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02.07.2004 · IWW-Abrufnummer 041649

Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 02.12.2003 – 9 U 1319/02

1. Das Honorar für raumbildende Ausbauten richtet sich nach den anrechenbaren Kosten des Objekts, die gem. § 10 Abs. 2 hinsichtlich der anrechenbaren Kosten nach DIN 276 als Gesamtkostenermittlung für das gesamte Objekt vorzunehmen sind. Somit findet die erforderliche Korrektur nur über die Vergütungssätze nach § 15 HOAI statt.


2. Aus einer Vereinbarung über Voraus- oder Abschlagszahlungen folgt die vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers, seine Leistungen abzurechnen.

OLG Dresden, Urteil vom 02.12.2003 - 9 U 1319/02


In dem Rechtsstreit

....

Wegen Forderung

Hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2003 durch

Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Kindermann,
Richter am Oberlandesgericht Rein und
Richter am Oberlandesgericht Frick

für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 04.06.2002 4 U 2658/01 - mit der Maßgabe abgeändert, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird und der Kläger auf die Widerklage hin verurteilt wird, an die Beklagte 30 796,07 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz vom 09.06.1998 seit 05.03.2002 zu zahlen.

Die Anschlussberufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage auch insoweit als derzeit unbegründet abgewiesen wird.

2. Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Der Kläger begehrt die Bezahlung von Architektenhonorar für die Erbringung der LPh 1-8 des Leistungsbildes raumbildende Ausbauten. Die Beklagte wendet unter Verweis auf die Beauftragung eines weiteren Architekten mit Planung und Überwachung des streitgegenständlichen Objekts ein, der Kläger sei nicht mit dem vollen Leistungsbild raumbildende Anbauten beauftragt worden, das Honorar sei mangels Prüffähigkeit der Schlussrechnung ohnehin nicht fällig.

Zum unstreitigen Sachverhalt, dem streitigen Vortrag der Parteien sowie der Parteianträge erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils.

Mit Urteil vom 04.06.2002 hat das Landgericht dem Kläger einen Honoraranspruch über 559 634,64 EUR zugesprochen, die Klage im Übrigen ebenso abgewiesen wie die Widerklage.

Mit Vertrag vom 03.04.1997/10.03.1998 (B 17, Bl. 437) sei der Kläger mit den LPh 1-9 des gesamten raumbildenden Ausbaus (§ 3 Nr. 7 HOAI) beauftragt worden. Unabhängig davon, dass der Kläger bereits vier Jahre am Projekt gearbeitet habe, seien Auftrag und Honorarvereinbarung erst mit der Unterzeichnung des streitgegenständlichen Vertrages 1998 zustande gekommen . Der Kläger könne nicht abweichend vom Vertrag (Honorarzone III Mitte) nach Honorarzone IV Mindestsatz abrechnen. Es liege keine Unterschreitung der Mindestsätze vor, da über § 10 Abs. 4 HOAI die Technikkosten bei den anrechenbaren Kosten Berücksichtigung fänden.

Das bloße Bestreiten der Erbringung von Teilleistungen durch die Beklagte (Bodenbelag, Malerarbeiten, Deckenverkleidung, Beleuchtung) reiche nicht aus; die raumbildenden Ausbauten seien jedenfalls fertiggestellt. Das Bestreiten des tatsächlich angefallenen Zeitaufwands und dessen objektive Notwendigkeit betreffend die abgerechneten Besonderen Leistungen sei zu unsubstantiiert und unbeachtlich angesichts der detailliert nach Tag und Zeit aufgeschlüsselten Aufstellung des klägerischen Zeitbedarfs (K 36).

Aus der für die LPh 1-8 erstellten Honorarrechnung vom 29.05.2000 stünde dem Kläger das vertraglich geschuldete Honorar i.H.v. 1 433 494,96 DM abzügl. geleisteter Zahlungen von 446 644,07 DM, also noch 986 850,89 DM oder 504 568,85 EUR zu. Aus der Rechnung für die LPh 9 vom 11.04.2001 könne der Kläger den vertraglich geschuldeten Betrag von 35 520,95 DM geltend machen, da nicht nach Mindestsätzen abzurechnen sei. Der Kläger habe weiterhin Anspruch auf Vergütung für Besondere Leistungen entsprechend Ziff. 4.1 des Vertrages und den Ergänzenden Vereinbarungen (Anlagen K 3 bis K 5, B1. 23- 25) i.H.v. insgesamt 35 226,01 EUR sowie Anspruch auf insgesamt 1 678,20 EUR aus den Nebenkostenabrechnungen vom 17.01.2000, 11.01.2001 und 11.04.2001 (vgl. Ziff. 8.2 des Vertrages).

