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02.11.2010

Finanzgericht Köln: Urteil vom 09.03.2010 – 13 K 492/09

Die Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines auf das Körperschaftsteuerguthaben entfallenden Solidaritätszuschlags kann nicht durch Anfechtung des Bescheids über die Festsetzung des Körperschaftsteuerguthabens erreicht werden.


für Recht erkannt:

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung eines auf das Körperschaftsteuerguthaben entfallenden Solidaritätszuschlags.

Mit Bescheid vom 12. September 2008 setzte der Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf 19.300 EUR fest. Der jährliche Auszahlungsbetrag für die Jahre 2008 bis 2017 betrug entsprechend 1.930 EUR.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 14. Oktober 2008 Einspruch ein.

Sie sei in ihrem Recht auf Treu und Glauben an das Steuergesetz verletzt. Mit der Einführung der ratierlichen Auszahlung des letztmalig festgestellten Körperschaftsteuerguthabens zum 31. Dezember 2006 und dessen Auszahlung in den Jahren 2008 bis 2017 sei die Rechtsformneutralität des Anrechnungsverfahrens unabhängig von der jährlichen Körperschaftsteuerfestsetzung gesetzlich verankert worden. Das festgestellte Anrechnungsvolumen habe bis zum 31. Dezember 2006 nicht nur die Körperschaftsteuer, sondern auch den Solidaritätszuschlag betroffen. Aufgrund des ratierlichen Auszahlungsmodells ab dem 1. Januar 2007 sei das Anrechnungsvolumen „Körperschaftsteuer” nicht untergegangen. Der seinerzeit gezahlte Solidaritätszuschlag dagegen werde nun nicht mehr berücksichtigt. Durch diese rechtswidrige Systemumstellung werde sie – die Klägerin – in ihren Rechten verletzt.

Der Gesetzgeber habe ihr Eigentum entzogen, in dem der Solidaritätszuschlag entgegen anderer gesetzlicher Systeme im Entstehungsveranlagungszeitraum eine endgültige wirtschaftliche Belastung auslöse. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 14 des Grundgesetzes – GG – dar. Zudem liege eine unzulässige Rückwirkung vor, die gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße, da eine gesicherte Rechtsposition, in Form der Anrechnung des Solidaritätszuschlags im Anrechnungsverfahren, im Nachhinein gesetzlich abgeschafft würde.

Sie beantragte daher „eine gesonderte Festsetzung eines Auszahlungsguthabens für den Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.567,56 EUR” (5,5% von 28.501 EUR, gemeint war 1.061,50 EUR = 5,5 % von 19.300 EUR).

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 teilte der Beklagte der Klägerin unter 1.) mit, dass er den Einspruch vom 14. Oktober 2008 gegen die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG für unzulässig halte. Die Festsetzung eines Solidaritätszuschlags-Erstattungsanspruchs sei nicht Regelungsgegenstand dieses Bescheids; er sehe keine Beschwer im Sinne des § 350 der Abgabenordnung (AO).

Den Antrag auf gesonderte Festsetzung eines Auszahlungsanspruchs für den Solidaritätszuschlag lehnte der Beklagte mit gleichem Schreiben unter 2.) ab. Die Auszahlung des Solidaritätszuschlags sei gesetzlich nicht vorgesehen. Auch aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben ließe sich ein Auszahlungsanspruch nicht herleiten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens ohne Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags bestünden nicht.

Das Schreiben versah der Beklagte mit einer Rechtsbehelfsbelehrung, wonach die mit diesem Bescheid bekanntgegebene Entscheidung mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs gegenüber dem Beklagten innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids angefochten werden könne.

Gegen die Ablehnung der gesonderten Festsetzung eines Auszahlungsanspruchs für den Solidaritätszuschlag legte die Klägerin keinen Einspruch ein.

Am 2. Dezember 2008 forderte der Beklagte die Klägerin zur Prüfung der Rücknahme des Einspruchs gegen den Bescheid vom 12. September 2009 auf. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 bat die Klägerin den Beklagten um Entscheidung über ihren Einspruch.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2009 wies der Beklagte den Einspruch vom 14. Oktober 2008 gegen den Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftssteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG vom 12. September 2008 als unbegründet zurück. Das Finanzamt habe dem Antrag auf Festsetzung eines Auszahlungsanspruchs für den Solidaritätszuschlag zu Recht nicht entsprochen.

Durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7. Dezember 2006 (BGBl I 2007, 68) sei die bisherige ausschüttungsabhängige Regelung für die Mobilisierung des Körperschaftsteuerguthabens durch einen ausschüttungsunabhängigen, unverzinslichen Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresraten ersetzt worden. Die Auszahlung des Solidaritätszuschlags sei gesetzlich ausdrücklich nicht vorgesehen.

Das Verfahren der ratierlichen Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens stelle ein von der eigentlichen Körperschaftsteuerfestsetzung losgelöstes Verfahren dar, das sich auf den Solidaritätszuschlag nicht auswirke.

Dieser für die Steuerpflichtigen nachteilige Folgeeffekt verletze die Steuerpflichtigen aber nicht in schützenswerten Rechten. Da der Solidaritätszuschlag zunächst nur im Zeitraum vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1992 befristet und erst ab dem 1. Januar 1995 unbefristet erhoben wurde, könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, ob das gesamte Körperschaftsteuerguthaben, das sich aus der Umgliederung des ehemaligen EK 40 ergeben hat, tatsächlich mit Solidaritätszuschlag vorbelastet ist. Eine Erstattung wäre vom Ansatz her nur begründet, soweit das das Körperschaftsteuerguthaben vermittelnde belastete Eigenkapital aus den oben genannten Zeiträumen stammen würde. Eine exakte Ermittlung des mit Solidaritätszuschlag vorbelastetem Körperschaftsteuerguthabens sei mit dem gesetzgeberischen Ziel, ein einfach zu handhabendes Auszahlungsverfahren zu schaffen, nicht zu vereinbaren gewesen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Wechsel des Systems der Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens eine Begünstigung der Steuerpflichtigen darstelle, weil nunmehr eine Gewinnausschüttung nicht mehr erforderlich sei.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sei nicht zu erkennen. Beim Solidaritätszuschlag handele es sich nicht um im Voraus gezahlte Beträge, auf deren Rückzahlung die Körperschaft immer schon einen Rechtsanspruch gehabt habe.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Verfahren der Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens ohne gleichzeitige Auszahlung des Solidaritätszuschlags bestünden nicht. Insbesondere läge kein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vor. Der auf das Körperschaftsteuerguthaben entfallende Solidaritätszuschlag unterfalle nicht dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff. Auch nach altem Recht sei die Auswirkung der Realisation des Körperschaftsteuerguthabens auf den Solidaritätszuschlag von unterschiedlichen Umständen abhängig gewesen. Es habe daher auch vor der Gesetzesänderung kein unentziehbarer Anspruch auf Erstattung des Solidaritätszuschlags bei Gewinnausschüttungen bestanden. Auch eine unzulässige echte Rückwirkung sei aus diesem Grunde nicht zu erkennen.

Gegen den Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG vom 12. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung hat die Klägerin am 16. Februar 2009 Klage erhoben, mit welcher sie weiterhin die Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung des Solidaritätszuschlags in Höhe von 1.061,50 EUR (5,5% von 19.300 EUR) begehrt.

Das SolZG enthalte keine eigenen Regelungen zur Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags. Gemäß § 1 Abs. 2 SolZG seien daher auf die Festsetzung und Erhebung die Vorschriften des Einkommen- bzw. Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden. Daraus folge, dass zwischen der Körperschaftsteuer als Maßstabsteuer und dem Solidaritätszuschlag eine akzessorische Bindung bestehe. Dies bedeute, dass die Höhe des Solidaritätszuschlags stets zu ändern sei, wenn sich die Höhe der Körperschaftsteuer ändere. Das Körperschaftsteuerguthaben sei eine Erstattung zuviel gezahlter Körperschaftsteuer. Diese sei belastet mit Solidaritätszuschlag. Im Falle der Erstattung von Körperschaftsteuer müsse es zu einer Erstattung des Solidaritätszuschlags kommen. Dies sei Folge daraus, dass der Solidaritätszuschlag gemäß § 1 Abs. 1 SolZG als Ergänzungsabgabe erhoben werde. Denn im Falle der Erstattung von Körperschaftsteuer fehle es an einem Rechtsgrund dafür, Solidaritätszuschlag zu erheben.

Aus diesem Grund sei ein Guthaben aus Solidaritätszuschlag festzusetzen, und zwar im Bescheid über die Festsetzung des Körperschaftsteuerguthabens.

Die Nichtfestsetzung des Guthabens aus Solidaritätszuschlag im Bescheid über die Festsetzung des Körperschaftsteuerguthabens verstoße zudem gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG. Der Klägerin werde Eigentum entzogen und eine gesicherte Rechtsposition nachträglich entzogen.

Mit nachgereichtem Schriftsatz vom 10. März 2010 vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sie mit ihrem Einspruchsschreiben vom 14. Oktober 2008 keinen Antrag auf gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens gestellt und der Beklagte daher am 28. Oktober 2008 einen nicht gestellten Antrag abgelehnt habe. Der Ablehnungsbescheid habe daher nicht in Bestandskraft erwachsen können.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2009 den Bescheid über die Festsetzung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG vom 9. September 2008 dahingehend abzuändern, dass zusätzlich ein Anspruch auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthaben von 1.061,50 EUR festgesetzt wird,

hilfsweise, durch gesonderten Bescheid einen Anspruch auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens in Höhe von 1.061,50 EUR festzusetzen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat weder mit ihrem Hauptantrag noch mit ihrem Hilfsantrag Erfolg. Die Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag als Anfechtungsklage (1.) als auch mit dem Hilfsantrag als Verpflichtungsklage unzulässig (2.).

1. Soweit sich die Klägerin mit ihrem Hauptantrag im Wege der Anfechtungsklage gegen den Bescheid über die Festsetzung des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5 KStG vom 9. September 2008 wendet, ist die Klage unzulässig. Die Klägerin hat eine mögliche Verletzung ihrer Rechte durch diesen Bescheid, in welchem kein Solidaritätszuschlagsguthaben festgesetzt wurde, nicht schlüssig dargelegt und ist daher nicht klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO).

a) Nach § 40 Abs. 2 FGO ist die Klage – soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Klagebefugt ist damit, wer geltend macht, durch einen Verwaltungsakt selbst in seinen Rechten verletzt zu sein (z.B. BFH-Beschluss vom 31. März 1981 VIII B 53/80, BFHE 133, 331, BStBl II 1981, 696; BFH-Urteil vom 8. Dezember 1971 I R 219/69, BFHE 104, 520, BStBl II 1972, 377). Ein Kläger muss dabei nicht tatsächlich beschwert sein; es reicht aus, dass er nach seinem schlüssigen Vorbringen durch den Verwaltungsakt beeinträchtigt erscheint (BFH-Beschluss vom 29. April 2008 I B 207/07, n.v.).

Für die Prüfung der Klagebefugnis ist dabei ausschließlich der Vortrag des Klägers maßgeblich. Aus diesem muss sich die Beschwer durch den bezeichneten Verwaltungsakt entnehmen lassen (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 1984 I R 269/81, BStBl II 1984, 563 m. w. N.; BFH-Urteil vom 18. September 1984 VII R 50, 51/82, BStBl II 1985, 12; BFH-Urteil vom 1. April 2003 I R 70/01, BFH/NV 2003, 1282). Erforderlich ist ein insofern substantiierter Vortrag, als der Kläger Tatsachen vortragen muss, aus denen sich für ihn die Beschwer ergeben kann (Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 72 m.w.N.; Dumke in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, § 40 Rz 33 ff.; von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 40 Rz 61). Der Kläger muss die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte schlüssig darlegen. Die bloße Behauptung einer solchen Rechtsverletzung reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2004 I R 42/04, BFH/NV 2005, 1073).

Bei der Anfechtungsklage muss der Kläger nicht nur geltend machen, dass er von der angefochtenen Maßnahme betroffen wird, sondern auch weitere präzise Behauptungen aufstellen, die die Annahme gerechtfertigt erscheinen lassen, dass eine Verletzung seiner Rechte durch den angefochtenen Verwaltungsakt vorliegt. Kann nach diesem Vortrag offensichtlich und eindeutig eine Rechtsverletzung nach keiner rechtlichen Betrachtungsweise in Frage kommen, so ist die Klage unzulässig (BFH-Urteile vom 4. April 1984 I R 269/81, BStBl II 1984, 563; vom 21. Oktober 1970 I R 81,82,92-94/68, BFHE 100, 295, BStBl II 1971, 30). Den Vortrag des Klägers hat das Finanzgericht insofern auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1987 I R 275/83, BStBl II 1988, 292 m.w.N.) als die Verletzung seiner Rechtsstellung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Kann die von dem Kläger behauptete Rechtsverletzung auf unterschiedlichen hoheitlichen Maßnahmen beruhen, bspw. bei miteinander zusammenhängenden oder verfahrensrechtlich von einander abhängigen Verwaltungsakten, so ist bereits im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu ermitteln, von welcher hoheitlichen Maßnahme die behauptete Rechtsverletzung tatsächlich ausgeht (von Groll in Gräber, FGO, § 40 Rz 84 m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 FGO nicht vor. Die Klägerin macht geltend, in ihren Rechten verletzt zu sein, weil in dem Bescheid vom 12. September 2008 über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG kein Anspruch auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens festgesetzt wurde. Aus diesem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie durch den angefochtenen Bescheid verletzt sein könnte. Denn die Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens ist nicht Gegenstand der Regelung des § 37 KStG.

