22.09.2006 · IWW-Abrufnummer 062787
Hessisches Finanzgericht: Beschluss vom 18.07.2006 – 6 V 1635/06
Ist der Leistende nicht mit seinem zutreffenden Namen in der Rechnung bezeichnet , kommt ein Vorsteuerabzug nur dann in Betracht , wenn sich der Leistende aus der Rechnung leicht und eindeutig ergibt ( hier verneint , wenn in der Rechnung eine nicht im Handelsregister eingetragene X-GmbH genannt wird und Leistender die eingetragene Y-GmbH mit anderem Geschäftszweig sein soll ) .
HESSISCHES FINANZGERICHT
Geschäftsnummer: 6 V 1635/06
BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit XXX
w e g e n
Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2000-2001
hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts
am 18. Juli 2006 beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung).
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Vorsteuerabzug aus Rechnungen einer nicht im Handelsregister ein-getragen GmbH geltend gemacht werden kann.
1. Die Antragstellerin betreibt eine Hotel und Gebäudereinigung. Im Rahmen einer noch nicht abgeschlossenen Steuerfahndungsprüfung prüft das FA, ob die Antragstellerin Betriebsausgaben und Vorsteuern aus fingierten Rechnungen von Subunternehmen in Höhe von ca. 3,8 Mio DM geltend gemacht hat, obwohl die Leistungen tatsächlich durch eigene illegale Arbeitnehmer erbracht worden sind. Die Bezeichnung des Rechnungsausstellers innerhalb des Zeitraums vom 1.5.2000 bis 7.5.2001 lautet: ?A GmbH?. Unter derselben Anschrift war seit dem 20.12.1999 beim FA eine Firma ?B GmbH? gemeldet, die seit dem 23.8.2000 im Handelsregister eingetragen war (Gesellschafter: C). Geschäftszweck der im Handelsregister eingetragenen ?B GmbH? war laut Handelsregister: Verputzarbeiten, Bodenbeläge, Estricharbeiten, Trockenbau, Behebung von Brandschäden, Reinigungsarbeiten nach Hausfrauenart.
Am 29.6.2005 erließ das FA nach § 164 Absatz 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen der Vorsteuerabzug aus Rechnungen dieser Firma nicht mehr anerkannt wurde, was zu Nachforderungen in Höhe von 249.060,50 Euro für den Veranlagungszeitraum 2000 und in Höhe von 138.242,58 Euro für 2001 führte. Zur Begründung wies das FA darauf hin, dass die Firma ?A GmbH? nicht in das Handelsregister eingetragen worden sei und damit formell nicht entstanden sei. Umsätze für die Firma ?B GmbH? wurden lediglich für das 1.-3. Quartal 2000 in Höhe von ca. 618.000 DM angemeldet, während für die Firma ?A GmbH? Steuererklärungen nicht abgegeben wurden.
Gegen die Änderungsbescheide hat die Antragstellerin Einspruch eingelegt. Gegen die den Einspruch zurückweisende Einspruchsentscheidung hat die Antragstellerin Klage erhoben.
Nachdem ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt und der hiergegen eingelegte Einspruch mit Einspruchsentscheidung zurückgewiesen wurde, hat Antragstellerin gerichtliche Aussetzung der Vollziehung beantragt. Zur Begründung des gerichtlichen Aussetzungsantrages verweist sie auf ihre Klagebegründung, in der sie wiederum auf ihren beim FA gestellten Aussetzungsantrag verweist. Dort ist zur Begründung ausgeführt:
Die Reinigungsleistungen seien der im Handelsregister eingetragenen Firma ?B GmbH? zuzurechnen. Die abweichende Rechnungsangabe ?A GmbH? sei unschädlich. Es sei lediglich die Eintragung der Umfirmierung im Handelsregister versäumt worden. Die Antragstellerin habe keinen Anlass gehabt, nach der Umfirmierung die Eintragung im Handelsregister nachzuprüfen. Sie habe sich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für die ?B GmbH? (datiert vom 13.4.2000) des FA sowie die Gewerbeanmeldung der Stadtverwaltung vorlegen lassen, in der als Gegenstand des Unternehmens u.a. die ?Reinigung nach Hausfrauenart? genannt war. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7.10.1987 X R 60/82 müsse die Rechnung nicht den wirklichen Namen des Lieferanten nennen. Der Gesetzgeber habe nicht die Absicht gehabt, den üblichen Geschäftsverkehr, der anstelle des wirklichen Namens die Verwendung einer Firma oder anderen Geschäftsbezeichnung zulasse, zu beeinträchtigen. Das FA wolle den Vorsteuerabzug in Wirklichkeit nur deshalb versagen, weil es den Verdacht hege, die Rechnungen seinen selbst erstellt und die Rechnungsbeträge zurückgeflossen. Dies sei nicht bewiesen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Umsatzsteuer Änderungsbescheide 2000 und 2001 vom 29.6.2005 in Höhe von 249.060,50 Euro (2000) bzw. 138.242,58 Euro (2001) nebst Zinsen von 52.300,00 Euro bzw. 20.730,00 Euro auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung, in der ausgeführt ist: Der Vorsteuerabzug sei zu versagen, weil die Rechnungen auf eine nicht existente Firma lauteten. Bei Verwendung eines unzutreffenden Namens bleibe der Vorsteuerabzug nur dann erhalten, wenn der tatsächlich leistende Unternehmer leicht und eindeutig identifizierbar sei. Dies sei aufgrund der Rechnungsangaben nicht der Fall. Ein Schutz des guten Glaubens bestehe nicht.