Gegen das am 06.06.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 08.07.2002 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 05.08.2002 eingegangenem Schriftsatz begründet. Mit am 06.09.2002 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger zugleich Anschlussberufung eingelegt und diese auch begründet, nachdem ihm die Berufungsbegründung am 09.08.2002 zugestellt worden war.

Die Beklagte hält im Wesentlichen dafür, das Landgericht habe den Vertrag falsch ausgelegt. Die Beauftragung des Klägers umfasse ausweislich der Anlage 1 entsprechend der "Gewerketrennung" (Bl. 441/242 dA) eben nur die dort aufgeführten Gewerke "Tischlerarbeiten, Lose Möbel, Büromöbel, Beschilderung, Textile Dekoration und Hydrokulturen" sowie die Erstellung des Farb- und Materialkonzepts.

Eine Auslegung in diesem Sinne ergebe sich überdies aus den Umständen der Vertragsentstehung. Seit 1993 stünden die Parteien in dieser Sache in ständiger Geschäftsbeziehung. Ein zunächst gegenüber dem streitgegenständlichen Gebäude geplanter Internatsbau sei in mehreren Vertragsentwürfen des Klägers ab Dezember 1993 (Anlage B 4 ff, Bl. 377) fortgeschrieben worden und habe sich schließlich auf das streitgegenständliche Gebäude konzentriert. Dabei habe es zu einem Vertragsentwurf des Klägers vom 01.08.1996 (Anlage B 14) - gerade hinsichtlich der streitigen Vollbeauftragung für raumbildende Ausbauten - eine für die Auslegung wichtige Stellungnahme der OFD Chemnitz gegeben (Bl. 412/413):

"Hinsichtlich der anrechenbaren Kosten sollte eine Vereinbarung getroffen werden, welche Kostengruppen beim Innenarchitekten angerechnet werden, da der Innenarchitekt sicher nicht für alle Gewerke Leistungen zu erbringen hat. Dies wäre auch wichtig, um eine Leistungsüberschneidung zwischen Architekt und Innenarchitekt auszuschließen."

Wie das Schreiben des Klägers vom 24.06.1997 (B 15, Bl. 434) zeige, habe der Kläger von der "Überschneidungsproblematik" Kenntnis erlangt, indem er zu einer Art "Mischkalkulation" des vorliegenden Vertrages sowie zur Problematik der Honorarzone 3 ausführt. Vor diesem Hintergrund liege die Auslegung der o. g. Anlage 1 zum Vertrag durch die Gegenseite, auch andere als ausdrücklich mit "IA" (Innenarchitekt) bezeichneten Gewerke seien beauftragt, neben der Sache. Eine Doppelbeauftragung des Klägers neben dem Architekten sei objektiv nicht erforderlich gewesen, da Mobiliar bereits vorhanden gewesen sei und dem Architekten auch andere Innenbauleistungen, wie Schreinerarbeiten, Gipskartonarbeiten etc. lt. Gewerketrennungsliste Anlage 1 (soweit nicht mit "IA" bezeichnet) zugewiesen worden seien. Die Erklärung des Klägers, die "Gewerketrennung" betreffe lediglich die Zuständigkeit für die Ausschreibung und Überwachung, überzeuge nicht. Auch der Zeuge Powiersky habe der Anlage die Bedeutung der Vermeidung einer Doppelabrechnung beigemessen (Bl. 348).

