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11.02.2005 · IWW-Abrufnummer 050417

Amtsgericht Duisburg: Urteil vom 17.01.2005 – 7 C 530/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Urteil
In dem Rechtsstreit xxx Klägers,
gegen
xxx Beklagte,, hat das Amtsgericht Duisburg-Hamborn im vereinfachten Verfahren nach der Sachlage am 17.01.2005 durch den Richter Stiewe für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand
Am 10.09.2004 ereignete sich auf dem Parkplatz an der Alleestraße in 47166 Duisburg ein Verkehrsunfall, bei dem der Pkw des Klägers durch das bei dem Beklagten versicherte Fahrzeug beschädigt wurde. Das versicherte Fahrzeug setzte rückwärts aus einer Parklücke heraus und verursachte so allein schuldhaft den Schaden am klägerischen Pkw. Es entstand ein Schaden einschließlich Gutachterkosten und allgemeiner Auslagenpauschale in Höhe von 3.977,89 Euro, die der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 27.09.2004 gegenüber dem Beklagten geltend machte. AM darauf folgenden Tag wurde der Unfallschaden durch Übersendung eines Verrechnungsschecks durch den Beklagten ausgeglichen. Nach Durchführung der Reparatur zahlte der Beklagte umgehend die Mehrwertsteuer. Mit Rechnung vom 03.11.2004 forderte der Prozessbevollmächtigte vom Kläger den Ausgleich seiner Gebührenansprüche in Höhe von 532,90 Euro, berechnet auf der Basis einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 5.252,93 Euro, wobei die nachträglich geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung Berücksichtigung fand. Hierauf zahlte die Beklagte auf der Grundlage einer 0,9 Geschäftsgebühr 376,07 Euro. In Höhe des Differenzbetrages begehrt der Kläger Freistellung.

Der Kläger behauptet, nur über mangelnde Deutschkenntnisse zu verfügen und mit dem Prozessbevollmächtigten mehrere Besprechungstermine durchgeführt zu haben.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihn von Gebührenansprüchen des Rechtsanwaltes Oliver Ufermann, Friedrich Albert Lange Platz 1, 47051 Duisburg, gemäß Rechnung vom 03.11.2004 in Höhe von 156,83 Euro freizustellen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.

I.) Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen weitergehenden Anspruch auf Freistellung aus §§ 7, 17, 18 StVG, § 823 BGB, 3 Nr. 1 PfIVG. Mit Zahlung eines Betrages in Höhe von 376,07 Euro ist der Anspruch des Prozessbevollmächtigten für die außergerichtliche Tätigkeit gemäß § 362 BGB in voller Höhe erloschen. Ein weitergehender Anspruch steht dem Prozessbevollmächtigten nicht zu, weshalb der Kläger keine Freistellung beanspruchen kann.

Nachdem der Versicherungsnehmer des Beklagten den Verkehrsunfall vom 10.09.2004 allein schuldhaft verursacht hat und die Haftung der Beklagten außer Streit steht, hat der Beklagte den gesamten dem Kläger entstandenen Schaden zu ersetzen. Zu dem Schaden gehören auch die Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und damit die durch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes entstehenden Kosten gemäß §§ 675, 670 BGB, 1, 2, 14 RVG i.V.m. Nr. 2400, 7002, 7008 des Vergütungsverzeichnisses. Danach kann der Prozessbevollmächtigte bei einem Gegenstandswert von bis zu 6.000 Euro jedenfalls keine über 0,9 hinausgehende Geschäftsgebühr beanspruchen.

Nach der Vorbemerkung 2.4 Abs. 3 VV entsteht die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Nr. 2400 VV ist als Rahmengebühr im Sinne von §§ 14 RVG ausgestaltet, deren untere Grenze mit 0,5 und deren obere mit 2,5 vorgegeben ist. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nach dem Zusatz zu Nr. 2400 VV nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist.

Mit der Schwellengebühr von 1,3 hat der Gesetzgeber diejenigen Tätigkeiten, die alternativ umfangreich oder schwierig sind, von denen abgegrenzt, die weder die eine noch die andere Voraussetzung erfüllen. Erforderlich ist ein überdurchschnittlicher Umfang oder eine überdurchschnittliche Schwierigkeit. Eine besondere umfangreiche oder schwierige Tätigkeit ist gerade nicht vorgesehen. Sobald Umfang oder Schwierigkeit über das normale Maß hinausgehen, ist der Bereich oberhalb der Schwellengebühr von 1,3 eröffnet. Dem lässt sich entnehmen, dass zwei Mittelgebühren ? eine für den Bereich der weder umfangreichen noch schwierigen mit 0,9 und eine für den Bereich der umfangreichen oder schwierigen Tätigkeiten mit 1,9 ? der Regelung fremd sind.

