor.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 22. Juni 2005 bei Gericht eingegangenen Klage. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, der Beklagte verkenne, dass bei Abschluss des GesVertrags noch keine stillen Reserven und kein Firmenwert existiert hätten. Der GesVertrag sei widersprüchlich und auslegungsfähig, da in § 14 Abs. 3 GesVertrag geregelt sei, dass die stille Gesellschafterin an allen stillen Reserven beteiligt sein solle. Die Verlustbegrenzung auf die Einlage sei für das Mitunternehmerrisiko irrelevant. Die Beigeladene sei in den Streitjahren nicht die Lebensgefährtin des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin gewesen. Wenn der Beklagte im Rahmen des von ihm angestellten Fremdvergleichs ausführe, der Beigeladenen seien zu weitgehende Rechte eingeräumt worden, so stehe dies im Widerspruch zur Verneinung des Mitunternehmerrisikos.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide vom 17. Mai 2004 über die Aufhebung der Gewerbesteuer(mess)bescheide für 2000 bis 2002 vom 18. September 2001 (für 2000), vom 28. August 2002 (für 2001) sowie vom 02. Januar 2004 (für 2002), über die Aufhebung der Feststellungsbescheide 2000 bis 2002 vom 17. Mai 2004 sowie den Bescheid vom 04. Juni 2004 über die Aufhebung des Investitionszulagenbescheids vom 30. August 2002, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2005, aufzuheben, und
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Beklagte wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Die von der Klägerin behauptete Widersprüchlichkeit des GesVertrags sei nicht nachvollziehbar. Ein Fremdvergleich sei auch vorzunehmen, wenn es sich nicht um Angehörige im Sinne von § 15 AO handele. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und die Beigeladene hätten seit Oktober 2003 dieselbe Wohnanschrift. Dies indiziere auch für vorhergehende Zeiträume ein Näheverhältnis. Dass eine partnerschaftliche Bindung bestanden habe, sei durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen der Außenprüfung bestätigt worden. Dieser habe bereits seit 1999 das Fahrzeug der Beigeladenen genutzt. Die Beteiligung der Beigeladenen habe ausschließlich steuerliche Gründe gehabt und dazu gedient, die Gewerbesteuerbelastung zu mindern. Die Beigeladene habe die Einkünfte aus der atypisch stillen Gesellschaft in ihren Einkommensteuererklärungen nicht angegeben. Dies sei erst aufgrund der der ESt-4B-Mitteilung des Beklagten geschehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Die Aufhebung der an die J. GmbH & Still adressierten Investitionszulagen- und Feststellungsbescheide sowie der Gewerbesteuer(mess)bescheide, die an die Klägerin als Steuerschuldnerin der Fa. H. Modell- und Formenbau GmbH & Still ergingen, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin und die Beigeladene nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –. Für die Streitjahre lagen die Voraussetzungen einer GmbH & atypisch Still mangels Mitunternehmerrisikos der Beigeladenen nicht vor.
1. Der Senat legt sowohl die Aufhebungsbescheide des Beklagten vom 15. Mai 2004 als auch die vorliegende Klage dahingehend aus, dass diese sich auf die Aufhebung der Gewerbesteuermessbescheide und nicht auf die entsprechenden Gewerbesteuerbescheide beziehen. Auch wenn im Land B. beide Bescheide äußerlich zusammengefasst werden, ist die Frage, ob eine atypisch stille Gesellschaft vorliegt, im Gewerbesteuermessbescheid als dem Grundlagenbescheid zu entscheiden, vgl. § 184 Abs. 1 Satz 2 AO.
2. Es führt nicht zur Nichtigkeit der angefochtenen Aufhebungsbescheide, dass der Beklagte diese an die „Fa. H. Modell- und Formenbau GmbH & still” adressiert hat, da der richtige Inhaltsadressat im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.