Die Rechnung sei überdies nicht prüffähig wegen nicht nachvollziehbarer bzw. unberechtigter Einstellung von anrechenbaren Kosten. Die Anlage 1 zum Vertrag verhalte sich nicht nur zum Auftragsumfang, sondern begrenze auch die anrechenbaren Kosten entsprechend der teilweise übertragenen Gewerken. Der Kläger habe entgegen seinem späteren Abrechnungsverhalten die ersten Kostenberechnungen vom 01.02.1996, 22.04.1996 und den Kostenanschlag vom 28.01.1998 (Anlage K 7) lediglich anhand der Kostengruppen 3, 4.1, 4.2, 4.3 (der DIN 276/81) erstellt, d.h. ohne die später zugrunde gelegten Technikkosten nach § 10 Abs. 4 HOAI. Auch die vier weiteren Abschlagsrechnungen (B 21) seien auf dieser Basis erstellt worden. Erst ab der 7. bzw. 9. Abschlagsrechnung sei anders verfahren worden. Darüber hinaus habe das Landgericht Verfahrensfehlern begangen und eine Nachvernehmung des Zeugen Prowiersky unterlassen.

Die Widerklage sei unter dem Gesichtspunkt der Überzahlung begründet. Die Honorarvereinbarung sei entgegen § 4 Abs. 4 HOAI nicht bei Erteilung des Auftrags geschlossen worden. Der Kläger sei schon seit 1994 am Objekt tätig gewesen, während die Honorarvereinbarung erst vier Jahre später geschlossen worden sei.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des LG Leipzig vom 04.06.2002, 4 U 2658/01, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 30 796,07 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit 05.03.2002 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen sowie im Wege der Anschlussberufung das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 630 748,03 EUR zu bezahlen nebst
4 % Zinsen aus 68 896,09 DM = 35 226,01 EUR ab dem 11.12.1999, nebst
4 % Zinsen aus 179 220,00 DM = 91 633,73 EUR vom 11.12.1999 bis zum 30.06.2000, nebst
Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach 1 des DÜG vom 09.06.1998 aus 1 122 512,87 DM = 573 931,72 EUR vom 01.07.2000 bis zur Zustellung der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 27.11.2001,

Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des DÜG vom 09.06.1998 aus 38 944,67 DM = 19 912,09 EUR ab dem 14.05.2001 bis zur Zustellung der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 27.11.2001,
Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach 1 des DÜG vom 09.06.1998 aus 1 164 739,82 DM = 595 522,01 EUR ab Zustellung der Klageerweiterung vom 27.11.2001.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger vertritt die Ansicht, er sei umfänglich mit der Erbringung der LPh 1-9 des Leistungsbildes raumbildende Ausbauten beauftragt. Die "Gewerketrennung" (Anlage 1 zum Vertrag) grenze ab, welche Gewerke der weitere Architekt und welche der Kläger zu bearbeiten habe. Sie regle die hierfür erforderliche Verantwortlichkeit für die Ausschreibung.

Der Zeuge Powiersky habe bestätigt, dass damit keinerlei Einschränkungen des Leistungsumfangs habe erfolgen sollen (Bl. 348).

Für die klägerische Auffassung streite ferner die Fassung der Gegenstandsbeschreibung: "Planung und Ausführung des raumbildenden Ausbaus ... als Gesamtleistung entsprechend den Grundleistungen des § 15 HOAI" sowie der Hinweis rechts unten auf S. 1 des Vertrages: "Leistungsbild 100 %". Im Übrigen habe der Kläger auch für die nicht mit "IA" bezeichneten Gewerke Leistungen erbracht, lediglich nicht federführend. Die Stellungnahme der OFD vom 04.03.1997 (B 12, Bl. 411) weise wegen der Unwirtschaftlichkeit einer Doppelbeauftragung gerade dem Kläger das vollständige Leistungsbild für den Innenausbau zu.

Die anrechenbaren Kosten errechneten sich unter Einbeziehung der Technikkosten, § 10 Abs. 4 HOAI, selbst wenn Planung und Überwachung der Ausführung der Technik durch den Innenarchitekten nicht vorgenommen würden. Der Grund liege im gleichwohl bestehenden Planungsmehraufwand in Gestalt von Bedarfsermittlungen für Leitungen, Steckdosen, Befestigungen, Prüfung aller technischen Fachplanungen im Hinblick auf Kollision bzw. Integration in seine Planung etc. Entgegen dem Landgericht sei das vorhandene Mobiliar als Bausubstanz i.S.v. § 10 Abs. 3 HOAI anzusehen.

