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16.06.2005 · IWW-Abrufnummer 051714

Amtsgericht Freiburg: Urteil vom 23.11.2004 – 53 C 3522/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Freiburg i.Br.

53 C 3522/04

verkündet am 23.11.2004

Urteil

In Sachen XXX

wegen Schadenersatzes

hat das Amtsgericht Freiburg i.Br.
durch Richterin am Amtsgericht
auf die mündliche Verhandlung vom 9.11.2004 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 857,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.5.2004 und Auslagen in Höhe von 9,45 EUR zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 31 %, die Beklagte 69 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

TATBESTAND:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz für die Beschädigung eines ihrer Baufahrzeuge sowie Verzugsschadensersatz.

Klägerin und Beklagte waren Anfang März 2004 als Tiefbauunternehmen auf der Baustelle des Regierungspräsidiums Freiburg in der Bissierstraße tätig.

Der Zeuge XXX fuhr mit einem mit Erde beladenen Pritschenfahrzeug der Klägerin innerhalb der Baustelle zu einer Abladestelle, in der Zufahrt der Abladestelle arbeitete mit einem Radlader der Beklagten der Zeuge XXX.

Die Klägerin trägt vor, der Zeuge XXX sei auf der Zufahrt an die Abladestelle herangefahren und habe dann angehalten. Der Zeuge sei mit dem Radlader der Beklagten mit hohem Tempo und ohne zu schauen rückwärts auf das klägerische Fahrzeug aufgefahren und habe hierbei die Stoßstange des klägerischen Fahrzeugs erheblich beschädigt. Die Instandsetzungskosten betrügen 1.243,46 ?.

Die Klägerin habe im Mai 2004 ihren Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Rechtsverfolgung beauftragt, der hierfür gemäß § 118 BRAGO eine Geschäftsgebühr in Höhe von 78,75 ? sowie Auslagen in Höhe von 11,81 ? in Rechnung gestellt habe. Diese Geschäftsgebühr sei nach dem RVG nur zur Hälfte auf die nunmehr anfallende Verfahrensgebühr anzurechnen, die andere Hälfte sei im Rahmen des Verzuges von der Beklagten zu erstatten.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.243,46 ? nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 20.2.2004 sowie 81,18 ? als Verzugsschaden zu bezahlen.

Die Beklagte trägt vor, das Fahrzeug der Klägerin sei von hinten rasch an das Fahrzeug der Beklagten herangefahren, woraufhin der Zeuge XXX das Fahrzeug der Beklagten auf ein Zeichen seines Einweisers zum Stehen gebracht habe, so dass es zu einem Zusammenstoß nicht gekommen sei.

Wegen der näheren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen XXX und XXX. Auf das Verhandlungsprotokoll vom 9.11.2004 wird Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRUNDE:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte aus den §§ 7, 17, 18 StVG in Höhe von 80 % des ihr durch den Vorfall im März 2004 entstandenen Schadens.

Obwohl der Unfall auf einer Baustelle und damit nicht im öffentlichen Straßenverkehr stattfand, gelten die Vorschriften der §§ 7 ff. StVG, da das Schadensereignis ursächlich mit dem Kraftfahrzeugbetrieb zusammenhängt (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage, § 7, Randnummer 1 a.E.).

Sowohl die Beklagte als auch die Klägerin müssen sich als Halter der Fahrzeuge gemäß § 18 StVG das Verhalten der jeweiligen Fahrzeugführer zurechnen lassen. Der Zeuge XXX als Angestellter der Beklagten hat in Ausführung der ihm übertragenen Bauarbeiten den LKW der Klägerin beschädigt, indem er rückwärts auf das hinter ihm befindliche Fahrzeug der Klägerin auffuhr. Diesen Sachverhalt sieht das Gericht aufgrund der Aussagen der Zeugen XXX und XXX, als erwiesen an. Beide Zeugen haben übereinstimmend den Zusammenstoß berichtet. Der Zeuge XXX konnte seinerseits einen Zusammenstoß des von ihm geführten Radladers mit dem LKW der Klägerin nicht ausschließen. Für den Zusammenstoß spricht insbesondere auch die gelbe Farbspur an der Stoßstange des klägerischen Fahrzeugs, die von sämtlichen Zeugen übereinstimmend berichtet wird. Eine solche Spur legt es nach der Lebenserfahrung nahe, dass es tatsächlich zu einem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge gekommen, ist. Zwar ist insbesondere bei einem Arbeitsfahrzeug denkbar, dass Spuren von anderen Unfallereignissen herrühren können. Diese hypothetische Möglichkeit ist jedoch im vorliegenden Fall nicht geeignet, den Anschein des Zusammenstoßes zu entkräften, da die Stoßstange nach unbestrittenem Klägervortrag erst kurz zuvor erneuert worden war. Auch die Tatsache, dass am Fahrzeug der Beklagten keine Spuren zu entdecken waren, entkräftet den Anschein nicht, da der Zusammenstoß selbst offenbar nicht sehr heftig war und Schäden bei der Klägerin durch die Beschreibung der Zeugen nur dadurch ausgelöst wurden, dass sich die Stoßstange verkeilte und durch eine Vorwärtsbewegung des Radladers der Beklagten verbogen wurde. In einer solchen Situation ist es durchaus denkbar, dass Spuren nur an einem Fahrzeug zu finden sind.