Da der Beklagte schon den Investitionszulagenbescheid und die Feststellungsbescheide an die „J. GmbH & Still” adressiert hatte, war die Adressierung der Aufhebungsbescheide nur folgerichtig. Aber auch hinsichtlich der Aufhebungsbescheide zu den Gewerbesteuermessbescheiden, die der Beklagte an die Klägerin als Steuerschuldnerin der Fa. H. Modell- und Formenbau GmbH & Still hätte richten sollen, war für die Beteiligten trotz der unrichtigen Angabe ersichtlich, an welche Inhaltsadressatin sich die Aufhebungsbescheide gerichtet haben. Dies ist erforderlich, aber auch ausreichend; denn ein Steuerbescheid muss erkennen lassen, an wen er sich richtet, gegen wen und für wen er seine Wirkungen entfaltet.
3. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die auf den 18. August 2000 datierte vertragliche Vereinbarung nicht zur Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft geführt hat, da bei einer Gesamtschau der vertraglichen Regelungen insbesondere das Mitunternehmerrisiko nicht hinreichend ausgeprägt ist, was auch nicht durch eine überdurchschnittliche Mitunternehmerinitiative kompensiert wird.
a) Der nicht nach außen auftretende stille Gesellschafter einer Innengesellschaft kann Mitunternehmer im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein. Voraussetzung einer Mitunternehmerschaft ist, dass der Gesellschafter Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Beide Merkmale müssen vorliegen; jedoch kann die geringere Ausprägung eines Merkmals im Rahmen der gebotenen Gesamtbeurteilung der Umstände des Einzelfalles durch eine stärkere Ausprägung des anderen Merkmals ausgeglichen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH, Urteile vom 13. Mai 1998 VIII R 81/96, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 1999, 355; vom 28. Oktober 1999 VIII R 66-70/97, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 190, 204, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2000, 183, vom 9. Dezember 2002 VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601; vom 16. Dezember 2003 VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080).
Mitunternehmerinitiative bedeutet dabei Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach dem Regelstatut des Handelsgesetzbuchs – HGB –. Kennzeichnend für das Mitunternehmerrisiko des Gesellschafters einer Innengesellschaft ist, dass das Unternehmen im Innenverhältnis (d. h. mit schuldrechtlicher Wirkung) auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des nach außen auftretenden Geschäftsinhabers und des anderen Gesellschafters geführt wird (BFH, Urteil vom 1. August 1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272). Der Gesellschafter der Innengesellschaft muss daher nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg (Gewinn und Verlust) beteiligt sein; die Regelungen des Gesellschaftsvertrags müssen darüber hinaus die Gewähr dafür bieten, dass er grundsätzlich im Fall der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil Anspruch auf den Zuwachs an den stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Zuwachses an dem – nach den üblichen Methoden des Geschäftsverkehrs ermittelten – Firmenwert hat (BFH, Urteil vom 16. Dezember 2003 VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080, mit weiteren Nachweisen).
Fehlt eine schuldrechtliche Beteiligung an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens, so müssen nach Maßgabe der allgemeinen Kriterien einer Mitunternehmerschaft (Unternehmerinitiative, Unternehmerrisiko) besondere Verhältnisse vorliegen, die die Annahme einer Mitunternehmerschaft rechtfertigen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Gesellschafter in erheblichem Umfang am Gewinn des Unternehmens beteiligt ist und ihm darüber hinaus im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt ist, typische unternehmerische Entscheidungen im Bereich der laufenden Geschäftsführung zu treffen (BFH, Urteil vom 16. Dezember 2003 VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080, mit weiteren Nachweisen).
b) Die Beigeladene konnte nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages vom 18. August 2000 Mitunternehmerinitiative entfalten, denn ihr standen gemäß § 10 Abs. 1 GesVertrag die Informations- und Kontrollrechte nach § 716 BGB zu, die weitergehen als die einem Kommanditisten nach § 166 HGB oder einem stillen Gesellschafter nach § 233 HGB zukommenden Rechte. Nach § 4 GesVertrag hatte die Beigeladene ferner wie ein Kommanditist ein Widerspruchsrecht gegen Geschäftshandlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen, § 164 HGB. Damit waren die Mindestanforderungen für die Annahme einer Mitunternehmerinitiative des Klägers erfüllt.
c) In den Streitjahren trug die Beigeladene jedoch kein für die Annahme einer Mitunternehmerschaft ausreichendes Mitunternehmerrisiko. Sie war nach den vertraglichen Vereinbarungen zwar mit 0,5 v. H. am laufenden Gewinn und Verlust beteiligt, § 7 Abs. 3 GesVertrag. Ebenso ist die in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesVertrag vereinbarte Begrenzung ihrer Verlustbeteiligung auf die Höhe ihrer Einlage für die Beurteilung ihres Mitunternehmerrisikos unschädlich, denn auch ein Kommanditist nimmt nur bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der Gesellschaft teil (BFH, Urteil vom 16. Dezember 2003 VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080).