Die durchschnittlich umfangreiche und schwierige Tätigkeit wird daher eine Geschäftsgebühr von 1,3 entstehen lassen. Erfordern Umfang und Schwierigkeit sowie die daneben in § 14 RVG genannten Kriterien eine Reduzierung ist die Gebühr bis zur unteren Grenze von 0,5 anzupassen.

Danach ist für die Tätigkeit im vorliegenden Einzelfall allenfalls eine Geschäftsgebühr von 0,9 angefallen. Umfang und Schwierigkeit sind in der vorliegenden Unfallsache im unteren Bereich anzusiedeln. Maßgebend sind Zeitaufwand und Intensität der anwaltlichen Arbeit zur Betreuung der Sache. zwar kann es nciht darauf ankommen, dass der Anwalt lediglich ein Schreiben verfasst hat, das noch dazu augenscheinlich EDV-gestützt mit vorgefertigten Textbausteinen verfasst ist. Das ergibt sich aus den weiteren Anspruchsschreiben, die von dem klägerischen Prozessbevollmächtigten in anderen Unfallsachen verfasst worden sind und mit Ausnahme des Unfallgeschehens, der Schadensbezifferung und der Fristsetzung dem Wortlaut nach gleich lauten. Gleichwohl kann die Sachverhaltsermittlung und die rechtliche Prüfung des dem Anwalt vorgetragenen Sachverhalts einen erheblichen Raum einnehmen, an deren Ende im Ergebnis auf standardisierte Schreiben zurückgegriffen werden kann.

Bei alledem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich um einen typischen Fall der Verkehrsunfallregulierung handelte, deren Bearbeitung von nahezu jeder Anwaltskanzlei routiniert im Alltagsgeschäft betrieben wird. Für einen Verkehrsunfall, mit dessen Regulierung der Rechtsanwalt beauftragt wird, wird eine 1,3 Geschäftsgebühr entstehen, wenn er zumindest eine typische tatsächliche oder rechtliche Fragestellung aufwirft, die den einschlägigen Haftungsnormen eigen ist und einen gewissen Prüfungsaufwand erfordert, mag der Anwalt bei deren Lösung auch auf erworbene Kenntnisse zurückgreifen können, und sich die Tätigkeit des Anwalts nicht in dem bloß handwerklichen Schriftverkehr, z.B. Mitteilung des entstandenen Schadens anhand eines Gutachtens, erschöpft. Das ist bei den typischen Problemen bei Haftungsgrund und ?höhe, wie etwa die Frage des Verschuldens, die Bildung einer Schadensquote, Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten, der Fall.

Die Geschäftsgebühr in Verkehrsunfallsachen ist auch nicht deshalb auf 1,3 festzusetzen, weil damit die außergerichtliche Erledigung gefördert würde. Bei der Mandatsbearbeitung ist allein das Interesse des Mandanten maßgebend. Aus welchen Gründen eine höhere Geschäftsgebühr den Anwalt, den Mandanten oder den Anspruchsgegner eher zu einer außergerichtlichen Einigung bewegen sollte, ist nicht einzusehen.

Die Haftungslage war vorliegend eindeutig (Alleinverschulden des Unfallgegners) und erforderte keinen ernsthaften Prüfungsaufwand. Eine aufwendige Einarbeitungszeit dürfte sich daher erübrigt haben. Die Beklagte hat den Schaden unverzüglich und ohne Beanstandung reguliert. Die Höhe des Schadens ist mit ungefähr 6.000 Euro gegenüber anderen Unfällen vergleichsweise gering. Die Nutzungsausfallentschädigung als solche vermag eine höhere Geschäftsgebühr als 0.9 nicht nach sich zu ziehen. Diese ist ein typischer Schaden, der in den meisten Verkehrsunfällen entsteht und für sich keine Komplikation bedeutet. Dass hierbei erhöhter Prüfungsaufwand erforderlich gewesen ist, ist nicht vorgetragen. Allein die Durchführung mehrerer Besprechungen reicht für eine Anhebung der Gebühr nicht. Die Gründe hierfür mögen mannigfaltig sein und nicht zwingend in dem schadensbegründenden Sachverhalt ihre Ursache haben, sondern möglicherweise auf die Eigenart des Auftraggebers zurückzuführen sein. Schließlich können sich eingeschränkte Kenntnisse der deutschen Sprache des Auftraggebers nicht auswirken. Dieser muss ggfs. einen Dolmetschers hinzuziehen. Anders würde der Fall liegen, wenn der Anwalt zur pflichtgemäßen Bearbeitung des Mandats über Fremdsprachenkenntnisse verfügen müsste.

II.) Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

III.) Der Streitwert wird endgültig festgesetzt auf 86,80 Euro.

IV.) Die Berufung wird zugelassen, um die maßgebliche Frage, ob im Rahmen der einfach gelagerten Verkehrsunfälle mit unstreitiger Haftungslage die Schwellengebühr abgerechnet werden kann, einer Entscheidung des Berufungsgerichts zuzuführen.

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2400 VV RVG

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