14.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063312
Landgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 03.08.2006 – 2/24 S 79/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2/24 S 79/05
verkündet am 3.8.2006
Landgericht Frankfurt/Main
Urteil
In dem Rechtsstreit XXX
hat das Landgericht Frankfurt am Main - 24. Zivilkammer durch XXX
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2006 für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 07.04.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H.- Az.: 2 C 2446/04 (10) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht mit zutreffender Begründung stattgegeben.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich der Anspruch auf Erstattung des gezahlten Aufpreises jedoch nicht aus § 651f Abs. 1 BGB, sondern aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB.
Danach hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Aufpreises in Höhe von 2.120,00 ? aus § 812 Abs. 1, Satz 1,1. Alternative BGB.
1.
Entgegen der Auffassung der Berufung ist die Klägerin vorliegend auch aktiv legitimiert.
Vorliegend handelt es sich um eine so genannte Familienreise. Die Klägerin als Anmeldende ist insoweit als Vertragspartnerin der Beklagten anzusehen.
Erfolgt der Vertragsschluss durch einen Familienangehörigen für sich und seine Angehörigen (Ehegatte, Kinder), ist davon auszugehen, dass der Anmeldende auch insoweit Vertragspartner des Reiseveranstalters ist, und er allein den Reisepreis schuldet. Diese Grundsätze für Familienreisen gelten auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften, wenn das besondere Näheverhältnis dem Veranstalter bei der Buchung erkennbar ist. Die Buchung eines Doppelzimmers durch einen Partner auch für den anderen lässt den Schluss auf eine familienähnliche Vertrautheit zu. Der Anmeldende tritt daher im eigenen Namen und nicht als Vertreter seiner Familie auf. Das bedeutet, dass der .Anmeldende nicht nur Schuldner des Reisepreises für sich und seine Angehörigen ist, sondern auch einen Prozess um Gewährleistungsansprüche bei Reisemängeln für die gesamte Familie führen kann (vgl. Führich, Reiserecht, 5. Aufl., 2005, Rdnr. 117m. w. N.).
Vorliegend buchte die Klägerin bei der Beklagten die Reise für vier Erwachsene, nämlich sich selbst, ihren Lebensgefährten, ihre Tochter und ihre Schwester, sowie für die beiden achtjährigen Kinder des Lebensgefährten der Klägerin. Unter diesen Umständen ist hier von einer Familienreise auszugehen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts fällt auch die Schwester der Klägerin als Angehörige unter den Anwendungsbereich einer Familienreise. Diese ist als nahe Angehörige anzusehen. Weiterhin war hier für die Beklagte aufgrund der Einzelheiten der Buchung auch offensichtlich, dass die Klägerin die Reise auch für ihren Lebensgefährten und dessen zwei Kinder buchte. Die Klägerin buchte nämlich ausdrücklich ein Doppelzimmer für den Lebensgefährten und sich selbst. Weiterhin sollten sogar die beiden Kinder des Lebensgefährten mit in dem Doppelzimmer übernachten.
2.
Entgegen der Auffassung der Berufung war von der Beklagten sehr wohl reisevertraglich die Unterbringung von zwei Kindern in einem Doppelzimmer geschuldet. Das Amtsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte nach dem Inhalt des Reisevertrages verpflichtet war; der Klägerin und ihrer Familie ein Doppelzimmer mit zwei Zustellbetten zur Verfügung zu stellen.
Entgegen der Auffassung der Berufung ist für die diesbezügliche Frage im Hinblick auf den Inhalt der Reise nicht die Reisebestätigung/Rechnung maßgeblich. Für den konkreten Vertragsinhalt ist es unschädlich, dass die Reisebestätigung/Rechnung ein Doppelzimmer mit zwei Zustellbetten nicht gesondert auflistet.
Nach dem überzeugenden und nachvollziehbaren Sachvortrag der Klägerin und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist vorliegend davon auszugehen, dass ein Doppelzimmer mit zwei Zustellbetten vertraglich vereinbart worden ist. Dieser Punkt wurde nämlich gerade im Vorfeld der Buchung der Klägerin ausdrücklich abgeklärt.