Der Zeuge XXX hat beim Rückwärtsfahren nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet. Selbst wenn man eine grundsätzliche Aufteilung der Baustelle in Arbeitsbereiche einzelner Firmen annimmt, so war die Zufahrtstraße auf der der Zeuge XXX mit dem Radlader der Beklagten arbeitete ebenfalls für die Klägerin zu nutzen, da diese ihre Abladestelle in einem Bereich hatte, wo sie die Zufahrt benutzen musste. Der Zeuge XXX musste daher beim Arbeiten in der Nähe dieser Abladestelle die Sorgfalt beachten. Er hätte beim Rückwärtsfahren selbst rückwärts schauen müssen. Wenn er sich auf einen Einweiser verlässt, so muss er mit diesem Blickkontakt halten um festzustellen, ob dieser tatsächlich den Raum hinter ihm beobachtet. Zudem war Rückwärtsfahren in diesem Bereich nur in einem so langsamen Tempo zulässig, dass das Fahrzeug auch beim plötzlichen Auftauchen eines fremden Fahrzeuges hätte rechtzeitig gestoppt werden können. Der Zeuge hat diese Sorgfalt nicht walten lassen. Dabei kann offen bleiben, ob der Zeuge tatsächlich ca. zehn Meter in einem Zug und raschem Tempo rückwärts auf die Abladestelle zugefahren ist, wie dies die Klägerin behauptet und die Zeugen XXX und XXX bestätigt haben, oder ob er lediglich einige wenige Meter zurückgestoßen hat.

Die Beklagte haftet jedoch aus Gefährdungshaftung gemäß § 7 StVG, was in der Abwägung der beiden Verursachungsanteile mit 20 % zu berücksichtigen ist. Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass der Vorfall für sie auf höherer Gewalt beruht hat. Vielmehr konnte der Zeuge XXX als Fahrer des klägerischen LKWs erkennen, dass der Zeuge XXX mit dem Radlader im Bereich der Zufahrtstraße arbeitete und hätte daher als umsichtiger Kraftfahrer möglicherweise etwas weiter hinten angehalten, so dass ein Zusammenstoß vermieden worden wäre. Bei einem LKW und den Gesamtumständen ist von einer Gefährdungshaftung von 20 % auszugehen.

Der Klägerin ist ein Schaden in Höhe von 1.071,95 ? entstanden, denn sie kann nur die jeweiligen Nettobeträge von der Beklagten verlangen, da sie vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verzugszinsen aus diesem Betrag in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB seit dem 22.5.2004. Zu diesem Termin war die vom Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 11.5.2004 gesetzte Frist abgelaufen. Ein früherer Verzugsbeginn durch die Leistungsverweigerung der Beklagten ist demgegenüber nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden. Das Schreiben der Beklagten, mit dem sie die Rechnung der Klägerin vom 25.3.2004 zurücksendet und Zahlung verweigert, datiert vom 20.2.2004, was offensichtlich ein Schreibfehler ist. Das tatsächliche Datum dieses Schreibens ist nicht vorgetragen.

Ein Verzugsschadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB besteht nur in Höhe der Anwaltsauslagen von 9,45 ?. Die Geschäftsgebühr ist dagegen nicht als Verzugsschadensersatz erstattungsfähig, da sie in voller Höhe auf die Rechtsanwaltsvergütung für das anschließende gerichtliche Verfahren anzurechnen ist. Die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Rechtsverfolgung berechnet sich aufgrund der Auftragserteilung vor dem 1.7.2004 gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG nach BRAGO. Sie beträgt gemäß § 118 Abs. 1 BRAGO 78,75 ?. Die Anwaltsvergütung für das anschließende gerichtliche Verfahren bestimmt sich aufgrund der Auftragserteilung nach dem 1.7.2004 nach RVG. Gemäß Vorbemerkung 3 (4) Vergütungsverzeichnis RVG sind Geschäftsgebühren auf die Anwaltsvergütung für das anschließende gerichtliche Verfahren anzurechnen. Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, die eine Anrechnung zur Hälfte vorsieht, muss es jedoch nach dem Sinn und Zweck der geänderten Gebühren und Anrechnungsvorschriften für Übergangsfälle der vorliegenden Art bei der vollen Anrechnung bleiben, die § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO bislang vorsah (vgl. Hansen, RVG Report 2004, Seite 243). Die Herabsetzung des Anrechnungssatzes durch das RVG von 100 % auf 50 % ist notwendiges Gegenstück zur erheblichen Heraufsetzung der pauschalen Geschäftsgebühr durch das RVG. Die neue, höhere Geschäftsgebühr ersetzt die vergleichsweise niedrige Geschäftsgebühr der BRAGO, die jedoch durch mehrere selbständige Gebührentatbestände ergänzt wurde.

Letztere waren auf die Verfahrensgebühr nicht anzurechnen. Dagegen sollte die (niedrige) Geschäftsgebühr des § 118 BRAGO voll angerechnet werden. Bei dieser vollen Anrechnung muss es bleiben, solange Geschäftsgebühr nach BRAGO auf die Verfahrensgebühr nach RVG angerechnet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11 i.V.m. § 711 ZPO.

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