Die Leistungserbringung sei im Jahr 1994 bis 1999 erfolgt. Einen Überblick über die Entwicklung des Projekts (rund 100 Leitz-Ordner) ergebe sich aus der Chronologie in Anlage K 25.

Was den Zeitpunkt des Vertragsschlusses anbelangt, so hätten die Parteien bis 03.04.1997/10.03.1998 (K 1) keine Honorarvereinbarung getroffen. Die bis dahin vorgelegten acht inhaltlich unterschiedlichen Vertragsentwürfe bewiesen, dass eine Einigung über die Honorierung gerade noch nicht zustande gekommen war, so dass ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 HOAI ausscheide.

Die Abrechnungsgrundlagen folgten dem Auftragsumfang. Wie dargelegt, beschränkten sich diese nicht lediglich auf die Aufgaben des Innenarchitekten. Es gebe auch keine Doppelbeauftragung zwischen dem Gebäudearchitekten und dem Kläger. Der Kläger habe auch unter der richtigen Honorarzone 4 abgerechnet.

Verfahrensmängel seien im Hinblick auf den richterlichen Hinweis in der Sitzung vom 05.03.2002 zur Zeugenproblematik zum unsubstantiierten Vortrag bzw. der fehlenden Schlüssigkeit (Bl. 533) nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie die in Bezug genommenen Anlagen. Ausweislich des Protokolls im Senatstermin vom 28.01.2003 hat der Senat auf seine rechtliche Auffassung zu den Problemkreisen Wirksamkeit der Honorarvereinbarung, Auslegung des Beauftragungsumfangs, Prüffähigkeit der Schlussrechnung im Hinblick auf § 5 Abs. 2 HOAI hingewiesen. Auf Bl. 773-775 dA wird Bezug genommen.


II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der mit der Klage geltend gemachte Honoraranspruch ist mangels prüffähiger Schlussrechnung zumindest derzeit nicht fällig. Desgleichen hat der Kläger mangels prüfbarer Schlussrechnung nicht dargelegt, dass ihm der mit der Widerklage geltend gemachte Teilbetrag zusteht.

Die zulässige Anschlussberufung erweist sich als unbegründet, da der Kläger die Voraussetzungen für einen fälligen Honoraranspruch nicht dargelegt hat.

1. Dem Kläger steht, mangels prüffähiger Schlussrechnung derzeit kein fälliger Honoraranspruch zu, §§ 631 i.V.m. § 8 Abs. 1 HOAI.

a) Die Beklagte beauftragte den Kläger mit der Erbringung von Architektenleistungen betreffend raumbildende Ausbauten, § 3 Nr. 7 i.V.m. § 15 Abs. 1 HOAI. Der Auftrag war hinsichtlich der Gewerke eingeschränkt gemäß Anlage 1 (Gewerketrennungsliste), hinsichtlich des dabei zu erbringenden Umfangs allerdings umfassend (LPh 1-9). Desgleichen erfolgte die Beauftragung mit Besonderen Leistungen und hinsichtlich aller Gewerke - mit der Erstellung eines Farb- und Materialkonzepts.

Dies ergibt sich nach der Überzeugung des Senats aus dem Vertrag vom 03.04.1997/10.03.1998 (K 1 bzw. B 17, Bl. 437 ff.). Ziff. 14 des Vertrages "Zusätzliche Vereinbarungen" verweist dabei ausdrücklich auf die dadurch zum Vertragsgegenstand erhobene Anlage 1 "Gewerketrennung". Von den darin aufgeführten 36 Gewerken sind lediglich die Ziff. 30-35 ("Tischler, Lose Möbel, Büromöbel, Beschilderung, Textildekor, Hydrokultur") mit "IA" dem Innenarchitekt ohne Einschränkung zugeordnet und durch eine durchgezogene Trennungslinie von den darüber befindlichen Gewerken der lfd. Nr. 1-29 abgetrennt.

Das macht nur Sinn, wenn damit die Aufgabenabgrenzung zwischen dem Gebäudearchitekt und dem Kläger erfolgen sollte. Der Klägerseite sei zugegeben, dass der Vertrag insoweit nicht eindeutig ist.

