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29.05.2009 · IWW-Abrufnummer 091810

Finanzgericht Sachsen: Beschluss vom 14.04.2009 – 8 V 967/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


BESCHLUSS

Az: 8 V 967/07

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Kraftfahrzeugsteuer)

hat der 8. Senat am 14. April 2009

b e s c h l o s s e n :

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

G r ü n d e :

I.

Streitig ist, ob eine sog. Stretchlimousine mit zweimal zwei sich gegenüberliegenden Sitzplätzen im Fond bereits vor dem 1. Mai 2005 als Pkw zu besteuern gewesen wäre und daher eine rückwirkende Änderung der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz – KraftStG – infolge einer Änderung der Bemessungsgrundlage oder des Steuersatzes nicht zulässig ist.

Der Antragsteller war seit 1998 Halter eines Fahrzeugs der Marke Ford Lincoln Town Car. Es handelt sich dabei um eine Stretchlimousine mit einer Länge von 7,25 m und einem zulässigen Gesamtgewicht von 3.100 kg. Das Fahrzeug bietet einschließlich des Fahrers sechs Personen Platz. Im vorderen Teil der Limousine sind Fahrer- und Beifahrersitz nebeneinander angeordnet. Dahinter folgt eine Trennwand und hinter dieser eine Sitzbank mit zwei Sitzplätzen, die gegen die Fahrtrichtung angeordnet ist. Ihr gegenüberliegend befindet sich im Fond noch eine zweite Sitzbank mit zwei Sitzplätzen, die in Fahrtrichtung ausgerichtet ist. Besondere Ausstattungsmerkmale des Fahrzeugs sind eine Minibar und ein Fernsehgerät im Fondbereich. Das Fahrzeug verfügt über einen Hubraum von 4.934 cm³. Im vom Ordnungsamt der Stadt L. ausgestellten Fahrzeugbrief vom 02.09.1998 ist als Fahrzeugart „Sonder-Kfz-Bürofahrzeug“ angegeben.

Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 22.02.2001 wurde das Fahrzeug entsprechend dem Fahrzeugbrief als sonstiges Fahrzeug „Sonder-Kfz-Bürofahrzeug“ eingeordnet und nach dem Gewicht besteuert. Festgesetzt wurde für die Monate der Zulassung des Fahrzeugs Februar bis November jeweils eine Kraftfahrzeugsteuer von 153,39 €. Mit Änderungsbescheid vom 02.02.2007 wurde die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG rückwirkend ab 1. Mai 2005 in der Weise geändert, dass für Mai bis November 2005 eine Kraftfahrzeugsteuer von 743 € und ab 2006 jeweils für die Monate Februar bis November eine Kraftfahrzeugsteuer von 1.052 € festgesetzt wurde. Die Besteuerung erfolgte als Personenkraftwagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f KraftStG mit 25,36 € je angefangene 100 cm³. Dagegen legte der Antragsteller am 22.02.2007 Einspruch ein. Mit Bescheid vom 08.03.2007 wurde die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG aufgrund Abmeldung des Fahrzeuges für 2007 dahingehend geändert, dass die Steuer nur für die Zeit vom 01.02.2007 bis 21.02.2007 mit 72 € festgesetzt wurde. Am 04.04.2007 beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung, was der Antragsgegner mit Bescheid vom 27.04.2007 ablehnte.

Am 14.05.2007 hat der Antragsteller beim Sächsischen Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung beantragt.

Er ist der Auffassung, eine rückwirkende Änderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG sei nicht zulässig. Auch ein reiner Pkw könne ein zulässiges Gesamtgewicht von über 2,8t haben. Das streitbefangene Fahrzeug sei deshalb von je her als Pkw nach dem Hubraum zu besteuern gewesen. Soweit dies nunmehr erfolgt sei, liege eine fehlerbeseitigende Änderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG vor, die jedoch frühestens vom Beginn des Entrichtungszeitraums an, in dem der Steuerbescheid erteilt wird, also erst ab 2007 möglich sei. Auch wenn man davon ausginge, dass das streitbefangene Fahrzeug erst seit der Aufhebung des § 23 Abs. 6a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO – durch Art. 1 Nr. 1 der 27. Verordnung zur Änderung der StVZO vom 02.11.2004 (BGBl. I S. 2712) mit Wirkung ab 01.05.2005 als Pkw zu besteuern sei, könne darin kein Grund für eine Änderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG gesehen werden. Die Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung sei keine kraftfahrzeugsteuerrechtliche Regelung, die zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage oder des Steuersatzes i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG führe. Sehe man erst die rückwirkend zum 01.05.2005 mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des KraftStG vom 21.12.2006, das erst am 28.12.2006 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden sei (BGBl I S. 3346), erfolgte Einführung des § 2 Abs. 2a Nr. 3 KraftStG als Grundlage dafür an, das streitbefangene Kraftfahrzeug als Pkw nach dem Hubraum zu besteuern, führe dies zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung.

Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 02.02.2007 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – soll das Finanzgericht auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder soweit die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne bestehen dann, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Gräber/Koch, FGO, 6. Aufl. 2006, § 69 Rz. 86 m.w.N.). Auch die Aussetzung der Vollziehung wegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende Interessen gebotenen Härte für den Betroffenen erfordert zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Sind nicht nur ernstliche, sondern überhaupt Rechtmäßigkeitszweifel fast ausgeschlossen, ist die Aussetzung der Vollziehung selbst dann zu versagen, wenn die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (vgl. Gräber/Koch, FGO, 6. Aufl. 2006, § 69 Rz. 107 m.w.N.).

Hinsichtlich des die streitgegenständlichen Zeiträume Mai bis November 2005 und Februar bis November 2006 regelnden Änderungsbescheides vom 02.02.2007 bestehen keine Rechtmäßigkeitszweifel.

1. Die mit dem vorangegangenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 22.02.2001 mit Dauerwirkung erfolgte Steuerfestsetzung für das streitbefangene Kraftfahrzeug war nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG ab dem 01.05.2005 zu ändern. Nach dieser Vorschrift ist die Steuer neu festzusetzen, wenn sich infolge einer Änderung der Bemessungsgrundlage oder des Steuersatzes eine andere Steuer ergibt.

a. Im Streitfall war das streitbefangene Kraftfahrzeug bis zur Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO durch die 27. Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung vom 2. November 2004 (BGBl I S. 2712) zum 30.04.2005 zutreffend nicht als Personenkraftwagen sondern als anderes Fahrzeug eingeordnet und nach dem Gewicht (§ 8 Nr. 2 KraftStG) mit dem Steuersatz gemäß § 9 Nr. 3 KraftStG besteuert worden. Nach § 23 Abs. 6a StVZO waren als Personenkraftwagen auch Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 2,8 t zu bezeichnen, die nach ihrer Bauart und Eigenart geeignet und bestimmt waren, wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen, und die außer dem Führersitz Plätze für nicht mehr als acht Personen hatten. Wegen der grundsätzlichen Maßgeblichkeit verkehrsrechtlicher Vorschriften für die Bedeutung von im KraftStG verwendeten verkehrsrechtlichen Begriffen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG) waren im Umkehrschluss während des Regimes dieser Vorschrift solche Kombinationsfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht als Personenkraftwagen anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 1998 VII R 116/97, BStBl. II 1998, 487).

§ 23 Abs. 6a StVZO war entgegen der Auffassung des Antragstellers während seiner Geltungsdauer auch für die Besteuerung des streitbefangenen Fahrzeugs maßgeblich. Zwar diente das Fahrzeug des Antragstellers nicht wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern. Zur Beförderung von Gütern über das bei Personen Beförderungen üblicherweise anfallende Gepäck hinaus ist es nach Bauart und Einrichtung weder geeignet noch bestimmt. Allerdings war § 23 Abs. 6a StVZO während seiner Geltungsdauer bis zum 30.04.2005 nicht nur auf Kombinationsfahrzeuge, die wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen geeignet und bestimmt sind, anzuwenden. Die Vorschrift galt analog auch für alle anderen Fahrzeuge, die nach Bauart und Einrichtung nicht nur vorwiegend zur Personenbeförderung, sondern noch zur Verwendung für einen weiteren Hauptzweck geeignet und bestimmt waren (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 1983 II R 64/82, BStBl. II 1983, 747). Das galt auch für sog. Büro- und Konferenzmobile (vgl. FG München, Urteil vom 25. September 1999 4 K 4441/98 und FG Köln, Urteil vom 22. März 1999 6 K 4092/95). Solche Fahrzeuge waren während des Regimes des § 23 Abs. 6a StVZO im Umkehrschluss bei einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t ebenfalls nicht als Personenkraftwagen anzusehen.

