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10.02.2005 · IWW-Abrufnummer 050407

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 29.10.2004 – 1 K 2192/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINAZGERICHT RHEINLAND-PFALZ

Verkündet am: 29.10.2004

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

1 K 2192/02

In dem Finanzrechtsstreit xxx

wegen Einkommensteuer 1999 und 2000

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 1. Senat ? aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. Oktober 2004 durch die Richterin am Finanzgericht ... als Einzelrichterin für Recht erkannt:

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 23. Juli 2002 werden die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1999 von 9. Oktober 2001 und für das Jahr 2000 vom 10. April 2002 dahingehend geändert, dass der geltwerte Vorteil in Höhe von 7.116,-- DM im Jahr 1999 und in Höhe von 6.156,-- DM im Jahr 2000 außer Ansatz bleibt.

Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Finanzamt übertragen (§ 100 Abs. 2 FGO).

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten zugunsten der Kläger vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Streitig ist der Ansatz eines geldwerten Vorteils wegen der privaten Nutzung eines Firmenwagens.

Der Kläger war in den Streitjahren als Außendienstmitarbeiter bei der Firma ... Fensterbau GmbH in ... en beschäftigt und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin hatte aus einer Handelsvertretung Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Dem Kläger stand in den Streitjahren ein Firmenwagen der Marke Mercedes-Benz C 250 DT zur Benutzung zur Verfügung. Laut Auskunft des damaligen Arbeitgebers war auch die Private Nutzung gestattet.

Am 18. September 2001 ging beim beklagten Finanzamt eine Prüfungsmitteilung vom 4.9.2001 aufgrund einer Lohnsteuer-Außenprüfung durch das Finanzamt ... bei dem Arbeitgeber des Klägers ein, wonach der Kläger einen steuerpflichtigen Arbeitslohn wegen privater Pkw-Nutzung in Höhe von 7.116,-- DM im Jahr 1999 bzw. 6.156,-- DM im Jahr 2000 erhalten hat, der vom Arbeitgeber nicht versteuert worden ist. Weiterhin wurde folgendes mitgeteilt:

?Dem Außendienstmitarbeiter ... H ... stand im Prüfungszeitraum ein Firmen-Pkw zur Verfügung. Eine Privatnutzung wurde nicht versteuert, weil aufgrund der vorgelegten Reisekostenabrechnungen keine Privatfahrten durchgeführt wurden. Die Abstimmung der Reisekostenabrechnungen mit den vorliegenden Reparaturrechnungen hat ergeben, dass das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß geführt wurde und steuerlich nicht anerkannt werden kann. Daher ist der gleichwerte Vorteil für die mögliche Privatnutzung nach der 1 %-Regel zu ermitteln? (Bl. 18 f ESt-Akte 1999).

Daraufhin erfasste das beklagte Finanzamt den geldwerten Vorteil für die private Pkw-Nutzung für das Streitjahr 1999 in dem am 9. Oktober 2001 geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 in dem erstmaligen Einkommensteuerbescheid vom 10. April 2002.

Gegen beide Bescheide hat der Kläger rechtzeitig Einspruch eingelegt, mit dem er geltend machte, dass er durch seine Tätigkeit im Außerdienst nun schon seit Jahrzehnten ein lückenlos geführtes Fahrtenbuch führe, das bisher der ständigen, monatlichen Kontrolle der einzelnen Firmen unterlegen habe. Nach Rücksprache mit der Firma F ... hätte man ihm keine Auskunft erteilen können, was ihm zur Last gelegt worden sei. Auch ein Anruf beim Finanzamt habe keine Klärung ergeben.

Auf eine Anfrage des beklagten Finanzamts beim Finanzamt H ... zwecks Klärung des Sachverhalts übersandte dieses Kopien aus den Fahrtenbüchern sowie Reparaturenrechnungen der Firma B ... in A... n, aus denen die ?Diskrepanzen? ersichtlich sind (17.3.1999: Km lt. Rechnung 78.935; lt. Fahrtenbuch 83.125 ? 83.332, 14.5.1999 (gemeint ist wohl der 8.9.1999). Km lt. Rechnung 104,554; lt. Fahrtenbuch 109.161 ? 109.304). Wegen weitere Einzelheiten wird auf das Schreiben des Finanzamts Hagen vom 7.1.2002 nebst Anlagen, Bl. 11 ff. Rb-Akten, Bezug genommen. Am 22. Februar 2002 reichte der Kläger ein Schreiben der Firma B ... in ... A ... vom 31.10.2001 ein, wonach bestätigt wird, dass bei dem Werkstattbesuch am 16.3.1999 und 8.9.1999 ?versehentlich die falsche Laufleistung notiert? worden sei. Außerdem legte der Kläger Rechnungen der Firma B... aus dem Jahr 1999 sowie seine Reisekostenabrechnungen für die Jahre 1999 und 2000 vor.