aa) Gemäß § 37 Abs. 5 Satz 1 KStG haben Körperschaften innerhalb eines Auszahlungszeitraums von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresbeträgen. Dieser Auszahlungsanspruch entsteht mit Ablauf des 31. Dezember 2006 oder des nach § 37 Absatz 4 Satz 2 oder Satz 3 KStG maßgebenden Tages. Er wird gemäß § 37 Abs. 5 Satz 3 KStG für den gesamten Auszahlungszeitraum festgesetzt.

Das nach § 37 Abs. 5 KStG auszahlenden Körperschaftsteuerguthaben wurde erstmalig zum 31. Dezember 2001 ermittelt (§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 36 KStG). Es entsprach zunächst 1/6 des nach § 36 Abs. 7 KStG gesondert festgestellten Endbestands des EK 40. In den Folgejahren war das Körperschaftsteuerguthaben jeweils auf den Schluss jeden Wirtschaftsjahrs gesondert festzustellen (§ 37 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 KStG). Dabei war von der Feststellung auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs auszugehen; diese vorangegangene Feststellung ist Grundlagenbescheid für die Feststellung auf den Schluss des laufenden Wirtschaftsjahrs. Festzustellen war jeweils das „verbleibende Körperschaftsteuerguthaben”, das am Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahrs noch vorhanden war. Ausgehend von der Feststellung des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs war der Verbrauch an Körperschaftsteuerguthaben durch Ausschüttungen, die in dem laufenden Wirtschaftsjahr abgeflossen sind, abzuziehen und waren Zugänge an Körperschaftsteuerguthaben hinzuzurechnen. Hieraus ergab sich das am Ende des Wirtschaftsjahrs noch vorhandene Körperschaftsteuerguthaben, das gesondert festzustellen ist und den bindend festgestellten Ausgangspunkt für die Feststellung des folgenden Wirtschaftsjahrs bildet.

Das Körperschaftsteuerguthaben wurde gemäß § 37 Abs. 4 KStG zum 31. Dezember 2006 letztmalig ermittelt. Der Auszahlungsanspruch nach § 37 Abs. 5 KStG entspricht dem gemäß § 37 Abs. 4 KStG letztmalig festgestellten Körperschaftsteuerguthaben (Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 37 Rz 51).

bb) Der Solidaritätszuschlag dagegen ist eine eigenständige Steuer, die als Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben wird (§ 1 Abs. 1 SolZG). Er bemisst sich grundsätzlich, soweit eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer vorzunehmen ist, nach der nach der festgesetzten Körperschaftsteuer für Veranlagungszeiträume ab 1998, vermindert um die anzurechnende oder vergütete Körperschaftsteuer, wenn ein positiver Betrag verbleibt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG). Auf die Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags sind die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden (§ 1 Abs. 2 SolZG); ändert sich die Bemessungsgrundlage, so ändert sich der Solidaritätszuschlag entsprechend (§ 1 Abs. 5 Satz 2 SolZG).

cc) Danach ist für das Gericht nicht erkennbar, dass die Klägerin durch den Bescheid nach § 37 Abs. 5 KStG beeinträchtigt sein könnte, weil in diesem kein Auszahlungsanspruch hinsichtlich eines Solidaritätszuschlagsguthabens festgesetzt wurde.

Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Rechtslage eine Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens auch Einfluss auf die Bemessung des Solidaritätszuschlags haben konnte. Die Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens durch die Ausschüttung von Gewinnen führte vor der durch das SEStEG vollzogenen Rechtsänderung nach § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG zur Verminderung der Körperschaftsteuer und gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG auch des Solidaritätszuschlags, sofern eine positive Körperschaftsteuer verblieb.

