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21.07.2006 · IWW-Abrufnummer 060646

Landgericht Coburg: Urteil vom 12.10.2005 – 12 O 471/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


12 O 471/05

Endurteil

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Feststellung

hat der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg, Richter am Landgericht XXX, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2005 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300,00 EUR, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein zwischen den Parteien geschlossener Rentenversicherungsvertrag unwirksam ist.

Nach Beratung durch den Versicherungsvertreter der Beklagten, XXX ,beantragte der Kläger am 10.2.2003 bei der Beklagten den Abschluss einer ?Fondsgebundenen Rentenversicherung nach Tarif Best Invest plus (Tarifgruppe IA? als Altersvorsorge (vgl. Anlage K 1). Mit Schreiben vom 12.2.2003 nahm die Beklagte den Antrag an und sandte dem Kläger den Versicherungsschein zu. Der Versicherungsschein enthält auszugsweise folgendes:

?Diese Versicherung genügt den, Anforderungen eines nach §. 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Vertrags. Die Zertifizierungsnummer lautet: ...

Falls Sie nicht einverstanden sind, können Sie als Versicherungsnehmer innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheines, in Textform widersprechen ...?.
(Vgl. Anlagen K 2 und B 1).

Mit Schreiben vom 19.11.2003 benachrichtigte die Beklagte den Kläger über eine Beitragserhöhung unter gleichzeitiger Zusendung eines Nachtrags zum Versicherungsschein. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

".. .Sie können der Erhöhung Ihrer Fondsgebundenen Rentenversicherung bis zum Ende des dritten Monats nach dem im Nachtrag angegebenen Erhöhungsbeginnl widersprechen. Dadurch entfällt bedingungsgemäß auch die vereinbarte planmäßige Erhöhung für dieses Kalenderjahr...?
(Anlage B 3).

Am 1.3.2004, stellte der Kläger einen Antrag auf Altersvorsorgezulage für das Jahr 2003. Mit Schreiben vom 5.6.2004 "kündigte" der Kläger gegenüber der Beklagten den Versicherungsvertrag und verlangte die Rückerstattung aller bis dahin gezahlten Beiträge. Er begründete die Kündigung mit ?Fehlberatung' (vgI. Anlage K 3).

Mit Anwaltsschreiben vom 12.5.2005 focht der Kläger unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 5.6.2004, den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Auf den Inhalt des mit Anlage K 4 vorgelegten Schreibens wird Bezug genommen.

Die; Beklagte lehnte zuletzt mit Schreiben vom 12.5.2005 eine Vertragsaufhebung und die Rückerstattung von Versicherungsbeiträgen ab.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, ein berechtigtes Feststellungsinteresse bestehe deswegen, weil es auch um zukünftige Beiträge gehe. Er sei zur Anfechtung berechtigt. Der Versicherungsvermittler XXX habe ihn bei dem Gespräch am 10.2.2003 arglistig getäuscht. Er habe dem Versicherungsvermittler bereits zu Beginn des Gesprächs klar gemacht, dass er auf keinen Fall eine "Riester-Rente" haben wolle, weil er später die Landwirtschaft seines Schwiegervaters übernehmen werde. Er habe gehört, dass die Riester-Rente mit dem Einkommen steigen solle und dies wünsche er auf keinen Fall.
Herr XXX habe ihm daraufhin geantwortet, dass er nur eine "normale Altersvorsorge" anbiete. Die der Police beigefügten Informationen zu der Rentenversicherung habe er sich nicht durchgelesen. Im Übrigen gehe aus ihnen auch nicht klar hervor, dass es s ich um eine "Riester-Rente" handele. Bei der Beantragung der staatlichen Förderung. im Jahre 2004 habe er sich nichts gedacht, insbesondere nicht, dass er eine Riester-Rente abgeschlossen habe. Erst nach der 30%igen Beitragserhöhung im Frühjahr 2004 habe er Ende Mai 2004 Erkundigungen bei einem anderen Versicherungsvertreter eingeholt. Nachdem dieser ihm mitgeteilt hätte, dass es sich bei dem Versicherungsvertrag um' eine .Riester-Rente handeln würde, habe er den Vertrag mit Schreiben vom 5.6.2004 gekündigt. Die "Kündigung" mit Hinweis auf Fehlberatung sei als "Anfechtung wegen arglistiger Täuschung"; anzusehen bzw. auszulegen. Neben der Anfechtung bestehe auch ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung.