Zur weiteren Begründung seiner Einsprüche für die Jahre 1999 und 2000 trägt der Kläger vor: Die Annahme des Finanzamts, dass das Fahrtenbuch für die Streitjahre nicht ordnungsgemäß und daher zu verwerfen sei, halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Soweit es um den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 gehe, folge dies schon daraus, dass die ? angeblichen ? Unregelmäßigkeiten des Fahrtenbuchs beide im Jahre 1999 liegen würden. Inwieweit dies zur Verwerfung auch des Fahrtenbuches für 2000 führen soll, sei nicht ersichtlich. Die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuches sei für jeden Veranlagungszeitraum getrennt zu beurteilen. Eine private Pkw-Nutzung sei nicht erfolgt, was durch das ordnungsgemäß geführte Fahrtenbuch für 2000 nachgewiesen worden sei.

Auch für das Jahr 1999 sei das Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt worden. Der Hinweis auf die beiden Rechnungen, nämlich vom 17.3. und 8.9.1999, die in der Tat falsche Kilometerstände ausweisen würden, andere daran nichts. Dies ergebe sich aus folgendem: Seine Fahrtenbuchaufzeichnungen seien ordnungsgemäß, nämlich übersichtlich, vollständig und jeweils auch zeitnah erstellt, da er mit diesen Kilometer-Aufzeichnungen gegenüber seinem Arbeitgeber im Folgemonat abgerechnet habe. Dass die Kilometerangaben in den Werkstattrechnungen nicht stimmten, habe die Firma B... Automobilwerkstatt in dem dem Finanzamt vorliegenden Schreiben vom 31.10.2001 bestätigt. Dass der Kilometerstand in den Rechnungen nicht immer zutreffend sei, ergebe sich auch aus den beigefügten beiden Rechnungen vom 2.9.1999 wonach der Kilometerstand 107.532 und vom 21.9.1999, wonach der Kilometerstand 104.554 betragen haben soll.

Aufgrund eines Auskunftsersuchens des Finanzamts während des Einspruchsverfahrens an die Firma ... Fensterbau in ..., teilte diese mit, dass eine private Nutzung des dem Kläger zur Verfügung gestellten Firmen-Pkw nicht ausgeschlossen gewesen sei. Alle Mitarbeiter ihres Hauses, die Dienstwagen fahren, hatten die Möglichkeit der privaten Nutzung. Von ihrer Seite aus seien die Reisekostenabrechnungen des Klägers im Rahmen ihrer Möglichkeiten überprüft worden. Außerdem übersandte die Firma sämtliche Reparaturrechnungen für die vom Kläger in den Streitjahren genutzten Fahrzeuge (Bl. 77 ff. Rb-Akte).

Aufgrund eines Auskunftsersuchens des Finanzamts an die B... Automobilgesellschaft in ... bestätigte diese, ?dass bei dem Werkstattbesuch am 8.9.1999 versehentlich bei der Rechnungsstellung ein KM-Stand von 109.554 anstatt KM-Stand 104.554 in unsere EDV eingegeben wurde und dass die Überprüfung der Richtigkeit über den KM-Stand vom Werkstattbesuch am 17.3.2002 leider nicht mehr möglich ist? (gemeint ist wohl der 17.3.1999 vgl. Bl. 73 und 87 Rb-Akte).