Diese Folgewirkung auf den Solidaritätszuschlag stellte jedoch lediglich einen Reflex dar, der sich aus der verfahrenstechnischen Anknüpfung des Solidaritätszuschlags an die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ergab. Diese mittelbare – und gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SolZG auch nur eingeschränkte – Verknüpfung des Solidaritätszuschlags mit der Körperschaftsteuer führt nicht dazu, dass der Solidaritätszuschlag bzw. ein etwaiges Solidaritätszuschlagsguthaben als Gegenstand der körperschaftsteuerrechtlichen Regelungen über die Ermittlung und Feststellung des Körperschaftsteuerguthabens bzw. der Auszahlung des Anspruchs dieses Guthabens anzusehen wäre. Regelungsgegenstand der §§ 36 ff. KStG ist die Überleitung der aus dem körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren herrührenden Körperschaftsteuerminderungspotentials in das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren (vgl. Bauschatz in Gosch, KStG, vor §§ 36 – 39 Rz 1ff.). Es handelt sich um spezifisch körperschaftsteuerrechtliche Übergangsvorschriften, die die Festsetzung des Solidaritätszuschlags unberührt lassen. Die Festsetzung eines Solidaritätszuschlagsguthabens ist im Rahmen der Festsetzung nach § 37 Abs. 5 KStG nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht vorgesehen.

Aus diesem Grund konnte der angefochtene Bescheid gemäß § 37 Abs. 5 KStG die Klägerin nicht dadurch in ihren Rechten verletzen, dass er keine Festsetzung eines Auszahlungsanspruchs hinsichtlich eines Solidaritätszuschlagsguthabens enthielt. Der angefochtene Bescheid traf zu einem etwaigen Solidaritätszuschlagsguthaben keine Regelung und konnte nach den gesetzlichen Vorgaben eine solche Regelung auch nicht enthalten.

c) Andere Gründe, aus denen sich ggfs. die Rechtswidrigkeit des mit dem Hauptantrag angefochtenen Bescheids ergeben könnte, z.B. hinsichtlich der Höhe des Körperschaftsteuerguthabens, hat die Klägerin nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

d) Die Tatsache, dass der Beklagte den Einspruch der Klägerin in seiner Einspruchsentscheidung entgegen seiner Ankündigung und nach Auffassung des Gerichts auch unzutreffend nicht als unzulässig verworfen, sondern nach inhaltlicher Auseinandersetzung mit den Argumenten der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen hat, führt nicht zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage. Das Finanzgericht hat von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen zu prüfen (von Groll in Gräber, FGO, vor § 33 Rz 3; Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, vor § 40 FGO Rz 19 m.w.N.), ohne dabei an die Beurteilung des Finanzamts hinsichtlich der Sachentscheidungsvoraussetzungen im Einspruchsverfahren gebunden zu sein.

2. Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag die gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens begehrt, ist die Klage mangels ordnungsgemäßer Durchführung eines Vorverfahrens ebenfalls unzulässig.

a) Gemäß § 44 ist eine Klage vorbehaltlich der §§ 45, 46 FGO nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

Ein Vorverfahren ist nicht durchgeführt worden. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin vom 14. Oktober 2008 am 28. Oktober förmlich durch Bescheid abgelehnt. Gegen diesen ablehnenden Bescheid hat die Klägerin keinen Einspruch eingelegt. Die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 12. Januar 2009 betrifft ausdrücklich nur den Einspruch vom 14. Oktober 2008 gegen den Bescheid vom 12. September 2008.

Die Voraussetzungen für eine Klage ohne Durchführung des Einspruchsverfahrens (kein statthafter Einspruch gemäß § 44 Abs. 1 FGO; Sprungklage gemäß § 45 FGO, Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO) liegen nicht vor.

b) Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist der erkennende Senat darauf hin, dass nach seiner Auffassung die Klage mit ihrem Hilfsantrag auch unbegründet wäre. Der Ablehnungsbescheid vom 28. Oktober 2008 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).

aa) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens. Dabei kann in diesem Verfahren offen bleiben, ob eine Körperschaft grundsätzlich einen Anspruch auf gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens haben kann. Der Beklagte hat einen entsprechenden Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 abgelehnt. Die Klägerin hat gegen den Ablehnungsbescheid keinen Einspruch eingelegt; sie muss die Bestandskraft des Ablehnungsbescheids gegen sich gelten lassen.

bb) Gegen die Bestandskraft des Ablehnungsbescheids kann die Klägerin nicht einwenden, dass sie eine gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung des Solidaritätszuschlagsguthabens nicht ausdrücklich beantragt und der Beklagte damit am 28. Oktober 2008 über einen nicht gestellten Antrag entschieden habe.