Der Kläger beantragt zu erkennen:

Er wird festgestellt, .dass :der zwischen den Parteien abgeschlossene Versicherungsvertrag (fondsgebundene Rentenversicherung) mit der Versicherungsnummer XXX unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Sie behauptet, die Klage sei bereits unzulässig. Es fehle das besondere Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO. Nach dem klägerischen (bestrittenen) Vorbringen könne er die Rückerstattung der bislang geleisteten Beiträge fordern. Er müsse daher Leistungsklage erheben.

Dem Kläger stehe kein Anfechtungsrecht zu. Er habe den Versicherungsvermittler XXX während des Beratungsgespräches zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass er keine "Riester-Rente" haben wolle. Der Zeuge habe den Kläger während des Beratungsgesprächs vollumfänglich über die staatlich geförderte Altersvorsorge aufgeklärt. Er habe ihm erklärt, dass es sich bei dem (später abgeschlossenen Versicherungsvertrag um einen Vertrag der staatlich zertifizierten und geförderten Altersvorsorge im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz handele und hätte dies inhaltlich auch erläutert. Im Übrigen habe der Kläger, zusammen mit dem Versicherungsschein die "Besonderen Informationen für die Fondsgebundene Rentenversicherung mit Beitragserhaltungsgarantie als Altersvorsorgevertrag im Sinne des ?Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz? erhalten. Mit dieser Anlage sei der Kläger nochmals darüber aufgeklärt worden, dass er einen ?Riester-Rentenversicherungsvertrag? abgeschlossen habe. Darüber hinaus habe der Kläger nach Erhalt des Versicherungssscheines noch innerhalb von 14 Tagen widersprechen können; der Vertrag wäre dann hinfällig geworden. Der Kläger habe zudem der mit Schreiben vom 19.11.2003 angekündigten Beitragserhöhung nicht widersprochen und am 1.3.2004 selbst die Altersvorsorgezulage beantragt. Für den Vermittler XXX wäre der Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages ohne staatliche Förderung lukrativer gewesen, weil er eine höhere Provision erhalten hätte. Auch sie ? die Beklagte ? selbst habe keinen wirtschaftlichen Vorteil beim Abschluss eines ?Riester-Rentenversicherungsvertrages? gegenüber einem sonstigen Rentenversicherungsvertrag. Mit Zugang ihres Schreibens vom 12.2.2003, spätestens am 14.2.2003 habe die Jahresfirst des § 124 BGB begonnen. Die Anfechtung sei daher auch verspätet erfolgt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen XXX und XXX. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom ,12.10.2005 Bezug genommen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

I.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere liegt ein rechtliches Interesse an der vom Kläger begehrten Feststellung vor, der gegenständliche Rentenersicherungsvertrag sei unwirksam. Ein Vorrang der Leistungsklasse (vgl. Zöller /Greger, 24. Auflage, § 256 ZPO RdNr. 7a) ist hier nicht gegeben: Das Feststellungsinteresse kann nur entfallen, wenn hinsichtlich des positiv festzustellenden Anspruchs bereits die Leistungsklage zulässig ist, der Kläger also das selbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (vgl. BGH, NJW-RR 2002, 1377 ff.). So ist es im Streitfall nicht. Da die Beklagte die Kündigung bzw. Anfechtung des gegenständlichen Rentenversicherungsvertrages nicht anerkennt, ist das zur negativen Feststellungsklage berechtigte Berühmen (vgl. Zöller/Greger, a. a. 0., RdNr. 14a) gegeben. Dem Kläger kommt es vorliegend nicht nur darauf an, die bis zur Kündigung/Anfechtung an die Beklagte geleisteten Beiträge zurückerstattet zu bekommen. Er beabsichtigt auch, in Zukunft von allen Verpflichtungen aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag befreit zu werden. Dies könnte er zwar ebenso durch eine Zahlungsklage mit Zwischenfeststellungsantrag erreichen. Dies schließt aber eine Klage auf Feststellung, dass der Versicherungsvertrag unwirksam ist, nicht aus (vgl. BGH a. a. 0.).

II.

Der zwischen den Parteien am 10.2.2003/12.2.2003 abgeschlossene Rentenversicherungsvertrag ist nicht unwirksam bzw. nichtig. Der insoweit beweisbelastete Kläger hat weder ein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB nachgewiesen, noch dass der Versicherungsvermittler XXX (§ 278 BGB) ihn bei Abschluss des Versicherungsvertrages falsch betaten hat.