Mit den Einspruchentscheidungen vom 23. Juli 2002 har der Beklagte die Rechtsbehelfe als unbegründet zurückgewiesen. Im Streitfall sei der Vortrag der Kläger bereits dahingehend außergewöhnlich, dass behauptet werde, von der vom Arbeitgeber ausdrücklich eingeräumten Möglichkeit, das Dienstfahrzeug auch für Privatfahrten nutzen zu können, während des gesamten Veranlagungszeitraums zu keiner Zeit Gebrauch gemacht zu haben und tatsächlich nicht einen Kilometer zu privaten Zwecken gefahren zu sein. Nach seinen Ermittlungen sei in den Streitjahren ein 12 Jahre alter Pkw zugelassen gewesen. Hierbei sei auch zu beachten, dass im Rahmen der Gewinnermitteilung der Klägerin für deren Handelsbetrieb Fahrzeugkosten in Höhe von 1.121,47 DM erklärt worden seien. Auch nach der ständigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung zwinge die Tatsache, dass die Kläger Fahrzeuge im Privatbesitz halten würden, nicht zu der Annahme, dass der Firmenwagen ausschließlich beruflich genutzt werde, zumal wenn der Arbeitgeber die private Nutzung des firmeneigenen Pkw zugelassen habe. Das vorgelegte Fahrtenbuch sei bereits deshalb ohne Beweiswert, da in ihm nicht die einzelnen beruflich veranlassen Fahrten jeweils gesondert aufgeführt seien, sondern nur tageweise zusammengefasst seien. Bei dieser Art von Aufzeichnungen sei nicht auszuschließen, dass beispielsweise eine zwischen zwei Berufsfahrten durchgeführte Privatfahrt in die nähere Umgebung ohne gesonderten Ausweis in der Tages-Kilometerdifferenz ?untergehe?. Die Aufzeichnungen würden auch nicht die unbedingt notwendigen Angaben zu den aufgesuchten Kunden enthalten. Eine leichte und einwandfreie Überprüfung der Angaben sei somit tatsächlich nicht möglich. Es komme hinzu, dass die maschinenschriftlichen Zusammenstellungen keinen Schluss darauf zulassen würden, ob die jeweiligen Eintragungen ? wie erforderlich ? zeitnah gemacht worden seien oder erst in Nachhinein, z. B. am Monatsende, in einem Stück heruntergeschrieben worden seien. Eine Überprüfung anhand eines Routenplaners habe auch ergeben, dass die Kilometerangaben laut Aufzeichnung wesentlich höher waren laut Routenplaner. Bei dieser lückenhaften Nachweislage und der Ungewöhnlichkeit des Vortrages, die Kläger würden den Firmenwagen nicht privat nutzen, komme den von den Eintragungen in der Reisekostenabrechnung abweichenden Angaben in den Reparaturrechnungen besondere Bedeutung als Indiz für die Unrichtigkeit der gemachten Angaben zu. Insgesamt gesehen liege ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht vor, so dass ein geldwerter Vorteil wegen der Privatnutzung des Firmen-Pkw anzusetzen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.

Die Kläger wiederholen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und tragen ergänzend vor: Hinsichtlich der beiden Werkstattrechnungen der Firma B... könne wegen der Rechnung aus dem Monat März 1999 von Seiten der Werkstatt nichts mehr festgestellt werden und bezüglich der Rechnung vom 21.9.1999 (Annahmetag 8.9.1999) habe sich ergeben, dass die Werkstatt eine eindeutige falsche Eintragung vorgenommen habe, und zwar sei sie exakt 5.000 km von der handschriftlichen Kilometernotiz abgewichen. Aus der Bestätigung der Firma B ... ergebe sich jedoch nicht, dass die handschriftlich aufgenommene Zahl korrekt sei. Die angebliche Differenz von 4.600 km per September 1999 sei mit einem Schlag um 5.000 km gesunken auf eine Differenz ?in die andere Richtung? von irgendwo zwischen 250 und 400 km. Im März desselben Jahres aber wäre der Tachostand, würde die Kilometerangabe der Firma B ... stimmen, in den Eintragungen des Klägers um etwa 4.300 km zu hoch gewesen. Warum aber sollte ein Arbeitnehmer, der ein Fahrtenbuch führe, systematisch und über die ganze Zeit einen um 4.000 km zu hohen Tachostand eintragen. Hätte er in seinen entsprechenden Berichten wesentlich über 4.000 km vor der tatsächlichen Tacholeistungen gelegen, so hätte er damit rechnen müssen, dass ein Blick seines Arbeitgebers auf dem Tacho genüge, um seine Reisekostenrechnung ad absurdum zu führen. Somit könne der Tachostand, der in der Märzrechnung 1999 angegeben gewesen sei, auf keinen Fall richtig sein. Deshalb bleibe festzuhalten, dass die von der Werkstatt notierten Tachostände keinerlei Beweiswert hätten.

Was das Argument Lebenserfahrung angehe, so sei festzuhalten, dass er als Außendienstmitarbeiter von morgens bis abends hinter dem Lenkrad sitze und dass es daher an den Wochenenden und am Abend tatsächlich reinste Erholung sei, einfach die Füße hoch zu legen und nicht Autofahren zu müssen.