Doch spricht bei einer am Wortlaut der Urkunden sowie an den Entstehungsumständen des Vertrages orientierten Auslegung nach §§ 133, 157 BGB für das hier gefundene Ergebnis das Schreiben der OFD vom 04.03.1997 (B 12). Darin wird ausdrücklich auf die Abgrenzungs- und Doppelabrechnungsproblematik von Innenarchitektenleistungen einerseits und Leistungen eines ohnehin beauftragten Architekten andererseits abgestellt, was dem Kläger im Vorfeld der Verhandlungen auch bekannt war, wie seine schriftlichen Reaktion (B 14) zeigt.

Überdies legt die Systematik der HOAI eine solche Trennung honorarrechtlich nahe. Zum einen umfasst nämlich das Leistungsbild des Objektarchitekten auch raumbildende Ausbauten i.S.v. § 3 Nr. 7 HOAI (z.B. Tapeten, Türen, Parkett, wie nicht tragende Innenwände, Treppen etc., vgl. Anhang I zu DIN 276/81 Anmerkung zu den Kostengruppen 3.1.3.2 und 3.1.3.3). Zum anderen sind die raumbildenen Ausbauleistungen nach 25 Abs. 1 HOAI vom "regulären" Objektarchitektenhonorar abgegolten, weswegen aus nahe liegenden Gründen sorgsam auf die Trennung zu achten ist. Anzunehmen, die Beklagte würde eine parallele Doppelbeauftragung mit der Folge einer doppelten Vergütung vorgenommen haben, liegt außerhalb jeder Lebenserfahrung. Eine Vertragsgestaltung mit dieser Konsequenz konnte vom Kläger zu keinem Zeitpunkt erwartet werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Zeugen Powiersky. Dessen Angaben, die Kennzeichnung einzelner Gewerke der Anlage 1 mit "IA" beziehe sich vornehmlich auf die eigenverantwortliche Ausschreibung und Bauüberwachung des Innenarchitekten, gibt für die Frage Stellung zum Umfang der übertragenen Gewerke nichts her. Sie verhält sich erkennbar zum Ausmaß der zu erbringenden Leistungsphasen und setzt damit die hier zu klärende Frage, ob ein Gewerk als solches übertragen wurde, bereits voraus.

Im Gegenteil bestätigt die Aussage Powiersky die Doppelbeauftragungsproblematik (Bl. 348):

"Aus meiner Sicht hat die OFD Chemnitz auf dieser Gewerketrennung deshalb bestanden, weil sie Doppelbeauftragung vermeiden wollte."

Schließlich stützt sich der Senat bei seiner Auslegung des Vertrages auf die Bezeichnung des beauftragten Farb- und Materialkonzepts ausdrücklich als "gewerkeübergreifend". Eine derartige Kennzeichnung macht nach allgemeinem Sprachgebrauch nur Sinn, wenn der Kläger zusätzlich für ihm nicht übertragene - hier dem Objektarchitekten obliegende - Gewerke tätig werden sollte, was wiederum eine zuvor nur eingeschränkte Beauftragung des Kläger voraussetzt. Schließlich macht, wenn der Kläger sämtliche Leistungsphasen zu erbringen hätte, das mit der Anlage 1 nach dem Klägerverständnis verfolgte Ziel der Zuordnung nur der LPh 7 und 8 keinen Sinn.

Ausgehend von dem soeben bestimmten Auftragsumfang begegnet die Honorarschlussrechnung vom 29.05.2000 (Bl. 26 ff) durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Prüffähigkeit. Die Bedenken betreffen die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung als solche sowie die fehlende Angabe zum prozentualen Umfang der erbrachten Leistung gemessen an den jeweiligen Grundleistungen.

aa) Der Kläger hat nach den HOAI-Mindestsätzen abzurechnen, da die Honorarvereinbarung vom 03.04.97/10.03.98 unwirksam ist. Gemäß § 4 Abs. 1, Abs. 4 HOAI richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung bei Auftragserteilung im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze, widrigenfalls die jeweiligen Mindestsätze gelten.

So liegt der Fall hier.