Die Stretchlimousine des Antragstellers ist ausweislich der vorliegenden Lichtbilder und der Eintragung im Fahrzeugbrief ein solches Büro- und/oder Konferenzmobil. Zwar weist der Antragsteller zutreffend darauf hin, dass es durchaus reine Personenkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t gibt, etwa wenn diese mit einer starken Panzerung ausgestattet sind (BFH-Urteil vom 1. Februar 1984 II R 144/81, BStBl. II 1984, 461). Bei dem streitbefangenen Fahrzeug handelt es sich indessen nicht nur um einen verlängerten Pkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8t. Durch die größere Länge wird nicht allein die Beinfreiheit für die im Fond beförderten Personen erhöht, sondern es wird durch die Anordnung von zwei zusätzlichen gegenüberliegenden Sitzplätzen im Fond ein Konferieren während der Fahrt ermöglicht. Bereits hierin liegt ein weiterer, neben der Personenbeförderung gegebener Hauptzweck des Fahrzeugs, wenn nicht sogar darüber hinaus – was sich nach Aktenlage nicht beurteilen lässt – besondere Einrichtungen für Büroarbeiten während der Fahrt vorhanden sind.

b. Mit Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO zum 30.04.2005 ist die Grundlage dafür entfallen, im Umkehrschluss Fahrzeuge mit einem weiteren Hauptzweck als der Personenbeförderung und einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht als Personenkraftwagen anzusehen. Ab dem 01.05.2005 gilt daher auch für solche Fahrzeuge der allgemeine Grundsatz, dass anhand von Bauart und Eigenart des Fahrzeugs zu beurteilen ist, ob ein Personenkraftwagen vorliegt.

Das Fahrzeug des Antragstellers dient unstreitig vorwiegend der Personen- und nicht der Güterbeförderung und ist daher mit Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO am dem 01.05.2005 als Personenkraftwagen einzuordnen. Somit gilt eine andere Bemessungsgrundlage. Es sind nun der Hubraum, die Schadstoffemissionen und die Kohlendioxidemissionen (§ 8 Nr. 1 KraftStG) für die Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer heranzuziehen. Zudem gelten nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG andere Steuersätze.

c. Von daher musste die streitgegenständliche Neufestsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug des Antragstellers nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG ab dem 01.05.2005 erfolgen (vgl. BFH-Beschluss vom 8. März 2006 VII B 2/06, BFH/NV 2006, 1354). Es handelt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht um eine nach dieser Vorschrift nicht mögliche Fehlerberichtigung (dazu BFH-Urteil vom 17. Oktober 2006 VII R 13/06, BStBl. 2007, 534). Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 22.02.2001 ist vor dem 01.05.2005 ergangen und war – wie dargelegt – nach damaliger Sach- und Rechtslage rechtsfehlerfrei. Dass mit einer Änderung der Bemessungsgrundlage der zunächst fehlerfreie Bescheid fehlerhaft wird, liegt in der Natur der Sache und schließt eine Änderung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG nicht aus. Anderenfalls liefe die Vorschrift leer, weil eine Bescheidänderung vor der Änderung der Bemessungsgrundlage oder des Steuersatzes noch nicht zulässig und eine Änderung genau in der logischen Sekunde der Änderung der Bemessungsgrundlage oder des Steuersatzes nicht möglich ist (vgl. hierzu zuletzt BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2008 II B 59/08, zitiert nach juris, m.w.N.).

2. Weil – wie dargelegt – die Änderung der Bemessungsgrundlage und des Steuersatzes bereits durch Aufhebung des § 23 Abs. 6 a StVZO am 28.12.2004 mit Wirkung zum 30.04.2005 eingetreten ist, hat die rückwirkende Einführung von § 2 Abs. 2a Nr. 3 KraftStG mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des KraftStG vom 21.12.2006, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt am 28.12.2006 (BGBl I S. 3346), nur klarstellende Bedeutung. Das vom Antragsteller hilfsweise geltend gemachte verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot spielt daher keine Rolle.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Beschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

RechtsgebietKraftStG VorschriftenKraftStG § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f KraftStG § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG § 8 Nr. 1 KraftStG § 8 Nr. 2 StVZO § 23 Abs. 6a FGO § 69 Abs. 2 S. 2 FGO § 69 Abs. 3 S. 1

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