Das Fahrtenbuch sei auch ordnungsgemäß, da er mit seiner Reisekostenabrechnung jeweils auch tägliche ?Reise-Tagesberichte? dem Arbeitgeber hätte vorlegen müssen, aus dem die besuchten Orte, sogar die besuchten Kunden und der Anlass der Reise, hervorgegangen seien. Diese könnten gegebenenfalls beim Arbeitgeber angefordert werden.

Auch die Erkenntnisse, die das Finanzamt aufgrund des Routenplaners hinsichtlich der gefahrenen Kilometer gewonnen haben, seien nicht zutreffend. Offenbar sei das Finanzamt von den Angaben in den Monats-Reisekostenabrechnungen ausgegangen. Beispielhaft sei hier der 19. August 2002 benannt, dort seien in der Reisekostenabrechnung vier Orte, nämlich B ... aufgeführt. Aus dem entsprechenden Reise-Tagesbericht wurde hervorgehen, dass er tatsächlich 6 Orte besucht habe (auf der Reisekostenabrechnung sei für die Angabe von 6 Orten kein Platz gewesen), und zwar H ... und ... und auch die Kunden seien angegeben.

Insgesamt gesehen sei das Fahrtenbuch formell und materiell ordnungsgemäß.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1999 vom 9. Oktober 2001 und für das Jahr 2000 vom 10. April 2002 und die Einspruchsentscheidungen vom 23.Juli 2002 dahingehend zu ändern, dass der geldwerte Vorteil in Höhe von 7.116,-- DM im Jahr 1999 und in Höhe von 6.156,-- DM im Jahr 2000 außer Ansatz bleibt,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen vom 23.7.2002 und trägt ergänzend vor: Die Einlassung der Kläger, dass die Mängel in den vorgelegten Aufzeichnungen, die er in den Einspruchsentscheidungen gerügt habe, durch Hinzuziehung der relevanten Tagesberichte, in der Art der von ihnen nun vorgelegten Tagesberichten aus 2002, geheilt werden können, treffe nicht zu. Auch diese Berichte seien mittels PC nachgefertigt worden und würden nicht die Kilometerzählerstände des Kraftfahrzeuges bei dem jeweiligen Kundenbesuch ausweisen. Die von der Rechtsprechung (u.a. Urteil des FG des Saarlandes von 22.6.1994 ? EFG 1994, 962) aufgestellten Voraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch würden ohne Zweifel nicht durch die vorgelegten Unterlagen der Kläger erfüllt werden. Ergänzend werde noch angemerkt, dass die Einlassung der Kläger, es gebe durchaus Verhältnisse, die nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen würden, grundsätzlich nicht abgestritten werden könne.

Im vorliegenden Fall sei jedoch zu bedenken, dass der Kläger für den Fall des Gebrauchs der unbestritten vom Arbeitgeber eingeräumten Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens für Privatfahrten lediglich die auf den geldwerten Vorteil entfallende Steuer zu zahlen habe. Wenn die Behauptungen der Kläger zutreffen sollten, dass der Kläger hiervon tatsächlich in keiner Weise Gebrauch gemacht habe und stattdessen alle Fahrten mit privatem Hintergrund ausschließlich mit seinem im Privatvermögen stehenden Altfahrzeug unternommen habe, hätte er die Gesamtkosten tragen müssen. Da diese Gesamtkosten naturgemäß erheblich über der zu zahlenden Steuer für die private Nutzung des Dienstwagens liege, gäbe es keinen nachvollziehbaren wirtschaftlichen und finanziellen Grund für die behauptete Vorgehensweise des Klägers, von der Nutzungsmöglichkeit des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten, nahezu neuwertigen Pkw keinen Gebrauch zu machen und stattdessen bei Privatfahrten ausschließlich den privateigenen alten Pkw zu nutzen. Hinzu komme die Tatsache, dass auch das Fahren mit einem neuwertigen Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz sicherer und angenehmer sein dürfte, als die Nutzung eines 10 ? 12 Jahre alten Pkw.