Die Beigeladene war jedoch nicht in dem erforderlichen Umfang an den stillen Reserven des Unternehmens der Klägerin im Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft beteiligt, denn nach § 14 Abs. 3 lit. d) GesVertrag war ein selbst geschaffener Firmenwert in der Auseinandersetzungsbilanz nicht anzusetzen. Dieser Umstand kann bei der Beurteilung der Mitunternehmerschaft der Beigeladenen nicht schon deshalb außer Betracht bleiben, weil möglicherweise bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages ein nennenswerter Geschäftswert nicht vorhanden war (BFH, Urteil vom 16. Dezember 2003 VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080). Denn eine künftige Wertsteigerung des Unternehmens und damit die Entstehung eines Geschäftswerts waren bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages jedenfalls nicht realitätsfern, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
Der Senat ist im Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass es sich bei der Regelung des § 14 Abs. 3 lit. d) GesVertrag um einen Übernahmefehler gehandelt hat. Auch ist die Regelung des § 14 GesVertrag nicht widersprüchlich, so dass eine vom eindeutigen Wortlaut der vertraglichen Regelungen abweichende Auslegung der Vereinbarungen ausscheidet. Für die Auslegung eines Gesellschaftsvertrages gelten die §§ 133, 157 BGB. Maßgebend für die Auslegung sind danach nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Sinn und Zweck des Vertrages und seine tatsächliche Handhabung durch die Gesellschafter (Ulmer in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., § 705 BGB Rn. 144 f.).
Zwar ist in § 14 Abs. 1 lit. b) GesVertrag vorgesehen, dass das Abfindungsguthaben der Beigeladenen bei Beendigung der stillen Gesellschaft u. a. auch ihren Anteil an den stillen Reserven der Klägerin umfasst. In § 14 Abs. 3 GesVertrag wird dann aber näher spezifiziert, was unter dem Begriff „Beteiligung an den stillen Reserven” zu verstehen ist. Danach resultieren die berücksichtigungsfähigen stillen Reserven im Wesentlichen aus den Grundstücken und Gebäuden der Klägerin, für die eine Schätzung durch einen nach dem Baugesetzbuch bestellten Gutachterausschuss vorgesehen ist. Hinsichtlich der sonstigen Aktiva einschließlich der Beteiligungsrechte ist eine Bewertung nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften vorgesehen und die Berücksichtigung von stillen Reserven damit ausgeschlossen. Soweit in diesem Zusammenhang nach § 14 Abs. 3 lit. d) GesVertrag auch ein selbst geschaffener Firmenwert außer Ansatz bleiben soll, stellt sich dies als eine weitere – in sich folgerichtige und logisch konsequente – Regelung zur Ausgestaltung der Beteiligung an den stillen Reserven dar. Die vertraglichen Vereinbarungen waren widerspruchsfrei. Es ist entgegen dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung für den Senat auch nicht feststellbar, dass die Vertragsparteien den Begriff des Firmenwerts in einer abweichenden Begriffsdeutung – etwa im Sinne eines Markenrechts an der Firma der Klägerin – gemeint haben könnten. Denn dann hätte es nahe gelegen, dieses Missverständnis im Rahmen des auf den 20. August 2000 datierten Nachtrags auszuräumen.
Die Klägerin kann sich weder darauf berufen, dass der GesVertrag mit „Vertrag einer atypisch stillen Gesellschaft” überschrieben ist, noch darauf, dass alle Beteiligten zunächst vom Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft ausgingen. Der Beklagte hat die maßgeblichen Bescheide nämlich ausdrücklich unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt und damit zu erkennen gegeben, dass er die Rechtslage noch nicht abschließend beurteilt hat. Nichts anderes folgt schließlich auch aus § 14 Abs. 4 GesVertrag, der lediglich die Höhe der Beteiligung der Beigeladenen an den – nach § 14 Abs. 3 GesVertrag – bestimmten stillen Reserven regelt.
d) Die fehlende Beteiligung der Beigeladenen am Geschäftswert der Klägerin wird für die Streitjahre auch nicht durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen, da die Beigeladene nach § 4 GesVertrag von der Geschäftsführung ausgeschlossen war und damit keine wesentlichen (mitunternehmerischen) Entscheidungen treffen konnte.