Unstreitig hat der Kläger jedenfalls über drei Jahre nicht unerhebliche Planungsleistungen erbracht, über deren nähere Ausgestaltung die Parteien zahlreiche Vertragsentwürfe erstellten. Er machte ferner mehrere Abschlagsrechnungen in dieser Zeit geltend, die auch bezahlt wurden. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass die Parteien die vertragsrechtlich unverbindliche Akquisitionsphase, in welcher der Kläger ohne weitere Folgen seine Tätigkeit einseitig hätte einstellen können, spätestens mit den Zahlungen auf die Abschlagsrechnungen lange vor 1998 verlassen und das verbindliche Stadium der Beauftragung erreicht hatten. Vor diesem Hintergrund überzeugt die Klägerauffassung, eine Beauftragung sei erst im Jahr 1998 erfolgt, nicht. Schließlich wird die Vermutung des 154 Abs. 2 BGB dadurch widerlegt, dass der Kläger mit seinem Vortrag inzidenter behauptet, er habe über drei Jahre ohne jede vertragliche Grundlage geleistet und hätte also, wenn die Parteien beispielsweise im Jahr 1997 auseinander gegangen wären, im vollen Bewusstsein der Risiken lediglich nach Bereicherungsgrundsätzen abrechnen wollen. Dies erscheint überaus lebensfremd, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

bb) Der Prüffähigkeit steht die fehlende Bereitschaft des Klägers entgegen, nach 5 Abs. 2 HOAI abzurechnen. Danach darf, wenn wesentliche Teile von Grundleistungen dem Auftragnehmer nicht übertragen werden - wie hier die Gewerke 1 bis 29 betreffend das Leistungsbild raumbildender Ausbau -, für die übertragenen Leistungen nur ein Honorar berechnet werden, das dem Anteil der übertragenen Leistungen an der gesamten Leistungsphase entspricht. Der Kläger hätte also, worauf der Senat im Protokoll vom 28.01.2003, Bl. 227, umfangreich hingewiesen hat, hinsichtlich jeder einzelnen Leistungsphase dartun müssen, was erbracht wurde und wie er den erbrachten Teil im Verhältnis zum gesamten Leistungsumfang der jeweiligen Leistungsphase prozentual bewertet und in Beziehung setzt.

Anders ausgedrückt und wie im Termin am Beispiel des Objektplaners, dem Planung und Überwachung lediglich des Estrichs übertragen wurde, zusammenfassend erläutert, hätte der Kläger von einer Kostenermittlung auf der Basis der kompletten Objektplanung nach § 10 HOAI bei den jeweiligen Leistungsphasen die erbrachten Leistungen betreffend den Estrich zu bewerten gehabt, z.B. bei LPh 8 (31 %): 1 % von 31 %.

Dies ist nicht geschehen.

Entgegen der Auffassung des Klägervertreters erfolgt die Abrechnung von nur teilweise übertragenen Grundleistungen bzw. Teilleistungen von Grundleistungen nicht durch Berücksichtigung entsprechend niedriger anrechenbarer Kosten (nur aus den bearbeiteten Gewerken). Das folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 HOAI wie aus der Systematik der HOAI. Nach § 10 Abs. 1 richtet sich das Honorar für raumbildende Ausbauten nach den anrechenbaren Kosten des Objekts, die gem. § 10 Abs. 2 hinsichtlich der anrechenbaren Kosten nach DIN 276 als Gesamtkostenermittlung für das gesamte Objekt vorzunehmen sind. Somit findet die erforderliche Korrektur nur über die Vergütungssätze nach § 15 HOAI statt (vgl. hierzu auch OLG Köln, BauR 92, 668/669).

Es kann dabei nicht Aufgabe des Senats sein, die korrekten anrechenbaren Kosten zu ermitteln, die Leistungen des Klägers zu bewerten, diese in Beziehung zu setzen und auf diese Weise - trotz ausdrücklicher Rüge der Gegenseite die Prüffähigkeit der klägerischen Schlussrechnung sicherzustellen.

cc) Ob und inwieweit die anrechenbaren Kosten nicht prüffähig oder nicht richtig sind, kann dahinstehen, da es hierauf nicht ankommt. Der Prüffähigkeitseinwand ist der Beklagtenseite auch nicht deshalb aus der Hand genommen, weil sie ihrerseits eine Schlussberechnung durchgeführt. Unabhängig vom gefundenen Ergebnis krankt eine Alternativberechnung der Beklagten an deren unzutreffender Auffassung, wonach die anrechenbaren Kosten sich lediglich am Umfang der übertragenen Gewerke zu orientieren haben. Das trifft, wie oben gezeigt (bb) nicht zu.