Auf eine Anfrage des Gerichts, welches Fahrzeug der Kläger benutzt hat, wenn der Firmenwagen in der Werkstatt war, teilten die Kläger mit, dass der Kläger bei kleineren Reparaturen wie Reifenwechsel etc. in der Werkstatt gewartet habe. Bei größeren Reparaturen oder bei Inspektionen, bei denen das Fahrzeug längere Zeit von der Werkstatt gebraucht worden sei, habe er von der Werkstatt ein Ersatzfahrzeug erhalten. Dies habe er auch in seinen Monatsabrechnungen ausgewiesen, wie aus den Abrechnungen für die Monate Juni und Juli 2000 zu ersehen sei, wo festgehalten werde, dass er am 28. Juni bzw. 24. Juli einem Werkstatt-Fahrzeug gefahren sei. Außerdem legten die Kläger ein Schreiben des ehemaligen Arbeitgebers vom 26. Oktober 2004 vor, wonach die Reise-Tages-Berichte des Klägers nicht mehr vorliegen würden. Bei den Reiseberichten handele es sich um Aufzeichnungen ihre Außendienstmitarbeiter, die nur kurzfristig aufbewahrt werden würden. Sie dienten als Nachweis für die täglichen Kundenbesuche und würden zeitnah bearbeitet. Da in den Aufzeichnungen keine wichtigen aufbewahrungspflichtigen Daten enthalten seien, würden diese in der Regel nach ca. einem Jahr vernichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 Satz 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in Hinblick auf eine private Nutzung des Firmenfahrzeugs durch den Kläger erfüllt sind und dass ihm deshalb ein geldwerter Vorteil zugeflossen ist, der nach der 1 %-Regelung zu ermitteln ist.

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ergänzend dazu bestimmt § 2 Abs. 1 Lohnsteuer-Durchführungs-Verordnung, dass zum Arbeitslohn alle dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließenden Einnahmen gehören, unabhängig davon, in welcher Form sie gewährt werden. Deshalb stellt der in der unentgeltlichen Überlassung eines Kraftfahrzeuges an den Arbeitnehmer zu privaten Zwecken liegende Vorteil Arbeitslohn in Form eines Sachbezuges dar (BFH-Urteil vom 24. Oktober 1992 ? VI R 1/92, BStBl II 1993, 195, m. w. N.).

Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung gilt für die private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs zu privaten Zwecken § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Nach dieser Bestimmung ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeuges für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Eine Ausnahme von dem Ansatz des geldwerten Vorteils nach der 1 v. H.-.Regelung sieht § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG vor, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Der Senat geht davon aus, dass ein Anscheinsbeweis dafür spricht, dass das Firmenfahrzeug auch privat genutzt wird, insbesondere, wenn einem Arbeitnehmer ? wie im Streitfall ? die private Nutzung des Firmenwagens durch den Arbeitgeber gestattet wurde. Insoweit wird auf den BFH-Beschluss vom 14. Mai 1999-VI B 258/98, BFH/NV 1993, 1330, verwiesen. Dieser Anscheinsbeweis ist hier jedoch durch die konkrete Situation der Kläger und die vorgelegten Reisenkostenabrechnungen für die Streitjahre erschüttert. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin glaubhaft ausgeführt, dass sie schon immer ein Auto für private Zwecke, z. B. Einkaufsfahrten, Urlaubsfahrten usw., benötigt hätten, seit sie in ... ?Auf dem Lande?, wohnten. Deshalb sei auch Ende der 80er Jahre ein Pkw der Marke Mercedes Benz 190E (Erstzulassung 1987) angeschafft worden, der damals schon mit Airbag und Katalysator ausgestattet gewesen sei. Dieses Fahrzeug würden sie auch heute noch fahren, da es sich nach wie vor in einem sehr guten Zustand befinden würde. Somit stand den Klägern für private Fahrten ein dem Firmenwagen vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung, was die Leistungsstärke und auch den Komfort vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung, was die Leistungsstärke und auch den Komfort betrifft. Im übrigen waren der Kofferraum, die hinteren Sitze und auch der Beifahrersitz des Firmenfahrzeuges nach dem glaubhaften Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung ständig mit Prospekten und Mustern vollgepackt, so dass es für Fahrten mit mehr als einer Person nicht geeignet gewesen ist, weil er ansonsten zumindest den Beifahrersitz hätte freimachen müssen. Darüber hinaus sei auch eine Insassenversicherung nur für den Kläger abgeschlossen gewesen. Außerdem haben die volljährigen Kinder im streitigen Zeitraum nach den glaubhaften Angaben der Kläger nicht mehr in ihrem Haushalt gelebt und auch ihre Urlaubsreisen haben sie schon seit Jahren mit dem Flugzeug gemacht. Des weiteren haben die Kläger glaubhaft dargelegt, dass eine private Nutzung ausgeschlossen werden sollte, weil der Kläger ansonsten pro Kilometer 0,42 DM an den Arbeitgeber als Kostenersatz hätten zahlen müssen. Unter Berücksichtigung dieser gesamten Umstände geht der Senat davon aus, dass eine private Nutzung des Firmenfahrzeugs nicht erfolgte.