Insbesondere wurde der Klägerin von der Beklagten zugesichert, dass es möglich sei, in einem Doppelzimmer zwei Zustellbetten aufzustellen. Bezüglich dieses Punktes wurde gerade ausdrücklich Nachfrage bei der Beklagten gehalten. Weiterhin wurde eine solche Möglichkeit der Unterbringung von zwei Zustellbetten in einem Doppelzimmer auch von dem Hotel positiv bestätigt. Diese eben genannten Umstände ergeben sich aus der Reiseanmeldung vom 25.06.2003 (BL 6 d. A.). Auf der Reiseanmeldung wurde nämlich der Punkt bezüglich der Zwei Zustellbetten handschriftlich festgehalten.
Enthält die Reiseanmeldung einen Wunsch des Kunden hinsichtlich der Art der Unterbringung (Konkretisierung im Rahmen des Prospektangebotes), so kommt nach der Rechtsprechung der Kammer der Reisevertrag mit diesem Inhalt zustande, auch wenn die Reisebestätigung sich nicht zu diesem Kundenwunsch äußert; will der Reiseveranstalter dem Wunsch nicht entsprechen, so muss die Reisebestätigung einen Vermerk enthalten, dass dem Kundenwunsch nicht nachgekommen werden könne (LG Frankfurt am Main, NJW-RR 1991, 878, 878).
Danach kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass in der Reisebestätigung die nähere Art der Unterkunft nicht aufgeführt ist. Darin liegt bei verständiger Auslegung nach der Verkehrssitte sowie den Grundsätzen von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB) keine Abweichung; die der Klägerin als Ablehnung ihres Angebots und neues Angebot auffassen musste. Es ist üblich, dass die Reisebestätigung nicht alle Merkmale des Katalogangebots und auch nicht der Reiseanmeldung wiederholen, sondern sich auf gewisse Grunddaten der Reise (Reisezeit, Zielort, gebuchtes Objekt, Verpflegungsart, Reisepreis) beschränken. Daraus kann der Reisende nicht entnehmen, dass der Veranstalter sein konkretes Angebot in dieser Art nicht annehmen und ausführen will. Es entspricht vielmehr Treu und Glauben, dass der Veranstalter die Reisebestätigung in für den Reisenden deutlich erkennbarer Form darauf hinweist, dass bestimmte Teile des Angebots (hier zweites Zustellbett im Doppelzimmer) nicht bestätigt werden sollen. Dann kann sich der Reisende darüber schlüssig werden, ob er dieses abgeänderte Angebot annehmen . will oder nicht (vgl. zum ganzen LG Frankfurt am Main, NJW-RR 1991, 878, 878/879).
3.
Die Reise war mangelhaft im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB.
Wie bereits dargelegt war die Beklagte nach dem Inhalt des Reisevertrages verpflichtet, der Klägerin und ihrer Familie ein Doppelzimmer mit zwei Zustellbetten zur Verfügung zu stellen.
Das Amtsgericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vorbringen der Parteien zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Doppelzimmer in dem Hotel "Don Miguel" es nicht zuließen, zusätzlich zu. dem Doppelbett noch zwei Zustellbetten aufzustellen.
Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist zutreffend und nicht zu beanstanden. Die Berufung zeigt jedenfalls diesbezüglich keine durchgreifenden Rechtsfehler auf.
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht aufgrund der überzeugenden und nachvollziehbaren Aussagen der Zeugen Hintersatz, Leberecht und Dietrich in Verbindung mit den vorgelegten Lichtbildern zu dem Ergebnis gekommen ist, dass in dem Doppelzimmer ein weiteres Zustellbett mit den Maßen 180 x 80 cm nicht mehr hätte untergebracht werden können. Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus den vorgelegten Lichtbildern auch nach Auffassung des Berufungsgerichts, dass ein Aufstellen eines zweiten Zustellbettes mit den Maßen von 180 x 80 cm nicht möglich gewesen ist. Den diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts schließt sich das Berufungsgericht voll umfänglich an.
