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11.10.2005 · IWW-Abrufnummer 052860

Bundesarbeitsgericht: Beschluss vom 29.10.2002 – 6 AZR 643/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


BUNDESARBEITSGERICHT

Beschluß vom 29.10.2002

6 AZR 643/00

Tenor

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe

I. Die Klägerin ist Ärztin mit sozial-medizinischer Zusatzausbildung. Seit dem 1. Oktober 1989 war sie bei dem Beklagten tätig. Sie war in der Vergütungsgruppe 13 des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten (Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter) der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) vom 15. Oktober 1991 (MDK-T) eingruppiert. Wegen ihres Einsatzes in M schlossen die Parteien am 7. Februar 1994 einen Änderungsvertrag, in dem es ua. heißt:

"Frau ... wird ab 09. Dezember 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte ... weiterbeschäftigt."

Im Januar 1995 wurde der Klägerin unter Beibehaltung der bisherigen Vergütungsgruppe die Leitung der Beratungsstelle M übertragen. Mit Schreiben vom 13. August 1998 entzog ihr der Beklagte mit sofortiger Wirkung diese Tätigkeit und setzte sie - unter Beibehaltung ihrer Vergütungsgruppe - als ärztliche Gutachterin ein.

Die Klägerin hält diese Maßnahme vom Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt. Die Tätigkeiten einer Beratungsstellenleiterin und einer ärztlichen Gutachterin seien nicht gleichwertig. Ohnehin sei sie als Leiterin der Beratungsstelle M zu niedrig eingruppiert gewesen. Der angeordnete Einsatz als ärztliche Gutachterin habe deshalb eine Herabgruppierung zur Folge.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Mitteilung des Beklagten vom 13. August 1998, zugegangen am 15. August 1998, nicht geändert worden ist, das Arbeitsverhältnis vielmehr über den 15. August 1998 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin weiterhin als Beratungsstellenleiterin in M einzusetzen.

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, sowohl die Tätigkeit der Klägerin als Leiterin der Beratungsstelle M als auch ihre Tätigkeit als ärztliche Gutachterin seien der Vergütungsgruppe 13 MDK-T zuzuordnen und somit gleichwertig. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit als Beratungsstellenleiterin nicht sachgerecht und zu seiner Zufriedenheit ausgeübt.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2002 haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

1. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung entscheidet das Gericht über die Kosten gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Dafür ist der mutmaßliche Ausgang des Rechtsstreits maßgebend.

2. Auf Grund des bisherigen Sach- und Streitstandes wäre bei streitiger Entscheidung der zulässigen Revision des Beklagten stattzugeben gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, daß die Anordnung vom 13. August 1998 unwirksam ist.

a) Das Direktionsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistung einseitig festzulegen, soweit diese im Vertrag nicht anderweitig geregelt sind. Danach bestimmt sich der Umfang des Weisungsrechts in erster Linie nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages. Es kann einzelvertraglich oder auch durch tarifliche Regelung innerhalb bestimmter Grenzen erweitert werden, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht (BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17, zu II 1 der Gründe mwN; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14, zu II 1 der Gründe).

b) In ihrem Änderungsvertrag vom 7. Februar 1994 haben die Parteien bezüglich der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit vereinbart, daß sie als "vollzeitbeschäftigte Angestellte" weiterbeschäftigt wird. Damit haben die Parteien den im öffentlichen Dienst üblichen Arbeitsvertrag geschlossen. Danach wird der Arbeitnehmer regelmäßig nicht zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eingestellt oder weiterbeschäftigt, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Nennung der Vergütungsgruppe konkretisiert wird. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer solchen Vertragsgestaltung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Andere Tätigkeiten können dem Arbeitnehmer zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - aaO, zu II 1 der Gründe; 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - aaO, zu II 1 der Gründe). In einem solchen Fall ist davon auszugehen, daß die Tätigkeiten nicht nur nach der Vergütung, sondern auch vom Sozialprestige her gleichwertig sind (BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - aaO, zu II 2 c cc der Gründe).

c) Die vom Beklagten angeordnete Gutachtertätigkeit erfüllt die Merkmale der Vergütungsgruppe 13 MDK-T. In dieser Vergütungsgruppe war die Klägerin auch als Leiterin der Beratungsstelle M eingruppiert. Damit wurde ihr eine nach dem Tarifvertrag gleichwertige Tätigkeit übertragen. Das war durch das Direktionsrecht gedeckt.

3. Eine fehlerhafte, weil zu niedrige Eingruppierung als Leiterin einer Beratungsstelle hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers lediglich deklaratorische Bedeutung (BAG 10. Mai 1995 - 4 AZR 457/94 - BAGE 80, 122, 125). Wäre die Klägerin demnach auf Grund ihres früheren Einsatzes als Leiterin einer Beratungsstelle nicht in die Vergütungsgruppe 13, sondern in eine höhere einzugruppieren gewiesen, hätte dies zur Folge, daß der Beklagte ihr kraft seines Direktionsrechts nur noch Tätigkeiten entsprechend den Merkmalen der zutreffenden höheren Vergütungsgruppe hätte zuweisen dürfen. Unter dieser Voraussetzung wäre die angeordnete Gutachtertätigkeit im Vergleich zur bisherigen Beschäftigung nicht gleichwertig.

Nach § 15 MDK-T richtet sich die Eingruppierung des Beschäftigten nach der von diesem überwiegend ausgeübten Tätigkeit. Es bedarf dazu eines Vorbringens des Beschäftigten, das erkennen läßt, ob er eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, eine überwiegend ausgeübte Tätigkeit oder mehrere selbständige Tätigkeiten, von denen keine überwiegt, zu erbringen hat (vgl. BAG 20. März 2002 - 4 AZR 83/01 - nv.). Der bloße Hinweis auf eine allgemeine Stellenbeschreibung ohne konkrete Darlegung der nach Ansicht des Beschäftigten erfüllten Merkmale einer höheren Vergütungsgruppe genügt diesen Anforderungen nicht.

RechtsgebietErledigung der Hauptsache - Direktionsrecht - Übertragung einer anderen Tätigkei

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