Da der Kläger somit die Systematik der HOAI in mehrfacher Hinsicht nicht eingehalten hat, scheidet die Prüffähigkeit aus.

c) Ein Teil-Honoraranspruch gebührt dem Kläger auch nicht hinsichtlich der Besonderen Leistungen.

Der Senat hat im Termin vom 28.01.2003 darauf hingewiesen, dass er entgegen der Auffassung des Landgerichts das erstinstanzliche Bestreiten der Beklagten betreffs Durchführung, Dauer und Erforderlichkeit der der Abrechnung zugrunde gelegten Stundenzettel (Anlagenkonvolut K 36) für zulässig hält.

Der Vortrag, an welchem Tag zu welchen Zeiten welche konkreten Leistungen erbracht wurden und inwieweit diese objektiv notwendig waren, gehört zur Darlegung des Anspruchs. Angesichts des Bestreitens der Beklagten, auch in Bezug auf den behaupteten Zeitaufwand, genügt es nicht, - wie im Klägerschriftsatz vom 07.09.2001 geschehen - pauschal auf die im Anlagenkonvolut enthaltene Zeiterfassung für jegliche Tätigkeiten getrennt nach Mitarbeitern und den aufgewandten Zeiten zu verweisen mit dem Angebot, das Konvolut durch die Projektsteuerin und Architektin Sanladerer bzw. weitere Zeugen erläutern zu lassen.

Die Vorgehensweise ersetzt - wie beklagtenseits erst- und zweitinstanzlich umfangreich gerügt - den schriftsätzlichen Vortrag nicht, insbesondere weil der behauptete Zeitaufwand ohne nähere Erläuterung nicht nachvollziehbar ist und die einseitig erstellten und beklagtenseits nicht gezeichneten Stundenzettel erst mehrere Jahre nach Durchführung des Projekts vorgelegt wurden.

Schließlich bestünde durch die Befragung die Gefahr der Ausforschung, würde doch erst durch eine geordnete Befragung der Zeugen seitens des Gerichts anhand schriftsätzlich nicht vorgetragener, durch das Gericht aus den Anlagen entnommene Tatsachen die dem Anspruch zugrunde liegende Umstände quasi ermittelt.

2. Der Widerklage war stattzugeben, § 631 Abs. 1 BGB.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH WM 99, 811) folgt aus einer Vereinbarung über Voraus- oder Abschlagszahlungen die vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers, seine Leistungen abzurechnen. Der Auftraggeber hat einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung des evtl. verbliebenen Überschusses. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof (aaO.) aus, dass der Auftragnehmer die Beweislast für seinen Vergütungsanspruch trägt. Der Auftragnehmer ist nämlich aufgrund der vertraglichen Abrede verpflichtet nachzuweisen, dass er berechtigt ist, die Vorausund Abschlagszahlungen endgültig zu behalten. Der Auftraggeber trägt demgegenüber die Beweislast für die behaupteten Voraus- und Abschlagszahlungen.

Gemessen an diesen Voraussetzungen war mangels prüffähiger Schlussrechnung der Widerklage zu entsprechen. Solange nämlich der Kläger die - zwischen den Parteien konkludent vereinbarten - geforderten und unstreitig bezahlten Abschlagszahlungen nicht im Wege der prüfbaren Schlussabrechnung als ihm dauerhaft zustehend nachgewiesen hat, hat er im Zweifel Überzahlungen zurückzuerstatten.

3. Die Anschlussberufung war zurückzuweisen, da - wie oben dargelegt - dem Kläger derzeit ein fälliger Honoraranspruch nicht zusteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbar auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen und eine Zulassung auch nicht beantragt war.

RechtsgebietHOAIVorschriftenHOAI § 5 Abs. 2, § 10 Abs. 1

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