Entgegen der Auffassung der Berufung steht diesem Ergebnis auch nicht die Aussage der Zeugin Frambach entgegen. Insbesondere war das Amtsgericht nicht gehalten gewesen, bei der Zeugin Frambach hinsichtlich der konkreten Größe des Zustellbettes nachzufragen. Die Behauptung der Beklagten ging ja nämlich dahin, dass das Hinzustellen eines weiteren Zustellbettes mit den Maßen von 180 x 80 cm im von der Klägerin bewohnten Zimmer möglich gewesen wäre. Das Amtsgericht hat jedoch schon aufgrund der Lichtbilder ausgeschlossen, dass ein weiteres Zustellbett mit 80 cm Breite in dem Zimmer Platz gefunden hätte. Einer weiteren Nachfrage bei der Zeugin Frambach bedurfte es nicht.
Entgegen der Auffassung der Berufung stellt der Umstand, dass das zweite vertraglich geschuldete Zustellbett nicht in dem Doppelzimmer untergebracht werden konnte, eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar.
Vorliegend ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit der Unterbringung eines weiteren Zustellbettes im Doppelzimmer eine ganz wesentliche Bedeutung für die Klägerin hatte. Dieser Punkt war für die Klägerin nämlich ein so genannter "Dealbreaker" . Dies bedeutet, dass es der Klägerin ganz wesentlich darauf ankam, dass die Möglichkeit bestand, ein weiteres Zustellbett in einem Doppelzimmer unterzubringen. Nach dem plausiblen und nachvollziehbaren Vortrag der Klägerin hat sie von diesem Umstand den Vertragsschluss abhängig gemacht. Ohne die Erklärung, dass ein weiteres Zustellbett in dem Doppelzimmer untergebracht werden konnte, hätte sie dieses Hotel nicht gebucht. Dieser Umstand ist für die Bestimmung der Beeinträchtigung der Reise zu berücksichtigen.
Das Amtsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass ein Ausweichen auf die Belegung der beiden Doppelzimmer mit jeweils zwei Erwachsenen und einem Kind der Klägerin und den Mitreisenden nicht zumutbar war.
Nach alledem liegt ein erheblicher Reisemangel vor. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände ist angesichts dieses erheblichen Mangels eine Reisepreisminderung in Höhe von mindestens 20 % angemessen.
4.
Die Klägerin hat den Aufpreis für das neue Hotel in Höhe von 2.120,00 ? ohne rechtlichen Grund an die Beklagte gezahlt . Die Klägerin ist vorliegend berechtigt, die Rückzahlung des gezahlten Aufpreises von der Beklagten zu verlangen.
Eine Rückzahlung des Aufpreises kann u. a. dann verlangt werden, wenn die Mängel in dem zunächst gebuchten Hotel derart erheblich waren, dass sie eine Kündigung des Reisevertrages gemäß § 651 e BGB gerechtfertigt hätten. Dies wird nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer angenommen, wenn die vorhandenen Mängel eine Minderung von mindestens 20 % rechtfertigen.
Wie bereits ausgeführt, rechtfertigt der vorliegende, erhebliche. Mangel eine Reisepreisminderung von mindestens 20 %.
Aus diesem Grund war der Hotelwechsel . der Klägerin gerechtfertigt. Der Hotelwechsel der Klägerin stellt sich vorliegend als Abhilfemaßnahme dar.
Die Abhilfe ist grundsätzlich kostenlos. Hat der Reisende einen Aufpreis gezahlt, kann dieser gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangt werden (Führich, Reiserecht, 5. Auf!., 2005, Rdnr. 273).
Der Grundsatz der kostenlosen Abhilfe gilt auch dann, wenn der Reiseveranstalter dem Reisenden als Abhilfe eine höherwertige Unterkunft verschafft. Es ist nämlich Sache des Reiseveranstalters, zu entscheiden, in welcher Form er die geschuldete Abhilfe leistet. Stellt er dem Reisenden eine höherwertige Leistung als Abhilfe zur Verfügung, dann kann dies nicht zu Lasten des :Reisenden gehen.
Nach alledem steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 2.120,00 ? zu.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.