Nach Auffassung des erkennenden Senats kann der im Einspruchsschreiben vom 14. Oktober 2008 enthaltenen Antrag auf „gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung des Solidaritätszuschlagsguthabens” nur dahingehend verstanden werden, dass die Klägerin diesen Antrag außerhalb des laufenden Einspruchsverfahrens gegen den Bescheid nach § 37 Abs. 5 KStG stellen wollte. Andernfalls wäre nicht nachvollziehbar, warum eine „gesonderte” Festsetzung dieses Anspruchs beantragt wurde.

Selbst wenn man das Einspruchsschreiben vom 14. Oktober 2008 nicht als eindeutig in diesem Sinne ansieht, so wäre es doch zumindest auslegungsbedürftig. Verfahrensanträge und Prozesserklärungen sind wie sonstige Willenserklärungen auslegungsfähig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erklärenden zu erforschen (§ 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Bei der danach gebotenen Würdigung des Schreibens ist der Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung zu beachten (BFH-Urteil vom 27. Mai 2004 IV R 48/02, BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964). Nach diesem Grundsatz ist das Einspruchsschreiben so auszulegen, dass dasjenige gewollt war, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der Kläger entspricht (BFH-Urteile vom 8. November 1996 VI R 37/94, BFH/NV 1997, 363, und vom 18. Oktober 2006 XI R 42/04, BFH/NV 2007, 1283; BFH-Beschluss vom 24. Juli 2006 IX B 208/05, BFH/NV 2006, 2269). Eine derartige rechtsschutzgewährende Auslegung ist auch dann geboten, wenn der Steuerpflichtige durch eine rechtskundige Person vertreten wird (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964, und vom 24. August 2006 XI B 149/05, BFH/NV 2006, 2035).

Danach durfte der Beklagte das Einspruchsschreiben der Klägerin vom 14. Oktober 2008 dahingehend auslegen, dass neben dem Einspruch gegen den Bescheid nach § 37 Abs. KStG vom 12. September 2008 außerhalb des Einspruchsverfahrens die gesonderte Festsetzung des Auszahlungsanspruchs hinsichtlich eines Solidaritätszuschlags beantragt und nicht lediglich ein Antrag im Rahmen des Einspruchsverfahrens gestellt werde. Zum einen ist ein ausdrücklicher Antrag im Einspruchsverfahren nicht zwingend (§ 357 AO). Zum anderen wäre ein Einspruch mit diesem Begehren nach der – vom erkennenden Senat geteilten – Auffassung des Beklagten unzulässig gewesen. Darauf hat er am 28. Oktober 2008 hingewiesen. Indem er das Einspruchsschreiben vom 14. Oktober 2009 so verstand, dass neben dem Einspruch ein gesonderter Antrag auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagsguthabens gestellt werde, hat er das für das Begehren der Klägerin zutreffende Verwaltungsverfahren eröffnet.

Letztlich ergibt sich auch aus dem vorliegenden Hilfsantrag, dass die Klägerin davon ausgeht, einen Antrag auf gesonderte Festsetzung eines Auszahlungsanspruchs hinsichtlich eines Solidaritätszuschlagsguthabens beim Beklagten gestellt zu haben.

Der Beklagte hat das Einspruchsschreiben vom 14. Oktober 2008 auch tatsächlich in diesem Sinne verstanden, was sich daran zeigt, dass er mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 zum einen in dem laufenden Einspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 12. September 2008 auf seine Rechtsauffassung hinwies und zum anderen den Antrag auf gesonderte Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung des Solidaritätszuschlagsguthabens förmlich ablehnte. Durch diese Auslegung hat er den Rechtsschutz der Klägerin auch nicht verkürzt. Vielmehr hat er ihr durch die formelle Ablehnung des von ihm verstandenen Antrags ermöglich, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Durch Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung hat er die Klägerin auf ihre weiteren Rechtsschutzmöglichkeiten hingewiesen. Diese hat die Klägerin nicht genutzt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, Revisionsgründe gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine über den Einzelfall hinausgehende besondere Bedeutung.

VorschriftenKStG § 37 Abs 5, KStG § 37 Abs 4, GG Art 106 Abs 1 Nr 6 SolG § 1, FGO § 40 Abs 2

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