II.
Der Antrag ist nicht begründet.
1. Gem. § 69 Absatz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides auf Antrag aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn seine Vollziehung eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides ist ernstlich zweifelhaft, wenn die Prüfung der Sach- und Rechtlage auf Grund präsenter Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhaltes in entscheidungserheblicher Weise zu Unsicherheiten in der Beurteilung der Rechtslage oder zu Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen führt (Urteil des BFH vom 17.5.1987 I R 50/77, BStBl II 1978, 579). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
2. Der Vorsteuerabzug setzt nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG u.a. voraus, dass die Umsatzsteuer gesondert in einer Rechnung i.S. des § 14 UStG ausgewiesen wurde. Damit das FA die Besteuerung des beim Leistungsempfänger als Vorsteuer abgezogenen Betrages beim Leistenden sicherstellen kann, muss die Rechnung Angaben über die Person des leistenden Unternehmers aufweisen, die dessen eindeutige und leichte Identifizierbarkeit ermöglichen (BFH-Urteil vom 17. September 1992 V R 41/89, BStBl II 1993, 205; BFH Beschluss vom 5. Mai 1997, V B 63/96, BFH/NV 1997, 818). Dies wird regelmäßig nur dann der Fall sein, wenn in der Rechnung der zutreffende Name des leistenden Unternehmers angegeben ist.
Allerdings hatte ?worauf sich die Antragstellerin beruft- der X. Senat des BFH im Urteil vom 7.10.1987 X R 60/83, BStBl II 1988, 34 seinerzeit entschieden, dass das Abrechnungspapier ?nicht immer den wirklichen Namen des Lieferanten? enthalten müsse. Dazu hat der inzwischen allein für die Entscheidung von USt Angelegenheiten zu-ständige V. Senat des BFH klargestellt, dass hieraus nicht folge, dass der leistende Unternehmer sich im Abrechnungspapier nach Belieben eines ihm nicht zustehenden Namens oder einer ihm nicht zustehenden Firma bedienen dürfte, ohne daß dies schädliche Folgen für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers hätte. Ein Spielraum für die Namens- bzw. Firmenangabe im Rahmen der Leistungsabrechnung bestehe lediglich insoweit, als aus dem Abrechnungspapier der leistende Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen bleibt. Dies sei entsprechend den Gepflogenheiten des üblichen Geschäftsverkehrs z.B. dann der Fall, wenn anstelle des wirklichen Namens der Firma ein allgemein gebräuchlicher Künstlername, zur Identifizierung geeignete Pseudonyme, Firmen bzw. Etablissementbezeichnungen bei Handwerkern oder die firmenrechtlich unzulässige Verwendung des Namens oder der Firma eines früheren Betriebsinhabers verwendet werde. Hierunter falle jedoch grundsätzlich nicht das Auftreten unter einem fremden Namen oder unter einer fremden Firma, da dies nicht dem üblichen Geschäftsverkehr entspricht und demzufolge dem Gesetzgeber nicht als schützenswert erschienen sein könne.
3. Nach diesen Maßstäben hat das FA den Vorsteuerabzug zu Recht nicht anerkannt. Nach einer Vernehmungsniederschrift des FA vom 10.12.2002 hat der Geschäftsführer der Antragstellerin ausgesagt, dass der geschäftliche Kontakt für den Zeitraum 1.5.2000 bis 30.4.2001 aufgrund eines Vertrages vom 3.4.2000 ausschließlich zu der Firma ?A GmbH? zustande gekommen sei. Da diese Firma jedoch mangels Eintragung im Handelsregister niemals wirksam entstanden ist, können die Leistungen nur einer anderen Person zugerechnet werden, nicht jedoch der in den Rechnungen genannte Firma ?A GmbH?. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin lässt sich den Rechnungen nicht leicht und eindeutig entnehmen, dass der tatsächlich Leistende die im Handelsregister eingetragene und damit existente ?B GmbH? war. Selbst wenn man die im Handelsregister vorhandenen weiteren Angaben in die Betrachtung mit einbeziehen würde, wonach die Firma ?B GmbH? als Geschäftsgegenstand unter anderem eine ?Reinigung nach Hausfrauenart? betreibt, verbleiben Zweifel, ob es sich vorliegend nur um eine nicht im Handelsregister eingetragene Namensänderung oder um eine Neugründung handelt, da Leistungen von ca. 3,8 Mio DM Hotels mehrerer deutscher Großstädte erbracht worden sein sollen, was eine professionelle Reinigung und nicht eine Reinigung ?nach Hausfrauenart? erforderte. Gerade weil die Antragstellerin ihre Verträge ausschließlich mit der Firma ?A GmbH? abgeschlossen hatte, bestand für sie ganz besonderer Anlass, die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen der namensverschiedenen Firma ?B GmbH? zurückzuweisen. Da somit die in den Rechnungen angegebene Person die Leistungen nicht erbracht haben kann und sich die Person des tatsächlich Leistenden nicht zweifelsfrei aus den Rechnungen bestimmen lässt, hat das FA den Vorsteuerabzug zu Recht versagt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO.