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01.04.2011

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 14.02.2011 – 5 Sa 1123/10

Kennzeichnend für die Vorarbeiterzulage ist, dass der Vorarbeiter die Aufgabe hat, mit den ihm zugeteilten Mitarbeitern gemeinsam zu arbeiten, ihnen also durch praktische Arbeit Anweisung und Beispiel zu geben.


Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.06.2010 - 13 Ca 10574/09 - wird abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass am 07.11.2007 kein wirksamer Widerruf einer Vorarbeiterzulage durch die Beklagte erfolgt ist.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, einen Einbehalt in Höhe von 851,34 EUR - ratierlich oder in einer Summe - durch Verrechnung mit den Lohnansprüchen des Klägers geltend zu machen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 851,34 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Widerruf einer Vorarbeiterzulage.

Der am 18.09.1952 geborene Kläger ist bei der beklagten B im Bereich der B seit dem 08.06.1976 als Koch angestellt. Seit Beginn seiner Tätigkeit bei der beklagten B erhielt der Kläger zunächst eine sog. Vorhandwerkerzulage. Mit Wirkung zum 01.10.1995 erhielt der Kläger rückwirkend ab Juli 1988 statt der Vorhandwerkerzulage eine Vorabeiterzulage. Hierzu wurde in einem Schreiben der Beklagten an die damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10.10.1995 (Bl. 106 d. A.) ausgeführt, dass die Voraussetzungen zur Gewährung einer Vorhandwerkerzulage nur bis Juni 1988 vorgelegen hätten, weil dem Kläger nur bis zu diesem Zeitpunkt 2 ausgebildete Köche unterstellt gewesen seien. Ab Juli 1988 seien dem Kläger tatsächlich keinerlei ausgebildete Köche mehr unterstellt gewesen, so dass ihm wegen der unterstellten ungelernten Küchenhilfskräfte lediglich die Vorarbeiterzulage zustehe. Der Kläger erhielt auch in der Folgezeit die Vorarbeiterzulage. Mit Wirkung zum 01.09.1997 erfolgte die förmliche Bestellung zum Vorarbeiter.

Mit Schreiben vom 24.09.1997 (Bl. 111 d. A.) wurde dem Kläger mitgeteilt, dass sich der Kreis der ihm als Vorarbeiter unterstellten Personen dahingehend geändert habe, dass eine Namensnennung aufgrund der häufigen Personaländerungen nicht mehr erfolgen könne. In dem Schreiben hieß es weiter:

"Ich unterstelle ihnen hiermit die Küchenhilfskräfte, die für ihre Schicht eingeteilt sind."

In den folgenden Jahren erfolgten zum 01.04.2002 und zum 01.07.2006 zwei Umsetzungen, durch die die Tätigkeit als Koch nicht verändert wurde. Seit der letzten Umsetzung arbeitet der Kläger als Koch im Bundessprachenamt. Mit Inkrafttreten des TVöD ist der Kläger im Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 5 Stufe 6 des TVöD übergeleitet worden.

Der monatliche Bruttoverdienst des Klägers beträgt 2.185,-- EUR. Die Vorarbeiterzulage beträgt monatlich 141,89 EUR brutto. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge die öffentlichen Dienstes in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung.

Ausgelöst durch eine Beanstandung des Bundesrechnungshofes widerrief die Beklagte mit Schreiben vom 07.11.2007 (Bl. 17 d. A.) die Bestellung zum Vorarbeiter mit Wirkung zum 05.11.2007 und teilte in jenem Schreiben mit, dass sie die Zahlung der Vorarbeiterzulage 4 Wochen nach Empfang dieses Schreibens einstellen werde.

Entgegen dieser Ankündigung zahlte die Beklagte tatsächlich die Vorarbeiterzulage durchgehend 20 Monate weiter bis einschließlich August 2009.

Mit Schreiben vom 26.10.2009 macht die Beklagte gegenüber dem Kläger die Überzahlung der Vorarbeiterzulage geltend und berief sich hierzu auf den Widerruf der Vorarbeiterzulage mit Schreiben vom 07.11.2007. Unter Beachtung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist des § 37 TVöD werde eine Rückzahlung für die Zeit von März 2009 bis August 2009 in Höhe von insgesamt 851,34 EUR brutto verlangt. Seit Oktober 2009 hat die Beklagte monatliche Raten von dem Gehalt des Klägers einbehalten.

Mit seiner Klage, bei Gericht eingegangen am 19.11.2009, hat der Kläger geltend gemacht, dass er weiterhin Anspruch auf die Vorarbeiterzulage habe. Der Einbehalt seit Oktober 2009 sei zu Unrecht erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass am 07.11.2007 kein wirksamer beachtenswerter Widerruf einer Vorarbeiterzulage durch die Beklagte erfolgt ist;

2. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist - ratierlich oder in einer Summe - einen Einbehalt in Höhe von 851,34 EUR durch Verrechnung mit Lohnansprüchen des Klägers geltend zu machen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 851,34 EUR zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.03.2010 zu bezahlen (Vorarbeiterzulage in dem Zeitraum 01.09.2009 bis 28.02.2010).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Widerruf der Vorarbeiterzulage folge den tarifvertraglichen Regelungen. Der Kläger stehe keiner Arbeitsgruppe vor. Die Vorgesetztentätigkeit werde vom Küchenmeister ausgeübt. Der Umstand, dass der Kläger Küchenhilfskräften aufgrund seines Fachwissens die Anweisung erteilt, bestimmte Arbeiten auszuführen, führe nicht dazu, dass er einer Arbeitsgruppe vorstehe. Die entsprechende Verantwortung liege beim Küchenmeister.

Durch Urteil vom 01.06.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter sei rechtmäßig. Durch die tarifliche Regelung hätten die Tarifvertragsparteien das Recht des Arbeitgebers zur einseitigen Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen erweitert. Dies sei zulässig. Daher stelle der Widerruf keine Rückgruppierung dar. Es handele sich auch nicht um die Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit. Die Beklagte sei befugt gewesen, den Widerruf auszusprechen. Denn der Kläger stehe nicht mehr einer Gruppe von mindestens zwei Arbeitnehmern vor. Weil die Entscheidung zum Widerruf der Vorarbeiterzulage rechtmäßig sei, liege eine Überzahlung vor, so dass der Kläger verpflichtet sei, den überzahlten Teil des Gehalts an die Beklagte zurückzuzahlen. Der Einbehalt seit Oktober 2009 sei folglich zulässig.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung einlegen und begründen lassen.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Vorarbeiterzulage zu widerrufen. Dem Kläger seien nicht nur 2 Köche unterstellt, eine Kraft mit einer vollen Stelle und eine Kraft mit einer 3/4 Stelle, sondern zusätzlich weiteres Personal. Insgesamt seien dem Kläger weitere 7 Kräfte unterstellt, wie die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 07.12.2009 zutreffend ausgeführt habe. Seit dem Schreiben vom 24.06.1997 erfolge diese Unterstellung nicht mehr namentlich. Hinsichtlich des Unterstellungsverhältnisses sei von Bedeutung, dass der Kläger nicht nur Einzelweisungen erteile, sondern die Küchenorganisation vornehme. Die Rüge des Bundesrechnungshofes, die vermutlich Anlass für den gesamten Rechtsstreit sei, gehe ins Leere. Der Kläger nimmt darüber hinaus Bezug auf die ihm jährlich erteilten Leistungsbewertungen (Bl. 138 d. A., Bl. 139 d. A.), in denen bei den Aufgaben des Tarifbeschäftigten die Anweisung und Leitung der Küchenhilfskräfte hervorgehoben werde.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 01.06.2010 - 13 -Ca 10574/09 -

1. festzustellen, dass am 07.11.2007 kein wirksamer beachtenswerter Widerruf einer Vorarbeiterzulage durch die Beklagte erfolgt ist;

2. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist - ratierlich oder mit einer Summe - einen Einbehalt in Höhe von 851,34 EUR durch Verrechnung mit den Lohnansprüchen des Klägers geltend zu machen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 851,34 EUR zuzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2010 zu zahlen (Vorarbeiterzulage für den Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 28.02.2010).

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zu Unrecht meine der Kläger, das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend zwischen der Vorhandwerkerzulage und der Vorarbeiterzulage differenziert. In § 3 TV LohngrV sei in Abs. 4 eindeutig geregelt, dass sowohl die Bestellung zum Vorhandwerker wie auch die Bestellung zum Vorarbeiter vom Arbeitgeber widerrufen werden könne. Ein sachlicher Grund für den Widerruf liege vor, denn der Kläger nehme spätestens seit dem 01.07.2006 keine Vorarbeitertätigkeiten mehr wahr. Spätestens seit diesem Tag stehe der Kläger keiner Arbeitsgruppe mehr vor. Dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Koch den anwesenden Küchenhilfskräften fachliche Anweisungen gebe, liege in der Natur der Sache. Es sei jedoch falsch, dass dem Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt die anwesenden Küchenhilfskräfte unterstellt worden wären.

Im Schriftsatz vom 14.1.2011 hat die Beklagte weiter vorgetragen, die Leitung und Anweisung von Küchenhilfskräften gehöre zu den regelmäßigen Aufgaben eines Kochs. Zur Rolle des Vorarbeiters gehöre es, den Personaleinsatz der Mitarbeiter zu planen und zu leiten. Diese Aufgabe nehme aber der Küchenmeister wahr. Zudem habe die ebenfalls als weitere Köchin eingesetzte Mitarbeiterin die gleichen Befugnisse wie der Kläger.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist in der Sache begründet. Aufgrund des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz und der im Berufungsverfahren zusätzlich unstreitig gewordenen Umstände kann von einem rechtmäßigen Widerruf der Bestellung zum Vorarbeiter und der Vorarbeiterzulage nicht ausgegangen werden.

Die Klage hatte daher mit allen drei im Berufungsverfahren gestellten Anträgen Erfolg.

I. Erfolg hatte die Berufung mit dem Antrag festzustellen, dass am 07.11.2007 kein beachtenswerter wirksamer Widerruf durch die Beklagte erfolgt ist.

1. Der gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, da der Kläger angesichts des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, dass der von der Beklagten ausgesprochene Widerruf nicht rechtmäßig und daher unbeachtlich ist.

Da der Rechtsstreit den Sektor des öffentlichen Dienstes betrifft und von einer Befolgung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung ausgegangen werden kann, galt der grundsätzlich bestehende Vorrang der Leistungsklage im vorliegenden Fall nicht (ständige höchstrichterliche Rspr., siehe BAG, Urteil vom 27.7.1988 - 5 AZR 244/87, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 83; Schwab/Weth, Kommentar zum ArbGG, 3. Auflage 2011, § 46 Rn. 72 ff).

2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Denn der erklärte Widerruf mit Schreiben vom 07.11.2007 war aus mehreren unabhängig voneinander bestehenden Gründen nicht rechtmäßig.

a. Zutreffend ist allerdings der Ansatz der Beklagten, dass § 3 Abs. 4 TVLohngrV eine Widerrufsermächtigung enthält (ebenso LAG Hamm Urteil vom 2.10.2008 - 11 Sa 702/08).

Ein Widerruf setzt somit nicht, wovon auch das Arbeitsgericht zutreffend ausgeht, eine Änderungskündigung voraus. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien durch die tarifvertragliche Regelung die Befugnis des Arbeitgebers zu einseitigen Vertragsänderungen erweitert.

b. Ein ausreichender Widerrufsgrund liegt jedoch nicht vor. Es mangelt an einem sachlichen Grund, der den Widerruf rechtfertigen könnte.

aa. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob und welche Beanstandungen der Bundesrechnungshof erhoben hat. Denn die Widerrufsgründe können sich allein aus dem Tarifvertrag selbst ergeben, nicht hingegen aus Beanstandungen des Bundesrechnungshofes.

bb. Ein sachlicher Grund für einen Widerruf könnte allenfalls darin liegen, dass die Vorarbeitertätigkeit des Klägers tatsächlich weggefallen wäre. Davon kann nach dem Vorbringen der Partei in der Berufungsinstanz und den zusätzlich unstreitig gewordenen Umständen im Berufungsverfahren jedoch nicht ausgegangen werden.

Es steht zunächst fest, dass dem Kläger an seinem jetzigen Arbeitsplatz die ungelernten Küchenhilfskräfte unterstellt sind. Dabei handelt es sich nach den Ausführungen der Beklagten im Berufungserwiderungsschriftsatz vom 08.11.2010 um insgesamt 9 Küchenhilfskräfte, gegenüber denen der Kläger anweisungsbefugt ist. Dass insoweit keine namentliche Unterstellung erfolgt ist, ist unschädlich. Denn die Beklagte hat durch ihr Schreiben vom 24.09.1997 (Bl. 111 d. A.) auf ihr Recht, eine namentliche Unterstellung vorzunehmen, verzichtet und die Unterstellung in der Weise vorgenommen, dass aufgrund der häufigen Personaländerungen diejenigen Küchenhilfskräfte unterstellt würden, die jeweils für die Schicht eingeteilt seien. Eine Aufhebung dieser Unterstellung oder eine Rücknahme dieses Schreibens vom 24.09.1997 ist zu keinem Zeitpunkt vorgenommen worden.

Für eine Vorarbeitertätigkeit ist auch nicht Voraussetzung, dass es sich um eine Arbeitsgruppe mit gelernten Küchenkräften handeln müsste. Der Tarifvertrag enthält nicht die Voraussetzung, dass es sich bei den unterstellten Mitarbeitern um ausgebildete Facharbeiter handeln müsste. Die Vorarbeiterzulage ist daher unabhängig davon, ob die unterstellten Mitarbeiter ausgebildete Facharbeiter oder ungelernte Hilfskräfte sind. Entscheidend ist nur, dass es Arbeitnehmer sein müssen. Deshalb ist die Unterstellung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen - sog. Ein-Euro-Jobber nicht ausreichend für eine Vorarbeiterzulage (so BAG Urteil vom 19.11.2008 - 10 AZR 658/07, NZA 2009, 269 ff). Daraus folgt aber im Umkehrschluss, dass entscheidend die Arbeitnehmereigenschaft der unterstellten Mitarbeiter ist.

Falsch ist es, anzunehmen, dass es zum Berufsbild der Tätigkeit als Koch ohnehin gehöre, anwesenden Küchenhilfskräften fachliche Anweisungen zu erteilen. Denn Köche verrichten in großer Zahl ihre Arbeit insbesondere in kleineren Gastronomiebetrieben, völlig ohne Hilfskräfte. Daher kann aus der Tätigkeit als Koch allein nicht darauf geschlossen werden, es gehöre zum Berufsbild hinzu, einer Mehrzahl von Küchenhilfskräften Anweisungen zu erteilen. Die von der Beklagtenseite überreichte Berufsbildbeschreibung lässt nichts anderes erkennen. Denn auch aus ihr geht nicht hervor, dass es zur Tätigkeit als Koch konstitutiv und obligatorisch dazu gehören würde, Küchenhilfskräften Anweisungen zu erteilen. Aus der Berufsbildbeschreibung ist nur ersichtlich, dass dies fakultativ im Einzelfall zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung gehören kann ("Darüber hinaus führen sie auch folgende Tätigkeiten aus:").

Im übrigen verkennt die Beklagte, dass es nicht um eine Höhergruppierung des Klägers geht, sondern um eine Zulage. Der Kläger bleibt, auch wenn er als Vorarbeiter arbeitet, Koch und bleibt als Koch eingruppiert. Die Zulage als Vorarbeiter deckt lediglich zusätzliche Tätigkeiten ab, die zum Berufsbild des Kochs fakultativ gehören können.

Bereits der Begriff Vorarbeiterzulage lässt darüber hinaus erkennen, dass der Vorarbeiter die Aufgabe hat, mit den ihm zugeteilten Kräften gemeinsam zu arbeiten, ihnen "vorzuarbeiten", also durch praktische Arbeit Anweisung und Beispiel zu geben. Diese Voraussetzung ist ohne Weiteres auch und gerade dann erfüllt, wenn dem Vorarbeiter nur Hilfskräfte unterstellt sind. Dass die Anweisung und Leitung der Küchenhilfskräfte einen ganz wesentlichen Teil der Arbeit des Klägers ausmacht, ist zudem unübersehbar den Leistungsbewertungen zu entnehmen, die die Beklagte dem Kläger jährlich erteilt hat. Aus diesen Leistungsbewertungen (Bl. 138 und 139 d. A.) geht eindeutig hervor, dass die "Anweisung und Leitung der Küchenhilfskräfte" eine wesentliche Arbeitsaufgabe des Klägers war.

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass die Küchenorganisation hauptsächlich der Küchenmeister wahrgenommen habe.

Denn die Planung des Personaleinsatzes und die damit verbundene administrative Arbeit ist keine Vorarbeit im Tarifsinne, sondern Personalplanungsarbeit. Vorliegend steht aber nicht eine Personalplanungszulage, sondern eine Vorarbeiterzulage in Rede.

Vorarbeit ist schon nach dem Wortlaut das tatsächliche handwerkliche Arbeiten in einer Gruppe, nicht aber die administrative Personaldisposition. Dass der Küchenmeister in diesem Sinne in der Arbeitsgruppe praktisch handwerklich mit- und vorgearbeitet hätte, und dies zu überwiegenden Arbeitsanteilen getan hätte, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Der Kläger hat vielmehr diesbezüglich in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Köln am 13.12.2010 erklärt, der Küchenmeister sei nur noch zu 20 % in der Küche tätig und zu 80 % mit administrativen Aufgaben beschäftigt. Demgegenüber hat der Beklagtenvertreter erklärt, es sei weiterhin so, dass der Küchenmeister zu 40 % in der Küche tätig sei und zu 60 % mit administrativen Aufgaben beschäftigt sei. Selbst wenn Letzteres zutreffend sein sollte, steht damit fest, dass der Küchenmeister zum überwiegenden Teil nicht konkret in der Küche gearbeitet hat und damit auch keine Vorarbeitertätigkeiten ausfüllen konnte. Dies unterstreicht, dass der Kläger weiterhin Vorarbeitertätigkeit geleistet hat.

Die Beklagte kann schließlich nichts aus dem Hinweis herleiten, dass die weitere Köchin ebenfalls Anweisungsbefugnisse habe. Denn in Arbeitsgruppen, zumal in solchen mit einer größeren Personenzahl wie im vorliegenden Fall, ist es ohne weiteres möglich, dass mehrere Personen als Vorarbeiter fungieren mit der Folge, dass mehrere Personen die Vorarbeiterzulage beanspruchen können (siehe beispielhaft Tatbestand des BAG Urteil vom 27.8.2008 - 4 AZR 719/07, NJOZ 2009, 3579, dort 17 Mechaniker, zwei Vorarbeiter, drei Meister).

Ein ausreichender Widerrufsgrund liegt folglich nicht vor.

c. Der Widerruf scheitert im Übrigen auch daran, dass unter Verstoß gegen § 315 BGB, welcher die Beklagte zur Ausübung billigen Ermessens verpflichtet, die Beklagte bei ihrem Widerruf keine Abschmelzungsregelung vorgesehen hat.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausginge, dass ein Widerrufsrecht bestünde, unterläge die Ausübung dieses Widerrufsrechts der Ausübungskontrolle nach § 315 Absatz 1 BGB. Ob ein Widerruf der Billigkeit entspricht, unterläge in vollem Umfang der richterlichen Überprüfung. Dazu ist eine Abwägung der wechselseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (siehe BAG Urteil vom 13.4.2010 - 9 AZR 36/09, NJOZ 2010, 2625).

Angesichts des Umstandes, dass der Kläger seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, also seit nunmehr 34 Jahren ununterbrochen zunächst eine Vorhandwerkerzulage, dann eine Vorarbeiterzulage erhalten hat, war es in jedem Fall unbillig, selbst wenn ein Widerrufsgrund vorgelegen hätte, die Vorabeiterzulage von einem Tag auf den anderen komplett zu widerrufen, statt eine Abschmelzung und Verrechnung mit zukünftigen Tariflohnerhöhungen vorzusehen. Hinzu kommt, dass die Beklagte den Widerruf zwar ausgesprochen, dann aber entgegen ihrer Ankündigung die Vorarbeiterzulage 20 Monate weiter gezahlt hat. Auch dies unterstreicht die Unbilligkeit, die Vorarbeiterzulage nunmehr von einem auf den anderen Tag entfallen zu lassen.

3. Der Feststellungsantrag, dass kein beachtenswerter Widerruf vorlag, hatte daher aus mehreren unabhängig voneinander bestehenden Gründen Erfolg.

II. Erfolgreich war auch der weitere Feststellungsantrag mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht zur Verrechnung mit vorgeblichen Überzahlungen berechtigt ist.

1. Auch hinsichtlich dieses Feststellungsantrages ist die Zulässigkeit gegeben, weil das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt.

2. Der Antrag ist auch begründet, weil der Beklagten kein Rückforderungsanspruch aus angeblicher Überzahlung zusteht. Denn - wie bereits dargelegt - ist kein Widerrufsgrund gegeben, so dass die Rückforderung einer Überzahlung nicht verlangt werden kann.

III. Erfolg hatte schließlich der Zahlungsantrag des Klägers, mit dem dieser die Vorabeiterzulage für die Monate September 2009 bis Februar 2010 verlangt.

Da ein wirksamer Widerruf der Vorarbeiterzulage aus den dargestellten Gründen nicht erfolgt war, ist die Beklagte zur Zahlung der Vorarbeiterzulage auch für die Monate September 2009 bis Februar 2010 verpflichtet.

IV. Insgesamt hatte die Berufung des Klägers Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hatte und auch kein Fall von Divergenz vorlag.

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