4. Die Klägerin konnte den Senat nicht davon überzeugen, dass die auf den 20. August 2000 datierte Vertragsänderung tatsächlich schon im Jahr 2000 und nicht erst im Jahr 2003 vorgenommen worden ist. Die verbleibenden Zweifel müssen zu Lasten der Klägerin gehen, da es sich insofern um einen für sie günstigen Umstand handelt, für den sie die Darlegungs- und Beweislast trägt.
a) Die Klägerin konnte keine für den Senat plausible Erklärung dafür anbieten, warum sie mit Schreiben vom 30. November 2000, mit dem sie dem Beklagten die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft angezeigt hat, lediglich den auf den 18. August 2000 datierten GesVertrag beigefügt hat. Dieses Vorgehen begründet insbesondere deshalb erhebliche Zweifel, weil die Klägerin sodann mit Beginn der Außenprüfung und ohne entsprechende Aufforderung durch den Außenprüfer die auf den 20. August 2000 datierte Ergänzungsvereinbarung vorgelegt hat. Aus der unaufgeforderten Vorlage wird deutlich, dass die Klägerin sich des Umstands bewusst war, dem Beklagten bislang nur die auf den 18. August datierte Vereinbarung vorgelegt zu haben. Es hätte einer plausiblen Begründung bedurft, warum dieses angebliche Versehen nicht bereits früher korrigiert worden ist. Der Klägerin ist zwar insofern zuzustimmen, dass es keine allgemeine Verpflichtung gibt, dem Finanzamt Vertragsänderungen anzuzeigen. Sofern der Steuerpflichtige aber auf eine Anzeige wesentlicher Änderungen beim Finanzamt wie im Streitfall verzichtet, hat er ausreichende Beweisvorsorge zu treffen, um im Falle des Bestreitens des Finanzamts den Zeitpunkt der Vertragsänderung auch nachweisen zu können. Es handelt sich insofern also um eine (eigene) Obliegenheit der Klägerin.
Die Zweifel des Senats daran, dass die auf den 20. August 2000 datierte Vereinbarung tatsächlich am angegebenen Tag abgeschlossen worden ist, beruhen auch auf dem Telefax vom 09. November 2000, in dem der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin offensichtlich auf entsprechende Nachfrage dem damaligen steuerlichen Berater der Klägerin „die benötigten Angaben für die Ausfertigung des Vertrags als stiller Gesellschafter” mitteilte und fragte, bis wann die Einzahlung erfolgt sein müsse. Die Formulierung „für die Ausfertigung des Vertrags” lässt nur den Schluss zu, dass der dem Beklagten vorgelegte und auf den 18. August 2000 datierte Vertrag am 09. November 2000 noch nicht existierte, oder wenn, dann in einer anderen Version, was die Erfolgsaussichten der Klage aber nicht erhöht. In diesem Zusammenhang hat der Senat auch den Umstand berücksichtigt, dass das dem Außenprüfer vorgelegte Telefax und das später durch den Beklagten angeforderte Original der auf den 20. August 2000 datierten Vereinbarung abweichende Unterschriften tragen, ohne dass die Klägerin dafür eine nachvollziehbare Erklärung geliefert hat.
b) Nach ständiger Rechtsprechung kann die rückwirkende Geltung eines Rechtsgeschäfts mit steuerlicher Wirkung grundsätzlich nicht vereinbart werden (vgl. BFH, Beschluss vom 15. März 2000 IV B 35/99, BFH/NV 2000, 1185). Das gilt in besonderem Maße für Vereinbarungen zwischen nahe stehenden Personen.