Die Reisekostenabrechnungen der Klägers stellen keine Fahrtenbücher dar. Sie sind aber ? entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamt ? als Nachweis dafür, dass mit Firmenwagen keine Privatfahrten unternommen wurden, geeignet. Der Umstand, dass Fahrtenbücher im Sinne der Rechtsprechung für das Firmenfahrzeug nicht geführt worden sind, ist nach Auffassung des Gerichts unerheblich. Denn das Führen von Fahrtenbüchern ist nicht generell vorgeschrieben. Nach der Systematik in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 u. 3 EStG ist das Führen von Fahrtenbüchern nicht dafür vorgesehen, den Nachweis für eine ausschließlich betriebliche Nutzung eines Fahrzeugs zu erbringen, sondern dafür, eine Aufteilung der tatsächlich angefallenen Fahrzeugkosten bei feststehender betrieblicher und privater Nutzung nach dem Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten vorzunehmen anstelle der pauschalen Bewertung der privaten Nutzung mit 1 % des Listenpreises des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des FG Hamburg in seinem Urteil vom 16.05.2002 ? V 146/01, Haufe-Index 845427, an. Die Reisekostenabrechnungen für die Streitjahre 1999 und 2000, die der Kläger vorgelegt hat, entsprechen inhaltlich im wesentlichen den Mindestanforderungen, die ein Fahrtenbuch, damit es als ordnungsgemäß angesehen wird, erfüllen muss. Sie enthalten hinsichtlich der beruflich veranlassten Reisen Angaben zum Tag der Reise, zu den Kilometerständen am Anfang und Ende jeder Fahrt sowie zum Start- und Zielort. Die Reisekostenabrechnungen enthalten zwar keine Angaben zum Zweck der Reise und zu den aufgesuchten Kunden; der Kläger hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass diese Punkte in sogenannten Tagesberichten festgehalten wurde, die nach Ablauf einer Woche jeweils dem Arbeitgeber vorgelegt werden mussten. Dass diese Tagesberichte dem Gericht nicht mehr vorgelegt werden konnten, da diese nach Aussage des Arbeitgebers vernichtet worden sind, kann den Klägern nicht zum Nachteil gereichen, zumal davon auszugehen ist, dass diese Unterlagen dem Lohnsteueraußenprüfer vorgelegen haben und von diesem nicht beanstandet wurden. Die Abrechnungen erfüllen auch die Anforderungen an leicht nachprüfbare Aufzeichnungen über die betrieblich veranlassten Fahrten.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt den Kilometerangaben in dne Reparaturrechnungen, die von den Eintragungen in den Reisekostenabrechnungen teilweise abweichen, keine entscheidende Bedeutung zu. Bei den vom Finanzamt angeführten Rechnungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass hier u. U. auch ein Übertragungsfehler bei der Eingabe der manuell erfassten Daten geschehen ist, wie es die Firma B... Automobilgesellschaft für die Annahme am 8. September 1999, Kilometerstand 104.454 laut Rechnungen vom 17.09. bzw. 21.09.1999, bestätigt hat. Außerdem hat die Firma B... auf ein Auskunftsersuchen des Beklagten am 03.07.2002 mitgeteilt, dass eine Überprüfung der Richtigkeit über den Kilometerstand vom Werkstattbesuch am 17.03.1999 nicht mehr möglich ist. Bezüglich der Rechnungen vom 14.04.2000 und 25.07.2000, bei denen der Kilometerstand nach den Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung nicht mit dem in den Reisekostenabrechnungen übereinstimmt, hat eine Überprüfung seitens des Finanzamts nicht stattgefunden. Im übrigen gibt es durchaus auch Rechnungen, bei denen der Kilometerstand mit dem in den Reisekostenabrechnungen in etwa übereinstimmt, wobei zu berücksichtigen ist, dass bei dem Kilometerstand laut Rechnung noch die Entfernung zwischen der Wohnung des Klägers in D... und der Werkstatt in A... enthalten ist. Unter diesen Umständen war der Beklagte nicht berechtigt, einen geldwerten Vorteil für die Streitjahre zu erfassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ?FGO-.

Rechtsmittelbelehrung

xxx

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 19 Abs.1 Nr. 1,8, Abs. 2 S.2,6, Abs.1 Nr. 4 Satz 2 EStG

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