Dem Kläger ist der Beweis nicht gelungen, dass der Zeuge XXX ihn beim Beratungsgespräch am 10.2.2003 darüber arglistig getäuscht (und insoweit- bewußt falsch beraten) hat, dass er - der Kläger - entgegen seinem ausdrücklich erklärten Wunsch doch eine sogenannte ?Riester-Rente" beantragt hat. Einen solchem Nachweis hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

Die Zeugin XXX (Ehefrau des Klägers) hat zwar den Sachvortrag des Klägers insoweit bestätigt, der Versicherungsvermittler XXX sei während des Beratungsgespräches ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass man keine ?Riester-Rente? wünsche. Die Zeugin XXX hat aber gleichzeitig auch angegeben, der Zeuge XXX habe sie und ihren Ehemann bei dem Gespräch über eine Rentenversicherung mit staatlichen Zuschüssen beraten.

Der Zeuge XXX (Schwiegervater des Klägers) hat bekundet, er habe vor Beginn des Beratungsgesprächs "im Vorbeigehen" zu seiner Tochter, dem Kläger und dem Zeugen gesagt, sie (also der Kläger und seine Ehefrau) sollten bloß keine Riester-Rente abschließen.

Diesen Angaben steht allerdings die Aussage des Zeugen XXX entgegen. Der Zeuge hat ehrlicher Weise zugegeben, sich aufgrund der Vielzahlung der von ihm geführten Kundenberatungen an den Inhalt des mit dem Kläger geführten Gesprächs nicht mehr erinnern zu können. Wenn ihm allerdings gesagt worden wäre, dass er - der Kläger - keine sogenannte Riester-Rente Wünsche, hätte er auch keine vermittelt. Er.. habe dem Kläger und dessen Ehefrau die Dynamik der Rente anhand eines zusammen mit dem Antrag auf Abschluss einer Rentenversicherung übergebebenen Informationsblattes erläutert. Zudem habe er sie unter Zuhilfenahme einer Übersicht über die Möglichkeiten der staatlichen Zulagen informiert. Bei Abschluss einer Rentenversicherung ohne staatliche Förderung wäre er finanziell besser gefahren, denn er hätte zum damaligen Zeitpunkt hierfür eine höhere Provision erhalten.

Das Gericht hat die Zeugen eingehend vernommen und bei keinem den Eindruck gewonnen, dass der/die eine oder andere bewusst die Unwahrheit sagen würde. Allerdings erscheint es merkwürdig, dass der Zeuge XXX vor Beginn des Gespräches am 10.2.2003 vom Abschluss einer Riester-Rente abgeraten hat, obwohl er ? wie er auf ausdrücklicher Nachfrage des Gerichts bestätigt hat- nicht wusste, dass es sich bei dem Zeugen XXX um einen Versicherungsvertreter handelt. Auffällig ist auch, dass die Zeugin XXX selbst angegeben hat, dass der Zeuge XXX sie über eine Rentenversicherung mit staatlicher Förderung beraten hat, obwohl sie eine solche gerade nicht wollte. Für den Zeugen XXX spricht, dass er keinerlei Interesse hatte, dem Kläger die gegenständliche Rentenversicherung "anzudrehen". Im Gegenteil hätte er bei Abschluss einer Rentenversicherung ohne staatliche Förderung eine höhere Provision erhalten, was vom Kläger nicht in Abrede gestellt worden ist. Darüber hinaus ist im Streitfall folgendes zu beachten: Der Kläger erhielt zusammen mit dem Versicherungsschein die "Besonderen Informationen für die Fondsgebundene Rentenversicherung mit Beitragserhaltungsgarantie als Altersvorsorgevertrag im Sinne 'des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes" (Anlage B 1). Auch das Anschreiben selbst vom 12.2.2003 enthielt die Bezeichnung "Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes". Aufgrund dieser (zugegebenermaßen für einen Laien verwirrenden) Bezeichnung hätte. der Kläger entweder beim Versicherungsvermittler XXX oder bei einem Dritten die Bedeutung der Begriffe nachfragen können und müssen (wie er es nach eigenen Angaben nach Feststellung der erhöhten Beiträge im Frühjahr 2004 getan hat). Er hätte dann die Möglichkeit gehabt, den Versicherungsvertrag binnen 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins zu widerrufen., Dies hat der Kläger deshalb nicht getan, weil er - nach eigenem Vortrag -: die ihm mit Schreiben vom 12.2.2003 zugeschickten Versicherungsunterlagen nicht gelesen hat. Dieses Versäumnis geht aber zu seinen Lasten.

Nach alledem kann vor einer arglistigen Täuschung oder einer Schlechterfüllung des Beratungsvertrages durch den Zeugen XXX nicht ausgegangen werden. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriften§§ 123, 278 BGB

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