5. Im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Anerkennung der atypisch stillen Gesellschaft für die Folgejahre ab 2003, die nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind und über die der Senat daher nicht entscheiden kann, wird auf Folgendes hingewiesen:
a) Mit der Änderung des § 14 GesVertrag dürften die Voraussetzungen des Mitunternehmerrisikos erfüllt sein, da die Beigeladene nunmehr auch am Firmenwert der Klägerin beteiligt ist. Allerdings dürfte die Mitunternehmerschaft erst ab dem 12. Mai 2003 anzuerkennen sein, da das Steuerrecht eine Rückwirkung vertraglicher Regelungen nicht anerkennt.
b) Der Senat sieht im Streitfall in der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten. Insbesondere erschließt es sich dem Senat nicht, warum der Beklagte unter Berücksichtigung eines Stammkapitals der Klägerin in Höhe von DM … eine Einlageverpflichtung des stillen Gesellschafters in Höhe von DM … für wirtschaftlich sinnlos erklärt. Es handelt sich dabei immerhin um 10 v. H. des Stammkapitals. Zudem gilt insofern der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit, und der Klägerin steht es frei, ihr Kapital im Wege der Kapitalerhöhung oder über alternative (Mezzanine-)Finanzierungen wie z. B. eine stille Gesellschaft zu erhöhen. Jedenfalls dann, wenn die dem (stillen) Gesellschafter eingeräumten Gewinn-, Kontroll-, Mitsprache- und Mitwirkungsrechte sich an der Höhe der Kapitaleinlage orientieren, stellt die Gründung einer stillen Gesellschaft keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Die Gründung einer stillen Gesellschaft bedarf gegenüber dem Finanzamt grundsätzlich keiner Rechtfertigung; denn der Unternehmer trägt das wirtschaftliche Risiko seines Handelns und kann damit sein Unternehmen grundsätzlich auch so organisieren, dass die steuerliche Belastung minimiert wird. Allein der Umstand, dass die atypisch stille Gesellschaft zu gewerbesteuerlichen Vorteilen führt, begründet nicht die Missbräuchlichkeit der Gründung einer solchen Gesellschaft.
c) Der Senat kann dem Beklagten auch nicht darin folgen, der atypisch stillen Gesellschaft unter dem von ihm bemühten Gesichtspunkt des Fremdvergleichs die steuerliche Anerkennung zu versagen. Selbst wenn die Beigeladene als eine nahe stehende Person anzusehen sein sollte, könnte dies allenfalls zu einer Korrektur der Höhe der Ergebnisbeteiligung, aber nicht zu einer vollständigen Nichtanerkennung der stillen Gesellschaft führen.
Nach dem Urteil des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 15. Mai 2002 (Az. 2 K 1964/00, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2002, 1118), dem sich der Senat anschließt, können Gewinnanteile, die einem beherrschenden Gesellschafter der Kapitalgesellschaft oder diesem nahe stehenden Personen als atypischen stillen Gesellschaftern gewährt werden, als verdeckte Gewinnausschüttungen korrigiert werden, wenn sie den Anteil übersteigen, den die Kapitalgesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auch einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen gewährt hätte. Liegen die gewährten Gewinnanteile unter dem Fremdvergleich, kommt eine verdeckte Einlage in Betracht. Die Angemessenheit der Gewinnverteilung ist durch eine Gegenüberstellung des Werts der Einlagen der stillen Gesellschafter und des wirklichen Werts des Gesamtunternehmens der Klägerin im Zeitpunkt der Vereinbarung der stillen Gesellschaft zu ermitteln.
Im Streitfall ist die Beigeladene, deren Einlage 10 v. H. des Stammkapitals beträgt, am laufenden Gewinn mit 0,5 v. H. (§ 7 Abs. 3 GesVertrag) und am Abfindungsguthaben bei Beendigung der Gesellschaft in Höhe von 1 v. H. (§ 14 Abs. 4 GesVertrag) beteiligt. Für eine Korrektur dieser Ergebniszuweisung müsste der Beklagte daher substantiiert darlegen, dass der Wert der Einlage der Beigeladenen nicht in dem von den Vertragsparteien unterstellten Verhältnis zum Unternehmenswert liegt. Jedenfalls kann der Beklagte sich nicht einerseits auf den Standpunkt stellen, dass der Beigeladenen zu weit reichende Gesellschafterrechte eingeräumt worden sein, und andererseits die angeblich zu geringe Gewinnbeteiligung rügen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, war keine Entscheidung nach § 139 Abs. 4 FGO zu treffen.